Ob so ein Denkmal in einigen Bezirken Berlins mit ihren stark türkischstämmigen Bevölkerungsanteilen lange stehen würde? Angesichts des Hasses mancher Türken auf die Armenier und Angesichts der bis heute andauernden Verleugnungspolitik des türkischen Staates glaube ich es nicht!!
In Halle/S erinnert ein kleines Denkmal am Hansering gegenüber des alten Landgerichts an ein dunkles Kapitel der Weltgeschichte.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts kam es im damaligen Osmanischen Reich unter der... weiterlesen Regierung der Jungtürken zu Pogromen und Massakern an der armenischen Minderheit im Land mit zehntausenden Toten.
Ab 1913 wurden während der Regentschaft von Sultan Mehmed V. und unter der Regierung des jungtürkischen Triumvirats von Enver Pascha, Cemal Pascha und Talât Pascha dann gezielt ganze Minderheiten als „illoyale Bevölkerungsgruppen“ verfolgt. Wieder traf es besonders die christlichen Armenier. Ganze Bataillone der osmanischen Armee mit armenischen Soldaten und Offizieren wurden an die Wand gestellt, tausende Armenier in Konstantinopel (Istanbul) wurden verhaftet, darunter viele Intellektuelle. Später erließ man Gesetze, die die Versorgung der Armenier untersagten und ihre Deportierung „legalisierte“.
In der Folge wurden die Armenier enteignet, im besten Falle inhaftiert oder gleich ermordet. Große Teile der armenischen Volksgruppe wurden 1915 und 1916 auf Todesmärsche in die syrische Wüste (das heutige Syrien gehörte zum Osmanischen Reich) gezwungen, auf denen zehntausende Männer, Frauen und Kinder, Junge und Alte ums Leben kamen: ermordet, massakriert, vergewaltigt, an Krankheiten gestorben, verhungert, verdurstet …
Es wird geschätzt, dass bis 1923 vermutlich bis zu 1,5 Millionen Armenier ihr Leben verloren. Die Weltgemeinschaft spricht vom ersten Genozid, Völkermord der Geschichte, nur die heutige Türkei nicht. Für die sind und waren es Terroristen und Aufständische. Dieses Vokabular wird innertürkisch bei Oppositionellen und Minderheiten auch heute gerne weiter verwendet.
Auch damals spielte das Deutsche Reich schon eine unrühmliche Rolle, vermochte es die kaiserliche Regierung doch nicht, auf die damals auch befreundete und verbündete osmanische Regierung einzuwirken. Und man darf auch nicht vergessen: zahlreiche deutsche Offiziere und Generäle waren damals an die osmanischen Streitkräfte ge-outsourced.
100 Jahre, bis 2015, sollte es dauern, bis ein deutscher Bundespräsident (in Rechtsnachfolge des Deutschen Reichs) es wagte, von Völkermord in Zusammenhang mit den Armeniern zu sprechen. Unter anderem in Bremen, Braunschweig und Halle/S wurden „Chatschkar“ genannte Armenische Kreuzsteine zum Gedenken an die armenischen Opfer aufgestellt.
Der Hallenser Stein wurde von der armenischen Gemeinde in Sachsen-Anhalt und Halle gestiftet und am 10.5.2015 im Beisein von Vertretern der Republik Armenien und des Bundeslandes Sachsen-Anhalt enthüllt.
Der rötliche Gedenkstein mit traditionellen armenischen Symbolen trägt auf deutsch und armenisch die Inschrift:
„Dieser Kreuzstein wurde zum Gedächtnis
an die millionenfachen Opfer des Völkermords an den Armeniern
im Osmanischen Reich in Westarmenien errichtet
Gebet und Segen unseren Märtyrern
Im Gedenken an die armenischen Opfer
und
die deutschen Helfer der Überlebenden
Armenische Gemeinde von Sachsen-Anhalt und Stadt Halle
1915-2015“
Fazit: Schlichte und würdige Erinnerung an den von vielen fast vergessenen oder gar nicht wahrgenommenen Völkermord an den Armeniern vor über 100 Jahren.
Für alle Interessierten: Es gibt einen Film zum Thema:
"Aghet - ein Völkermord"
Und noch ein Buch-Tipp aus dem Hause Schroeder:
Franz Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, erschienen 1933[verkleinern]