Updates von 2021 und 2022 am Ende.
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Das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park ist eines von 3 großen sowjetischen Ehrenmalen in Berlin: Treptower Park, Tiergarten und Schönholzer Heide. Allen Ehrenmalen ist gemein, daß sie nicht nur Denkmal sondern auch Kriegsgräberstätte für zehntausende sowjetische Kriegstote der Schlacht um Berlin sind.
Für den Bau des Haupt-Ehrenmals im damaligen Stadtbezirk Treptow (heute Treptow-Köpenick) wurde von der sowjetischen Militärführung nach... weiterlesen
Kriegsende ein Wettbewerb ausgelobt, zu dem 33 Entwürfe eingereicht wurden. Realisiert wurde der Entwurf eines sowjetischen Künstlerkollektivs, dem ua. der Architekt J. Belopolski, der Bildhauer J. Wutschetitsch, der Maler A. Gorpenko und die Ingenieurin S. Walerius angehörten. Ab 1946 wurde das Ehrenmal auf dem Gelände einer großen Spielwiese im Treptower Park an der heutigen Puschkinallee ua. aus 40 000 m³ Granit errichtet. Eingeweiht wurde das Treptower Ehrenmal am 4. Jahrestag der Befreiung am 8.5.1949 (Für alle, die es vielleicht nicht wissen: in der DDR wurde der Tag der deutschen Kapitulation offiziell als „Tag der Befreiung“ bezeichnet) ua. mit einem militärische Zeremoniell der sowjetischen Truppen in Berlin und mit einer Rede des ehemaligen SPD-Vorsitzenden Otto Grotewohl, der neben dem ehemaligen KPD-Vorsitzenden Wilhelm Pieck nun einer der beiden Vorsitzenden der neugegründeten SED war.
Neben seiner Rolle als zentrales sowjetisches Ehrenmal (Tiergarten lag in West-Berlin, Schönholzer Heide in Pankow war zu abgelegen) war die 10 Hektar große Anlage auch immer ein wichtiger Ort für die DDR-Propaganda. Zu Jahrestagen fanden Veranstaltungen und Aufmärsche statt, wo die Deutsch-sowjetische Freundschaft beschworen wurde. Pflichtgemäß wurde das Ehrenmal von Schulklassen, Jugendweihegruppen, Arbeitskollektiven und Angehörigen der bewaffneten Organe der DDR (meist in Kompaniestärke) besucht. Gern gesehen wurde auch, wenn Brautpaare nach sowjetischem Vorbild, ihren Brautstrauß am Ehrenmal niederlegten. Allerdings hat sich diese sowjetische Tradition in der DDR nie massentauglich durchgesetzt.
In der Wendezeit Ende 1989 kam es zu einem Anschlag auf das Ehrenmal, bei dem Denkmalsockel und Sarkophage mit rechten und antisowjetische Parolen beschmiert wurden. So richtig geklärt wurde nie, wer hinter dem Anschlag steckt. Während eine große Mehrheit einen rechten Hintergrund vermutet, sind einige der Meinung, daß die Schmierereien von Stasi-Mitarbeitern angebracht wurden, um der Forderung nach Fortbestand eines DDR-Inlandsgeheimdienstes Nachdruck zu verleihen.
Nach der Wiedervereinigung wurde zwischen der BRD und der Russischen Föderation 1992 vertraglich festgelegt, daß die sowjetischen Ehrenmale und Soldatenfriedhöfe nach dem Abzug der russischen Truppen aus Deutschland in die Verantwortlichkeit der BRD übergehen. So muß die BRD den Bestand dieser Anlagen dauerhaft garantieren und darf Veränderungen an den Anlagen nur in Abstimmung mit der russischen Regierung vornehmen. Einen großen Moment hatte das Treptower Ehrenmal noch einmal als beim Staatsakt zum Abzug der russischen Truppen am 31.8.1994 im Beisein von Bundeskanzler Kohl und Rußlands Präsident Jelzin ein Totengedenken russischer und deutscher Soldaten stattfand. Vor kurzem machte das Denkmal erneut Negativschlagzeilen, als eine Gruppe DDR-Traditionalisten und Veteranen der bewaffneten Kräfte der DDR in DDR-Uniformen eine Militärparade auf dem Ehrenmalgelände abhielten.
Fortschreitender Verfall und Verschleiß machte 2003 eine umfassende Restaurierung notwendig. Die Monumentalfigur des Soldaten wurde saniert, ebenso der Sockel mit Krypta und andere Denkmalelemente.
Den Eingang zum Ehrenmal bildet das große Granittor in der Puschkinallee. Vorbei an einer 3 m hohen Frauenstatue, die die um ihre gefallenen Söhne „Trauernde Mutter Heimat“ darstellt, gelangt man auf den Hauptweg, der schließlich zum Denkmalhügel führt. Am Beginn des Hauptplatzes stehen 2 große, gesenkte sowjetische Fahnen aus rotem Granit, flankiert von 2 knienden und trauernden Soldatenstatuen. Vor dem Denkmalhügel sind 5 große Grabfelder angelegt, die mit einem Lorbeerkranz verzierten Steinplatten gekennzeichnet sind. Am Rand der Wege rechts und links von den Grabfeldern stehen 16 Marmorsarkophage. Auf jedem dieser Sarkophage ist ein Relief zu einem Thema des in der UdSSR „Großer Vaterländischer Krieg“ genannten 2. Weltkrieges sowie Stalinzitate angebracht. Die Grablegen für die hier bestatteten 7000 sowjetischen Soldaten befinden sich zumeist unter dem Denkmalhügel und in Grabfeldern hinter den Sarkophagen
Zentraler Ort des Ehrenmals ist der künstliche Grabhügel mit Sockelkrypta und der Monumentalstatue eines Sowjetsoldaten. Der Grabhügel mit begehbarer Krypta ist 18 m hoch und ist einem Kurgan (slawischer Grabhügel in der Don-Ebene) nachempfunden. Diese Art Denkmalgestaltung findet auch in anderen Anlagen in der ehemaligen UdSSR. Im Innenraum der Krypta befindet sich ein Mosaik mit einer russischen und deutschen Inschrift, das symbolisch die Vertreter der 16 Sowjetrepubliken bei der Gefallenenehrung darstellt.
Auf der Krypta steht die 12 m hohe und 70 Tonnen schwere Bronze-Skulptur „Der Befreier“ des sowjetischen Bildhauers J. Wutschetitsch. Sie zeigt einen Sowjetsoldaten in Kampfanzug, ein Schwert in der Hand und mit einem Kind auf dem Arm, mit den Stiefeln ein den Nationalsozialismus symbolisierendes Hakenkreuz zertretend. Das Kind soll das unschuldige Volk darstellen, daß dank des aufopfernden Kampfes der Roten Armee nun einer ruhigen Zukunft entgegen schauen kann.
Weit verbreitet ist aber eine andere Geschichte, die ich auch noch so in der Schule gelernt habe. Danach zeigt die Statue den sowjetischen Sergeanten Massalow (seit 1965 Ehrenbürger von Ost-Berlin), der beim Sturm auf den Reichstag am Landwehrkanal am 30.4.1945 ein kleines deutsches Mädchen aus Kampflinie rettete. Eine andere Version nennt den Soldaten Lukjanowitsch als Vorbild für den Denkmalsoldaten, der bei der Rettung eines deutschen Kindes in Berlin den Tod fand. Der Bildhauer bestritt beide Versionen und betonte immer die Symbolhaftigkeit seines Werkes.
Vielleicht gibt es den Einen oder Anderen, der jetzt sagt: Noch so eine ausführliche Bewertung für ein Russendenkmal. Mir ist sehr wohl klar das für Viele der Einmarsch der Roten Armee 1944 ins Reichsgebiet und 1945 in Berlin nicht die unbefleckte Befreiung vom Hitlerregime war. Aus Erlebnisberichten aus der eigenen Familie weiß ich, daß es zu Exzessen durch sowjetische Truppen oder einzelne Soldaten gekommen ist. Aber wir sollten Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Ohne einen größenwahnsinnigen Führer, seine Palatine und karrieregeile Militärs, die die Vorstellung der Einen von „Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt“ in die Tat umgesetzt haben und dem Leid, daß dieser Krieg über Europa und andere Teile der Welt gebracht hat, müßten wir uns heute nicht mit Ehrenmalen und Soldatengräbern auf bzw. in fremder Erde beschäftigen.
Das soll keine Entschuldigung für irgendwelche Kriegsverbrechen sein, denn dafür, egal von welcher Seite auch immer begangen, gibt es keine Entschuldigung. Sie gehören aber wohl scheinbar zum Wesen eines jeden Krieges, wann und wo er auch immer geführt wurde oder wird.
Update 06.2021:
Von 2019 bis voraussichtlich Herbst 2021 muss die Gesamtanlage saniert werden. Der bauliche Zustand war zu schlecht. In den Sanierungskosten von ca. 20 Millionen €uro sind auch barrierefreie Umbauten der Zugänge enthalten.
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Update 04.2022:
In der Nacht vom 6. zum 7.4.2022 wurden Teile des Denkmalensembles vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit antirussischen und Anti-Putin-Parolen beschmiert.
Die "Demonstranten" oder Provokateure übersehen in einer Art Geschichtsblindheit allerdings, dass es ein Denkmal der untergegangenen Sowjetunion ist und das es sich bei den 7000 hier beigesetzten gefallenen Rotarmisten um Angehörige vieler Nationalitäten aus der ehemaligen UdSSR handelt: Russen, Ukrainer, Weißrussen, Georgier, Armenier, Kasachen ...... uvam.[verkleinern]