Die kleine, 1292 erstmals urkundlich erwähnte Stadt Bernau (7 km nordöstlich von Berlin) hat etwas, was im Berliner Umland nicht oft zu finden ist – nämlich einen von der mittelalterlichen Stadtmauer fast vollständig umschlossenen Altstadtkern, von dessen historischer Bausubstanz der 2. Weltkrieg und die DDR-Zeit allerdings nicht allzu viel übrig gelassen hat.
Ende des 13. Jahrhunderts begann Bernau damit, sich zu befestigen. Zunächst wurden Gräben und Wälle angelegt, die als dreifaches... weiterlesen Graben-Wallsystem der im 14. Jahrhundert errichteten Stadtmauer vorgelagert waren. Im 17. Jahrhundert verlor die mittelalterliche Stadtbefestigung durch die sich weiterentwickelnde Militärtechnik ihre Bedeutung. Der größte Teil des Wall- und Grabensystems wurde zugeschüttet, landwirtschaftlich genutzt oder bebaut bzw. im 19. Jahrhundert zum Stadtpark umgestaltet.
Heute sind nur noch im nördlichen Teil einige 100 m des Wallsystems erhalten.
Die zumeist aus Feldsteinen errichtete Stadtmauer war ursprünglich fast 1,5 km lang, bis zu 8 m hoch und hatte eine Breite von 0,5 bis 1,5 m.
Nachdem die Stadtmauer ihren Wehrcharakter verloren und die Stadt sich außerhalb der Stadtmauer ausgedehnt hatte, brach man für die aus der Altstadt führenden Straßen mehrere Breschen in die Mauer. Im südwestlichen Teil der Stadt riss man ca. 300 m Stadtmauer komplett ab.
Wehrgänge und Zinnen der Stadtmauer haben sich genauso wenig erhalten wie die ursprüngliche Höhe. In einigen Abschnitten ist die Mauer heute gerade mal noch mannshoch.
Zum Kern der Stadtmauer gehörten 4 halbrunde und 38 eckige, sowohl offene als auch geschlossene sogenannte Lughäuser. Diese in die Mauer integrierten Wehrbauten mit mehreren verbundenen Ebenen, die andernorts auch als Wieckhäuser bezeichnet werden, boten bis zu 10 Verteidigern Platz. Ausgerüstet mit Bögen, Armbrüsten und später Büchsen oder Flinten wurde versucht, von hier den angreifenden Feind abzuwehren. Sollte der doch bis an die Mauer vordringen, konnte er von den Verteidigern z.B. mit heißem Pech, das durch Luken nach außen gegossen wurde, bekämpft werden.
Heute sind die Lughäuser als gesicherte Ruinen erhalten.
Zur Stadtbefestigung gehören auch 2 hohe spätmittelalterliche Rundtürme: Der sogenannte „Pulverturm“ im Nordwesten und der „Hungerturm“ im Südosten. Beide dienten als Kerker und als Wachtürme zur Beobachtung der näheren und weiteren Umgebung, um im Falle eines anrückenden Feindes die Stadt rechtzeitig in den Verteidigungszustand zu versetzen.
Nun nutzt die beste Stadtbefestigung nichts, wenn man in die Stadt weder hinein noch hinaus kommt. Also gab es stark befestigte Stadttore. Bernau hatte einst 3 davon. Nur das Steintor im Südosten ist im Original erhalten. Das Berliner Tor im Südwesten wurde Ende des 18. Jahrhunderts, das Mühlentor im Norden Ende 19. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgerissen.
2013 wurde, initiiert von einem Verein, das Haupttor des Mühlentors als Replik wiederaufgebaut.
Die Stadttore waren ursprünglich ein Komplex aus jeweils 2 Vortoren und dem Haupttor, die durch Wehrgänge verbunden waren. Lediglich am Steintor haben sich noch Reste des dieser vorgelagerten Wehranlage und das Haupttor erhalten.
Die Bernauer hatten ihre Stadtbefestigung gut geplant und gebaut. Der Angriff und die Belagerung der Pommern und der mit ihnen verbündeten Ritter aus dem brandenburgischen Adelsgeschlecht v. Quitzow im Jahr 1402 konnte genauso erfolgreich abgewehrt werden wie der Angriff der böhmischen Hussiten am 23.4.1432, dem damaligen Georgstag.
Heute sind Stadtmauer und Lughäuser gesichert und saniert. Man kann die Stadtmauer innerhalb und außerhalb der Altstadt „erwandern“. Es gibt zahlreiche Informationstafeln zur Stadtmauer und ihren Bauten.
Fazit: Interessantes und sehenswertes mittelalterliches Zeitzeugnis.[verkleinern]