Viel gehört und gelesen hatte ich schon in Bezug auf dieses Kriegerdenkmal, das wohl von allen noch vorhandenen für die meiste Unruhe in Dortmund gesorgt hat. Besonders Mitglieder der Partei Bündnis 90 / Die Grünen haben ganz dezidierte Vorstellungen davon, was mit diesem Denkmal geschehen soll. Sie treten dafür ein, das es entweder in ein Museum verbracht oder aber, wenn nicht anders möglich, abgetragen wird. Und ich kann ihren Standpunkt verstehen, denn Anwohner haben schon (Zeitungsberichten... weiterlesen zufolge) beobachtet, dass Neonazis dort Veranstaltungen abhielten, die als Aufräumarbeiten getarnt waren.
Die Stadt Dortmund ist der Ansicht, das Denkmal müsse an seinem Platz bleiben, um die Leute immer wieder daran zu erinnern, wohin Selbstüberschätzung und wahnsinniger Hochmut führen können. Und ich kann ihren Standpunkt verstehen, denn meiner Meinung nach kann man sich vor der eigenen Geschichte nicht verstecken, auch nicht vor ihren dunkelsten Seiten.
Für mich wurde es aber immer wichtiger, mir dieses Machwerk mal selbst anzusehen. Also suchte ich mir einen ruhigen Wochentag aus und fuhr mit einem Bus nach Öspel.
Hedwigstraße und Ackerweg führen durch eine herrlich gepflegte und liebevoll gestaltete Reihenhaussiedlung, daran schließt sich ein Naturschutzgebiet mit Waldbestand an. Und dann plötzlich sieht man auf einer gemauerten erhöhten Fläche zwei gewaltige Figuren, die immer erschreckender werden je näher man kommt.
Auf der Fläche erhebt sich ein Sockel, auf dem die beiden Männer mit Helm, langem Mantel und Soldatenstiefel zu sehen sind. Beide sind in identischer Vorwärtsbewegung dargestellt, die Hand fasst an den Schwertknauf als sollte er gezogen werden. Auf mich wirken die Köpfe mit den groben Gesichtszügen und den schmalen Lippen ungeheuer brutal.
Das Denkmal entstand 1934/35 und zeigt die gestellte und künstliche 'Übermenschlichkeit', die in der Nazikunst so beliebt war. Wenn man aber zum Beispiel bei Arno Brekers Skulpturen noch von einer glatten und künstlichen Schönheit sprechen kann, so fehlt das hier völlig. Hier kann ich nur von einer Faszination des Schreckens sprechen. Das sind keine Helden, das sind grausame Eroberer.
Ich nehme an, dass die völlig leere Empore früher noch mit Insignien der Macht ausgeschmückt war, habe dafür aber keinerlei Belege gefunden.
Es gibt eine bronzene Informationstafel, von der Stadt angebracht, die durch die Einflüsse der Witterung aber nur noch schwer zu lesen ist. Deshalb gebe ich hier den Text noch einmal an:
"Dieses Kriegerdenkmal 1934/35 von den Nationalsozialisten in aggressiver, gewalttätiger und pathetisch-expressiver Form errichtet, soll den Gedanken an die Revanche für den verlorenen Ersten Weltkrieg sowie den Kampf der deutschen Soldaten verherrlichen. Das Denkmal dient daher auch weniger der Trauer um die Toten des Ersten Weltkriegs. Wie auch wir Deutschen leidvoll erfahren haben, bedeutet jeder Krieg unvorstellbares Elend, Schmerz, Vertreibung und Tod. Möge sich jeder Betrachter dessen eingedenk sein."
Für mich geht der Text in die richtige Richtung, müsste aber noch entschieden deutlicher sein. Nur dann kann man den freien Zugang zu dem furchtbaren Denkmal rechtfertigen.
Was die Situation während meines Besuchs dort noch unwirklicher machte war, dass weder Spaziergänger mit Hunden, noch die Kinder auf ihrem Weg von der Schule in irgendeiner Weise auf das Denkmal reagierten. Es war so, als wäre es überhaupt nicht mehr vorhanden.
Wenn ich es auch grundsätzlich für richtig halte, dass das Werk erhalten bleibt, kann ich nicht mehr als zwei Sterne geben. Hoffentlich ist das verständlich.[verkleinern]