Bernd und Bine bummeln behäbig übers Bochumer Boulevard an der Bongardstraße ...
Bine stupst Bernd an: „Hömma, watt hältst du von einem Käffchen und ein Stück Kuchen in unser Café am Hellweg?
Bernd nickt und gönnt seiner besseren Hälfte ein Lächeln.
„Jau, genau datt gönn wir uns getz.“
Die beiden biegen auf den Hellweg ab.
Dann, ungläubiges Kopfschütteln bei Bernd.
„Nee, datt gibts ja gar nich! Unser Café is weg …“
Bine tippt auf einen Aushang neben der Eingangstür.
„Da steht N… E…... weiterlesen A anne Tür. Hier hängt auch ein Speiseplan. Ob datt getz ein Feinkostladen is?“
Bernd staunt: „Komisch, ich dachte immer, NEA, datt wär watt mit Basketball.“
Bine guckt noch etwas genauer hin.
„Hier steht nur watt in Englisch. The Deli & Urban Concept Store.
Deli, is datt nich ´ne Art von Magarine? Vielleicht gibt ´s ja hier doch watt zu futtern.“
Tatsächlich wagen sich Bine und Bernd in das ihnen noch unbekannte Lokal, weil sie sich trotz ihres fortgeschrittenen Alters vorgenommen haben, neuen Dingen gegenüber offen zu zeigen und sich nicht nur in gewohnten und ausgefahrenen Bahnen zu bewegen. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie den Erklärungen zum Konzept des Lokals wie „Genuss und Konsum mit ganzheitlichen social Impact“ auf Anhieb folgen können.
Da die Kuchenauswahl heute eher begrenzt ist, entscheiden sich die beiden für etwas Handfestes, wie Smashed Kartoffeln (tatsächlich eine zerteilte Pellkartoffel) und Bio-Rührei. Bernd stellt allerdings mit Erstaunen fest, dass geröstetes Brot zum Rührei extra (zwei schmackhafte, aber eher schmächtige Scheiben: + 2,- €) dazu gebucht werden muss.
Die Lokalität ist so klein bemessen wie früher, aber kreativ-gemütlich und nicht zu eng bestuhlt. Die Bedienung ist flott und super-freundlich, geduldige Erklärungen inklusive. Denn nicht alles erschließt sich Otto-Normalverbraucher auf Anhieb ... Es gibt Soulfood ebenso wie Slowfood, aus der modern handmade cuisine. Viele Produkte sind zero waste und zum Teil aus „gerettetem Gemüse“. Die kuratierten (?) Produkte stammen von lokalen Anbietern, die nur nachhaltig produzieren. Aber, was um Himmels willen, ist „infused organic water“ ?!!
Wie dem auch sei, Nachhaltigkeit und Frische sind ja grundsätzlich sehr gute Absichten. Das Essen kommt zügig, es sieht optisch sehr ansprechend aus und schmeckt auch prima. Die Menge erscheint insgesamt etwas knapp bemessen, zumal die Preise ebenso hochwertig sind wie die hauseigene, interessant klingende Produktpalette (z.B. „ofengeröstete Aprikosen-Tomatensuppe mit Chili-Öl“).
Doch Rührei (aus 3 Bio-Eiern) für 6,-Euro, ohne Brotbeilage, das ist schon eine echte Hausnummer, wenn man bedenkt, dass drei mittelgroße Bio-Eier im Einkauf zusammen etwa einen Euro kosten! Für meine Kuhmilch im Cappuccino bezahle ich übrigens noch einmal 0,30 € extra ...
Da es uns aber sehr gut mundet und der Service vorbildlich ist, bin ich auch bereit, etwas mehr zu bezahlen. Regelmäßig können wir uns das aber nicht erlauben. Sicherlich haben nachhaltig produzierte und lokal bezogene Produkte ihren Preis. Ob diese hier angemessen sind, ist nur schwer zu beurteilen.
P.S.: Über die vielen ungewohnten Begrifflichkeiten (s.o.) ließe sich noch genüsslich streiten. Aber der Name „NEA - The Deli & Urban Concept Store“ klingt doch recht sperrig, eher elitär und nicht sehr einladend. Gerade hier im Ruhrpott hätte ich mir einen bodenständigen Titel gewünscht.
(„Bei Omma“ / „Auszeit“ / „Grün und lecka“ / „FAT -Frisch Auffen Tisch“ / „Zum lachenden Huhn")
Meine Wertung: Knappe vier Sterne.[verkleinern]