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Abweichende Öffnungszeiten: Nur von April bis Oktober und nur am Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Gruppenbesichtigungen an anderen Tagen können vereinbart werden. Außerdem ist die Mühle ganztägig am Deutschen Mühlentag geöffnet.
Die Scheunenwindmühle steht auf der Dorfaue von Saalow, einem Dorf im Teltow, ca. 25 km südlich von Berlin.
Bei der Mühle kann man mit Fug und Recht von einer Weltsensation und einem Unikum sprechen: es gibt nur diese eine Windmühle mit diesem... weiterlesen Funktionsprinzip.
Zu verdanken hat die Mühle ihre Existenz dem sächsischen Bauern Johann Schubert (1820-1889) aus Podemus bei Dresden (heute Dresdner Stadtteil). Wie im 19. Jahrhundert üblich, schroteten die Bauern Getreide für Futterzwecke in kleinen Mahlwerken selbst oder beim Lohnmüller ihres Vertrauens.
Schubert, der nicht nur Bauer sondern auch Zimmermann mit erfinderischen Ambitionen war, ersann für den eigenen Hof was ganz neues: die Scheunenwindmühle.
Er errichtete ab 1864 eine 2-geschossige Fachwerkscheune mit 2 großen Toren im Erdgeschoß, der Mahlstube und der Werkstatt in der 1. Etage und einem Lager unterm Dach. Selber kurbeln wollte er genauso wenig wie er Tiere zum Antrieb des Mahlwerkes einsetzen wollte. Er wollte die Windkraft nutzen, ohne allerdings eine herkömmliche Windmühle zu bauen.
Das Prinzip war einfach: in 2 große Tore setzte er 2 genauso große turbinenähnliche hölzerne Räder ein, die bei geöffneten Toren vom durchströmenden Wind in Bewegung gesetzt wurden und durch Transmissionen das Mahlwerk antrieben. War die Arbeit erledigt wurden einfach die Tore geschlossen und die Mühle stand still.
Der Anstellwinkel der Turbinenschaufeln entspricht mit 23° dem auch heute gültigen Ideal von 21 bis 25° …. und das hat Herr Schubert ganz ohne Computerberechnungen, vermutlich durch probieren, herausgefunden.
Die Achsen der Räder laufen nicht in einem Kugellager, sondern in einem hölzernen Gleitlager aus Eichenholz, das mit einer Art Ölschiefer geschmiert wird. Noch heute laufen die riesigen Räder so leicht, dass man sie problemlos mit einer Hand bewegen kann.
Das größere Rad (4,70m Durchmesser) diente als Antrieb und Bremse für das Mahlwerk, das kleinere Rad (3,85m Durchmesser) als Antrieb für den Sackaufzug.
Bei den hölzernen Einbauten in der Mühle hat sich Schubert auch noch die Mühe gemacht, überall kleine Dekors und Verzierungen anzubringen.
Da das Ganze bloß für den Eigenbedarf gedacht war, sind die Ausmaße des Mahlwerks entsprechend klein. Der Mühlstein ist, gemessen an den großen Steinen gewerbsmäßiger Mühlen, eher Liliput, hat aber seinen Zweck erfüllt.
Und das Ganze war für Einmannbetrieb konzipert: Die Getreidesäcke wurden von außen am Gebäude mit dem sogenannten Sackzug ins Lager im Dachgeschoss gebracht und konnten dann zu einer Schüttvorrichtung gezogen und in das darunterliegende Mahlwerk geschüttet werden.
Mehl produzierte Schubert wohl nicht, obwohl er auch dafür mit entsprechenden Vorrichtungen experimentierte.
Wie uns der Mühlenerklärer erzählte, sind heutige fachkundige Besucher (Ingenieure und so) der Meinung, dass das Ding nie funktioniert haben kann.
Hat es aber doch: von 1866 bis 1914 mit Windkraft und dann bis 1957 mit elektrischen Antrieb.
Wie kommt nun diese Mühle von Sachsen nach Brandenburg?
Anfang der 1960er Jahre wollte der damalige Besitzer des Bauernhofs die Mühle abreißen, weil sie störte und baufällig war. Das Institut für Denkmalpflege der DDR verhinderte den Abriss, baute die Einrichtungen aus, lagerte diese ein und mietete das Gebäude, um den Abriss zu verhindern.
Mit dem Ende des Mietvertrages 1980 musste die Mühle dann doch abgetragen werden. Der Besitzer der Saalower Paltrockmühle konnte die Mühle mit Billigung staatlicher Stellen und mit Unterstützung des Kulturbundes der DDR nach Saalow überführen und dort mit dem Wiederaufbau beginnen, was aber zunächst scheiterte.
Erst ab 1992 wurde die Mühle dann auf dem Saalower Dorfanger wiederaufgebaut und ist seit 1995 für Besucher als technisches Denkmal zugänglich.
Nach dem Wiederaufbau wurde sie nochmal probehalber in Betrieb genommen … und funktionierte!!
Fazit: Von weitem sieht die Mühle aus, als wenn ein Jumbojet seine Triebwerke verloren hätte.
Sie ist ein einzigartiges technisches Zeugnis innovativen menschlichen Erfindungsgeistes.
Der Eintritt beträgt 2,50 € (2017). Falls während der Öffnungszeit kein Verantwortlicher vor Ort ist, kann man diesen über eine Rufanlage am gegenüberliegenden Bürgerhaus herbeitelefonieren.
Bei unserem Besuch gabs vom Mühlenerklärer noch eine Vielzahl Hintergrundinformationen. Im Eingangsbereich kann man ua. Postkarten und Infomaterial erwerben.
Die Mühle ist nicht barrierefrei.
Parkmöglichkeiten gibt es auf der Straße.[verkleinern]
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