4 km soll es lang sein, das Brodtener Steilufer. Ich habe es nicht nachgemessen, bin aber bestimmt schon zig Mal in meinem Leben sowohl oberhalb als auch unterhalb des Steilufers entlang spaziert und habe immer Neues entdeckt, da die Küste in einem steten Wandel ist.
An diesem sonnigen Tag Ende Februar starte ich meinen Spaziergang in Travemünde am Möwenstein. Der Wad wirkt noch recht trostlos, so ohne Laub, dafür fallen aber zwei laut hämmernde Buntspechte ins Auge, die wohl um die Wette... weiterlesen
hämmern.
Nach wenigen hundert Metern öffnet sich die Landschaft, zur Linken führt der Weg am Golfplatz entlang, zur Rechten befindet sich die Abbruchkante und der Blick auf die Ostsee wird freigegeben.
Entlang des Weges findet man immer wieder Skulpturen, die zur Travemünder Sessellandschaft gehören. Bei schönem Wetter bieten diese skurrilen Sitze Gelegenheit zum Verweilen.
Ein Gedenkstein, von zwei Bänken flankiert, erinnert mit den Worten „Zum Gedenken an die Verstorbenen, die in der Lübecker Bucht ihre ewige Ruhe fanden“, an Ertrunkene.
Etwas weiter liegt auf der anderen Seite des Weges ein zweiter, kleinerer Stein, er trägt die Inschrift: „Die Wasserwogen im Meer sind groß und brausen mächtig, der Herr aber ist noch größer in der Höhe.“
Nach knapp der Hälfte des Weges erreicht man das Restaurant „Hermannshöhe“, das allerlei Speisen und für Kinder einen großen Spielplatz bietet. Hier befindet sich auch ein großer, kostenpflichtiger Parkplatz, von dem man ebenfalls seine Wanderung starten kann.
Am ca. 20 Meter hohen Brodtener Steilufer herrscht Abbruch. Dass ein Steilufer abbricht, ist nichts Besonderes. Das kommt alle Tage vor. Spektakulär wird es, wenn der Wanderweg oberhalb des Ufers peu à peu mit abbricht und rot/weiße Flatterbändchen den Wanderer vor unfreiwilligem Absturz warnen sollen. Ein Haus, das 2012 noch auf Höhe des Restaurants „Hermannshöhe“ stand, ist mittlerweile verschwunden, ein weiteres Haus etwas weiter Richtung Niendorf ist zwar noch nicht so gefährdet, aber es wird sicherlich der Zeitpunkt kommen, da auch dieses Gebäude dem „Küstenfraß“ zum Opfer fallen wird.
Wie gesagt, der Wanderweg führt an diversen Stellen mittlerweile haarscharf an der Abbruchkante entlang, und mit haarscharf meine ich ca. 50 cm. Zum Teil ist der Weg im Laufe der Jahre versetzt worden, und eine weitere Verlagerung des Weges ein Stück ins Landesinnere wird unvermeidbar sein, will man die Touristen und Erholungssuchenden nicht vergraulen.
Kurz vor Niendorf, wenige Meter hinter dem Jugendhaus Seeblick, führt eine Treppe hinab zum Strand – die einzige Möglichkeit am gesamten Steilufer vom Weg oberhalb nach unten ans Wasser zu gelangen. Vom Möwenstein bis zu dieser Treppe sind es bei gemütlichem Tempo ca. 45 Minuten.
Ich gehe die steile Treppe hinab und am Wasser entlang zurück nach Travemünde. An vielen Stellen bietet sich kein so wirklich vertrauenserweckender Anblick. Da rauscht das Wasser an mehreren Stellen herab und das Steilufer gleicht in diesem Bereich mehr einer Schutthalde als einem Naturschutzgebiet. Reste von Gebäuden, riesige Bäume, der Schlamm rutscht auf langer Strecke herab und quillt aus dem Steilufer wie Lava aus einem Vulkan.
Interessant anzuschauen, aber man muss auch Obacht geben, wohin man tritt, denn je weiter ich mich Travemünde nähere, desto schmaler wird der Strand und desto schlammiger der Untergrund. Teilweise sinke ich mit den Schuhen ein, umgestürzte Bäume liegen quer über dem sehr schmalen Strand und es gilt zwischen den Ästen hindurchzuklettern, um den Weg fortsetzen zu können.
Dann wird der Strand wieder breiter, ich konzentriere mich auf die vielen wunderschönen Granitsteine, stecke ein paar Hühnergötter in die Tasche, werfe sie aber bald wieder weg, da es doch recht beschwerlich ist, mit Steinen in der Tasche durch den Sand zu stapfen – und ich habe noch ein gutes Stück weg vor mir.
Bernsteine habe ich entgegen manchen Informationen hier noch nie gefunden, allerdings gebe ich zu, dass ich mich hier an der Ostseeküste grundsätzlich nie nach gelben Steinen bücke, die Angst, Phosphor in der Tasche zu haben, steckt seit Kindertagen in mir drin. Passt auf Phosphor auf – nichts Gelbes in die Tasche stecken, wurde uns von Kind auf an eingetrichtert.
Ein Kormoran lüftet auf einem Fels im Wasser sein Gefieder und eine laut krächzende Krähe verfolgt mich geradezu. Nachdem ich sie fotografiert habe, fliegt sie auf nimmer Wiedersehen fort. Sehr sonderbar!
Nach einer guten Stunde Strandwanderung bin ich wieder am Möwenstein.
…….
Geht man die ganze Strecke von Travemünde nach Niendorf und wieder zurück, muss man 2 ½ Stunden einkalkulieren. Festes Schuhwerk ist unbedingt angeraten! Bei auflandigem Wind oder nach einem Ost-Sturm kann es sein, dass der Strand an einigen Stellen zu schmal und vor allen Dingen zu schlammig wird, sodass man denselben Weg wieder zurückgehen muss.
Falls jemand weiter Infos wünscht, empfehle ich diese website aufzusuchen:
http://www.brodtener-ufer.de/brodtener-steilufer[verkleinern]