Die Altstadt - unendliche Einkehr. Dies sind die Abenteuer des unerschrockensten Vertestungspärchens auf der Suche nach immer neuen zivilisatorischen Errungenschaften. Nur wenige Stolperminuten übers abendlich dunkle Kopfsteinpflaster trennen diese Kultstätte vom gerne verwechselten Papa Joes Klimperkasten. Im sinnvollen Double Feature wäre letzteres zur vorherigen Nahrungsaufnahme zu empfehlen, denn im 'Strickstrumpf' gibt es nur Erdnüsse - und wenig Auslauf - zum hauseigenen !... weiterlesen
Flüssigtreibstoff Streckes-Kölsch. Oder auch zu diversen Spirituosen und alkoholfreien Getränken. Kassiert wird jeweils unmittelbar nach Aushändigung.
Da allabendlich ab 20:00 - Sonntags ab 19:00 - Live-Jazz geboten wird - bei freiem Eintritt - zahlt man ohne Murren die im Brauhaus unüblichen 4,80 Euro fürs 0,4l Kölschgebinde. Für die tüchtigen Musikanten wird ab und zu das 'Drinks for the Band' Saxophon zum rotieren gebracht. Und zur allfälligen Kollekte sammelt sich Münzgeld im stilvollen Sektkühler. Der Gig-Zähler im Eingangsbereich steht inzwischen bei über 16.200.
Dä Streckstrump findet erstmal im Jahre 1974 urkundliche Erwähnung und wurde zuletzt A.D. 2010 renoviert, was gut informierten Kreisen zufolge sowohl der Optik als auch der Akustik weitergeholfen hat. Seit jeher ist dies ein Karriere-Sprungbrett für Nachwuchskapellen und Ort denkwürdiger Abende, die sich sogar bis in die Mutter aller Jazzlokale - die Preservation Hall zu New Orleans - herumgesprochen haben. In Deutschland gibt es derzeit nur ein vergleichbares Etablissement: den hamburgischen Cotton Club.
Zu den regelmäßig aufspielenden Combos gehören die Jazz Preachers, die Dreamboat Ramblers, Listen Here, die Storyville Jazzband und natürlich - Tusch! - die Streckstrump Allstars. Man beachte den eng getakteten Terminkalender auf der Webseite des Hauses - oder lasse sich wie wir einfach auf ein Erlebnis ein.
Man fand Platz auf der Empore des Hauses - wobei man besser keine Scheu vor Körperkontakt mit dem übrigen, gerne recht internationalen Publikum hat. Aber nicht nur die 'übsche Frongssösinn sondern auch das Etablissement an sich verdient nähere Betrachtung: Filmplakate, Promifotos und allerley Musikgeräte zum Thema Jazz. Dazu schummrige Beleuchtung und mehr oder weniger freie Sicht auf den Tresen und die kleine Hausbühne: eine richtig urige, gemütliche Höhle.
Jazz ist natürlich ein sehr vielfältiger und auch dehnbarer Begriff: die Aufführungen im Streckstrump schaffen es in der Regel nicht ins Feuilleton - aber das ist auch nicht der Anspruch, wozu gibt es schließlich die unweit erbaute Philharmonie? Hier geht es eher um Traditionals, Dixie, Swing und dazu gerne mal Blues, Soul und auch Rock n' Roll. Das Niveau ist je nach auftretender Kapelle uneinheitlich und auch Glückssache. Die zuletzt aufspielende Bäänd (Name ist der Redaktion bekannt) versprüht durchaus Spielfreude und auch instrumentales Können, aber beim Casting der Gesangsdame....
Was bei mir gerade noch unter 'gut gemeint' einsortiert wird, führt beim feinsinnigeren Nebensitzer desöfteren zu verdrießlicher Leidensmiene. Gleichwohl natürlich beste Unterhaltung - und bei 'Sweet Home Chicago' sogar erstmals rhythmische Zuckungen beim Autor. Den zweiten Aufguss der ebenfalls gecoverten Mustang Sally nehmen wir jedoch zum Anlass, diesen wunderbaren Abend zu beschließen.
Der umtriebige Unternehmensgründer, studierte Musicus und Pianovirtuose, mit bürgerlichem Namen Josef Wilhelm Buschmann, ist im Oktober 2015 im Alter von 90 Jahren verstorben. Aber solange dieses wunderbare Jazzlokal floriert - und auch der unweit platzierte gastronomischer ausgerichtete Klimperkasten - ist Papa Joe natürlich niemals wirklich tot.
Mit Verbeugung und freundlichen Grüßen, Sir Thomas[verkleinern]