Kirchenasyl bedeutet laut Wikipedia heutzutage „die vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen durch eine Pfarrei oder Kirchengemeinde zur Abwendung einer von den Gemeindemitgliedern als für die Schutzsuchenden an Leib und Leben bedrohlich angesehenen Abschiebung.“
Mir ist nicht bekannt, ob es in jüngerer Zeit Hilfesuchende gab, denen im Freiburger Münster Kirchenasyl gewährt wurde. Sicher weiß ich aber, dass das Freiburger Münster Bewohner hat, die dort nicht nur vorübergehend, sondern für... weiterlesen
längere Zeiträume eine sichere Unterkunft gefunden haben.
Dabei reden wir nicht nur von einer Handvoll oder einem Dutzend Bewohner. Nein, es sind Hunderte, wenn nicht gar Tausende. Dass man sie als Einwohner der Stadt oder als Tourist dennoch nur selten oder überhaupt nicht wahrnimmt, liegt wohl daran, dass sie sich in das Nachtleben von Freiburg und Umgebung stürzen. Und dies ohne Rücksicht auf die Sperrstunde oder sonstige Konventionen. Kein Wunder, dass diese lichtscheuen, stets dezent in Grau daherkommenden Gestalten den Tag verschlafen, um Kraft für die nächsten nächtlichen Ausflüge zu tanken. Und sie schlafen nicht etwa auf den Kirchenbänken, sondern unter dem Dach, über dem Chor, am Längsschiff und vor allem in den Hahnentürmen. Also dort, wo man sich als „normaler“ Münsterbesucher in der Regel nicht aufhält. Besuchern der Abendmesse sollen jedoch schon einzelne Ausflügler aufgefallen sein, die es ganz besonders eilig hatten, sich in das Nachtleben zu stürzen.
Bei ihrer Nachtruhe – oder besser Tagruhe – verhalten sich die Münsterbewohner dagegen ungewöhnlich gesittet. Während die überwiegende Anzahl der Damen den Nordflügel zum Schlafen nutzt, machen es sich die meisten Herren im Südflügel bequem. Vielleicht liegt diese strenge Geschlechtertrennung aber auch nur daran, dass Damen im Allgemeinen vor dem Einschlafen längere Kommunikationsphasen pflegen als die Herren der Schöpfung. Auch ansonsten sind diese Münsterbewohner ausgesprochen ruhig und friedlich und pflegen ein vorbildliches Sozialverhalten in der Gruppe.
So hat ein klerikales Monumentalgebäude auch für Menschen, die weder mit dem katholischen Glauben noch mit Kirchen-, Kunst- und Kulturgeschichte, dafür aber umso mehr mit dem Schutz bedrohter Kreaturen etwas am Hut haben, seine Daseinsberechtigung. Denn das Freiburger Münster bietet Fledermäusen, deren Anzahl in den letzten Jahrzehnten dank Insektensterben und Intensivlandwirtschaft ständig gesunken ist, die geschilderten guten Unterschlupf- und auch Überwinterungsmöglichkeiten. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Freiburger Münster insbesondere aus der Perspektive einer Zwergfledermaus uneingeschränkte 5 Sterne verdient![verkleinern]