Das Webhaus liegt am südlichen Ende von Kloster Zinna (50 km südlich von Berlin und 2 km nördlich von Jüterbog) direkt an der B 101. Und es ist kein Internetmuseum, also kein Web-House, sondern ein kleines Museum, daß der Geschichte der Textilverarbeitung in Kloster Zinna gewidmet ist – „Web“ also von „weben“.
Im Webhaus sind das Museum und ein kleines Café untergebracht. Man kann sich entscheiden: Café und Museum bzw. Café oder Museum. Die Eintrittskarte gilt als Kombiticket für das Museum... weiterlesen Webhaus, das Klostermuseum und die Schaudestillation für die Essenz des „Zinnaer Klosterbruders“.
Eigentlich sind es nur 2 große Räume. Ein Raum zeigt allerlei historische Geräte, darunter einige alte Webstühle. Einige Sachen sind gut, andere eher spärlich beschrieben.
Der zweite Raum beschäftigt sich mit Kloster Zinna als Standort der Textindustrie in den Vergangenheit. Neben einigen Ausstellungsstücken überwiegen Texttafeln. Im Jahr 1763 wurde auf Geheiß von König Friedrich II. v. Preußen am ehemaligen Kloster eine Kolonisten-Siedlung gegründet. Zu den ersten Siedlern gehörten mehrere Garnspinner und Weber. 1776 wurde eine Kattun-Manufaktur vom Berliner Kaufmann Sieburg im heutigen Webhaus gegründet (Kattun = ein Baumwollgewebe). In den folgenden Jahren zogen immer mehr Garnspinner und Weber nach Zinna, die teils als Lohnarbeiter, teils als Selbstständige arbeiteten. 1769 gründete sich die „Garnweber-Innung Zinna“ und 10 Jahre später eine „Webergesellen-Bruderschaft“. 1784 erhielt Zinna das Stadtrecht.
Nach dem Tod Sieburgs 1802 wurde seine Fabrik aufgegeben und den Webern und Garnspinnern im Ort machte in den folgenden Jahren die Napoleonische Kontinentalsperre zu schaffen. Das Webhaus wurde 1830 zur Schule umgebaut. 1861 verlor das wirtschaftlich und finanziell schwache Zinna auf königliche Order sein Stadtrecht und wurde nun als „Flecken Zinna“ geführt.
In den Jahren nach 1802 verelendete der Ort. Von einst 600 Webstühlen existierten 1848 nur noch 60. Mit der billigen Massenware aus Schlesien und dem Rheinland konnten die Zinnaer Weber nicht mithalten und fanden kaum noch Abnehmer für ihre Ware. Erst ab 1860 verbessert sich durch Aufträge des preußischen Heeres die Situation wieder. 1914 waren 136 Webermeister registriert.
Das Ende des 1. Weltkriegs bedeutete auch das Ende der Handweberei in Zinna. 1921 löst sich die Webergesellen-Bruderschaft auf. Nur wenige Weber konnten sich durch Aufträge von Berliner und Potsdamer Teppichwebereien noch ein paar Jahre halten. 1937 löst sich die Weber-Innung auf und 1939 gab es noch eine Handweberin in Zinna.
1919 hatte die Berliner Firma „Markendorf & Ackermann“ ihre fabrikmäßige Produktion von Plüschstoffen nach Zinna ausgelagert, die 1928 um ein neues Produktionsgebäude erweitert wurde. 1937 wurde die Fabrik wegen des jüdischen Besitzers Ackermann zugunsten des „arischen Reichsdeutschen“ Joseph Roth arisiert. Ackermann nahm sich später das Leben.
Roth gründete 1946 das Unternehmen „Reico“ in Zinna, welches Morgenröcke produzierte. Am 1.1.1949 enteignete die Sowjetische Militäradministration die Plüschweberei Kloster Zinna und wandelte sie in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) um. Zunächst gehörte der Betrieb zur Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) „Wolle und Seide“ Cottbus, ab 1951 zur VVB „Deko“ Plauen, ab 1953 als Nebenbetrieb zum VEB Möbelstoff- und Plüschweberei Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) und ab 1972 als Nebenbetrieb zum VEB Möbelstoff- und Plüschweberei Hohenstein-Ernstthal. Es wurden Möbelbezugsstoffe gefertigt. Daneben wurde für den VEB Spielzeugfabrik Sonneberg noch Plüsch zur Herstellung von Plüschtieren, bevorzugt Teddys, hergestellt. Wie jeder DDR-Betrieb mußte auch Kloster Zinna Konsumgüter herstellen, in diesem Falle waren es Kittelschürzen für DDR-Hausfrauen und –Hausmänner. 1975 wurde die Produktion auf Nähwirkerei umgestellt. Der Produktionsausstoß betrug 1986 etwa 1 Million m² Stoff.
Teile der Produktion gingen ins Ausland, darunter in das Ausland mit den harten Währungen. Viele Quadratmeter Stoff und Plüsch landeten in der damaligen BRD, wo dann die Kunden von den weichen und plüschigen Stoffen ihrer Westmöbel und Westteddys schwärmten, nicht wissend, daß die kuscheligen Stoffe aus dem sonst so geschmähten und wegen seiner minderwertigen Produkte so mitleidig belächelten Osten kamen.
Mit dem Ende der DDR kam auch das Ende der Textilproduktion in Kloster Zinna. Im Jahr 1991 wurde der Betrieb geschlossen. Seither erinnert nur noch das Webhaus-Museum an die Zeit als Standort der Textilindustrie.
Fazit: Kleines, interessantes, sehenswertes Ortsmuseum.
Verkehrsanbindung: Bus 753, 761, PKW, Fahrrad
Ergänzender Link:
http://www.golocal.de/jueterbog/cafes/cafe-webhaus-inh-goeritz-elvira-5VhR1/[verkleinern]