Der Neusser Windmühlenturm ist ein "Relikt" der Vergangenheit, der mich seit langer Zeit beschäftigt. Diesen habe ich erstmals letztes Jahr bei dem Rundgang durch die kleinen Gassen der Stadt erblickt und war darüber schon sehr erstaunt. Er liegt neben dem Stadtgarten und direkt am einstigen Stadtgraben. Wenn ich ehrlich sein soll, schon damals habe ich gedacht, dass es irgendwie anders aussieht, als die Mehrheit, die ich sonst kenne! Es lag nicht nur an den fehlenden Flügeln, sondern weil es... weiterlesen
danach aussah als ob man sich nicht entscheiden könnte, ob es seine Bestimmung beibehalten sollte oder es zu einem Wasserturm umgebaut werden sollte. Dieses "Spannungsverhältnis" macht das ganze so spannend.
Eins möchte ich aber vorwegnehmen: der Turm kann nur aus der Entfernung angeschaut werden, die ich beim Fotografieren eingenommen habe. Er steht auf einem Privatgrundstück und nur zu bestimmten Anläßen, sowie vorheriger Absprache soll es möglich sein. Warum es aber von dem KIndergartenbetreiber, auf dem es steht nochmals zusätzlich eingezäunt wurde, kann ich nicht sagen!
Der Windmühlenturm liegt an einem erhaltenem Teil der einstigen Stadtbefestigung und dennoch ist er nicht der einzige in der Mühlenstraße, doch mehr darüber an passender Stelle! Manchen Objekten, denen man begegnet sieht man ihr Alter nicht an, wie es bei dieser Mühle der Fall ist!
Bei der Errichtung im 13. Jahrhundert! spielten die Umweltbedingungen schon eine große Rolle: um von der schwankenden Menge Wassers unabhängig zu sein und trotzdem für den Nachschub an Mehl zu sorgen, wurde der Windantrieb gewählt. Von diesem einstigen Bauwerk kann an der Stelle keine Rede mehr sein, denn diese ist einige Jahrhunderte später aufgrund von ihrer Baufälligkeit abgerissen worden. Das Handwerk aber hatte noch bis in die modernen Zeiten bestand, wie ich bei dem, wenige Querstraßen weiter befindlichem "Mühlenbrunnen" zum besten gegeben hatte. Es ist ein wichtiger Exkurs, denn auch wenn das Mehl heute maschinell hergestellt wird in einem anderen Teil von Neuss ist es eine Fortsätzung dessen, was im Stadtbild bis heute erkennbar erhalten hatte!
Kehren wir aber zum Windmühlenturm zurück: im Laufe der Geschichte hatte die Verteidigungsanlage ihre Funktion eingebüßt und dennoch wurde der Turm nachweislich noch 1672 miteinbezogen. In etwa zu dieser Zeit hat die Mühle ihren Zweck eingebüßt, als auch seine damit verbundenen Flügel! Im 19. Jahrhundert dann war mit dem einstigem "Bollwerk" vorbei, als die Stadtoberen sich dazu entschlossen haben, eine (damals so moderne) Promende daraus und dem Areal am Graben zu machen. Der romatische Gedanke mochte schon die vielen Ruinen und der Turm war eine von ihnen. Es wurde moderniesiert und zu einem "Veranstaltungsort" umgewandelt. Das gaschah 1858.
Den Wert des Denkmal als solchen wurde aber erst einige Jahrzehnte später erkannt und er wurde als solcher 1880 einem neuen Zweck zugeführt: nach einer Demontage der nicht benötigten Teile in oberem Bereich wurde es tatsächlich zu einem Wasserspeicher umfunktioniert! Das macht den "Wasserturm", wie er auch bisweilen bezeichnet wird, zu einem markanten Fotoobjekt!
Es ist dennoch erstaunlich, dass es in einigen Teilen seit dem späten 17. Jahrhundert bis heute bestand hat! Trotz der zahlreichen Bombenangriffe des 2. Weltkriegs hat keine den Tum getroffen und man sich bis heute darüber freut! Die mit Schiefer dedeckte Haube ist eins der Wahrzeichen der Stadt Neuss, die von der Haltestelle Stadthalle / Museum gar nicht so weit entfernt liegt. Leider sieht es mit den Parkplätzen eher schlecht aus!
Eine letzte Anmerkung möchte ich noch geben, die ich bei meinen Recherchen entdeckt habe: 1778 diente der Windmühlenturm zeitweise auch als Gefängnis! Auch, wenn "Schinderhannes" und seine Kumpane bis heute mit ihren Taten eher positiv angesehen werden, waren es dennoch Verbrechen, die alles andere als "harmlos" gewesen sind. Einer von diesen Räubern - Matthias Weber, genannt Fetzer (* 1778 in Dirkes zwischen Grefrath und Büttgen im heutigen Rhein-Kreis Neuss - hingerichtet 19. Februar 1803 in Köln) hielt sich für sehr "schlau" und dennoch wurde er verhaftet, sowie eingekerkert. Durch seine spektakuläre Flucht daraus gehört er irgendwie zu den Persönlichkeiten, die im Gedächtnis geblieben sind.
Es ist eine Randnotiz der Geschichte, die ein Boden zwischen Vergangenheit und heute schlägt, den man sich irgendwie in diesem beschaulichem Ort nicht vorstellen kann. Da solche keine weißen Flecke bleiben, wollte ich es hier zum Besten geben und einen Anreiz liefern sich selbst das ganze anzuschauen! Eure Kulturbeauftragte :-)[verkleinern]