Eigentlich wollte der aus dem Haus Wittelsbach stammende Kurfürst und Erzbischof Clemens August (von Bayern) die Ruine der ehemaligen Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert ein wenig „aufhübschen“ und zwar durch seinen bevorzugten Architekten Johann Conrad Schlaun (sein Hofbaumeister aus Münster), doch die Familiären Begebenheiten haben ihn dazu mehr oder weniger „gezwungen“, ab 1728 den berühmten Münchner François de Cuvilliés für die Gestaltung zu engagieren. Der Regent mochte dieses ererbte... weiterlesen Gebiet, aufgrund seiner günstigen Lage und ihrer Schönheit wegen, die auch noch zu den Freizeitaktivitäten der oberen Schichten einlud – der Jagd. Aus diesem Grund sollte ein Jagdschloss an dieser Stelle entstehen und kein repräsentativer Bau.
Drei Jahre nach der Grundsteinlegung im Jahre 1725 war der Rohbau fertig bei dem die schweren Mittelalterlichen Mauern, so weit wie möglich mit integriert wurden. Seinem Obermeister Schlauen schwebte ein dreiflügeliger Bau vor, bei dem der Wassergraben als äußere Abgrenzung dienen sollte, die in einen barocken Garten übergehen sollte. Vielleicht würde diese günstigere Variante tatsächlich realisiert worden, doch da hat sich der Bruder der bayrische Kurfürst Karl Albrecht, dagegen ausgesprochen, denn ihm war es nicht repräsentativ genug gewesen. Um seinen Willen Ausdruck zu verleihen, entsandte er seinen Hofarchitekten Cuvilliés in die Rheinlande um den „altertümlichen Bestrebungen“ Einhalt zu gebieten! Wie man es sich schon gut vorstellen kann, ein vielbeschäftigter Mensch, wie der damalige „Stararchitekt“, auch wenn er den Titel „erster Baumeister“ erhielt, nicht immer anwesend sein kann! Folglich wurde für die Ausführung der kurkölnische Hofarchitekt Michael Leveilla mit der Bauleitung vor Ort damit betraut. Diese beinhaltete nicht nur die Umgestaltung des Rohbaus, sondern auch die Umgebung sollte dem Zeitgeschmack entsprechend. In Folge dessen wurden die Wassergräben zugeschüttet und daraus entstand, der elegante Barockgarten.
Auch im Inneren blieb nichts so, wie es zuvor geplant war, denn nun sollten die repräsentativen Gemächer der Gartenseite zugewandt sein und nicht wie vorgesehen nach Norden. Zum Schluss wurden auch die übriggebliebenen Rundtürme von der Burg beseitigt, damit eine wahre Residenz entstehen konnte!
Wie sagt man so schön: noblesse oblige - der Adel verpflichtet und daher war nichts zu teuer oder aufwändig, das beste war gerade gut genug! Jeder Regent ereiferte sich um dem Vorbild aus Frankreich so nah wie möglich zu kommen, auch hier war es der Fall gewesen, es ist nicht nur eine Hommage an den Versailles, sondern eine kleine Kopie! Das sieht man schon von weiten, wenn man mit der Bahn ankommt, denn auch hier handelt es sich um einen Dreiflügeligen Bau, doch an eine Freitreppe, wie sie an der Gartenseite zu sehen sind, habe ich in Frankreich nicht gesehen...
Zurück zur Augustusburg, die Bauzeit hat sich so lange hingezogen, dass der Auftraggeber nur wenige Teile schon fertig gesehen hatte. Wenn man von Geburt schon Prinz ist, dann lässt man sich nichts sagen, erst recht nichts vorschreiben, denn es gab keinen der dem Regenten widersprochen hätte, schließlich war es der Landesherr und nicht ein dahergelaufener Wichtigtuer! Wer die Mittel dazu hatte, stellte es selbstverständlich im Frühbarock (wie es bei diesem Ensemble handelt) zur Schau, die Folge war, wie auch bei dem Sonnenkönig ein immenser Schuldenberg, doch wer denkt darüber bei solcher Pracht!
Als moderner Fußgänger durch das Schloss betritt man nicht, wie die erlesenen Gäste vor Jahrhunderten durch das Prunkportal zwischen den beiden Flügeln des Palastes, sondern an der Seite, denn dieser Bereich ist durch eine Glasfläche abgetrennt, doch schon das was man bei den „kleineren“ Räumen staunt der Besucher über das Interieur und deren Ausstattung: Leder- und Seidentapeten, Stuckarbeiten, teure Möbel und Gemälde und andere Antiquitäten, die jedes Raum vervollständigen.
Sicherlich hat jeder ein Bild vor Augen, wenn man an das Gemäuer denkt: die große Freitreppe mit den Säulen aus Stuckmarmor, das wegen der aufwendigen Herstellungsweise um vielfaches teurer sind, als das teuerste Original aus Italien (doch nicht nur von dort!), denn eine Fachfrau erzählte uns, dass die Arbeit von 1m² herzustellen beträgt schon, je nach Witterung, mehrere Wochen betragen kann, denn es muss immer feiner abgeschliffen werden. Die Details sind zu komplex, um es an der Stelle auch noch zu thematisieren...
Jedenfalls auch hier war ein berühmter Meister am Werk. Das gesamte Treppenhaus inklusive Decken entwarf Balthasar Neumann und die Fresken mit der Erhöhung des Hauses Wittelsbach, doch im ganzen Schloss sucht man vergeblich nach anderen Mitgliedern seiner Familie, denn wer war sich im Barock näher, als man selbst, daher prangt von zahlreichen Gemälden das Konterfei von Clemens August dem Betrachter entgegen! Die einzige Ausnahme stellt seine Mätresse – die Harfenistin und Mutter seiner Tochter Mechthild Brion, doch an solcher Stelle, die nur er betreten hatte ;-). Man soll es besser für sich behalten, auch wenn seine Tochter Anna Maria (1735-83), später geadelt wurde, hat sie trotzdem den eigenen Cousin heiraten müssen, weil sie beide uneheliche Sprosse ihrer Väter gewesen sind... Kommt bekanntlich in besten Familien vor...
Bevor ich mich in noch mehr Details verliere komme ich zurück zum Entree, denn die Farben sind hier perfekt auf einander abgestimmt: weiß-goldene Figuren, grau-grüne Marmorimitation an den Wänden und dazwischen bei den Säulen wurden in korrespondierenden Pastelltönen eingefärbt, die wiederum mit den Geländern um die Wette strahlen. Was soll ich noch versuchen, es zu beschreiben, am besten selbst besuchen, denn auch die Stuckarbeiten von Carlo Carlone lassen einen nur staunen!
Doch noch möchte ich auf ein paar Kleinigkeiten eingehen: so mancher hat sich sicherlich gefragt, woher der Begriff „Augenschmaus“ kommt – auch dieser Brauch stammt aus Frankreich, denn ausgewählte Personen durften bei der Zeremonie der Speiseneinnahme zugegen sein, doch nicht so, dass sich das gemeine Volk unter die hochgestellten Herrschaften mischen dürfte, nein! Im Speisesaal direkt neben dem Prunktreppenhaus gab es in Luftiger Höhe Balkone, von denen man auf die Tafel schauen durfte und so kam man in den Genuss, überhaupt zu sehen, was dort gespeist wurde, besser war, dass man nicht hungrig dorthin ging, denn solche „Gelage“ zogen sich über Stunden hin und jegliche Störung war weder erwünscht, noch toleriert! Das passende Geschirr, natürlich aus echtem Porzellan steht in einer Vitrine, da es zu wertvoll ist, doch es ermöglicht einen Einblick in die Tischkultur der vergangenen Zeiten sich vorzustellen.
Seit dem 19. Jahrhundert wurden auch nach dem 2. Weltkrieg, als das benachbarte Bonn Hauptstadt West Deutschlands gewesen ist, wurden Empfänge abgehalten. Die berühmtesten Besucher stammen aus einem Haus: die Windsors – Queen Victoria und ihre jetzige Nachfolgerin Elisabeth II. Sind wohl die berühmtesten, doch über 100 Stadtgäste sollen bis in die 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts kamen und bewunderten und bewunderten, das seit 1984 sich auf der UNESCO-WELTKULTURERBE befindlichen Denkmal aus der Nähe, egal ob Kaiser, Könige, Regierungschefs oder gar der Papst Johannes Paul II.
Einige Bewerter, von der nicht mehr existierenden Bewertungsplattform haben es beanstandet, dass es sich (fast immer) sich verhüllt zeigt, doch jede Dame möchte sich von der besten Seite zeigen, erst recht wenn es so alt ist, wie diese! Da stehen Restaurierungsarbeiten öfter an, als sonst bei anderen Gebäuden, uns hat es jedenfalls immer sehr gut gefallen, trotz das man im Inneren nur in Begleitung eines Führers unterwegs sein darf. Wie es so häufig vorkommt, kann man aus Statischen, sowie versicherungstechnischen Gründen nicht alle Räume betreten, doch die repräsentativen sind stets dabei, sowie die Privatgemächer des Kurfürsten stehen zur Besichtigung frei. Wenn ich mich recht entsinne dauert diese ca. 1 Std. Der Eintritt beträgt magere 6 €, inzwischen gibt es auch eine Kombikarte für die beiden Häuser für 9 €, bei unseren letzten Besuch war es noch nicht der Fall!
Taschen und Rucksäcke müssen eingeschlossen werden, doch Schließfächer gibt es genügend zu Verfügung. Wenn man mit einer Gruppe hierhin kommen möchte, empfehlt sich eine eigene Reservierung, doch die Führung kostet dann Pauschal bis zu max. 25 Personen 50 €, Schulklassen zahlen 12,50 €. Vor allen im Sommer ist es schon manchmal lästig, wenn die Gruppen zu groß geraten sind, doch meistens hat es schon irgendwie geklappt.
Im Winter sind beide Schlösser geschlossen, die Öffnungszeiten danach schaut man sich am besten unter: http://www.schlossbruehl.de/Oeffnungszeiten_Schloesser
Im inneren ist es grundsätzlich nicht erlaubt zu fotografieren!
Es ist schon wieder ein sehr langer Bericht geworden, doch es soll kein weißer Fleck bleiben, denn es ist schon etwas besonderes hier im Rheinland und ich als Kulturbeauftragte kann es nur bestens empfehlen![verkleinern]