Das Augustinushaus in Gelsenkirchen wird vielen Leuten als Sitz der Augustinusgemeinde ein Begriff sein, es liegt neben der Propsteikirche St. Augustinus in der Ahrstraße und dem Heinrich König Platz. Für den Bereich zwischen diesen drei Örtlichkeiten hat die Heinrich König Stiftung bei dem deutschen Künstler Jürgen Goertz eine Skulpturengruppe in Auftrag gegeben.
Das Ganze ist ein sehr kompliziertes Figurenensemble, dessen Einzelteile ich zunächst für eigenständige Figuren gehalten hatte.... weiterlesen Ich möchte nun versuchen, die Gruppe möglichst einleuchtend zu beschreiben.
An der Wand des Augustinushauses haben wir zwei Bronzereliefs, das linke viereckige zeigt den Sinn der künstlerischen Arbeit an, indem es auf die über 100jährige Bergbautradition in Gelsenkirchen verweist. Das rechte, runde zeigt einen Bergmann und den heiligen Augustinus. Zwischen den beiden an der Giebelwand strahlt oben eine vergoldete Sonnen, unten vor einem angedeuteten Grubentor finden wir einen Kohle- oder Erzhaufen neben einer umgekippten Lore.
Über dem Augustinusrelief fliegen noch Bronzetauben an der Häuserwand.
Auf einem Platz in Höhe der Lore, zu dem ein paar Stufen hinaufführen, finden wir drei Skulpturen, die auf den ersten Blick kaum Zusammenhang zu haben scheinen. Auf einem runden Podest liegt ein gezinkter Würfel, erkennbar an der Tatsache, dass die 3 oben liegt, die 1 und 5 aber die Plätze getauscht haben, das ist also klar ein Hinweis auf Falschspiel.
Die nächste Figur ist die der Hl. Barbara, eine fantastische Figur, die zwei völlig verschiedene Ansichten zeigt. Zum einen haben wir die große, halb menschliche, halb dämonische Figur, auf deren Kopf eine Patronenhülse wie ein Turm aufragt und in deren Nacken eine Spitzhacke zu sehen ist. Auf ihrem Gewand sind metallische Elemente fast wie Zahnräder zu sehen. Die Brüste sind nackt, was ich als Hinweis auf die Folter sehe, die sie nach der Legende zu erdulden hatte. Aus den Falten ihres Gewandes wächst eine kleine, traditionellere Barbarafigur in langem Gewande hervor. Der Bezug zum Bergbau besteht darin, dass die Hl. Barbara als Schutzpatronin der Bergleute gilt.
Die große Figur ist so aufgestellt, dass sie in Richtung Seitenansicht der noch größeren dritten Skulptur blickt, die in keiner Weise auf sie reagiert. Hier handelt es sich um einen Bergmann mit Stirnlampe, Helm und Schaufel, diese scheint seinen rechten Arm zu ersetzen. Er sitzt breitbeinig da, seine schweren Schuhe liegen neben ihm. Besonders erschreckend ist es, dass sein linker Fuß fehlt, der Stumpf geht in ein Tuch über, unter dem Fuß und Hände eines wohl verunglückten Bergmanns herausragen. So wird der Künstler wohl auf die harte Arbeit und die Gefahren im Bergbau hinweisen.
Interpretationsansätze gibt es wirklich genug, doch leider habe ich keine authentische Aussage zu dem Werk gefunden.
Jürgen Goertz wurde 1939 in Czeluscin (damals Albrechtshagen) geboren. 1945 musste seine Familie mit einem Pferdetreck nach Deutschland fliehen, die Ereignisse dieser Flucht haben großen Einfluss auf sein Werk. Er studierte in Karlsruhe und lebt und arbeitet heute in Eichtersheim.[verkleinern]