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Wenn ich ehrlich sein soll, den Namen Nepomuk Franz Alois (auch: Aloys) Sen(n)efelder (bzw. Sennfelder habe ich bis zu unserem Berlinbesuch noch nie zuvor gehört, man kann auch nicht alle kennen! Je wichtiger ein Mensch für die Geschichte erscheint, so wird z. B. eine Straße (in diesem Fall Platz) nach dieser benannt. Es scheint, dass es ein bemerkenswertes Individuum zu sein, wenn dort auch noch ein Denkmal aufgestellt wurde, wie in diesem Fall.
Im Laufe unseres „Trips“, fielen mir an den... weiterlesen unscheinbarsten Stellen Denkmäler auf, die mal mehr oder weniger gepflegt worden sind. Es war ein glücklicher Zufall, dass wir auf das Monument von Alois Senefelder in der Nähe der gleichnamigen U-Bahnstation, zwischen den Bäumen, entdeckt haben. Wir waren auf der Suche nach einem anderen Kunstwerk, das sich hier in der Nähe befinden sollte, das ich im Internet entdeckt habe, das mir auf anhieb gefallen hatte…Dauu an der passenden Stelle.
Wie man auf den Fotos sehen kann, ist die Anlage, in der das Denkmal steht, nicht gerade gepflegt aus: hohe Bäume versperren die Sicht von der Straße, wild wuchern die Gräser und kleinen Sträucher. Ein recht hoher Zaun wurde zwar davor errichtet, doch gegen Vandalismus nützte auch dies nicht!
Wer war das gewesen? Schwer zu sagen wie lange die Beschädigungen her stammen: die Risse im Stein, die Verfärbungen und vor allem die Hand von dem einen Putto. Dieser Anblick macht mich traurig und wütend zugleich.
Der Denker da oben, sitzt aber erhaben über all dem, man könnte seine Gestalt fast als majestätisch bezeichnen. Doch ist es ein Buch, war er ein Gelehrter… nichts der gleichen, so habe ich es festgestellt, denn trotz dass das Monument mit einem Lorbeerkranz bekrönt wurde, wird neben der Drapage auf dem Sockel ist eine Tafel angebracht worden, dass es sich um den Erfinder des Steindrucks handelt.
Alois Senefelder war ein Wegbereiter für den Massendruck der Presseerzeugnisse, weil er als junger Mann nach einer günstigeren Alternative für die Herstellung von bebilderten Teaterheftchen, die er selbst verfasst hatte, gesucht hatte. Als Student der Jurispodenz hatte man nicht immer eine privilegierte Stellung inne gehabt. Durch Versuch und Irrtum und reichlich „Erfinderglück“ konnte er dem sog. Hoch- und Tiefdruckverfahren, bei dem alles von Hand mühsam übertragen werden musste, Konkurrenz machen.
Das geschah vor rund 200 Jahren und das erste Werk, das in der neuen Technik „Lithographie“ erstellt wurde, gilt der Liedtext "Brand von Neuötting", des besagten, das im Jahr 1797 erschienen ist.
Das Verfahren wurde nach der griechischen Übersetzung benannt. Sie setzt sich aus den zwei Teilen zusammen: "Druck von Steinen" - "lithos = Stein; "graphein" = schreiben, auch wenn Sennefelder seine Erfindung als "Chemische Druckerey", bekannt wurde.
Der Grundgedanke ist einfach und revolutionär zugleich: Muß man zum Drucken unbedingt Texte und Bilder als Relief in eine Druckform einarbeiten oder geht es nicht auch mit einer "flachen" Druckform?
Er kam zum ersehnten Ziel, weil er sich einen natürlichen Vorgang zunutze machte: Wasser und Fett stoßen sich ab! Also präparierte er eine völlig plane Steinplatte, so daß er die gewünschten Schriftzüge und Bildmotive seitenverkehrt mit fetthaltiger Kreide oder Tusche direkt auf den Stein auftragen und anschließend mit Wasser befeuchten und fetthaltige Farbe aufbringen konnte. Die Farbe blieb natürlich nicht auf der nassen Oberfläche des Steins haften, wohl aber im Bereich der fetthaltigen Striche seiner Zeichnung! Die Zahl der Abzüge war prinzipiell unbegrenzt und ihre Wiedergabe im Detail sehr fein und genau.
Den am besten geeigneten Stein fand Senefelder in den Kalkschieferbrüchen bei Solnhofen, das heute vor allem noch wegen ihrer weltberühmten Fossilien bekannt ist.
Seine Erfindung nutzte er zunächst, um Notenmaterial seines Geldgebers, des Hofmusikers Gleißner zu drucken. Sehr schnell erkannte der Offenbacher Musikalienverleger André die Möglichkeiten des neuen Verfahrens, schloß mit Senefelder einen Vertrag und verhalf so der Lithographie zum Siegeszug durch die Welt. Schon bald entstanden Druckereien für Lithographie im Ausland. Daraufhin gab er selbst in Aufsätzen und Büchern Empfehlungen, welche Art von Drucksachen er für die Lithographie als geeignet erachtete: Schriften, Noten, Landkarten, Tabellen und Zirkularien - also Gebrauchsgraphik - und Reproduktionen von Kunstwerken.
Interesst fand ich in dem Zusammenhang, dass die künstlerische Graphik, die wir heute in der Regel mit der Lithographie in Verbindung bringen, kam erst Jahrzehnte später aufgekommen ist!
Senefelders langfristiger Erfolg war drei Vorteilen zu verdanken: Der Haltbarkeit der Druckform (Stein), außerordentliche Geschwindigkeit in der Bearbeitung der Druckform selbst und damit der Preisvorteil gegenüber den herkömmlichen Druckverfahren.
Es konnten keine empfindlichen Druckformen beschädigt werden, die Druckform war schnell und leicht durch einfaches, aber seitenverkehrtes Zeichnen herzustellen, die Auflagen waren hoch, und man konnte den jeweiligen Stein für andere, weitere Drucke nutzen, indem man einfach die schon bearbeitete, nicht mehr benötigte Schicht abtrug!
Einige Jahrzehnte später, ist diese Methode erneut weiter entwickelt worden: dadurch, dass die zu druckenden Texte auf eine rotierende Metallplatte kopiert worden sind, ist ein weiterer Vorläufer des Offsetdrucks entstanden, so konnten große Mengen, in schneller Zeit und vor allem Günstig gedruckt werden, das nur am Rande erwähnt!
Schon, als dieser Platz 1892 gestaltet worden ist, wurde aus mir unbekannten Gründen dieses Denkmal errichtet. Die Sachen, die Sennefelder in seinen Händen hält, sollten seine zur Arbeit benötigten Werkzeuge sein. Der dargestellte sitz in zeitgenössischer Kleidung, die um 1830 Mode gewesen ist. Bei der genauen Recherche erhielt ich endlich die Antwort, warum die Schrift falsch herum geschrieben wurde: der Putto, dem die Hand fehlt, hielt in dieser einen Spiegel, der diese wider lesbar machte, die des Dargestellten.
Eine sehr beeindruckende Arbeit, die ein Teenager vor wenigen Monaten mutwillig zerstört hatte, mehr unter: http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/berlin-prenzlauer-berg-19-jaehriger-beschaedigt-denkmal-am-senefelderplatz/11515862.html
Auch, wenn auf dem Cararamarmor hergestelltem Denkmal eine Künstlersignatur zu sehen ist, konnte ich diese nicht entziffern und einem bestimmten Bildhauer zuordnen können. Eigentlich schade, dass ein wesentlicher Teil sinnlos zerstört wurde :-( und die Anlage so verwahrlost aussieht… Deshalb ziehe ich einen Stern ab, was mir irgend wo auch Leid tut![verkleinern]
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