Das 1973 erbaute 'City Center' oder 'Fachärzte Haus' ist wie seine Entstehungszeit vermuten lässt modern, funktional, mit klaren Linien, man kann aber auch sagen, es ist einfach ungemütlich. In ihm sind neben Ärzten, Optiker, Apotheke, Pflegedienst auch noch Dienstleistungsbetriebe untergebracht. Aber mitten in dieser doch eher sterilen Umgebung gibt es so etwas wie eine Oase der Gemütlichkeit.
Ich spreche hier vom Cafe Alt Wien, das wie ein Fremdkörper in dieser Umgebung wirkt. Der Weg... weiterlesen
dahin führt durch kahle Gänge und Flure, die nicht einladend wirken, doch schon die beiden kleinen Tische links und rechts am Eingang lassen mehr erhoffen. Das Innere des Cafes ist dann die wirkliche Sensation.
Leider wollte niemand mich dahin begleiten, also habe ich einen Besuch immer wieder aufgeschoben. Letzte Woche war es endlich soweit. In dem relativ großen Gastraum gibt es zwei Sitzgruppen mit Sofas, in denen man wirklich versinken kann, daneben gibt es aber auch noch Tische mit bequemen Stühlen, was eher mein Fall ist. An den Wänden sind in Regalen und auf kleinen Schränken Zeitschriften, Prospekte, Porzellan und allerlei Dekoelemente aufgebaut. Bilder mit Motiven aus Wien und moderne Malereien vervollständigen das Ambiente. Kronleuchter spenden Licht, und hinter der Theke (mit Glasvitrinen - Mozartkugeln und ähnliche Leckereien!) befindet sich eine riesige moderne Kaffeemaschine, die zischt und dampft und spuckt, wenn sie fachmännisch betätigt wird. Der Duft des Kaffees ist einfach überwältigend.
Der Betreiber Michael Cadek ist so wie man sich einen charmanten Wiener vorstellt - äußerst freundlich und zuvorkommend. Doch es war nicht seine Schuld, dass ich alle Diätvorsätze vergessen habe. Als ich sah, dass es Kaiserschmarren gab, den ich schon seit Jahren nicht mehr gegessen habe, konnte ich nicht widerstehen. Kaiserschmarren mit Rosinen, bestreut mit Puderzucker und dazu noch Apfelmus - das war genug für den restlichen Tag. Dazu kam dann noch eine Melange - Mmmhh.
Die Speisekarte weist Wiener Spezialitäten auf, neben süßen Speisen auch herzhafte. Es wird sehr bestimmt darauf hingewiesen, dass es weder Filterkaffee noch Käsekuchen gibt, sondern authentische österreichische Kost. Diepolz wäre von dem Mocca wahrscheinlich begeistert.
Die dezent im Hintergrund zu hörende Musik war ein Kompromiss zwischen dem was man in einem Wiener Cafe erwartet und dem, was für Ruhrpöttler als Hintergrundsmusik gilt. Störender empfand ich die lauten Gespräche der beiden Damen am Nebentisch, da ich die Bekannten über die gesprochen wurde, nicht kannte, und die Krankheiten mich auch nicht besonders interessierten.
Neben dem Hauptraum gibt es noch einen kleineren Nebenraum, auch gemütlich aber viel heller, und auf der Terrasse vier Holztische mit Stühlen.
Herr Cadek veranstaltet auch Vernissagen für junge bildende Künstler oder lässt Konzerte oder Dichterlesungen stattfinden. Leider ist der Informationsfluss nicht sehr gut, so ist man immer auf Notizen in der lokalen Presse angewiesen.
Obwohl das City-Center videoüberwacht ist, wird immer wieder in die verschiedenen Geschäftsräume eingebrochen, oder die Wände werden mit Schmierereien versehen. So bleibt dem Cafe und dem Betreiberehepaar nur Durchhaltevermögen und eine angenehme Zukunft zu wünschen. Auf jeden Fall haben sie in mir einen Gast gewonnen (nächstes Mal aber ein wenig kalorienbewusster).[verkleinern]