Schon während der Autofahrt von Stuttgart nach Tübingen waren mir die Gebäude des Klosters Bebenhausen aufgefallen, und so war ich sehr froh, als mir wohlwollend ein Ausflug dahin vorgeschlagen wurde. Vom Parkplatz aus führte ein interessanter Weg durch die kleine Ortschaft (fast ausschließlich Wohnhäuser) geradewegs zum festungsähnlichen Kloster, dessen Innenhof man durch ein beeindruckendes Tor erreichen konnte.
Auffällig war bei der Anlage zunächst, dass bestimmte Gebäudeteile auch privat... weiterlesen
genutzt werden, während andere ihre Aufgabe als Museum erfüllen. Beim Anblick der Wehrgänge, von deren Boden nur noch die Tragebalken erhalten sind, kommt man gleich dazu, sich mit der wechselhaften Geschichte des Ortes zu beschäftigen. Nebenbei - die fehlenden Baumaterialien wurden für den Bau des Schlosses Hohentübingen genutzt - ganz klar eine Frage der Gewichtung.
Gegründet wurde das Kloster im späten 12. Jahrhundert und bot zunächst Prämonastensern (für Schroeder: Prämonstratenser, ob damit allerdings ihre Ehre gerettet wird?) und später dann Zisterziensern Unterkunft. Politischen Einfluss übten im Wechsel die Tübinger Pfalzgrafen, die Grafen von Württemberg und auch Kaiser Karl IV. aus.
Das Kloster verfügte über Ländereien (Ackerbau, Viehzucht) und auch große Teiche für die Fischzucht, von letzteren ist nur noch ein kleiner Rest erhalten. Die katholische Zeit des Klosters ging mit der Reformation zu ende und musste protestantischen Herren und einer berühmten Schule Platz machen.
Später nutzte das Württembergische Königshaus zunächst das Abthaus und später andere Gebäudeteile als Jagdschloss, die letzte Königin Württembergs, die Herzogin Charlotte, lebte bis zu ihrem Tod 1946 hier.
Bei der Führung, an der wir teilnahmen, waren auch einige Kinder anwesend, und es war erstaunlich zu beobachten, wie unbekümmert die die zum Teil sehr steilen Treppen runtersausten, aber auch, dass für sie ein Präparat eines Bären, der früher wohl mal eine Stehlampe im Arm hielt, viel interessanter waren als die geschichtlichen Hintergründe, die von der jungen Dame unterhaltsam und informativ zugleich vermittelt wurden.
Beim Rundgang durch das Kloster fand ich es bemerkenswert, das man an Hand der Räume die lange Bauzeit nachvollziehen konnte. Während in manchen Teilen noch die lastende Schwere der Romanik zu erkennen war, zeigten andere Räume die hochstrebende Leichtigkeit der Gotik.
In der Kirche fiel mir neben einem Bild, Maria und den Hl. Bernhard zeigend, besonders die sehr 'spezielle' Kanzel auf.
Die Führung durch das Jagdschloss selbst weckte schnell das Interesse an zwei der Württembergischen Herrscherpaare, die sich dort aufgehalten hatten. Da ging es einmal um König Karl I. (1823-1891) und seine Frau, die russische Zarentochter Olga (1822-1892). Gern hätte ich mehr darüber erfahren, wie die Königin mit der Homosexualität ihres Mannes zurechtgekommen ist und welche Kompromisse da geschlossen wurden.
Ganz anders das zweite Paar, hier handelt es sich um den letzten König Württembergs, Wilhelm II. (1848-1921), der den Stuttgartern seine Absetzung nie verziehen hat, und seine zweite Frau, Königin Charlotte (1864-1946), die als letzte der Familie das Schloss bewohnte. Durch die Führung erhielt man so viele Informationen über die vier, dass sie einem als Menschen nahekamen.
Meiner Meinung nach ist ein Besuch Bebenhausens, unbedingt mit Führung, äußerst empfehlenswert und umso schöner, wenn man einen wirklichen Kenner der Materie zur Seite hat.
(Es kann durchaus sein, dass ich bei der Bewertung noch einiges ändern muss. Schon jetzt bitte ich um ein wenig Geduld.)[verkleinern]