Epilog am Ende ...
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Wenige Dinge haben mich bisher so kontinuierlich durchs Leben begleitet wie die „Berliner Zeitung“ (Kürzel in der DDR „BZ“, nach 1990 dann „BLZ“, da es in West-Berlin bereits eine Zeitung mit dem Namen „BZ“ gab). Da schon meine Eltern Abonnenten waren, bin ich de facto mit dieser Tageszeitung groß geworden. Seit der Armeezeit bin ich selbst Abonnent. Groß war die Auswahl damals nicht und die „Berliner“, wie wir damals kurz sagten, war so ein kleines Band... weiterlesen
nach Hause. Heute ist die „Berliner Zeitung“ eine beständige Größe auf dem regionalen Zeitungsmarkt.
Eigentlich ist die „Berliner Zeitung“ etwas ganz alt eingesessenes in Berlin. Bereits seit 1877 gab es eine Zeitung dieses Namens, aus der die nur in West-Berlin erscheinende Boulevard-Zeitung „B.Z.“ des Ullstein-Verlags hervorging.
Auch für die heutige „Berliner Zeitung“ schlug die Geburtsstunde nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Sie war die erste deutsche Tageszeitung nach dem Krieg. Andere Zeitungen, z.B. in Aachen, erschienen zwar eher in den befreiten Gebieten, aber da war der Krieg noch in vollem Gange. Bereits am 21.5.1945, also knapp 14 Tage nach der deutschen Kapitulation, erschien die erste Ausgabe für 10 Reichspfennige und mit 4 Seiten mit dem Namenszusatz „Organ des Kommandos der Roten Armee“. Federführend waren Presseoffiziere der Roten Armee, unterstützt von ehemaligen Widerstandkämpfern und KPD-Mitgliedern. Im Juli 1945 wurde die Herausgeberschaft von der Roten Armee an den Magistrat von Berlin übergeben und man nannte sich nun „Organ des Magistrats von Berlin“. Nach der Teilung Berlins in die 4 Sektoren erschien die Zeitung nur noch im sowjetischen Sektor. Später entfiel der Namenszusatz.
Zwar wurde die „Berliner Zeitung“ 1953 dem Zentralkomitee der SED unterstellt, war jedoch anders als die anderen DDR-Bezirkszeitungen, nicht Organ der SED-Bezirksleitung Berlin. Herausgeber wurde der Berliner Verlag. Die Auflage erreichte (lt. Wikipedia) knapp 350.000 Exemplare. Der Preis lag für Berlin bei 15 Pfennig, auswärts bei 20 Pfennig.
Obwohl die Berichterstattung manchmal etwas kritischer als bei anderen DDR-Zeitungen war, gabs in der Regel den DDR-Einheitsbrei zulesen, der so oder ähnlich in jeder DDR-Zeitung abgedruckt war. Bei Tagungen des ZK der SED, des Ministerrates, des FDJ-Zentralrates, der Volkskammer, der Bezirksleitung der Berliner SED und bei besonderen Veranstaltungen wurden stets ellenlange Berichte und Politikerreden abgedruckt, meist bebildert mit den ewig gleichen Personenfotos. Natürlich wurde auch tagesaktuelles aus aller Welt, aus den sozialistischen Bruderstaaten und aus der DDR berichtet. Nicht alles, was man im „Westfernsehen“ oder im „Westrundfunk“ gesehen oder gehört hatte, fand man auch in den DDR-Zeitungsmeldungen wieder. Die BZ bildete da keine Ausnahme. Veröffentlicht wurde, was Staatsdoktrin war und in das Herrschaftsbild der DDR-Führung paßte. Daneben gabs auch Wirtschaftspolitik und Sport, was eben auch noch so in einer Zeitung steht. Und es gab mindestens 1 Seite „Regionales“ aus der DDR-Hauptstadt. Das Wort „Boulevard“ war allerdings ein Fremdwort in der BZ-Berichterstattung.
Zum Erscheinungsbild gehörte auch die tägliche, meist politische Karikatur und auf der Berlin-Seite eine lokale Karikatur, z.B. von VONTRA. Einer der Stammzeichner war der bekannte Ost-Berliner Karikaturist Erich Schmitt, der mit politischen und unpolitischen Zeichnungen ein Markenzeichen der „Berliner Zeitung“ war. Sein Tierparkpfleger Ede wird älteren Ost-Berliner sicher ein Begriff sein. Aus der Feder von Schmitt stammen auch zahlreiche Comicfortsetzungsgeschichten zum sammeln, die an den Wochenenden erschienen.
Die Druckqualität der „Berliner“ war anfangs katastrophal. Fotos waren so grobrasterig, das man kaum was drauf erkennen konnte. Erst spät stellte man auf anderes Papier und eine andere Drucktechnik um, die dann zu einer Qualitätsverbesserung führte. Immer andauernde Rohstoffknappheit führte schließlich dazu, daß die Berliner Zeitung nur noch von Montag bis Samstag erschien. Daran hat man dann auch nach der Wende festgehalten.
Das Ende der DDR-Presselandschaft meisterte die „Berliner Zeitung“ erstaunlich gut. Sicher gab es wirtschaftliche und herausgeberliche Turbulenzen, aber die Zeitung konnte sich am Markt halten und sogar gegen die starke alteingesessene West-Berliner Konkurrenz (Berliner Morgenpost, BZ, BILD) durchsetzen. Heute kommt die BLZ auf knapp 120.000 verkaufte Exemplare und erreicht etwa eine halbe Million Leser (Quelle: Wikipedia) und ist die größte Abonnementzeitung in Berlin und Brandenburg. Die meisten Leser hat die Zeitung weiter im östlichen Stadtgebiet.
Mehrfach wechselten seit 1990 die Besitzer (ua. Gruner + Jahr, Holtzbrinck). Gegenwärtig gehört die „Berliner Zeitung“ zusammen mit der „Frankfurter Rundschau“ zur „DuMont-Redaktionsgemeinschaft“.
Auch heute erscheint die Zeitung in ähnlichem äußeren Erscheinungsbild auf Seite 1 wie vor 30 oder 40 Jahren. Das Papier ist besser geworden, genauso wie die Druckqualität. Statt nur Schwarz-weiß-Fotos hat nun auch hier die Farbfotografie Einzug gehalten. Thematisch gibt es tagesaktuelle Ereignisse, Innen- und Außenpolitik, Wirtschaft, Sport, Wissenschaft, Regionales aus Berlin und Brandenburg und auf der letzten Seite ein bisschen was, das man als „Boulevard“ bezeichnen könnte. Das alles wird ergänzt durch eine ausführliche Wochenendbeilage (Reise, Jobmarkt, Feuilleton) sowie periodisch beigelegten Ratgebern (z.B. Wohnen, Gesundheit). Das alles ist im Moment 2,00 €uro (3,60 Wochenende, Berlin, Brandenburg / Stand 01.01.2022) zu haben. Als Abonnent kommt man preislich am günstigsten, wenn man 1x jährlich bezahlt (Rabatt).
Die telefonische Erreichbarkeit der Zeitung ist gut. Mit viel Glück findet man sich auch mal auf der Seite „Leserbriefe“ wieder, so man einen Leserbrief per Post, Mail oder SMS geschickt hat.
Fazit: Trotz aller Informationsflut durch TV, Radio und Internet möchte auf die klassische gedruckte Variante in Form dieser Zeitung nicht verzichten.
Update 17.01.2022: Der Kreis schließt sich für mich. Mit der heutigen Preiserhöhungsankündigung zum 01.02.2022 erhöhen sich die Abo-Kosten auf fast 660 €uro pro Jahr.
Das bin ich dann nicht mehr gewillt zuzahlen und habe mein Abo nach 45 Jahren gekündigt ...
Die Bestätigung der Kündigung zum 2.2.2022 kam nach 2 Tagen per Mail.[verkleinern]