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Südlich von Berlin in Wünsdorf bei Zossen verbirgt sich heute in einem Wald eine große militärische Befehlsstelle der deutschen Wehrmacht, später der sowjetischen noch später der russischen Streitkräfte in Deutschland.
Im Zuge der Aufrüstung des Deutschen Reiches und des forcierten Aufbaus der Wehrmacht machten sich auch die Schaffung der notwenigen Befehlsstrukturen für die Truppenführung in einem nicht mehr fernen Krieg notwendig. So wurde in der 2. Hälfte der 1930er Jahre der Bau des... weiterlesen Oberkommandos des Heeres (OKH) in der Nähe der damaligen Reichshauptstadt Berlin begonnen. Ausgewählt wurde dafür ein Gelände, das schon zu kaiserlichen Zeiten als Stammlager Zossen militärischen Zwecken diente.
Eine moderne Armee brauchte auch damals schon moderne Kommunikationsmöglichkeiten. 1936 wurde daher mit dem Bau der Nachrichtenzentrale „Zeppelin“ begonnen, die bei der Reichspost die Tarnbezeichnung „Amt 500“ trug, denn obwohl zur Nachrichtenübermittlung des Heeres gedacht, wurde die Anlage offiziell von der Deutschen Reichspost errichtet und betrieben.
Unter anderem waren in dem Bunker die Fernschreibvermittlung der Betriebszentrale des Heerestransportwesens, die Heeres-Fernschreibvermittlung mit über 80 Fernschreibmaschinen, die zentrale Uhren-, Rundspruch- und Kommandoanlage für die Maybach-Bunker des OKH, die Fernkabelmessstelle, die Heeres-Fernsprech-Fernvermittlung mit über 500 Fernsprechleitungen, ein Verstärkeramt und ein Wechselstrom-Telegraphieamt untergebracht. Die Energieversorgung wurde aus dem öffentlichen Netz gewährleistet. Für den Notfall verfügte man über 2 U-Boot-Dieselmotoren.
Der Bunker bestand aus einem zweietagigen gassicherem Bau (117x22m) und einem dreietagigen Anbau (57x40m). Zugang war über 3, zum Teil von LKW befahrbare Stollen. Einer dieser Stollen diente als Verbindung zur Bunkeranlage „Maybach I“ des OKH. Die Gesamtfläche des 20 m unter Erde liegenden Bunkers mit seinen meterdicken Wänden und Decken umfaßt etwa 14.700 m². Ab Mai 1939 erfolgte der Probebetrieb und praktisch unmittelbar vor Kriegsbeginn wurden Ende August 1939 alle für den Krieg gegen Polen notwendigen Fernmeldeverbindungen auf den Bunker „Zeppelin“ umgeschaltet. Von September 1939 bis April 1945 war der Bunker der wichtigste und modernste Fernmeldeknoten (Fernsprech- und Fernschreibverbindungen) der Wehrmacht und des Reichs. Praktisch alle Verbindungen zwischen den Fronten sowie den Dienststellen liefen über Wünsdorf, egal ob am Atlantikwall oder in Stalingrad, am Nordkap oder in Griechenland.
Der Zusammenbruch der Front im Süden Berlins im April 1945 und die überstürzte Flucht des OKH aus Wünsdorf führte dazu, daß es der deutschen Seite nicht gelang, den Fernmeldebunker zu zerstören. So fiel er weitgehend intakt in die Hände der Roten Armee.
Die OKH-Bunkeranlagen „Maybach I“ und „Maybach II“ wurden 1946 gesprengt. Aus dem Zeppelin-Bunker wurde von der Roten Armee die Fernmeldetechnik demontiert, der Bunker selbst nach einem Sprengversuch am Westbauwerk aufgegeben. Durch den hohen Grundwasserspiegel liefen Teile des Bunkers voll Wasser. In Wünsdorf selbst wurde das sowjetische Oberkommando in Deutschland eingerichtet, das ganze Areal wurde zum Sperrgebiet erklärt, die Reichstraße 96 (heute B 96) wurde unterbrochen und nach Westen verlegt.
Nach Auflösung der Alliierten Kontrollkommission im Jahr 1953 wurde Wünsdorf zum Oberkommando der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD – seit 1988 Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte, ab 1992 Westgruppe der russischen Streitkräfte) und größtem sowjetischen Militärstützpunkt in der DDR mit bis zu 40.000 Mann ausgebaut. Im Zuge dieser Ausbaumaßnahmen wurde auch der Fernmeldebunker „Zeppelin“ wieder reaktiviert. Nach abpumpen des Grundwasser und Austrocknung der Räume erfolgte ab etwa 1960 der Ausbau des Bunkers zum atomwaffensicheren Kommandobunker. Mehrere Schleusen wurden eingebaut, die einstigen Techniksäle aufgeteilt. Das durch den Sprengversuch von 1946 teilweise zerstörte Westbauwerk wurde notdürftig wieder instandgesetzt. Ob die Bunkeranlage trotz Umbau und Modernisierungsarbeiten wirklich ABC-Waffen-sicher war, ist umstritten.
Ein Teil des Nachrichtenbunkers diente auch unter der Roten Armee nun ihrem ursprünglichen Zweck. Hier wurde die Nachrichtenzentrale „Ranet“ eingerichtet, die in das Nachrichtensystem der NVA integriert war und die Verbindung zur Hauptnachrichtenzentrale des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR sicherstellte.
Mit dem Beitritt der DDR zur BRD und dem Abzug der russischen Truppen aus Deutschland stellte die Nachrichtenzentrale „Ranet“ die Arbeit ein, wurde, wie auch die andere Einrichtung des Kommandobunkers, demontiert und nach Rußland abtransportiert.
Heute werden die Bunkeranlagen von der Bücherstadt-Tourismus GmbH verwaltet und im Rahmen von verschiedenen geführten Besichtigungstouren (Zeiten bitte der Homepage entnehmen) interessierten Besuchern zugänglich gemacht.
Vom ehemaligen Kontrollposten geht es vorbei an den gesprengten Bunkerhäusern von „Maybach I“ zum Eingang des Bunkers „Zeppelin“, der durch eine tonnenschwere Schleusentür gesichert ist. Im Innern des Bunkers herrscht eigentlich keine qualvolle Enge. Hohe Gänge und Räume lassen einen an einen Gang durch ein Bürohaus denken, einzig Fenster fehlen. Die Lebensumstände der im Bunker untergebrachten Soldaten in den Stollen und Gängen mit lediglich hunderten Feldbetten lassen sich nur erahnen. In den einstigen Technikräumen sind noch immer die Fundamente für die Fernmeldetechnik erhalten. Ebenso erhalten sind noch Reste der einstigen gewaltigen Bunkereigenen Rohrpostanlage.
Da die Bunker Höhlencharakter haben und nicht beheizt werden, ist es zu jeder Jahreszeit eine Jacke mit zur Besichtigung zu nehmen (Konstant 10 Grad).
Fazit: Der ehemalige deutsche Fernmeldebunker „Zeppelin“ ist sicher kein Magnet für den Massentourismus, aber für Interessierte sehr empfehlenswert.[verkleinern]