Kirchenbauten haben mich als architektonische Zeitzeugen immer schon interessiert, denn gerade an sakraler Architektur kann man immer wieder bestimmte Geistesströmungen einer Epoche erkennen. Während viele Schlösser, Burgen und andere Profanbauten nach Zerstörungen , zum Beispiel in Kriegen, dem Verfall überlassen oder abgerissen wurden, hat man sich bei Kirchen häufig bemüht, sie nach altem Muster wieder aufzubauen. Für andere Betrachter spielt bei der Beurteilung von Kirchenbau der religiöse... weiterlesen Aspekt eine weitaus größere Rolle als bei mir. Für mich muss ein Kirchenbau interessant sein, damit ich Zugang dazu bekommen möchte.
Eine der Kirchen, die auf mich besonders interessant wirken, ist die Lutherkirche am Bochumer Stadtpark. Die Tatsache, dass sie sich auf einer Anhöhe befindet - 20 Stufen führen zum Hauptportal empor - macht sie zugleich erhaben als auch ein wenig unnahbar, sie gilt als Musterbeispiel für einen Jugendstilbau und steht schon seit langer Zeit unter Denkmalschutz. Unter Jugenstil darf man sich jetzt aber nicht einen Bau mit vielen geschwungenen, floralen Elementen vorstellen, hier handelt es sich um die geometrische Variante. Das heißt, man hat versucht, die Fenster und Wandflächen horizontal durch bauliche oder dekorative Elemente zu gliedern. Störend wirkt das sehr flache Pyramidendach des Turms, ich habe allerdings gelesen, dass das nur eine Notlösung ist, eigentlich hatte der Turm eine hohe Jugendstilspitze, die elegant geschwungene Formen aufwies.
Der Bau besteht aus je nach Witterung heller oder dunkler erscheinenden Muschelkalksteinen, die Dächer sind nicht mit den üblichen Dachziegeln oder Schindeln gedeckt, sondern mit den unten abgerundeten Biberschwanzziegeln. Durch einen Bogengang ist die Kirche mit dem snschließenden Pfarrhaus verbunden. Um den Zugang zur Kirche behindertengerecht zu machen, führt neben der erwähneten Treppe ein Weg zu einem Nebeneingang, durch den man mit Hilfe einer flachen Rampe das Innere erreichen kann.
Zum Bau und zur Geschichte:
Da die evangelische Kirche in Bochum durch Zuwanderung und Eingemeindungen Anfang des 20. Jahrhunderts einen gewaltigen Zulauf erfuhr, mussten mehrere neue Kirchen gebaut werden, darunter eben auch die Lutherkirche, deren Bau 1911 abgeschlossen wurde. Die Pläne für den Bau stammen vom Architekten A.E. Fritsche aus Elberfeld.
Im Grundriss haben wir einen quadratischen Zentralraum mit einem Ostchor, die daran anschließende Apsis ist ungewöhnlich flach und wirkt meiner Ansicht nach dadurch wenig räumlich. Angeschlossen ist der Altarraum mit zwei Querschiffen, die beide über eine Empore verfügen. Die Fenster im Norden und Süden sind Rundbogenfenster.
Nach einer weitreichenden Zerstörung von Turm, Dach und Kirchenraum bei Bombenangriffen im Jahr 1942, wurde der Bau um 1947 herum unter Leitung des Bochumer Architekten Ludwig Behrens restauriert, 1950 fanden dann wieder regelmäßige Gottesdienste statt. Die Folgen von Zerstörung und Restaurierung (Zumauern von kleineren Fenstern usw) kann man an einigen Stellen noch erkennen. Dass die sorgfältige Gestaltung des Innenraums aus neuerer Zeit stammt, ist wohl verständlich.
Am Anfang meines Berichts habe ich geschrieben, dass dieser Bau ein wenig abweisend wirkt, jetzt möchte ich noch sagen, dass er mich an ein unheimliches Schloss erinnert, das resultiert wohl aus der kompakten Bauweise. Wer mal das schlossähnliche Haus der Addams Family gesehen hat, wird verstehen, was ich meine.[verkleinern]