Tübingen hat nicht nur die Altstadt, eine alte Festung, alte Herzogsgräber und eine altehrwürdige Uni zu bieten, sondern auch andere alte Sachen, die aus einer Zeit stammen, als sich die Evolution über den Homo sapiens sapiens noch keine Gedanken machte. Gemeint ist das, was volkstümlich-allgemein als Dinosaurier bezeichnet wird. Eine Auswahl dieser Fossilien zeigt die Paläontologische Schausammlung der Uni Tübingen.
Untergebracht ist die Schausammlung in einem der vielen... weiterlesen
Universitätsgebäude. Nach dem Betreten kam gleich die erste große Enttäuschung: keine Dino-Baby-Streichel-Gehege und kein T. Rex, der interessiert und gierig nach Fremdlingshappen Ausschau hält! Aber Spaß beiseite. Was erwartet den geneigten Besucher in einer paläontologischen Sammlung? Natürlich Fundstücke aus der Frühzeit der Erdgeschichte in Form von Versteinerungen.
Durch die fachkundige Führung durch die heiligen Hallen erfuhren wir viele Dinge, die dem interessierten Laien sonst verborgen bleiben. Gleich zu Beginn des Rundgangs präsentierten sich große Fischsaurier, der Nachwelt erhalten geblieben durch ihre versteinerten Skelette in zentnerschweren Schiefertafeln. Diese Funde sind selten, da der Versteinerungsprozeß unter Wasser ein komplizierter ist. Viele Faktoren müssen zusammentreffen, damit aus einer Fischleiche in Jahrmillionen ein Fossil wird. Durch die Art der Versteinerung unter Schichten von Sediment sind diese Funde auch plattgedrückt wie eine Flunder. Eines der ausgestellten Tiere war eine werdende Mama. Wer aufmerksam hinschaut, kann im Leib des erwachsenen Tieres einen Baby-Dino entdecken!
Weitere Räume mit weiteren Fossilien folgten. Bei anderen, kleineren Fischsauriern hatte sich im Gestein die Haut als Abdruck erhalten, was so aber auch schon wieder falsch ist, denn nicht die Haut, sondern die die Haut zersetzenden Mikroorganismen haben ihre Spuren hinterlassen und vermitteln somit einen Gesamteindruck des ganzen Tiers.
Ein riesiges Urzeitkrokodil wird präsentiert, daß noch gar nicht so riesig ist, da noch nicht ausgewachsen. Es folgten die landlebenden Saurier, wo natürlich auch der eindrucksvolle Kopf eines T. Rex nicht fehlen durfte. Zu sehen sind Funde vom Plateosaurus, über 200 Millionen Jahre alt und aus regionalen Fundstellen. Daher werden diese Funde auch „Schwäbischer Lindwurm“ genannt.
Unmöglich, sich all die lateinischen Namen der gezeigten Saurier zu merken. Einzig Diplodocus ist mir im Gedächtnis geblieben, weil ich ihn im Vorfeld der Tübingen-Tour als Saurier mit dem längsten Schwanz (13 m) thematisiert hatte. Die Tübinger haben einen Diplodocus, oder zumindest Teile von ihm und das Schwänzchen ist so lang, das nur ein Teil davon (mit einem Hinterbein) in den Ausstellungsraum passt.
Eindrucksvoll auch das mehrere Meter hohe Bein eines planzenfressenden Riesensauriers, der sich die Welt aus einer lichten Höhe von um die 12 m besah.
Aufgeräumt wurde auch mit dem Klischee des pinselschwingenden Paläontologen, der gefundene Knochen aus der Erde pinselt. Vielmehr ist sind kleine Spachtel und Schaber und Spezialkleber das filigrane Werkzeug der Paläontologen. Alles andere ist Show für die Presse.
Auch die Jurassic-Park-Geschichte ist bloß ein Märchen für Große und Kleine. Saurierknochen (oder das, was wir für sie halten) sind mineralisierte Knochen, also Steine und Steine haben keine DNA. Also, keine richtigen Knochen = keine DNA = keine Dinonachzüchtungen. So einfach ist das mit Hollywood!
Fazit: Hochinteressante, modern gestaltete Ausstellung nicht nur für Fachleute. Einziger Kritikpunkt – die Luft in den Räumen ist vermutlich genauso alt wie der älteste gezeigte Dino. Da macht den Gang durchs Haus etwas anstrengend und ermüdend. Man sehnt sich richtig nach frischer Luft. Aber Besserung ist nicht in Sicht – alte Knochen stehen nicht so auf Frischluftzufuhr!
Trotzdem – sehr sehenswert – volle Punktzahl![verkleinern]