Der 1909 eröffnete Südwestkirchhof der Berliner Stadtsynode in Stahnsdorf liegt zwar keine 1000 m südlich von der Stadtgrenze entfernt in Brandenburg, ist aber trotzdem der größte Friedhof für Berlin und nach dem Ohlsdorfer Friedhof Hamburg der zweitgrößte Friedhof Deutschlands.
Das 12m Meter breite und 2m hohe Christus-Marmorrelief steht auf einer Rasenfläche an einer Gabelung des Hauptwegs etwa 300m westlich des Haupteingangs und ist kein Grabmal, sondern Kunst auf dem... weiterlesen
Friedhof.
Ursprünglich war das Relief gar nicht für den Friedhof bestimmt.
Der bedeutende deutsche Bildhauer Ludwig Manzel (1858-1936) erhielt 1909 den Auftrag, das Christus-Relief „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seit, ich will euch erquicken“ für einen evangelischen Kirchenneubau in Gnesen in der preußischen Provinz Posen zu schaffen.
Die Arbeit an dem monumentalen Kunstwerk mit seinen 24, etwa lebensgroßen Figuren zog sich, auch bedingt durch den 1. Weltkrieg, von 1909 bis 1924 hin. 1924 gehörte Gnesen aber nicht mehr zum Deutschen Reich sondern nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags als Gniezno seit 1920 zu Polen.
Für das Manzel’sche Relief wurde eine neue Verwendung gesucht und auf dem Südwestfriedhof Stahnsdorf gefunden. Seit 1924 steht das Christus-Relief gut sichtbar etwa auf halbem Weg zwischen Haupteingang und der im Stil norwegischer Stabskirchen erbauten Friedhofskapelle.
Das Relief steht auf einem zweistufigen Steinsockel und ist mit einer Umrandung aus dem gleichen Material eingefasst.
Im Zentrum steht der ein kniendes Paar segnende Christus. Von rechts und links suchen weitere, zum Teil spärlich bekleidete Personen den Weg zu Christus: Männer und Frauen, Wohlhabende und Arme, Alte und Junge, scheinbar Gesunde und offensichtlich Kranke und Sieche, Sterbende …
Die Figuren sind zum Teil bestechend natürlich, zum Teil aber auch in pathetischem Denkmalstil gehalten – ein Menschenbild, wie es die Nazis später gerne in ihrer bildenden Kunst verwendeten.
Der Bildhauer Ludwig Manzel stammte aus Vorpommern und machte in Anklam sein Abitur. Ab 1875 studierte er an der Hochschule für die bildenden Künste Berlin.
Seit 1889 arbeitete er als selbständiger Künstler in Berlin, war später mit Kaiser Wilhelm II. (1859-1941 / reg. 1888-1918) und dessen Frau Auguste Viktoria (1858-1921) befreundet, wurde 1896 Professor und war von 1912-1915 sowie von 1918-1920 Präsident der Preußischen Akademie der Künste.
Zu seinen Werken gehören Skulpturen für den Dom, den Reichstag und die Siegesallee in Berlin, zahlreiche Büsten und Kaiserdenkmäler für die preußische Provinz, von denen viele den 2. Weltkrieg nicht überstanden haben, sowie der Sedina-Brunnen in Stettin (heute Szczecin / Polen).
Das Christus-Relief gilt als sein bedeutendstes bildhauerisches Werk.
In seinen letzten Lebensjahren war Manzel als Maler tätig und schuf mehrere Altarbilder sowie im Auftrag der regierenden Nationalsozialisten eine Bronzemedaille mit dem Bildnis von Reichsminister und Reichskulturkammerpräsident Joseph Goebbels (1897-1945 Selbstmord).
Nach seinem Tod wurde Ludwig Manzel auf dem Südwestfriedhof Stahnsdorf beigesetzt.[verkleinern]