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Er teilte sich ein Haus mit den beiden Brüdern Grimm (Jacob Ludwig Carl und Wilhelm Carl), war Zeitgenosse der Musiker Ludwig van Beethoven und Niccolò Paganini. Wurde von Felix Mendelssohn-Bartoldy und Richard Wagner sehr bewundert aber im Vergleich zu diesen ist der dargestellte Louis Spohr heute eher weniger bekannt. Selbst bei einer Straßenumfrage, die anlässlich seines 150. Todestag im Jahr 2009 an seiner Wirkungsstätte in Kassel konnten die Mehrzahl nichts mit ihm „anfangen“. Wenn ich... weiterlesen ehrlich sein soll, habe ich es bei unserem Besuch in der Stadt aufgenommen, ohne das was ich bisher über ihn herausgefunden habe, zu kennen. Die in der Hand gehaltene Geige und der Stehpult auf der anderen Seite weisen ihn als Musiker aus. Wie es auf mehreren Seiten hieß, ist der von seinen Zeitgenossen gestellte Vergleich zu Paganini gerechtfertigt: auch Louis galt im frühen 19. Jahrhundert als ein „herausragender Geigenvirtuose“, der (wie der Italiener auch) sehr früh (aber ohne die damals oft praktizierten Prügelstrafen) musikalisch ausgebildet wurde, weil in ihm ein großes Talent erkannt worden ist! Mit seinen Werken wurde der 5. April 1784 in Braunschweig geborene Louis zu einem der geschätzten Komponisten der Romantik.
Für den kleinen Knaben, auch wenn er aus einer begüterten Familie stammte, war es schon ein Privileg, dass ihn ab dem 5. Lebensjahr von seiner Mutter in der Musik unterwiesen wurde (mit der er in der Gesellschaft mit ihr Duette zu besten gab!). Danach folgte eine Weiterbildung auf dem ortsansässigem herzoglichem Gymnasium. Vielleicht schon zu dieser Zeit wurde er von dieser Seite unterstützt. Das ist schon sehr wahrscheinlich, weil er bereits mit 15 Jahren einer der Hofmusiker gewesen ist. Gerade mal 4 Jahre später erfolgte eine „Beförderung zum Kammermusikus“. Das war ein Ehrenzeichen, der meist erst nach einer langjährigen Angehörigkeit zu einem solchen Ensemble verliehen wurde für „Verdienste“, die man sich „erworben“ hatte. Kenne keinen anderen, bei dem es in so einem jugendlichem Alter der Fall gewesen wäre!
Unter den Anstellungen, die Spohr in den Folgejahrzehnten absolviert hatte, ist eine, auch wenn zeitlich sehr kurz bemessen war, für ihn privat eine nachhaltige Wirkung gehabt: jener von 1805 in Gotha. Seine spätere Frau „Dorette“ (eigentlich Henriette) Scheidler kennen. Sie war Harfinistin in der gleichen „Kapelle“ gewesen. Was mir noch bemerkenswerter erscheint, dass sowohl ihr Vater Johann David (1748–1802), als auch ihre Mutter Sophie Elisabeth Susanne geb. Preyßing (1757–?) einst dazu gehört haben! So wie ich gelesen habe, werden weitere ihrer Familienmitglieder Kammermusiker und / oder Komponisten gewesen sind! Das am Rande erwähnt.
Menschen muss man immer im Kontext ihrer Lebenszeit betrachtet werden. Dorette und Louis heirateten ca. ein Jahr nachdem sie einander kennengelernt haben. Noch bevor es so weit war, hat die junge Frau seit frühester Kindheit Geigenunterricht von ihrem Onkel Friedrich Wilhelm Preyßing (weitere Lebensdaten konnte ich nicht herausfinden) erhalten. Tja, die Beschäftigung mit diesem Instrument sollte Schluss sein, weil der Gatte der Meinung war, dass „dieses für Frauenzimmer unpassende Instrument nicht weiter zu kultivieren“ (Spohr 1968, S. 95) sei! Stattdessen komponierte der besagte Duette für sie beide: für sich eben für das besagte Streichinstrument und sie begleitete ihn auf der Harfe.
Das Ehepaar Spohr ging ab 1807 auf mehrere „Tourneen“. Unter anderem nach Wien, Leipzig, Dresden, Prag, München, Augsburg und weiteren. Irgendwo „dazwischen“ wird die erste Tochter Emilie geboren. Ein Jahr später sollte die zweite Johanna folgen. Sie waren die einzigen von den 4, die das Erwachsenenalter erreicht haben. Es war geplant, dass nach einem kurzen Aufenthalt in Gotha es weiter nach Russland gehen sollte. Dagegen hat sich die Herzogin Caroline Amalie ausgesprochen. Ein weiterer Grund war eine schwerwiegende Erkrankung von Frau Spohr. Aufgrund dessen musste sie auch beruflich für ein halbes Jahr „pausieren“. Bei einem (den Angaben, die ich im Netz gefunden habe) so ehrgeizigem Mann, wie Louis es gewesen ist, ist die Aussicht eine „lebenslange“ Zusage auf eine Festanstellung für eine Frau. Eine solche Verpflichtung (als „Erzieherin“) einer Urahnin der heutigen Windsors - Luise von Sachsen-Gotha-Altenburg, Schwiegermutter und Tante von der späteren Queen Victoria zu werden. Sie „ließen“ sich drauf an, aber nur so lange, bis ein „besseres“ Arrangement sie nach Wien 1812 geführt hatte. Das „Theater an der Wien“ wollte sie haben und sie kamen und wurden vom Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Die Presse war voll des Lobes. Durch persönliche Differenzen sollte es auch an der Stelle bald (1816) vorbei sein. In Wien ist dem Paar der einzige Sohn geboren, der aber nach 3 Monaten verstarb. Dazwischen, das hat mich erneut verwirrt, gab es zusätzlich (damals sehr strapaziöse) „Rundreisen“ zu verschiedenen Orten im (heutigen) In- und Ausland. Mit einer Harfe als zusätzliches „Handgepäck“ ist das kaum nachvollziehbar! Es wird von Fachleuten vermutet, dass diese zu einer gesundheitlichen Verschlechterung bei Dorette geführt hatte. Auch dieses mal hat sich das erst gebessert, nachdem sie eine „Auszeit“ in der Schweiz genommen hatte. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass trotz das die Ehe zwischen den beiden als sehr harmonisch gewesen sein soll, dass hinter verschlossenen Türen es sich anders verhalten hatte.
Den am Anfang erwähnten Paganini haben sie persönlich bei ihrem (nicht „gewinnbringendem“) Versuch auch die Italiener für sich zu begeistern. Nachdem die Reisekasse erschöpft war und sich keine Möglichkeit ergab, welches (dieses mal ohne Harfe, stattdessen mit einem Piano) zu verdienen, kehrten sie nach Deutschland zurück.
In Spohrs Biographie wird die zeit in Frankfurt / Main 1817-19 als die kommerziell erfolgreichsten angesehen: durch die Uraufführung der romantischen Opern "Faust" (die sich aber nicht auf Goethes Werk bezieht, sondern ein Gedicht von Heinrich von Kleist) und „Zemire und Azor“ große Bühnenerfolge gefeiert hatte. Dort wurde er als Musikdirektor angestellt. Danach sollte es nur noch eine gemeinsame Reise nach London folgen. Um den beiden Töchtern Emilie und Ida eine Gesangsausbildung zu ermöglichen, war diese mit einem Umzug nach Dresden verbunden. Das sollte das erste mal überhaupt werden, dass in der Zeit keine öffentlichen Aufträge erhielt aber auch persönlich kaum aufgetreten ist.
Nun ab 1821/22 sollte Kassel zum Mittelpunkt des Wirkens bis zu Louis Tod werden. Es heißt, dass ein Freund – Karl Maria von Weber (18. November 1786, Eutin - 5. Juni 1826, London, Vereinigtes Königreich) ihn beim Kurfürsten als Hofkapellmeister vorgeschlagen hatte. In etwa zu der gleichen Zeit lernte er die Brüder Grimm als Nachbarn und später Freunde kennen. Glück und Leid können sehr nah bei einender liegen: durch die besagte Anstellung konnte 23 ein (heute nicht mehr existierendes) Haus in Kassel erworben werden. Im gleichem Jahr hat sich die Gesundheit von Dorett sehr verschlechtert. Für eine Musikerin ist es schon bitter, wenn diese in Folge dessen sie aufgeben muss :-(. Das gerade mal mit ca. 47 Jahren. Im 19. Jahrhundert, als die Medizin noch nicht so weit fortgeschritten war, konnten bei ansteckenden Erkrankungen nicht mal die besten Ärzte / Mittel helfen. Das was man damals als „Nervenfieber“ bezeichnet hatte, ist heute ohne weiteres Heilbar- Typhus. Daran starb sie auch am 20. Nov. 1834 auch verstorben.
Man sagt nicht um sonst „Liebe kennt kein Altar“ und so verwundert es nicht, dass Louis nach zweijähriger Witwerschaft sich mit einer (20 Jahre jüngeren) Dame einließ: es sollte erneut eine „Berufskollegin“ werden - Marianne Pfeiffer. Diese Verbindung blieb aber (soweit ich herausfinden konnte) kinderlos.
Parallel zur Tätigkeit beim Fürsten bestimmten die Komposition und Wissensvermittlung an junge Musiker. So geht ein Nachschlagewerk, das bis heute Verwendung findet, die sog. „Violinschule“ auf Spohr zurück. Bei zwei Neuerungen in der Musikgeschichte gilt das gleiche: so heißt es, dass dieser Mann deutlich größer gewesen sein soll, als die Mehrheit seiner Zeitgenossen. Ob das auch tatsächlich ausschließlich zuzuschreiben ist, ist selbst unter Fachleuten umstritten: angeblich soll der sog. „Kinnhalter“ auf ihn zurückgehen. Der (mündlichen) Überlieferung zu folge, „rutschte“ das Instrument weg, als er auf ihm gespielt hatte. Was keine Mär ist, dass er als erster Dirigent einen Taktstock (dieser war wesentlich länger, als es heutzutage der Fall ist). Für die anderen Hofmusiker war es „gewöhnungsbedürftig“ und dennoch hat es sich im Zeitverlauf durchgesetzt. Diese Veränderung wird ebenfalls auf seine imposante Größe zurückgeführt.
Das was ich Anfangs angedeutet habe, was seinen Charakter anbetrifft: wenn selbst seine engsten Angehörigen ihn als nach außen hin sehr würdevoll aber den Mitmenschen sollte er nicht nachgiebig gewesen sein. Sein Wirken wird als „edel“ bezeichnet aber gleichzeitig sehr distanziert, ja kühl, sehr einschüchternd, fordernd und vor allem gegenüber „geistig niederen“ – was immer er damit ausdrücken wollte, lehnte er kategorisch ab. Das bedeutet, dass er wohl kaum auf irgendwelche Einwände eingehen würde. Kurzum: ein Mann mit Ecken und Kanten :-)!
Es gäbe noch weitere Anknüpfungspunkte, auf die ich noch eingehen könnte, da es aber schon eh sehr lang geworden ist, möchte ich auf die nach ihm benannte Musikhochschule und das Museum verweisen. Falls es sich (in nicht absehbarer Zeit) ergibt, werde ich tiefer in sein Wirken in Kassel eingehen. Zudem habe ich einen weiteren Verweis auf ihn in meiner eigenen Stadt entdeckt. Da mir aber weitere Infos dazu fehlen, muss es nur bei der Erwähnung bleiben.
Dieser Denkmal wurde (nach den Angaben des Spohr-Archivs)anlässlich des 50. Todestag 1909 im Beisein einiger Familienmitglieder / Nachkommen feierlich geweiht. Dennoch ist es wahrscheinlicher, dass es deutlich früher gewesen sein muss, denn zu dem Zeitpunkt war der ausführende Bildhauer Carl Ferdinand Hartzer (Celle 1838 - Berlin 1906) tod gewesen...Tja, in etwa an der Stelle war seine Wirkungsstätte gewesen: das lange zuvor abgerissene Hoftheater. Heute steht das Denkmal ein wenig verloren vor einem Kaufhaus, was ich eigentlich schade finde. Der einst so beliebte Musiker ist einer jener „Ehrenbürger“, die in einer Straßenbezeichnung sich wiederfinden aber nicht in der allgemeinen Wahrnehmung…
Die Bronzeskulptur wurde auf einen Marmorblock gestellt und so kann man einen von der Statur hohen Mann erkennen. Wenn man sich das heutige Erscheinungsbild auschaut, wird man feststellen, dass das einst schützende Gitter drum herum verschwunden ist. Als Vorlage soll ein zeitgenössischer Stich gedient haben, die den Musiker bei seiner Arbeit gezeigt hatte. Es ist zwar kaum davon auszugehen, dass es wie dargestellt mit einem Mantel geschehen ist, dennoch ein Hemd, Weste und Hose allemal. Imaginär scheint er sein Orchester (dieses mal ohne Taktstock) zu leiten. Mir gefällt sie ausgesprochen gut. Volle Zustimmung, auch wenn aufgrund der Gegensonne und der Tatsache, dass der Sockel von sehr vielen Menschen (noch vor Corona) „belagert“ wurde und ich nur wenige Details festhalten konnte. Am besten selbst ansehen, wie ich es mal getan habe![verkleinern]
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