Zur Volljährigkeitsfeier der Lieblingsnichte soillte es mal nicht das übliche, verfressene Rumhängen im Familienkreise sein. Action war angesagt, die Abiklassengäng wurde mitmobilisiert und so begub man sich zu 18 Leuten aus drei Generationen per Straßenbahn in den Westen der Colonia. Denn die Anreise per Automobil ist nicht zu empfehlen, wenn man Wert darauf legt, in fußläufiger Entfernung zum West Bowling zu parkieren.
Nach amüsierter Betrachtung sich abmühender Recken im benachbarten... weiterlesen
Fitness-Center betritt man das Etablissement und lässt den Billardbereich (Pool und Snooker) im Erdgeschoss links liegen. Treppab passiert man die Zone der Autorennsimulatoren und anderer Zerstreuungsapparaturen. Nach kurzem Sortieren sowie Aushändigung jeweils passender Bowlingschuhe enternt man die reservierten Sitzgruppen und programmiert die Spielcomputer, was gottlob selbsterklärend und idiotensicher von der Hand geht. Auch lassen sich alle Teammitglieder in diversen Gesichtsausdrücken vom Computer knipsen - die Userfotos werden während des Spiels in unbeschreiblich komische Trickfilmfiguren einkopiert, die dann ständig auf den Anzeigemonitoren erscheinen... Na ja, machste halt mit.
Die flinke und freundliche, allerdings in ein seltsames Dirndl gezwängte Servierdame sorgt während der gesamten Veranstaltung für zügigen Getränkenachschub. Das Angebot ist ordentlich und es gibt natürlich auch den White Russian des 'Dude' - Details siehe Webseite. Das leibliche Wohl wird nicht à la carte geordert, sondern bereits im Vorfelde als Buffet aufgebaut. Dessen Qualität eher durchschnittlich ausfällt. Aber wenn man eingeladen ist, sieht man dat natürlich nicht so eng. Die darob zu frequentierenden Toiletten befinden sich immerhin in annehmbarem Pflegezustand. Da stört schon eher die laute Musikbeschallung von erschütterndem Niveau à la 'Ballermann-Fetenhits und Juxraketen'. Da geht sogar das unvermeidliche 'Atemlos' als vergleichsweise höhere Liedkunst durch. Tja - da sind wir wohl in die Hütt'n-Party aus dem Oktoberfest-Special geraten, siehe umfangreiches Event-Programm auf der Webseite.
Die ältere Generation zeigt anfangs leichte Ausfallerscheinungen, hält aber tapfer durch. Die Mittelalterlichen verzichten angesichts des Radaus darauf, schreiend irgendwelche Lebowski-Filmszenen nachzustellen. Und das Jungvolk (natürlich die Hauptzielgruppe, siehe Video auf der Webseite des Hauses) versteht unser Problem sowieso nicht. Man kann hier keine wirklich ruhige Kugel schieben und fragt sich, was dann wohl erst bei der Halloween-Freibier-Party 'abgeht'.
Aber wir wollten ja trotz allem bowlen. Hierzu versucht man zunächst, herauszufinden welche Kugel in Betracht kommt. Die drei Grifflöcher der leichten 6lbs/2,72kg-Exemplare sind nicht für Wuchstfinger geeignet. Dann also doch die höheren und entsprechend anstrengender zu beschleunigenden Gewichtsklassen bis zu maximal 16lbs/7,26kg: Rrrummms - bitte versuchen Sie lieber, Ihr Geschoss recht parallel zur Bahn aufzubringen. Unkontrollierte Querschläger werden immerhin von den beiderseits der Bahn angebrachten Rinnen - den Gutters - abgefangen, so dass man nicht in die Verlegenheit gerät, auf den Nachbarbahnen Unheil anzurichten.
Hat man sich ein wenig der selten geübten Technik angenähert, versuche man, möglichst viele Pins (Kegel) abzuräumen. Im Idealfall wären das alle Zehne, ein sogenannter Strike. Gelingt dies nicht, hat man einen zweiten Wurf, um die verbliebenen Pins zu Fall zu bringen. Gelingt dies, spricht man von einem Spare. Gelingt dies nicht, findet man sich irgendwo im Mittelfeld des Team-Klassements wieder. Aber immer noch besser, als beide Würfe in die Gutters zu semmeln, die selbstverständlich an den amüsiert grinsenden Pins vorbeiführen.
Ein Spiel geht über zehn Runden. Gezählt wird per Spielcomputer. Der ist bei der Ermittlung des Spielstandes zwar regelbedingt schonmal eine Runde in Rückstand, aber es kommt wenigstens kein Stress auf 'Übertreeten! Schreib ne Null auf!' Die anfangs taghell beleuchtete Anlage mit 20 Bahnen wird ab 20:00 in Dunkelblau getaucht und von Laserlicht illuminiert. Man will dem Partypublico ja etwas bieten.
Geöffnet ist täglich von 12:00 bis Mitternacht, Freitags und Samstags bis 2:00. Die Preisgestaltung ist etwas verzwickt nach Wochentagen und Uhrzeiten gestaffelt. Bei größeren Gruppen empfiehlt sich die stundenweise Buchung einer oder mehrerer Bowlingbahnen anstelle einer komplizierten Abrechnung pro Spiel pro Person. Das ist beim Billard nicht ganz so wissenschaftlich.
Dass es trotz der genannten Schwächen bzw. Zumutungen ein gelungenes dreistündiges Familienereignis wurde, lag natürlich an der harmonischen Besetzung und dem Fehlen jeglicher Ambitionen. Denn das ist kein Ligaspiel, Smokey. Sonst wären meine zwei Strikes, zwei Spares und dutzendweise Gutters auch ein völlig inakzeptables Resultat gewesen.
Update 11.03.2017
Diesmal war es der Lieblingsneffe, dessen Volljährigkeit in ähnlicher Weise wie oben beschrieben zu begehen war. Und wir haben sogar direkt vor dem in Rede stehenden Etablissement parkieren können. Buffet und Service waren bemüht und es gab diesmal auch keine höllisch lärmende Partybeschallung. Auch mein White Russian war annehmbar. Dafür hatten wir ungewöhnliches Pech mit der Haustechnik. Zuerst fiel eine der beiden gebuchten Bahnen (genauer: deren Pin-Aufstellrobotik) trotz mehrmaliger langer Reparierungsversuche aus, dann auch noch die ersatzweise angebotene Nebenbahn. Natürlich waren wir unschuldig. Zumindest ich war noch nicht in Hochform: ein Strike ein Spare - dat wor nix. Man war um schnelle Behebung der wiederholten technischen Malesten bemüht und hat uns auch bei der Endabrechnung eine Stunde entgangenen Spitzensports geschenkt. Daher kein weiterer Sternabzug. Mit dem West Bowling war's das trotzdem erstmal. Und weitere Volljährigkeitsfeiern stehen erst in ferner Zukunft wieder an.
mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas[verkleinern]