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Hallo
Wie oft fahr oder fuhr ich schon die Strecke über die Fuhlsbüttler Strasse in Richtung Hummelsbüttel, um mit Jenna zum Hummelsee zu gelangen. Nie kam ich auf die Idee, den Jüdischen Friedhof Ohlsdorf zu besuchen. Ich hatte ja auch keine Veranlassung dazu, weil ich „Christ“ bin.
Nachdem ich gehört hatte, dass Shimon Perez im hohen Alter von 93 Jahren gestorben ist, erinnerte ich mich an diesen Friedhof. Den Friedhof in Altona, an der Königstrasse kenne ich ja, denn da in der Nähe... weiterlesen hatte ich vor vielen Jahren gewohnt und dort bin ich aufgewachsen. Beschrieben hatte ich ihn ja auch schon.
Nun machte ich einen kleinen Abstecher zu diesem Friedhof, der bewusst oder unbewusst versteckt und ohne Hinweise am Ende der Ilandkoppel liegt. Am Eingangstor ist die Öffnungszeit angegeben und die Verhaltensregeln und Friedhofsordnung angebracht.
Ich traf auf einen „Besucher“, der mich nach dem Grund des Besuchs fragte. Vermutlich war es der Verantwortliche, denn alle Augenblick musste er telefonieren, oft in einer für mich fremden Sprache.
Er fing an zu erzählen und sagte, dass der Jüdische Friedhof Ohlsdorf im September 1883 eröffnet wurde. Seine Fläche soll elf Hektar gross sein und hat ca. 18.000 Grabstätten. Hier soll noch nach Jüdischem Ritual beerdigt werden. Jüdische Tote sollten spätestens 48 Stunden nach dem Tode unter die Erde kommen.
Da wir uns noch im Eingangsbereich befanden und ich keine Kopfbedeckung hatte, gab er mir eine sogenannte Kipa, die ich aufsetzen sollte, wenn ich über den Friedhof gehe. Ich wollte aber nicht über den ganzen Friedhof gehen, weil ich Jenna im Auto hatte und sagte es ihm.
Er zeigte auf eine Hinweistafel, die zu den Gräbern des alten Grindel Friedhofs und Ottenser Friedhofs wies. Im Jahre 1937 wurde der Grindel geräumt und unter Aufsicht eines Rabbiners hierher umgebettet mit den ca. 200 Grabsteinen. Später in den 1940er Jahren hatte man nochmals 175 Grabmale des Ottenser Friedhofs verlegt.
Vor diesen Stätten befinden sich noch die alten Grabfelder der Sefardischen Gemeinde. Hierbei handelt es sich um Portugiesische Juden, die 1490 aus Spanien und Portugal vertrieben wurden. Diese alten Grabplatten, die stark verwittert sind, kann man noch sehen.
Vom Eingang aus rechter Hand sieht man die Stehle auf der Ehrenanlage der gefallenen Jüdischen Soldaten im ersten Weltkrieg. Er sagte, dass 85 Soldaten hierher überführt wurden und ihre letzte Ruhestätte fanden. Auf der Stehle sind 1000 Namen der Gefallenen eingemeisselt.
Man geht dann weiter nach links und sieht die Rückseite der Abdankungshalle in roten Ziegeln. Sie wurde gefördert durch die Stiftung Denkmalpflege Hamburg. Über der Eingangstür befindet sich eine helle Platte mit Jüdischer Inschrift. Oberhalb dieser Platte gibt es ein rundes farbiges Fenster, darüber gruppieren sich weitere fünf Fenster, die die 5 Bücher Mose darstellen sollen. Die inneren Scheiben sind farblos, damit man sich kein Bild von Gott machen kann.
Ein Betreten der Abdankungshalle für Nichtjuden ist vom Rabbi nicht gestattet worden.
Nun musste ich auch schon wieder los, weil Jenna bestimmt auf mich wartete. Am Ausgang kam ich dann an einem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus vorbei, das 1951 errichtet wurde. Hier steht der Spruch:
***Ungestillt rinnt die Träne um die Erschlagenen unseres Volkes***
Vor dem Mahnmal hat man eine Steinerne Urne gesetzt, mit der Inschrift:
***Asche aus Auschwitz ***
Oben auf dem Deckel haben gläubige Juden der Tradition nach zum Andenken kleine Steine gelegt.
Auch dieser Jüdische Friedhof soll nicht nur Friedhof sein, sondern uns immer wieder an die Zeit des Nationalsozialismus erinnern und dafür kämpfen, dass diese Zeit sich nie wiederholen sollte.
Update 17.07.2021
Am 10.07.2021 verstarb die letzte Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz. Esther Bejarano wurde 96 Jahre alt und lebte in ihrer Wahlheimat Hamburg, Barmbek Süd.
Das Konzentrationslager konnte sie nur überleben, weil sie dort einen Platz im Mädchenorchester bekam, obwohl sie kein Akkordeon spielen konnte. Sie brachte es sich schnell bei.
Sie war in Deutschland sehr aktiv, um den Jugendlichen die Schrecken der Zeit zwischen 1933 und 1945 vor Augen zu führen. Dabei betonte sie immer wieder, dass diese Jugend keinerlei Schuld an der Vergangenheit träfe. Sie sollten nur dafür sorgen, dass sich so etwas nie wiederholen wird.
Sie wird am Sonntag in Hamburg auf dem Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf unter Ausschluss der Öffentlichkeit in eine Privaten Trauerfeier beigesetzt und ich hatte den Auftrag zwei Trauerkränze dorthin zu bringen.[verkleinern]
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