Das Museum befindet sich im um 1520 erbauten Ostflügel des ehemaligen, Mönchenkloster genannten Franziskanerklosters der Stadt Jüterbog (50 km südlich von Berlin) im heutigen Kulturquartier. Auf 3 Etagen wird die Geschichte der Stadt und ihrer Umgebung dargestellt. Alle Ausstellungsebenen sind mit einem Aufzug erreichbar. Der Eintritt beträgt 5 €uro, ermäßigt 3,50 €uro, Rentner fallen nicht unter die Ermäßigung.
Der Rundgang beginnt im spätmittelalterlichen Kellergewölbe. In dieser... weiterlesen Ausstellung ist die frühzeitliche Siedlungsgeschichte an Hand von Infotafeln und Ausgrabungsstücken dargestellt, immerhin finden sich erste (slawische) Siedlungsspuren aus der Zeit um etwa 5000 vuZ. Zu sehen sind ua. frühzeitliche Leichenbrandreste von Menschen und Tieren. Auch auf die heute nicht mehr existierende mittelalterliche Burg Jüterbog wird eingegangen. Weiterhin befindet sich im Kellergewölbe ein Mittelalter-Mitmach-Bereich für Kinder. Im Keller sind auch Reste der mittelalterlichen Fußbodenheizung des Klosters zu sehen.
Im 1. Geschoß schließt sich die Ausstellung zur Stadtgeschichte ab dem späten Mittelalter an. Man erfährt ua. daß der Ablaßhändler Johann Tetzel von Jüterbog aus seinen Handel mit Ablaßbriefen betrieb, was wiederum den Zorn Luthers erregte und die Reformation beflügelte.
Weitgehend unbekannt sind die überregional bedeutsamen „Jüterboger Fürstentage“, die über 4 Jahrhunderte hier stattfanden. Brandenburgische und sächsische Kurfürsten sowie weitere deutsche Herrscher trafen sich im damals sächsischen Jüterbog zu dem, was man heute Krisengipfel oder Gipfeltreffen nennt. So ging es beim Fürstentag von 1604 um die Schlichtung des Streits um das Herzogtum Jülich-Kleve-Berg, der aber erst 1666 beigelegt werden konnte.
Was ich nicht wußte: bei Jüterbog fand am 23.11.1644 im 30jährigen Krieg eine Reiterschlacht zwischen schwedischen und kaiserlichen Truppen statt (Schlacht bei Jüterbog bzw. Schlacht auf der Birkheide), die mit einer vernichtenden Niederlage der Kaiserlichen endete. Chroniken berichten von 3500 toten Kaiserlichen.
Sehr sehenswert sind die lichtgeschützt gelagerten alten Urkunden und Dokumente. So ist z.B. ein originaler Ablaßbrief von 1515 zu sehen. Ein wenig schmunzeln läßt einen der preußische Reisepaß von Heinrich Wilhelm Schüttauf von 1834:
- „Zweck der Reise: Arbeit zu suchen …. Von Jüterbog … nach Zürich in der Schweitz“
- Der Inhaber ist gilt als „unverdächtig legitimiert“
- er darf „frei und ungehindert reisen und zurückreisen“
aus der Personenbeschreibung:
3. Größe: 5 Fuß 7 ½ Zoll
5. Stirne: frei
8. Nase und 9. Mund: proportioniert
10. Bart: fehlt
13. Gesichtfarbe: gesund
14. Statur: schlank
15. Besondere Kennzeichen: Plattfüße
Das alles notierte der Beamte in schönster deutscher Kurrentschrift, über 150 Jahre vor Erfindung des biometrischen und maschinenlesbaren Passes.
Im 2. Obergeschoß befindet sich die Ausstellung zur Stadtgeschichte des 20. Jahrhunderts von der Kaiserzeit übers Dritte Reich bis hin zur Garnisonstadt der sowjetischen und russischen Streitkräfte nach dem 2. Weltkrieg in der DDR. In der DDR-Abteilung habe ich einiges altbekanntes gefunden: die Uniformen der Jungen Pioniere und der Gesellschaft für Sport und Technik (GST), 1 Jütro-Senfgurkenglas (1,65 Mark der DDR – die Firma Jütro, damals noch VEB, gabs schon vor der Wende) sowie banales, was man von früher kennt: Plastikverpackungen und Flaschen für regionale Produkte z.B..
Weiterhin befindet sich auf dieser Ebene Räume für Sonderausstellungen, derzeit zum mittelalterlichen Ablaßhandel und eine Ausstellung mit zeitgenössischen Textilbildern eines regionalen Künstlers.
Fazit: Schönes Stadtmuseum mit leider nur sehr mäßigem Besucherandrang. Ich persönlich hätte mir ein paar Exponate mehr gewünscht. Ein Minuspunkt sind die Öffnungszeiten ab 13 Uhr.[verkleinern]