Das „Neue Jagdschloss“ in Hummelshain (20 km südlich von Jena / 40 km südöstlich von Erfurt) gehört zu den letzten Schlossneubauten im kaiserlichen Deutschland. Es gehörte zum Besitz der Herzöge v. Sachsen-Altenburg.
Bereits seit dem 15. Jahrhundert war Hummelshain eines der Jagdreviere der Kurfürsten v. Sachsen. Ab 1541 ließ Kurfürst Johann Friedrich I. (genannt der Großmütige / 1503-1554 / 1532-1547 Kurfürst v. Sachsen und Landgraf v. Thüringen, 1547-1554 Herzog v. Sachsen) an Stelle eines... weiterlesen Jagdhofs ein Jagdschloss erbauen. Durch Reichsteilungen entstand 1603 das Herzogtum Sachsen-Altenburg, welches bis 1918 bestand und das zu den Bundesfürstentümern des Deutschen Reichs von 1871 gehörte.
Im Januar 1872 brannte der Westflügel nieder. Pläne zum Wiederaufbau wurden nicht realisiert. Der damals regierende Herzog Ernst I. v. Sachsen-Altenburg (1826-1908 / Herzog seit 1853) beauftragte daraufhin den Bau eines neuen Schlosses.
Das erhaltene Hauptgebäude und der Ostflügel wurden nun „Altes Schloss“ bzw. „Altes Jagdschloss“ genannt. Heute beherbergt es eine Seniorenresidenz.
Da Hummelshain seit 1830 unter Herzog Friedrich (1763-1834 / Regent seit 1826) auch Sommerresidenz der Herzöge v. Sachsen-Altenburg war, beauftragte Herzog Ernst I. nach dem Brand den Bau des „Neuen Jagdschlosses“ auf einer Anhöhe über Hummelshain, ca. 300 m nördlich vom Alten Schloss. Der Neubau sollte größer sein, mehr dem Geschmack der wilhelminischen Ära entsprechen und besser weil prunkvoller den monarchistischen Herrschaftsanspruch symbolisieren als das Alte Schloss.
Errichtet wurde das Neue Schloss im Stil von Historismus, Neogotik und Neorenaissance von 1880-1885 nach Plänen des Architekten Paul Stegmüller (1850-1891) und des Königlich-preußischen Hofarchitekten Ernst v. Ihne (1848-1917), der ua. auch den Marstall und das Bode-Museum (ehemals Kaiser-Friedrich-Museum) in Berlin sowie den Kaiserbahnhof in Potsdam entwarf.
Für die nächsten Jahrzehnte war das Neue Jagdschloss Hummelshain dann herzogliche Sommerresidenz und Gästehaus für Hofjagden des Herzogs. Der Deutsche Kaiser und König v. Preußen, Wilhelm II. (1859-1941 / Regent von 1888-1918 abgedankt) nahm 1891 und 1894 an Hofjagden teil und übernachtete im Schloss.
1918 kam das Ende als herzogliche Sommerfrische. Herzog Ernst II. (1871-1955 / Regent von 1908-1918) musste abdanken und wurde 1919 vom Freistaat Sachsen-Altenburg (1920 im Land Thüringen aufgegangen) enteignet.
Bereits 1920 verkaufte der Staat das Neue Jagdschloss an den Fach-Verlagsbesitzer C.G. Vogel (1868-1945) aus dem benachbarten Pößneck, der das Schloss privat und geschäftlich nutze. Vogel’s Söhne und Nachfolger waren mit dem Verlag den Nazis nach 1933 wegen fehlender Kooperationsbereitschaft mit dem Regime allerdings eins steter Dorn im Auge. Im August 1944 wurde das Schloss schließlich beschlagnahmt und der Rüstungsfirma REIMAHG (Reichsmarschall Hermann Göring-Werk) in Großeutersdorf bei Kahla als Lazarett für Zwangsarbeiter zur Nutzung überlassen. 1945 besetzte zunächst die US-Army Hummelshain und befreite die Häftlinge und Zwangsarbeiter, bevor Thüringen im Zuge der Vereinbarungen der Alliierten-Konferenz von Jalta an die UdSSR übergeben wurde.
Vor der einrückenden Roten Armee floh die Familie Vogel nach Bayern und wurde enteignet. 1947 richteten die Behörden des Landes Thüringen im Neuen Jagdschloss Hummelshain ein Kinder- und Jugendheim ein. Die DDR wandelte das Heim 1952 in den Jugendwerkhof „Ehre der Arbeit“ um. Werkhöfe in der DDR waren eine ziemlich fragwürdige Form des Jugendstrafvollzugs und eine Mischung aus Gefängnis und Besserungsanstalt.
1992 wurde die Einrichtung geschlossen. Im Park neben dem Schloss künden noch Baracken von der Werkhofzeit.
Das Land Thüringen weiß seither nicht so recht was mit dem Schloss anzufangen. Zwar gab und gibt es gelegentliche Nutzungen als Filmkulisse (z.B. „Krupp – eine deutsche Familie“), für kulturelle Veranstaltung und des Spiegelsaals als Standesamt, aber meist steht das Haus leer und verfällt zusehends. Angedachte Nutzungskonzepte wurden immer wieder verworfen.
Auch der Verkauf 1998 an eine Firma aus Leipzig brachte keinen Erfolg. Die angestrebte Sanierung konnte aus finanziellen Gründen bisher nicht realisiert werden. Als Eigentümer des Schlosses ist die Zeta Verwaltungsgesellschaft mbH im Handelsregister eingetragen.
Nun kümmert sich der 1998 gegründete „Förderverein Schloss Hummelshain“ um das Haus. Er konnte 2010 und 2014 eine Sanierung des Daches realisieren. Seit 2016 gewährt das Land Thüringen dem Förderverein auch Mittel zur Denkmalpflege und der Landtag befasste sich, bisher ohne Ergebnis, mit dem Schloss, dass 2017 vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien als „Baudenkmal von nationaler Bedeutung“ eingestuft wurde.
Zwar ist das Schloss nur bei Veranstaltungen und gelegentlichen, vom Förderverein veranstalteten Tagen der offenen Tür zugänglich, der große Landschaftspark steht aber Besuchern offen und wenigsten kann man das Schloss umwandern. Infotafeln am Parkzugang informieren über Schloss, Baugeschichte und Bauherrn.
Angesichts der Tatsache, dass das Herzogtum Sachsen-Altenburg mit 1324 km² und knapp 220.000 Einwohnern auf Platz 15 der deutschen Bundesstaaten stand und damit zu den kleineren Ländern zählte, wirkt das Neue Jagdschloss mit seinem hohen markanten Turm und der reichverzierten Historismus-Fassade etwas überdimensioniert. Dieser figürliche Schmuck weist allerdings zahlreiche, z.T. irreparable Schäden und Zerstörungen auf.
Das Hauptportal schmücken das herzogliche Wappen tragende Löwen und Bären. Die Nordfassade zieren zahlreiche steinerne Hirschköpfe mit Bronzegeweihen – ein Hinweis auf die Nutzung als Jagdschloss. Auch die Bronze-Skulptur „Hirschgruppe“, ein Geschenk der Untertanen an den Landesvater Herzog Ernst I. zu dessen 70. Geburtstag, ist ein Tribut an die jahrhundertelange Tradition von Hummelshain als herzogliches Jagdgebiet.
Im Südwesten gibt es eine kleine Arkade mit herrlichen Gewölbedeckenmosaiken. Zum Süden hin ist dem Schloss eine große Terrasse mit z.Z. nicht funktionierendem Wasserspiel und Sichtachse zum Alten Schloss vorgelagert.
Fazit: Auch wenn eine Innenbesichtigung des Schlosses bei meinem Besuch nicht möglich war – der Besuch der Gesamtanlage hat den Stopp gelohnt: ein Spaziergang durch den ruhigen Park mit seinen großen alten Bäumen und der Gang ums Schloss mit seinen unzähligen Motiven hat mir gefallen. Fürs Gesamtensemble 4 Sterne.[verkleinern]