Diese Bäckerei ist eine Metzgerei.
Gewesen.
Es war einmal vor langer, langer Zeit, da waren der Bäcker und der Metzger im Dorf noch richtige Handwerker. Man hatte sein Ladengeschäft zur Straße hin und hinten wurde produziert. Ketten gab es nur am Fahrrad, Filialen hatten nur Banken.
Im Wildtal gab es weiland drei Gaststätten, eine Bank(Filiale), einen Metzger und den Dorfbäcker. Bei dem duftete es immer herrlich aus der Backstube. Allerdings gab es auch nur das, was dort gebacken wurde,... weiterlesen
abends auch mal nichts mehr.
Der Metzger wurde alt und starb, ein Wirtepaar wurde nicht alt und starb trotzdem, die Bankfiliale wurde wegreduziert und schließlich blieb auch der Brotofen kalt - Märktekonzept heißt das Ladensterben im Verwaltungsdeutsch. Im Wildtal wurde es ungemütlich, die Ortsmitte war verloren gegangen.
Da nahte aus dem benachbarten Vörstetten der weiße Ritter der Backbranche und eröffnete in der alten Bäckerei eine "Filiale". Kein Teiglingaufwärmer a la Kamps - aufgrund der kurzen Wege können die frischen Backwaren direkt aus dem Ofen hierhergekarrt werden. Als dann auch noch der Sonntagsverkauf eingeführt wurde, bildeten sich wieder Schlangen wie zu Opas Zeiten.
Nur kurz währte jedoch die Freude im Dorf. Die Erben des alten Bäckers wohnten nicht vor Ort und wollten mehr als nur die Pacht fürs Ladenlokal. Eines Morgens kamen die Abrissbagger, vier gesichtslose Reihenhäuser stehen jetzt dort.
Und wieder bestäubte sich der weiße Ritter mit Vollkornmehl, legte sein baguetteförmiges Schwert an und eroberte die stillgelegte Metzgerei im Sturm. Als sich die Schlachtwolken verzogen hatten, hatte das Dorf auf noch weniger Fläche wieder einen Vollsortimentsbäcker.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann backen sie noch heute...[verkleinern]