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"Nackte Tatsachen" waren rund um 1900 in der damaligen Kunst zwar beliebt, doch in den öffentlichen Raum haben sie kaum Einzug gehalten. Diese Auftragsarbeit ist wohl eine der wenigen Ausnahmen, die mir bekannt sind. An Hahn's Wikungsstätte in München gibt es eine ähnliche Darstellung eines Reiters, doch diese (in der Nähe der Pinakoteken) ist aber wesentlich jünger, als diese. Wie viele seiner Künstlerkollegen zuvor diente ihm eine Studienreise nach Italien als Inspirationsquelle für diese und... weiterlesen weitere Arbeiten. Die spärlichen Infos, die ich über seine Vita in Erfahrung gebracht habe, lassen vermuten, dass diese, wie seine anderen Auslandsaufenthalte in Belgien, Niederlanden, Frankreich, England und Griechenland in den 1890-er Jahren erfolgt sein dürften, nachdem er erfolgreich sein Kunststudium zuerst an der Kunstgewerbeschule, sowie 1888-92 an der Kunstakademie in München absolviert hatte.
Der am 28.11.1868 im Kloster Veilsdorf (bei Coburg) geborene Künstler war der Sohn zweier Porzellanmaler. Sie haben sein Talent schon früh erkannt und ihn dementsprechend gefördert. Damit er ein Gymnasium besuchen konnte, zog die Familie 1878 in die Residenzstadt Rudolstadt. Ab dem Zeitpunkt waren ein Stift und ein Zeichenblock eher in seinen Händen zu finden, als alles andere. Den ersten Unterricht auf diesem Gebiet erhielt Herrmann Hahn Hofmaler Oppenheim.
Ab 1887, nach seiner Ausbildung als Holzbildhauer ist sein Wirken in München nachweisbar. Bereits während seines Studiums dort, den er bei Prof. Rümann erhielt, werden seine ersten Auftragsarbeiten mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet. Als Höhepunkt kann die silberne Medaille bei der Ausstellung 1891 im Glaspalast angesehen werden. Wie erwähnt, folgten darauf zahlreiche Studienreisen im Ausland.
Der große Vorbild, sein Vorbild und Lehrer war der Adolf (von) Hildebrand. Es war die "einfachheit" der klassischen Antike, die sie beide nicht nur begeisterte, sondern zum jeweiligen Stilmittel bei den (zum Teil) monumentalen Werken wurde. In Verbindung mit den Einflüssen der italienischen Renaissance besitzen sie eine besondere Ausstrahlungskraft.
Hahns Werk zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist ungemein vielgestaltig, es umfasst Arbeiten aller Größenordnungen: Medaillen, Plaketten, Statuetten, Porträtbüsten, Grab- und Kriegerdenkmäler, Baugebundenes und Kolossalplastiken. Seine Bronzestatuette der "Tänzerin" (1903) und der "Jugendliche Reiter" (1908) an der Kunsthalle Hamburg beeindrucken in besonderer Weise.
Trotz der Tatache, dass die heroischen Skulpturen nach dem 1. Weltkrieg außer Mode geraten sind, blieb der Künstler seiner Vorliebe zu klaren Linien treu. Dennoch war er bestrebt neue Anregungen und Denkanstöße, nicht nur seinen Studenten gegenüber, zu liefern, die zur weiteren Inspiration dienen sollten. Das wurde auch so angenommen und weiter geführt. So vewundert es nicht, dass sie auch bei den nazionalsozialistischen Machthabern nach deren Ergreifung sich ebenfalls großer "Beliebtheit" erfreut hatten. Die "Zusammenarbeit" wärte nicht lange, weil bereits 1937 die ihnen nicht mehr "heroisch" genug erscheinen... Das führte dazu, dass Hahn seine Stelle in der Kunstakademie verloren hatte.
Es ist schon ein Schicksal, der sich auch negativ auf sein Folgeleben ausgewirkt hatte: frustriert zog sich der Bildhauer nach Pullach zurück, wo er verarmt am 18. August 1945 stirbt. So wie ich gesehen habe, die Mehrzahl seiner Skulpturen hat bis heute bestand. Eine besondere ist eben der junge Reiter, der seitlich vor der Hamburger Kunsthalle zu finden ist.
Die Bronze, so steht es auf dem Sockel, wurde in der noch bis heute in München ansäßigen Gießerei Brandstetter 1908 gefertigt. Zu dem Zeitpunkt hatte sie aber erst seit wenigen Jahren (1902) bestand! Das spricht schon für sich! Aus meiner Sicht hätte sich eher ein besserer Aufstellungsort gefunden, als der auf dem er zu finden ist. Vielleicht lag es an der Jahreszeit, doch auf einem großen Platz käme sie besser zur Geltung! Das ist wenigstens mein Eindruck gewesen. Ob die Schmierereien und der hier abgelichtete Klebezettel noch da sind, kann ich nach so langer Zeit (und Entfernung) nicht sagen. Auch, wenn die Skulptur zu meinen Favoriten zählt, ist es aus meiner Sicht "fast" Perfekt, was sich an der Gesamtbenotung ablesen läßt. Eure Kulturbeauftragte (in Hamburg unterwegs)[verkleinern]