Schon die Anreise im Regional-Express enthielt beste anektdotische Unterhaltung, auf die im Interesse einer stringent zielführenden Bewertung jedoch an anderer Stelle eingegangen werden wird. Von der Bahnstation Düsseldorf-Benrath stolpert man, der Bierfahne zum richtigen Ausgang folgend, geradewegs auf den Bierbörsenparcours. Und erblickt sogleich entzückt die Biertischgarnituren nebst Ausschankpavillon des lokalen Herstellers Füchschen. Also eine vorzügliche Altbiersorte, welche hierdurch... weiterlesen
meinen Kölner Mitbürgerinnen und - bürgern aufs Herzlichste anempfohlen wird. Schon hier hätte man trefflich versacken können, aber wir - mein ziemlich bester Freund und ich - sind ja schließlich auf Weiterbildungsmission unterwegs.
Das Haupterzeugnis am benachbarten Karlovacko - Stand belegt denn auch sogleich, dass Bierbörse nicht deckungsgleich mit Bierparadies ist. Wahrscheinlich war das eher nichtssagende helle Lager aus Kroatien der EU-Beitrittskommission im Vorfelde der Verhandlungen noch nicht bekannt. Sonst hätte auch hier vorab nachgebessert werden müssen.
Erstmal ein Zwischenimbiss: denn die Bierbörse lässt erfreulicherweise niemanden verhungern. Grillstände, Crepes, Fritten, völlig unpassendes Zuckerzeug. Und das von uns gewählte, wohlschmeckende, an Flammkuchen erinnernde schwäbische Bauernbrot
(der seltsame Fachbegriff hierfür ist mir im Trubel entfallen) mit Kartoffel Schinken oder Käsebelag. Ui! Die Preise fürs Essbare sind zivil, bei den Getränken kann es schnell teurer werden: Standard seit Jahren: 3 Euro plus 2 Euro Glaspfand - also wenigstens kein zeitraubendes Kleingeld-Abzählen im Gewühl. An den ca. 40 Bierständen sind jeweils mehrere Varianten (hell, dunkel, mitunter sogar ... Weizen) vorrätig, dazu jeweils lokale Schnäpse und Alkoholfreies.
Doch genug gequatscht: Augustiner Bräu, München: guter Stoff seit 1328, wenn auch sicher nicht nach gleichbleibender Rezeptur hergestellt. Holde Madln im Dirndl.
Dem Pilgerstom entlang der Heubesstraße folgend erblickt man linker Hand ein rotleuchtendes mobiles Institut mit der Aufschrift Tyskie. Ein polnisches Pils aus dem Ort Tychy, beruhigend nahe (aus Sicht des Bierfreundes) der tschechischen Grenze und von hochedlem Geschmack. Darob kurzer Ausflug zum nahen hochedlen Benrather Schlosse nebst Park. Versehentliches, daher unqualifiziertes aber effektvolles Manipulieren am digitalen Farbfilter des Fotoapparates.
Nach weiterer Stärkung geistlichen Beistand am Weltenburger Klosterpavillon vorgefunden: kommt nicht ganz an die Klosterbrüder in München ran, aber passt scho. Den Schlusspunkt (Mein Quasi-Chauffeur, auf dessen Jobticket ich mich als Beisitzer kostenfrey in den Regionalexpress einwanzen durfte, mahnte nach vier Stunden zum Aufbruch) setzte der Lokalität geschuldet ein weiteres Alt: das Uerige. Um es kurz zu machen - auch das Nationalgetränk des Nachbardorfes weist eine erhebliche Geschmacksvarianz auf. Äquivalente aus der Nachbarstadt wären: Füchschen = Päffgen Kölsch, Uerige = Dom Kölsch.
Kurz-Auswertung infolge subjektiven Geschmacksempfindens:
1) Füchschen Alt, Düsseldorf. richtig lecker. Guter Einstand: 6 Punkte
2) Karlovacko, Kroatien: etwas fad, deplaziertes Birnen-Aroma: 4 Punkte
3) Augustiner Bräu, München: solide Braukunst: 6 Punkte
4) Tyskie, Polen: mild, ausgewogen, Tagessieger: 7 Punkte
5) Weltenburger Kloster, daselbst: solide, aber nicht ganz überzeugend: 5 Punkte
6) Uerige, Düsseldorf: sehr seltsam, dafür aber billiger als die anderen: 3 Punkte
Im Sinne der Weiterbildung wurde auf den Genuss wohlbekannter, allhier verfügbarer Köstlichkeiten verzichtet: Tannenzäpfle und Budweiser (je 8 Punkte) Guinness (9 Punkte)
Gar schmerzhaft musste jedoch die Abwesenheit des Störtebecker (7), Stigl (8) und Murphy (10) hingenommen werden. Überhaupt blieb die Internationalität der Biersortenauswahl zu Benrath hinter den Bierbörsen in Köln und - erst recht - Leverkusen Opladen zurück. (Es handelt sich bei den Bierbörsen um eine Seminarreihe desselben Veranstalters) Daher ist die Höchstwertung hier nicht möglich. Trotzdem eine gelungene und empfehlenswerte Veranstaltung. Musikbeschallung erträglich. Angenehmes, natürlich überwiegend adeliges (das nahe Schloss) Publikum, also normale Leute. Lockere Unterhaltung, teilweise faszinierendes Defilee weiblichen Jungvolkes.
mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas[verkleinern]