ODYSSEE EINES SOG. PRIVATPATIENTEN
Erinnerungsprotokoll eines Krankenhausaufenthalts
Eines Tages im Januar 2017 erwischte es mich: Lungenembolie mit Rechtsherzbeteiligung. Das ist schlimm genug, aber der Aufenthalt in der Missionsärztlichen Klinik überbot auch dies noch.
NOTAUFNAHME
TAG 1. Der erste Tag war eine positive Erfahrung. Freundliches und kompetentes Personal, abgesehen von einem angehenden Arzt, der nach 3 Versuchen, einen Zugang zu legen, mit dem Herumstochern in den... weiterlesen Venen entnervt aufgab. Da war ich mit meinen Nerven aber auch schon am Ende. Nach den notwendigen Untersuchungen und der Diagnosestellung wurde ich dann auf die Intensivstation verlegt.
INTENSIVSTATION
TAG 2. Am zweiten Tag erfolgten weitere Untersuchungen. Ansonsten hing ich mit Vielfachverkabelung am Monitor, die Sauerstoffsättigung wurde über einen Finger ständig gemessen und ich bekam i.v.Blutverdünnung. Ich lag nackt im Bett, nur mit einem dünnen Hemdchen umhüllt. Keine guten Schlafvoraussetzungen.
Das Pflegepersonal war jedoch sehr nett. In den folgenden Tagen wurde ich täglich von einer Schwester von Kopf bis Fuß gewaschen.
TAG 3. Es war Samstag. Nicht nur, dass ich in einem Raum lag, in dem ich den ganzen Tag über auf eine weiße Wand starren musste und der die Geräuschkulisse einer Fabrikhalle hatte, jetzt am Wochenende versammelten sich die Pflegekräfte just in der Ecke der Station, in der mein Zimmer lag, um zusammen zu frühstücken, Kaffee zu trinken, Tische und Stühle auf dem absolut nicht lärmgedämmten Boden herum zu schieben und sich lautstark und mit viel Gelächter zu unterhalten. Es sei ihnen gegönnt, denn sie haben einen wirklich stressigen Beruf.
Trotzdem fühlte ich mich extrem genervt.
Und dann wurde es um Mitternacht herum hektisch. Ich bekam einen sehr stark Nikotin und Alkohol ausdünstenden Zimmergenossen, der zudem noch laut schnarchte. Er hat sich am nächsten Morgen selbst entlassen.
TAG 4. Der Sonntag glich dem Samstag. Mit dem kleinen Unterschied, dass die überaus aufmerksame und umsichtige Schwester aus Grombühl nicht da war. Entsprechend sank das Pflegeniveau.
Als Privatpatient und angesichts der Tatsache, dass Aufstehen nicht erlaubt war, d.h. man musste seine Notdurft im Bett verrichten, war ein Einzelzimmer doch sehr angenehm. Zumindest dachte ich mir das so.
Man sollte sich nie zu früh freuen, denn am Nachmittag bekam ich erneut einen Zimmergenossen.
Da die Verlegung auf die Normalstation von den Ärzten bereits angekündigt war, verlangte ich diese nun auch.
Ging nicht, da angeblich alles wegen der Grippewelle belegt sei.
Stattdessen bekam ich ein neues Zimmer auf der Intensivstation und an den Umständen der Vollverkabelung für das Monitoring, den Nadeln in beiden Armen und dem Aufstehverbot änderte sich nichts. Nur die weiße Wand, die ich von Früh bis abends anstarren musste, war etwas größer.
TAG 5. Noch immer nichts frei auf der Normalstation. Wegen der Grippewelle. Auf meinen Wunsch, mich doch von all diesen Kabeln zu befreien, bekam ich die Antwort, das ginge aus versicherungstechnischen Gründen nicht. Vermutlich ist mit VERSICHERUNGSTECHNISCHEN GRÜNDEN die Möglichkeit einer wesentlich höheren Abrechnung für die Intensivstation gemeint.
TAG 6. Keine Änderung bis zum Abend. Dann bekam ich plötzlich eine Zimmergenossin. Sollte ich neben dieser Dame meine Notdurft im Bett verrichten müssen?
Es reichte mir endgültig und ich verlangte, mein Bett in den Gang zu schieben. Ging nicht. Und dann stellte sich heraus, dass die ältere Dame neben mir sehr verwirrt war, Angstanfälle hatte, die Ruftaste nicht bedienen konnte und ständig lautstark um Hilfe rief. Ich verlangte eine Schlaftablette.
TAG 7. Als ich aufwachte war ich wieder alleine im Zimmer. Und dann kam gegen Mittag der Hammer. Es erschien eine Mitarbeiterin der Klinikverwaltung und erklärte mir, dass man bei der Aufnahme einen Fehler gemacht hätte. Wegen fehlender Kreuzchen im Aufnahmeformular war ich nicht als Privatpatient erkennbar.
Aber siehe da, keine 2 Stunden später war dann plötzlich auch ein Zimmer auf der Privatstation frei, trotz steigenden Zahlen bei den Grippekranken.
PRIVATSTATION
TAG 8. Nach der ersten Nacht auf der Privatstation musste ich ernüchternd feststellen, dass mein Zimmer nahe des Eingangs zur Station tags wie nachts das Flair eines Rangierbahnhofs hatte. Zur Vermeidung von ständigen Schreckattacken durch zuschlagende Türen, lautem Geklappere im Putzraum, falschem Schuhwerk auf dem lärmintensiven Boden usw. blieb mir nichts anderes übrig, als den Fernseher rund um die Uhr und möglichst laut laufen zu lassen.
Bei der Visite begrüßte mich der Professor dann auch noch mit den Worten: Na, haben Sie nun was Sie wollten? Bin mir heute noch nicht sicher, ob man das als Entschuldigung für die vergangen Tage durchgehen lassen kann.
TAG 9. Ich wollte und konnte hier nicht mehr bleiben. Es gab ein komplettes Chaos bei der Medikamentenausgabe, das sich aus offensichtlichen Kompetenzgründen nicht lösen ließ. Letztendlich versorgte ich mich selbst mit meinen mitgebrachten Medikamenten.
Mit den Nerven so ziemlich am Ende beschloss ich, meine Entlassung zu verlangen.
Zu meiner Überraschung bedurfte es keiner großen Diskussion. Der Professor sagte nur, dass ich gehen könne, wenn ich es denn wollte.
Ich ging dann auch. Den entsetzten Blick der Stationsärztin werde ich wohl nie vergessen.
ALLES IN ALLEM, in die Missionsärztliche Klinik in Würzburg möchte ich nicht wieder eingewiesen werden müssen. Es herrscht mir hier zu viel Chaos und zu viel Lärm. Zwar wurden in dieser Klinik in den letzten Jahren sichtlich sehr viele bauliche Neuerungen vorgenommen, aber offensichtlich wurde dabei wenig Wert auf die Belange von Patienten gelegt. Es herrschte in dem mir zugewiesenen Zimmer eine furchtbare Enge und Dinge, wie z.B. neigbare Spiegel im Bad usw., sucht man hier vergeblich.
Nur mit dem überaus freundlichen und motivierten Pflegepersonal samt Ärzten kann die Klinik punkten.
Im Vergleich zur Universitätsklinik schneidet die MissioKlinik jedoch ziemlich schlecht ab. Sogar bezüglich des Essens und der Präsentierung desselben liegen zwischen diesen beiden Krankenhäusern Welten – viele Welten.[verkleinern]