Carlton Astoria! Ein Name wie Donnerhall, welcher gleich zwei der allerlegendärsten Nobelherbergen der Welt in sich zu vereinen scheint. Allein die Tatsache, dass die zweifache Übernachtung mit Frühstück grad amoi 'jecke' 333 Euro kosten soll (München Innenstadt! Wies'n Zeit!) deutet zunächst darauf hin, dass hier nicht der ganz exorbitante Luxus wie an der Côte oder der Park Avenue aufgefahren wird. Ein Eindruck, der auch dadurch untermauert wird, dass sich die diensttuende Empfangsdame durch... weiterlesen
unser Erscheinen keineswegs bemüßigt sieht, ihr langwieriges - aber immerhin dienstliches - Telefonat zu beenden. (Die leicht amüsierten und anderweitig logierenden Töchter bedienen sich derweyl ausführlich aus der am Tresen bereitstehenden Bonbonniere) Die wichtige Wegbeschreibung zur Tiefgarage - fürs Automobil - erfolgt in kurzen Stichworten, sowie der Ansage: 'Aba des Park-Kartl miassn'S ma morgen unbedingt zruckgeben!'. Nun hatte ich aber doch für zwei Nächte reserviert... Wuseln im Papierkram: 'Jo, scho Recht'. Zimmerschlüssel wird hinabgereicht, Gepäck deponiert, Abmarsch zum Tagesprogramm, zuvor jedoch den Zimmerschlüssel wieder beim Münchner Empfangs-Original (wia aus an Karl-Valentin-Stückerl) hinterlegen. Rückkehr zu sehr fortgeschrittener Stund. Ich war bereits für einen herzhaften Gedankenaustausch ('Um dia Zeit, sogn'S amoi...?!?') gar präparieret, wurde diesmal aber von einem freundlichen Gentleman beschlüsselt.
Die Kammer: durchaus geräumig, soweit zweckdienlich, hier und da leichte Gebrauchsspuren, aber recht annehmbar. Leider sammelt sich hier droben ein wenig Zigarettenduft - wohl von außerhalb. Das war's dann leider mit der Frischluft. Doch lenken wir nun das beglückte männliche Auge auf ein überaus hinreißendes Damenbildnis... sehet selbst! Eine unvollständig abgebildete aber wohl vollständig entkleidete Dame von vorbildlichem Körperformat, ruhet hingeschmiegt, das Haupt auf der linken Armbeuge abgelegt. Wartend auf den jungen, heldenhaften Geliebten, der ja wohl jeden Moment von seiner depperten München-Stadterkundung zurück sein wird. Und wieder (vgl. Musée Matisse, Nizza) gelingt dem sehr bewunderten Meister mit wenigen wohlgesetzten Linien eine Darstellung vollkommener Schönheit. Soweit als ich bin betroffen, stellt sich fortgeschrittenes Wohlsein ein. Welches sich unmittelbar auf dem Entnahmezettel der großzügig bepreisten Minibar manifestiert. Die Funktionsüberprüfung des Flachbildschirm-Fernsehapparates unterbleibt selbstverständlich unter diesen Umständen. Allenfalls die aufdringlich gleißenden Leuchtdioden werden zur Nacht mit Gegenständen aus dem Privatfundus abgeschirmt. Nachtruhe sodann völlig ungestört und sehr kommod.
Auch im übrigen, recht gediegen eingerichteten Haus finden sich gar etliche schöne Dekodamen. Das Buffet im etwas kleinen Frühstücksraum ist von dera Art, dass schad is', eigentlich auswärts zum Brunch im Familienkreise verabredet zu sein. Am Sonntag nehme ich mir hier mehr Zeit und die deutlich überdurchschnittliche Versorgungslage wird heut noch durch die Anwesenheit wohlgeratener Brezn verstärkt. Eine aufmerksame, freundliche Nachschenkerin ist mit Heißgetränken aller gängigen Stilrichtungen zur Stelle.
Das privat geführte Haus verfügt über über 70 Zimmer. In einem hängt laut Proschpekt das reproduzierte Bildnis einer eleganten Klimt-Dame: a net schlecht, aber natürlich kein Vergleich. Die geografische Position ist angesichts der nahen Museen ideal für Erkundungsgänge. Besonders, wenn man sich von der gutherzigen Ersten Tochter jene Äpp aufs ungeliebte Händi transferieren lässt, woraufhin der eifrig umanandwieselnde Autor als beweglicher Punkt im Straßennetz erscheint. Ein gelungenes Wochenend demnach, wozu neben der Niederlage des örtlichen FCB auch das Carlton Astoria einen ordentlichen Teil beigetragen hat. Der Name leitet sich nach Aussage des freundlichen Auscheckungs-Concierge aus zwei ehedem unabhängigen und separaten Münchner Hotels her. Das verbliebene Haus firmiert nach diversen Eigentumsübertragungen nun halt gemeinsam. Die Prospektaussage 'Charme und ... besondere persönliche Atmosphäre' wird ausdrücklich bestätigt. Wiederholungsgefahr über 80% und:
mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas[verkleinern]