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Saisonale Öffnungszeit: von Ostern bis Erntedank nur Sonn- und Feiertags von 14 – 17 Uhr!
Verkehrsanbindung Großbeeren:
Bahn: RE 4 / RE 5
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Es war einmal ein König, der wollte seinen in einer furchtbaren Schlacht genauso heldenhaft wie sinnlos gefallenen Soldaten vor der Kirche im Ort des Geschehens ein Denkmal setzen. Allein, daß Dorf hatte keine Kirche mehr und so griff der König tief in sein Geldsäckel und spendierte dem Dorf eine neue... weiterlesen
Kirche.
Der kleine Geschichte ist real. Der König war Friedrich Wilhelm III. v. Preußen, die Schlacht war die von Großbeeren vom 23.8.1813, in der preußische Truppen den Vormarsch der Franzosen auf Berlin stoppten. Der Ort ist Großbeeren, ca. 6 km südlich von Berlin.
In der Nacht zum 10.10.1760 war die alte Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) von russischen und österreichischen Truppen niedergebrannt worden. Geldmangel verhinderte den Wiederaufbau. Der alte Kirchhof wurde weiter als Friedhof genutzt. Während der Schlacht bei Großbeeren fanden hier heftige Kämpfe statt.
Nach dem Ende der Befreiungskriege ordnete der preußische König 1816 an, daß an den Orten der wichtigsten Schlachten Denkmäler zu errichten sind. Zwei dieser identischen Denkmäler nach Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel befinden sich in Großbeeren und Niedergörsdorf (für die Schlacht bei Dennewitz vom 6.9.1813).
In Großbeeren sollte das Denkmal an der Kirche aufgestellt werden. Als der König erfuhr, daß die Großbeerener Kirche seit fast einem halben Jahrhundert zerstört war, befahl er den Wiederaufbau der Kirche. Bereits in den Jahren zuvor hatten Berliner Bürger bei Siegesfeiern Geld für den Wiederaufbau gesammelt. Der Regierungspräsident der Provinz Brandenburg, M.F. v. Bassewitz beauftragte im gleichen Jahr Schinkel mit dem Entwurf für eine Denkmalkirche.
Anders als heute spielte damals Geld bei Bauvorhaben wohl doch eine Rolle. Der Schinkelsche Entwurf wurde von der brandenburgischen Provinzregierung aus Kostengründen abgelehnt. Sie ließ den Entwurf überarbeiten, womit Schinkel aber nicht einverstanden war. Er wollte „seine“ Kirche gebaut haben, der Regierungspräsident stimmt schließlich dafür, der König aber dagegen.
Bei anderen Baumeistern wurde ein völlig neuer Entwurf in Auftrag gegeben. Die so geplante Kirche sollte nur noch mit einen Bruchteil der Schinkelschen Baukosten zu Buche schlagen. Diese nun sehr einfache Kirche fand die Provinzregierung aber zu mickrig für das zu würdigende Ereignis und auch dieser Entwurf wurde gekippt. Nach wochenlangen Debatten reichte es dem König schließlich. Er entzog der Provinzregierung die Planung und beauftragte Schinkel erneut mit dem Entwurf für die Kirche unter der Maßgabe, eine deutlich abgespeckte und kostenreduzierte Variante zu Papier zu bringen. Der dann vorgelegte Entwurf fand Gnade in den königliche Augen und Friedrich Wilhelm III. genehmigte 1818 den Bau der Kirche.
Im gleichen Jahr riß man die alte Kirchenruine ab. Am 5. Jahrestag der Schlacht erfolgte die Grundsteinlegung für die neue Kirche, 1819 war Richtfest und am 8.10.1820 erfolgte im Beisein des Königs die Kirchweihe. In den folgenden Jahrzehnten war die Kirche immer wieder Baustelle. Bereits 1827 war die Kirche vom Schwamm befallen. Eine erste Reparatur erfolgte 1838. Das mit Zinkblech gedeckte Dach und der Turm mußten 1860 instandgesetzt sowie die Wände 1865 neu verputzt werden. 1890 wurden ein neues Glockengeläut eingebaut. Die aus dem Metall der Glocke der 1760 zerstörten Dorfkirche gegossene Glocke war gesprungenen (heute im Berliner Museum Nikolaikirche).
1895 wurde die Kirche generalsaniert: Dächer mußten neugedeckt und die Außenwände wieder neu verputzt werden. Im Innern wurden Umbauten vorgenommen. Die Kanzel bekam einen neuen Platz und das Kirchenschiff wurde farblich neu gestaltet. Ein neues Turmuhrwerk wurde eingebaut, daß bis heute seinen Dienst verrichtet. 1896 fand die Wiedereinweihung statt. 1898 veränderte man das Altarfenster und versah es mit einem Glasgemälde. Als Blendschutz gegen die Morgensonne mußte eine Altarwand vor dem Fenster aufgestellt werden. Im Jahr 1907 erfolgte die Verlegung eines neuen Fußbodens.
1925 mußte erneut das Zinkblechdach repariert werden, bevor 1961 die Bleche durch Schieferdachziegel ersetzt wurden. 1980 begann die denkmalgerechte Sanierung, die 1984 unterbrochen werden mußte, da die schweren Schäden an der hölzernen Dach- und Gewölbekonstruktion wegen fehlender finanzieller Mittel, Fachkräfte- und Materialmangel in der DDR nicht zu beheben waren. Erst im Laufe der kommenden Jahre gelang es der Kirchengemeinde die Arbeiten weiter zuführen und die Kirche zu erhalten.
Die Kirche:
Schinkel wählte für die Kirche einen Grundriß in Form eines griechischen Kreuzes und für die Fassade die damals modernen Stilelemente der Neogotik und des Klassizismus. Der mit einer pyramidenförmigen, kreuztragenden Spitze abgeschlossene Turm steht im Norden. Somit bilden Turm und das Denkmal für Schlacht bei Großbeeren (Schinkel-Obelisk) eine Achse.
Die Kirche ist ein verputzter, gelb-ocker gestrichener Backsteinbau auf einem Fundament aus den Feldsteinen der alten Dorfkirche. Das Kirchenschiff besteht aus einem zentralen Raum mit den Kreuzarmen. Im östlichen Kreuzarm befindet sich der Altar. In die anderen Kreuzarme sind hölzerne Emporen eingebaut.
Der Altar in der heutigen Form stammt aus dem Jahr 1930, der gemauerte Altartisch wurde 1961 eingebaut. Das ursprüngliche Altarbild von 1460 (Pietà mit dem Evangelisten Johannes und der Heiligen Barbara) wurde 1977 gestohlen und 2006 durch eine naive Kopie ersetzt. Geschmückt ist der Altar mit einem großen Kruzifix und den Darstellungen der 4 Evangelisten.
Das Taufbecken wurde von Schinkel entworfen. Das vom König 1820 gestiftete Becken hat einen Corpus aus Eichenholz, der von 4 Engeln aus Zinkguß flankiert wird. Das Leuchterpaar neben dem Altar stammt aus dem Jahr 1900.
Die ursprüngliche Orgel von 1820 wurde mehrmals repariert und umgebaut nachdem sie bereits 1835 wegen Feuchteschäden erstmals unbespielbar war. Die heutige Orgel im nördlichen Kreuzarm stammt aus dem Jahr 1912 vom Potsdamer Orgelbauer Alexander Schuke und wurde 1991 von der Firma Schuke generalüberholt.
Ein besonderer Hingucker wäre das Altarfenster, wenn es nicht durch den Altar verstellt wäre. Das Glasgemälde wurde von Carl Busch entworfen und im Königlichen Institut für Glasmalerei Berlin-Charlottenburg hergestellt. Die Fensterrose zeigt den thronenden Christus mit dem geöffneten Buch des Lebens, umgeben von Symbolen für die 4 Evangelisten. Das große Fenster darunter zeigt im Mittelteil zeigt den Erzengel Michael, Schutzpatron der Deutschen, als Sieger über einen Drachen in Menschengestalt. Das Bild ist eine Allegorie auf den preußischen (deutschen) Sieg über die Franzosen in der Schlacht bei Großbeeren vom 23.8.1813, worauf auch das Eiserne Kreuz mit preußischem Wappen verweist. Damit hat sich auch der preußische Staat als Kirchenstifter verewigt. Flankiert wird der Erzengel von den Allegorien der Tugend, Klugheit, Gerechtigkeit , Tapferkeit und Mäßigung.
Fazit: Die von der Gemeinde für Gottesdienste und Kulturveranstaltungen genutzte Kirche ist sehr sehenswert. Einen Stern Abzug gibt es für die Öffnungszeiten, aber mehr ist durch die ehrenamtlichen Gemeindemitglieder nicht drin. In der Kirche kann man Postkarten und Informationsbroschüren zur Kirche käuflich erwerben. Für das nötige Hintergrundwissen zur Kirche gibt es ein Informationsblatt und die Gemeindemitglieder vor Ort stehen auch gerne Rede und Antwort.
Eintritt wird nicht erhoben, Spenden werden aber dankbar angenommen![verkleinern]
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