Am Freitag war ich im "Quatsch Comedy Club".
Da wollte ich schon immer mal hingehen, was ich mir überhaupt nicht erklären kann, denn deutsche Comedy finde ich zu locker 95% nicht gut, nicht lustig, kurz: Nicht unterhaltend.
Ausnahmen gibt es wenige. Helge Schneider ist ein Gott, Dieter Nuhr mag ich wegen seiner Ironie und seinem Sarkasmus, über allem steht aber Serdar Somuncu. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob man das, was er auf der Bühne macht, noch "Comedy" nennen kann und darf... weiterlesen oder ob das schon Satire ist. Definitiv trifft Serdar aber komplett meinen Humor, der eventuell etwas speziell sein mag, aber...
Nun lud mich Oscar adM also dank zweier Freikarten ein, mit in den "QCC" zu kommen und ich sagte direkt zu, war aber doch ziemlich skeptisch. Die Chancen, dass das ein Reinfall werden würde, standen in meiner Vorstellung trotz der prima Gesellschaft doch recht hoch.
Wir trafen uns um 17 Uhr in einem Restaurant an der S Holstenstraße, denn dort im "Stage Club" findet der "QCC" statt.
Die Anreise gestaltete sich schwierig. Da ich von 16-18 Uhr den HVV nicht nutzen darf, hatte ich geplant, früher am Tag in die Schanze zu fahren und dann ab da zu Fuß Richtung Neue Flora/Stage Club zu laufen. Der Weg ist simpel, aber irgendwo bin ich wohl falsch abgebogen, sodass ich dann doch noch eine überteuerte Fahrkarte kaufen musste - natürlich wurde ich wie immer NICHT kontrolliert. Zumindest habe ich aber auf der Anreise einige lustige und skurrile Situationen erlebt, zum Beispiel habe ich einer Horde irischer Hobbits den Weg zum Millerntor-Stadion erklärt. Touris in absolut verrückten Kostümen, die zum Spiel gegen Lautern wollten. Mittelerde meets Millerntor. Sowas erlebt man wohl auch nur auf St. Pauli.
Irgendwann landete ich dann aber im uralten Restaurant "Anno 1905", O. grüßte schon fröhlich aus dem Fenster.
Ich habe dort drei Bier genommen, O. ebenfalls, dann ging es gestärkt und frohen Mutes die paar Meter hinüber zum Stage Club.
Der ganze Club ist ziemlich dunkel, man kommt aber direkt in den recht großen Raum, in dem sich die Bühne befindet. Dieser war dunkel, allerdings war der Bühnenbereich blau und und rot beleuchtet. Das gefiel mir direkt sehr gut, mit farbiger Beleuchtung kriegt man mich ja extrem schnell auf seine Seite. Leider war es schon ziemlich voll, dank eines Mitarbeiters fanden wir aber zwei echt gute Plätze in Reihe fünf oder sechs und direkt außen am linken Rand. Ich hätte ungern mitten drin gesessen und darüber, dass wir nicht in der ersten Reihe gelandet waren, haben O. und ich uns im Verlauf des Abends noch mehrfach sehr gefreut.
Der sehr gute Platz wurde dann zum perfekten, als die für unseren Tisch zuständige Servicekraft ihren Auftritt hatte. Ich war spontan ein wenig verliebt. Abgesehen davon, dass sie klasse aussah, machte sie ihren Job auch super. Im dusteren Raum durch die Reihen zu manövrieren, während man ein Tablett mit vier oder fünf Gläsern balanciert...ich muss das nichtmal probieren, um zu wissen, dass das in einer Komplett-Katastrophe enden würde. Ich habe aufrichtig Respekt vor dem, was die Service-Mitarbeiterinnen (es waren insgesamt drei meine ich) dort leisten.
Noch dazu kam das Bier gut geschenkt zum Platz, einzig über den Preis kann ich nichts sagen. Ich hatte versäumt, zum Geldautomaten zu laufen und in direkter Nähe fand sich auch keiner mehr, also hat O. die Rechnung übernommen und ich habe später zurück gezahlt. Da ich ihn aber weder weinen und meckern hörte oder sah, kann es sich nicht um allzu übertriebene Preise gehandelt haben.
Dann ging es pünktlich um 20 Uhr los, der Moderator enterte die kleine Bühne. Er war mir genau so unbekannt, wie die vier Comedians, die später auftreten sollten - ich hatte natürlich am Abend vorher nach den Protagonisten gegooglet und war dann ein bisschen beruhigt gewesen, nicht Namen wie "Martin Schneider" oder "Matze Knop" im Programm lesen zu müssen...die füllen inzwischen wohl deutlich größere Hallen und ich verstehe das nicht.
Der Moderator hieß Horst Fyrguth und brauchte keine Minute, um das restliche Publikum auf seine Seite zu kriegen. Eine weitere Minute später hatte er dann auch mich von sich überzeugt. Ich mag Impro-Comedy und die lieferte er vom Feinsten. Natürlich war ein Teil seines Programms geplant, aber er interagierte perfekt mit den Gästen und hatte sich auch direkt einige Zuschauer aus Reihe eins - es hatte schon seinen Grund, weswegen O. und ich da nicht sitzen wollten - heraus gepickt, denen er sich über die gesamte Länge des Abends immer mal wieder annahm. Seien es jetzt die beiden Blondinen wegen ihres gemeinsamen Toiletten-Besuches (ein gefundenes Fressen) oder das Paar aus Nürnberg, das er ständig ob ihrer Herkunft teils sehr schwarzhumorig (was mir sehr gefiel) auf die Schippe nahm ("Ach, Nürnberg. Dritte Welt, schön! Und wie gefällt es Euch hier in der Zivilisation?")
Er erzählte so 15 Minuten, dann kündigte er die erste Künstlerin an. Vera Deckers. Nie gehört. Erwartungshaltung gleich null. Sie konnte nur gewinnen.
Und sie gewann. Ich habe viel und herzlich gelacht, O. links neben mir ebenso. Geschätzte 20 Minuten dauerte der Auftritt, da Vera Deckers ne Kölsche ist und das auch mit in ihren Auftritt einbaute, war ich schnell begeistert, denn ich habe ja mal zwei Jahre in Bonn gelebt. Der köllsche Dialekt is een jooter und ich mag ihn sehr gerne!
Nach Ende von Veras Auftritt enterte wieder Horst die Bühne und nahm sich direkt wieder seine "Opfer" zur Brust. Die versuchten zwar, Contra zu geben, er hatte aber immer einen Konter parat.
Dann trat Käthe Lachmann auf. Ich hatte mit dem Namen eine andere Person in Verbindung gebracht, die ich furchtbar unlustig finde, aber da habe ich wohl was verwechselt, denn zu meiner Überraschung betrat eine niedlich gekleidete Frau die Bühne, die zwar einige sonderbare Momente in ihren Auftritt einbaute und am Ende noch ein Lied dran hängte, auf das ich hätte verzichten können, ansonsten aber meine Befürchtungen vergessen ließ. Sie war sympathisch und hat mich zum Lachen gebracht und mehr will ich ja nicht, wenn ich ein Comedy-Event besuche.
Dann war Pause. Horst kündigte sie an, verabschiedete die beiden Blondinen in den gemeinsamen Klo-Gang, die beiden Nürnberger kriegten auch noch ihr Fett weg...bei solchen Aufführungen in der ersten Reihe zu sitzen hat halt seine Folgen. Dass weiß man vorher oder kommt dann eben damit klar.
Die Pause habe ich für einen Toilettenbesuch genutzt. Und die sind einwandfrei. Nichts zu meckern, das passte. Es sind auch genügend Kabinen für schüchterne Blasen da. Zu meiner Freude gab es hier noch old-school-mäßige Drehknöpfe, damit das Wasser zum Hände waschen aus dem Hahn kommt. Mit diesen Lichtschranken-Dingern am Waschbecken komme ich einfach nicht klar. Die funktionieren bei mir nicht.
Pünktlich zum Wiederbeginn saß ich auf meinem Platz, der gute Horst erzählte noch ein bisschen was, dann kündigte er Oliver Polak an. Nie gehört, den Namen...
Oliver Polak, ein dicklicher Typ um die 30 betritt die Bühne, er trägt eine rote Jogginghose, eine weinrote Bomberjacke und einen karierten Schal. Und ich denke mir "Och nöööh...!".
Weiter oben habe ich geschrieben, dass ich Serdar Somuncu großartig finde.
Auf der Bühne steht eine dickere und beschissener bekleidete Version von Serdar!
Allein in der ersten Minute seines Auftritts hat der Typ locker fünf Ausdrücke rausgeballert, für die man hier vor einiger Zeit noch ganz fix in Quarantäne gesteckt wurde. Das F-Wort. Zwei Mal!
Verfickt noch eins, das muss man sich erstmal trauen!
Ich habe geheult und mich gebogen vor Lachen, die ersten beiden Künstlerinnen waren schon sehr gut, Oliver Polak hat es absolut gerockt! O. hing ebenso lachtechnisch in den Seilen... Beim viel zu frühen Ende des Auftritts hatte ich Bauchweh vor Lachen und das ist mir lange nicht mehr passiert.
Wenn der Kerl mal wieder in der Stadt ist, dann bin ich dabei!
Jedem, der einen ähnlich kaputten Humor hat (oder einfach nur Serdar Somuncu mag), empfehle ich, mal bei Youtube nach Oliver Polak zu suchen.
Horst sprang wieder auf die Bühne, erzählte noch was, veräppelte wieder die Blondinen und die Nürnberger, dann kündigte er den letzten Auftritt des Abends an.
Der konnte nach Oliver Polak nur abstinken und das tat Achim Knorr dann auch. Natürlich alles Geschmackssache.
Seine Witze basierten einzig und allein auf Wortspielen, ich liebe Wortspiele, aber es gibt einen Moment, ab dem sie nicht mehr lustig sondern nur noch gewollt sind, es wird einfach zu viel. Diesen Moment hatte Achim Knorr nach einem Drittel seines Auftritts erreicht und ab dem Zeitpunkt sehnte ich nur noch den Moment herbei, an dem endlich Feierabend ist.
Wäre er als Erster aufgetreten, hätte ich seinen Auftritt vielleicht ganz anders gesehen, als guten Einstieg in einen tollen Abend...so bleibt er leider nur als unbefriedigender Abschluß eines tollen Abends hängen. Die drei Künstler/-innen und der Moderator gefielen mir allesamt DEUTLICH besser. Im Endeffekt ist das natürlich reine Geschmackssache.
Nach Ende der Show haben wir dann den Club recht schnell verlassen, O. hat noch einige GL-"Andenken" auf Tischen hinterlassen, das ausliegende und inzwischen irrelevante Werbematerial von Qype wurde "unschädlich gemacht" und das GL-Zeugs direkt daneben platziert.
Ich hatte einen tollen Abend im Stage Club/Quatsch Comedy Club. Das habe ich wirklich nicht erwartet. Es passte alles! Toller Club, tolle Menschen und Bauchweh und Kullertränen vor Lachen.
Das sind klare fünf Sterne!
Gerne wieder![verkleinern]