Eine Überraschung im Stadtpark Bochum An einem ziemlich heißen Tag war ich auf dem Weg vom Restaurant Pepe zum Bochumer Tierpark, als ich an einem Hügel plötzlich vor einem Denkmal stand, das mich zunächst an Sophokles erinnerte, obwohl der Rauschebart des dargestellten Herrn extrem lang war. Dann konnte ich aber die Inschrift 'Jahn' ausmachen, was mich immer noch nicht schlauer machte, denn ich kenne keinen Bochumer Würdenträger namens Jahn.
Später bekam ich dann heraus, dass es sich um... weiterlesen eine Büste des Turnvaters Jahn handelte und dass ich das älteste, einer zivilen Person gewidmete Denkmal in Bochum gefunden hatte.
Das Denkmal:
Drei große, stufenförmig angeordnete quadratische Steinplatten bilden den Untergrund für einen sich nach oben verjüngenden Pfeiler. Dieser ist in verschiedene Segmente eingeteilt, die unterschiedliche Schmuckelemente zeigen - sie sind entweder leicht geschwungen oder mit Ornamenten versehen.
Vorn auf der größten Fläche sieht man ein Kreuz im nach oben geöffneten Lorbeerkranz (Aufstieg), und darunter in einfachen Großbuchstaben den Namen Jahn. Soweit erinnert das Ganze sehr an ein Grabmal.
Auf der obersten Stufe des Pfeilers ist dann die Marmorbüste des geehrten Turnvaters zu sehen - ein ernst blickender Mann, mit langem, kräftigen Vollbart, Schultern und Brustbereich sind wie üblich nur angedeutet. Insgesamt nimmt die Büste nur etwa ein Fünftel der Gesamthöhe ein.
Anlass für die Aufstellung des Denkmals war folgender. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 wurde auch der Bochumer Turnverein verboten. Die Neugründung fand 1860 statt, und später gab man das Denkmal, das 1883 endlich errichtet wurde, in Auftrag.
Der Künstler:
Wilhelm Gardy, geboren 1848 in Köln, arbeitete nach seiner Ausbildung als Bildhauer in Wien, Düsseldorf und Münster. 1879 schließlich ließ er sich in Bochum nieder, wo er bis zu seinem Tode 1890 arbeitete. Er schuf einige Denkmäler für den öffentlichen Raum und Grabmale, doch vieles wurde in den Kriegszeiten zerstört, nur einzelne Werke sind erhalten wie zum Beispiel, die stark beschädigte Germania aus Bochum-Langendreer, die man heute im Foyer des Stadtarchivs sehen kann.
Friedrich Ludwig Jahn:
Er wurde 1778 in Lanz geboren und verstarb 1852 in Freyburg. Über sein Leben und Wirken gibt es einen ausführlichen Artikel bei Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Ludwig_Jahn
Es würde zu weit führen, all die Informationen, die dort zu finden sind, hier aufzuführen. Wichtig scheint es mir aber zu sein, dass er die Turnbewegung eigentlich ins Leben rief, um die jungen Männer auf den Kampf gegen feindliche Mächte vorzubereiten. Mit den feindlichen Mächten waren besonders die Franzosen gemeint, gegen die Jahn sein ganzes Leben lang eine besondere Abneigung kultivierte.
Jahn arbeitete als Lehrer und Erzieher, und er entwickelte immer radikalere Ideen in Bezug auf Nationalismus. Er verabscheute Undeutsches. Sein Radikalismus führte so weit, dass er inhaftiert, später aber wieder rehabilitiert wurde.
Kritiker werfen iihm ganz besonders den in seinen Schriften und Briefen deutlich zu spürenden Antisemitismus vor. Möglicherweise ist das auch ein Grund dafür, dass einige seiner Werke beschädigt wurden (z.B. die erwähnte Germania).
Auf jeden Fall sollten Interessierte sich das Denkmal im Bochumer Stadtpark mal genauer ansehen, es lohnt sich bestimmt.[verkleinern]