Update 27.4.2021: Die Probleme mit der Feuchtigkeit im Gebäude machen jetzt eine erneute Restaurierung/Sanierung erforderlich, um die Kirche, ihre Innenausstattung und die einzigartigen Papiertapeten auch für die Zukunft zu bewahren.
Die Gemeindepfarrerin Nanna-Maria Luttemberger hat dafür in den letzten Jahren 121.000 €uro an Spendengeldern gesammelt.
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Die kleine, weiß getünchte Kirche, befindet sich im Oderbruchdörfchen Altwustrow (50 km nordöstlich von Berlin und 7 km nordöstlich von... weiterlesen Wriezen), heute Teil der Gemeinde Oderaue. Sie wird wegen ihrer Konstruktion auch Fachwerk-Kirche bzw. wegen ihrer Entstehungsgeschichte Siedlerkirche genannt.
Wäre es nach König Friedrich Wilhelm II. v. Preußen gegangen, hätte das im 15. Jahrhundert gegründete, damals auf der Ostseite der Alten Oder und heute im Oderbruch gelegene kleine Dorf keine Kirche erhalten. Der Landesherr verweigerte der Dorfgemeinde den Bau eines eigenen Gotteshauses, da Wriezen mit seiner Kirche ja nur etwa 1 preußische Meile entfernt lag. Und so wurde der Bau der Altwustrower Kirche eine Geschichte des zivilen Ungehorsams. Mehrere Dorffamilien schlossen sich 1789 zusammen und errichteten das zunächst turmlose Bethaus auf eigene Kosten als Schwarzbau. 1832 wurde dann noch der Kirchturm angebaut. Besonders waren auch die Besitzverhältnisse. Bis 1960 war die Altwustrower Kirche im Besitz der Familien, die 1789 ihren Bau organisiert hatten. In der DDR war diese Eigentumsform so nicht mehr möglich und die Kirche ging in den Besitz der evangelischen Kirche über.
Die Kirche steht auf dem Dorfanger. Ihr Äußeres ist schmucklos: Fachwerk mit hellem Kalk verputzt. Im Innern dagegen ist die Kirche recht üppig im Stil des Bauernbarock ausgestattet. Kanzel, Emporen, Kastengestühl und Taufengel stammen aus der Zeit um 1789. Aus Platzgründen wurde damals die Kanzel in den Altar integriert. Zur Ausstattung gehört auch eine Orgel. Einzigartig in Norddeutschland ist die Deckengestaltung. Die ursprünglich bemalte hölzerne Decke wurde 1832 mit himmelblauen, von Hand im Zeitgeschmack bemalten Papierbahnen beklebt.
Ein ständig sich verändernder Grundwasserspiegel und aufsteigende Nässe führten im Laufe der 200 Jahre seit Bau der Kirche zu schweren Gebäudeschäden. Putz platzte ab, Risse bildeten sich, der gesamte Bau senkte sich gefährlich und die Papiertapeten an der Decke drohten verloren zu gehen. Ab 2001 konnte mit Landes- und Bundesmitteln sowie mit Unterstützung verschiedener Stiftungen eine umfangreiche Sicherung, Sanierung und Restaurierung der Kirche durchgeführt werden. So wurde die ganze Kirche hydraulisch um 15 cm angehoben, die wertvollen Papierbahnen an der Decke gesichert, Schwamm und Holzfäule bekämpft. Außerdem konnten Teile der ursprünglichen Ausmalung wieder sichtbar gemacht werden.
Leider hatten die Arbeiten nicht den gewünschten dauerhaften Erfolg. Wieder setzt vor allem die Nässe der Kirche innen wie außen zu. Augenscheinlich sind Schäden an den Deckenpapierbahnen. Wenn man in der Kirche ist, kann man die Feuchtigkeit und Kälte des Raumes förmlich mit Händen greifen. Es ist fast ein Wunder, daß die Papierbahnen noch an der Decke kleben und die Holzteile in der Kirche nicht völlig verfault sind. Man ist nun wieder auf der Suche nach Spenden und/oder Stiftungen, die eine erneute Sanierung möglich machen.
Fazit: Die Dorfkirche Altwustrow ist eine der sogenannten „offenen Kirchen“ Brandenburgs. In der Regel wird die Kirche tagsüber von Mitgliedern des örtlichen Kirchenfördervereins offen gehalten.
Sehr sehenswertes kleines Gotteshaus im Oderbruch.[verkleinern]