Recht schön, aber noch ausbaufähig
Freundin M. lädt ihre Löwenfreunde zu einem nachträglichen Geburtstagsschmaus ein. Regional, saisonal und für Vegetarier geeignet - das klingt so verlockend, dass wir nicht lange überlegen und hier einen Tisch für drei reservieren.
Wir betreten ein modernes, schön klar gestaltetes Lokal. Besonders die Barhocker fallen mir auf, sie sehen aus wie Sektkorken - ein echter Hingucker. Das nächste Highlight: dem Gast wird ein freier Blick ins Schwimmbecken... weiterlesen
nebst Whirlpool der Holstein-Therme gewährt. Für uns ist ein großer, breiter Tisch im überdachten Außenbereich vorbereitet; wir sitzen nur einen Steinwurf vom Beckenrand entfernt. Jeder Platz ist mit einer ausnehmend hübschen Speisekarte versehen, und daneben ruht Besteck in einer maritimen Serviettentasche.
In der wirklich interessant bestückten Speisekarte werden wir pronto fündig und sehen dann ein Weilchen sehr amüsiert den Badenden bei ihrer Körperertüchtigung und/oder Wellness zu.
Die etwas nervös wirkenden Servicedamen eilen mehrmals an unserem Tisch vorbei, bis eine endlich Zeit findet, sich unserer Wünsche anzunehmen. Den Grund für die Unruhe erfahren wir beim Bestellen: man erwarte jeden Moment eine größere Gesellschaft, also würde es mit unserem Essen auch etwas dauern…
Besorgte Blicke… wir sind alle drei sehr hungrig und somit nur mäßig geduldig :-/ Aber hey, was soll’s, ganz entspannt, wir können warten… genug zu erzählen haben wir, und notfalls sorgt das bunte Treiben im Becken für Zerstreuung.
Die Getränke werden sehr fix serviert: Softdrinks für uns, Tee für M. - sie friert, und gegen den Wind, der uns um die Ohren bläst, helfen die ausgelegten Decken leider auch nicht.
Schon bald stellt sich die Frage: wohin mit dem Teebeutel?! Ein Schälchen gibt es nicht, also bleibt nur die unschöne Kleckervariante Untertasse. Erste Abzüge in der B-Note.
Aber dann, nach erstaunlich kurzer Zeit: drei große Teller - unser Essen naht !
Allgemeines Frohlocken und eifriges Besteck auspacken, welches sich erwähnenswert gut in die Hand schmiegt.
Es folgt hungriges Schweigen bei vollster Konzentration auf das Wesentliche.
M. gelangt schnell an die erste Hürde: wie isst man die überbackene Avocado? Einen Löffel gibt es nicht und zum Schneiden ist sie viel zu fest (Nicht reif ?! Zweite Hürde.).
mr.lion freut sich über sein Omelette, das für ihn perfekt ist: knusprig gebratene Kartoffeln umhüllt von Rührei voll mit frischen Kräutern, schön kräftig gewürzt - two thumbs up.
Ich kämpfe verbissen mit meiner unreifen Avocado und dazu auch noch mit dem Couscous, der recht locker von der Gabel fällt und mich gleich beim ersten Bissen mit einem Lorbeerblatt überrascht… das landet auf dem Tellerrand - übrigens ausnehmend hübsch, die Teller, und alle unterschiedlich.
Ein Löffel wäre jetzt gut… aber die Damen eilen mit Suppenterrinen gen Gesellschaft, und so wichtig ist es nicht, krümel’ ich also fleißig weiter herum. Hürde Nummer drei.
„Ist deins eigentlich warm?“ „Nee, nicht wirklich.“ „Schade.“ „Und? lecker?“ „Ja, doch… soweit ok.“ Aha.
Wir stoßen im Couscous auf kleine rote Schoten und M. fragt, ob die wohl scharf seien. Ein winziges Eckchen Schote später weiß ich zu berichten: ja, sehr sehr scharf. „Das wär’s gewesen, scharf kann ich gar nicht ab! Das können die doch nicht einfach da reintun?!“ Ja, ich stimme zu, vielleicht vor’m Servieren lieber rausnehmen, und die Lorbeerblätter gleich mit - oder wenigstens Bescheid sagen (lassen)…
Die Hürden häufen sich.
mr.lion vergibt fünf Sterne für sein Omelette, M. und ich schwanken zwischen drei und vier…
Als Nachspeise erbitten wir Cappuccino, Tee, dazu Kaiserschmarrn mit Vanilleeis - ein Teller, drei Löffel, bitte.
Tee wieder ohne Beutel-Ablage, und der Cappuccino… von mr.lion als „schlichtweg abscheulich!“ bezeichnet; ich finde ihn auch sehr unlecker…. Der Schmarrn (mit zwei Gabeln und zwei Löffeln) wirkt durchaus übersichtlich, kommt mit feinem, hausgemachtem Apfelkompott daher, ist wirklich hübsch mit Obst dekoriert und mundet allseits gut.
Die Gesamtsumme beläuft sich auf gute 45 Euro - angemessen, so unisono das Urteil.
Zum Sterneabzug führen (in dieser Reihenfolge):
- der Cappuccino (abscheulich!!)
- die Temperatur des Couscous (im Sommer egal, aber als warme Mahlzeit an kühlen Tagen ?)
- die unreife Avocado (nicht lecker !)
- die Gewürzfunde (scharfe Schote=gefährlich !)
- die Teebeutelproblematik (sooo einfach zu lösen)
- der fehlende Löffel (Couscous-Desaster auf dem Tisch)
- die Tische (zum Unterhalten etwas zu breit, bei DEN Nebengeräuschen…)
Fazit: Schönes Konzept, wirkt hier und da noch etwas holperig, aber macht sehr neugierig auf weitere Besuche - bestimmt schon bald…[verkleinern]