Prolog:
Als vor Wochen die Einladung zum Tübinger-Treffen auf den Bildschirm kam, dachte ich: „Oh toll – aber verdammt weit weg“. Ein paar Tage und „Komm doch bitte mit“-Kommentare später war die Entscheidung für Pro-Tübingen gefallen und das Zimmer im Golocal-Hotel „Lamm“ gebucht.
Zu groß war die Neugierde auf Schroeder und JulPal und die Anderen, die ich bisher nur als Usernamen und Profilbild kannte. Natürlich lockten auch die Stadt und Juls Saurier!! Die später provozierte Mißstimmung... weiterlesen hatte übrigens meinen Entschluß, am Treffen teilzunehmen, nie in Frage gestellt! Und so rückten wir aus Richtung Nordost schließlich als Fahrgemeinschaft.
Freitag, 24.7. – Tag 1:
Ach nö – was ist denn das vor Tag und Tau?? In aller Herrgottsfrühe bimmelt der Wecker und das Radio dudelt dank Schaltuhr los. Ach ja, heute ist nichts mit entspannt „nur noch ein Viertelstündchen“!! Also raus aus den Federn, frisch gemacht, noch mal rasch bei SWR auf den Videotext-Wetterbericht geschaut – oh graus – Freitag im Südwesten wieder deutlich über 30 Grad.
Dann die vorbildlich am Vortag gepackte Tasche geschnappt und ab gings zum vollgetankten und Reifenluftdruckgeprüften Auto. Erste Station: S-Bahnhof Berlin-Adlershof, Opavati aufsammeln. Noch nie gesehen und doch gleich erkannt dank Vorbeschreibung: großer bärtiger Mann mit silbernem Koffer. Da war die Auswahl an Wartenden ziemlich gering.
Über die A10 und die A9 gings zunächst Richtung Franken. Im angeregten Gespräch verging die Zeit wie Fluge und die Piste zeigte sich auch gnädig. Hinterm Hermsdorfer Kreuz bewunderten wir den Baustellenstau in der Gegenrichtung, nichts ahnend, was uns noch erwarten würde.
Bei nun schon 26 Grad legten wir auf einem fränkischen Parkplatz eine Rast ein. Der von Opavati mitgebrachte Proviant wollte vertilgt werden. Mit nachgetankter persönlicher Energie gings dann weiter. Allerdings verließ uns ab Erlangen das Glück der freien Fahrt: bis fast zum Ziel waren nun Baustellen und zähfließender bis stehender Verkehr unsere ständigen Begleiter. Dazu war das Navi des Öfteren anderer Meinung als wir über die zu fahrende Strecke. Aber die eiserne Koalition von Opavati, seinem Smartphone und Google-Maps hielten uns auf dem rechten Weg. Zwischenzeitlich war das Thermometer bei den Spitzenwerten von 33 bis 34 Grad angekommen.
Gerade noch pünktlich schwebten wir nach gut 10 Stunden und 740 km am Gasthof Lamm ein. Schneller Checkin, rasch unter die Dusche und frische Klamotten angezogen und dann gings auch schon weiter zum ersten Treffen im Schwärzlocher Hof. Diesmal konnten ich die paar Kilometer entspannt bei den blattläusen mitfahren.
Dort erwartete uns schon Schroeder. Die Ähnlichkeit mit seinem Profilbild kann nicht gerade groß nennen. Großes Hallo, und Begrüßung, das eine oder andere Gastgeschenk für unsere Gastgeber wurde überreicht. JulPal, die wenige Minuten später erschien, hatte nun schon mehr Ähnlichkeit mit ihrem Profilbild.
Wir probierten, was Töpfe, Pfannen und Fässer so an regionalem boten. Der vielgepriesene Most war mein Ding nicht so, während die Most-Bowle ausgesprochen lecker war.
Zwischendurch checkten die Smartphone-Besitzer mal ab, was so bei Golocal außer dem Tübinger Treffen los war. Viel war es nicht, ein Zustand, an dem sich bis Sonntagabend auch nicht viel ändern sollte. Wie sollte es auch, wenn die Hälfte bis Zweidrittel der aktiven User gemeinsam am Tisch sitzen, brauchen sie sich nicht gegenseitig zu schreiben!! Irgendwie muß Golocal eine ausgeprägte Rechenschwäche haben. Anders kann ich mir 150.000 Aktiven auf der Startseite nicht erklären.
Die Gespräche drehten sich um Gott und die Welt, ein bisschen auch um Golocal und die Mißstimmungsgeschichte im Vorfeld spielte bloß eine untergeordnete Rolle.
Etwa eine Viertelstunde vor Schankschluß übernahm der Wettergott die Rolle des Rausschmeißers. Erst schickte er zur Warnung Blitze, dann Wind, dann Donnergrollen und zum Schluß Starkregen, der uns alle in die Autos spülte. Fast alle, Schroeder war mit dem Fahrrad da ….
Die Hartgesottenen mit dem Nacht-Gen blieben im Hotel dann noch ein Weilchen schwätzend im Hof sitzen – für mich war aber Ende Gelände …
Samstag, 25.7. – Tag 2:
Wegen der Hitze in den Zimmern unterm Dach war die Nacht nicht wirklich erfrischend, aber ich hatte schlafend neue Kräfte gesammelt. Frühstück im Hotel und danach Aufbruch nach Tübingen. Der Wetterbericht orakelte erträgliche Temperaturen, heiteren Himmel und starken Wind.
Jul’s und Schroeders Warnungen wegen der prekären und teuren Parkplatzsituation in der Stadt folgend , nahmen wir für die wenigen Kilometer die Bahn, für Jemand wie mich, der höchstens mal S-Bahn oder U-Bahn in Berlin fährt, wird da der Kampf mit dem örtlichen Fahrkartenautomaten zum Erlebnis, denn Schaffner und Fahrkartenverkäufer ist ja voriges Jahrtausend!! Irgendwie hatten wir dann genug Fahrkarten, so daß ich nicht auch noch ans Gerät mußte.
Während die meisten zum Hauptbahnhof fuhren, blieb ich bei Opavati im Schlepptau. Wir stiegen Tübingen-West aus (ein Bahnhof der zu später Stunde noch eine Rolle spielen sollte) und trafen uns mit Robert a, der sich in einem anderen Hotel in Tübingen direkt einquartiert hatte. Die erste Tübinger Sehenswürdigkeit war ein Bäcker, denn Opavati kommt ja keinem Backwarenerzeuger vorbei!
Pünktlich versammelte sich die Golocalgemeinde auf dem Marktplatz am Neptunbrunnen (verunziert mit einem Riesen-Schniedel) vor dem alten Rathaus (teilweise eingerüstet wegen Sanierung). Hier übernahm Schroeder die Regie. Die stadtgeschichtliche Führung begann auf dem Marktplatz mit Erläuterungen zu Tübingen, dem Rathaus und den umgebenen herrlichen Fachwerkhäusern. Es folgte der Gang in die verwinkelte Unterstadt mit ihrem ehemaligen Judenviertel. Wo eine Unterstadt ist, ist auch eine Oberstadt – es folgte der Aufstieg zu selbiger und zum Schloss/Festung Hohentübingen.
Der wuchtige Kasten des Schlosses mit seinen Wällen und Bastionen kann seine ursprüngliche Verwendung als Festung nicht verleugnen. Heute wird das Schloss z.T. von der Uni Tübingen genutzt. Von den Wällen und Befestigungen hat man eine wunderbare Aussicht auf Tübingen und die Umgebung.
Weiter gings zur benachbarten Stiftskirche, in der sich auch die Grablege der frühen württembergischen Herzöge befindet. Entlang an Neckararm und Neckarinsel, vorbei am Hölderlin-Haus gings schließlich zum Biergarten des Neckarmüllers. Mittagspause, endlich, vor allem endlich Elektrolyte auffüllen und mal sitzen!! Denn eins habe ich auf dem Weg durch die Stadt nicht gesehen: Imbiss oder Kiosk oder Dönerbude (in Berlin allgegenwärtig), wo man mal was gegen den kleinen Hunger und großen Durst tun kann.
Nach der Mittagspause schlug Juls große Stunde. Ein kurzer Spaziergang durch die Stadt und wir standen vorm Museum. Hier musste sich Schroeder aus nunmehr bekannten persönlichen Gründen von uns verabschieden. Aber Jul als taffe Wissenschaftlerin meisterte unseren Haufen Laien vorbildlich. Man merkte deutlich das Herzblut, das in ihrer Arbeit steckt und das sie solche Führung nicht das erste Mal gemacht hat. Es gab viel Infos zu dem, was wir aus Jurassic Park oder als computeranimierte Dokus bei n-tv kennen sowie zu der Arbeit bei den Ausgrabungen, von denen die meisten von uns wohl doch falsche Vorstellungen hatten! Allerdings, die Luft in den Museumsräumen war mindestens genauso alt wie die Dinos selbst.
Eines hat nun aber vermutlich auch der Letzte begriffen: aus versteinerten Dinoknochen oder versteinerten Dinoeiern wird man nie einen Dino á la Hollywood reproduzieren können. Versteinert bleibt versteinert bleibt Stein.
Nach dem Treffen teilte sich die Gruppe in die, die museumsmüde waren und die, die noch nicht genug hatten. Letztere Truppe durfte dann in die heiligen Jul’schen Hallen, sprich ihr Büro im Institut. Und wieder war ein Klischee dahin: kein dunkler Keller, keine widerlichen Speckkäfer, keine Spinngewebe an der Wand und keine verstaubten Folianten im Regal. Die paläontologische Fachfrau präsentierte uns ein modernes, zweckmäßig eingerichtetes, etwas vollgestelltes modernes Büro mit PC und weiterem High-Tech.
Im Anschluß kam wieder eine Erholungsphase. Nach einem Gang durch den ehemaligen Alten Botanischen Garten gings zum sehr gut besuchten italienischen Eiscafé „San Marco“. Wie sagt der Lecker-User bei Golocal? – „eis lecker“!!
Dann wars auch schon Zeit fürs abendliche Beieinander, auch beim einem Italiener, dem „Kunsthaus“. Zunächst saßen wir draußen, aber der kühle Wind bei nur noch 20 Grad ließ uns rasch ins Innere wechseln. Es folgte Abendessen und zusammensitzen und Unterhaltung. Zu späterer Stunde wechselten wir auf ein Absackerbier nochmals die Location. Die von Jul angebotene Weinstube hatte geschlossen und so landeten wir nebenan in einer typischen Kneipe – nichts besonderes, aber urig, preisgünstig und netter Service (anders als die überforderten jungen Herren im Kunsthaus!).
Jul strich wegen Übermüdung schließlich die Segel. Meinen Einwand, man solle die Zeit nicht aus den Augen verlieren, denn die Züge führen bloß alle Stunde und das auch nicht die ganze Nacht, wurde mit der Bemerkung „Nur die Ruhe“ vom Tisch gefegt. Schließlich brach überraschend doch große Hektik aus. Statt Stadtplan manöverierten uns Robert a und Opavati im Scheine ihrer Smartphones zum Bahnhof Tübingen-West (es war wirklich der kürzeste Weg zum einem Bahnhof, wie ich jetzt festgestellt habe).
Dank „Nur die Ruhe“ trafen wir um 22.54 Uhr auf dem menschenleeren Bahnhof ein. Irgendwo ganz hinten konnte man mit viel Phantasie noch die beiden roten Schlusslichter des Zuges erkennen: Abfahrt 22:49 Uhr, nächste Abfahrt 23:49 Uhr.
Aufkommende spätabendliche Nörgelei und Putschversuche erstickte Opavati mit einem Griff zum Smartphone und einem Anruf beim Taxiruf Tübingen, der hatte aber keinen Bock auf die Tour und lehnte ab (Jungs, Ihr bekommt noch eine vernichtende Bewertung). So groß ist die Taxianbieterauswahl in Tübingen nicht. Blieb noch ein Versuch bei Minicar und die kutschierten uns dann nach kurzer Wartezeit bis vor die Haustür (Sponsored by Opavati).
Sonntag, 26.7. – Tag 3:
Taschen packen, Frühstück, auschecken und bezahlen, dann herzlicher Abschied voneinander und Aufbruch. Die Einen Richtung Kloster Maulbronn, die Anderen mehr oder weniger direkt nach Hause. Die Reisezeit beachtend, hatten Opavati und ich entschieden, dem Kloster Bebenhausen noch einen kurzen Besuch abzustatten, verwarfen aber auch diesen Plan und machten stattdessen einen Abstecher nach Waldenbuch zu Ritter Sport.
Zwar war die Gastronomie und das Museum geöffnet, aber im Juli hat der Werkverkauf wohl wegen der Ferien nur an 2 Sonntagen geöffnet – und der 26. Juli wars nicht. Bleib ein kurzer Gang durch die Ausstellung zur Werksgeschichte und die Heimfahrt, unterbrochen von einer Rast auf der Raststätte Teufelstal Süd an der A4, über Würzburg, die neue Thüringen-Autobahn, Erfurt und die A9 nach Berlin. Etwa 8 Stunden später war Opavati wieder da, wo ich ihn aufgesammelt hatte, am S-Bahnhof Berlin-Adlershof. Etwa 20 Minuten später hatte ich dann auch heimische Gefilde erreicht!
Fazit: Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen!
Haben sich die 1440 km, 18 Stunden Fahrt und 82 Liter Diesel gelohnt?
Ohne Zweifel, ich für meinen Teil habe keine Minute und keinen Kilometer bereut, auch wenn ich ehrlich sagen muss, das solche Ferntreffen für mich eher die Ausnahme als die Regel sein werden.
Aber man hat neue, nette Leute persönlich kennengelernt, die man sonst nur aus der virtuellen Welt mit Scheinnamen und Scheinbildern (meist jedenfalls) kennt. Noch so tolle Online-Kommunikation kann das persönliche Gespräch eben nicht ersetzen!
Meinen Dank nochmal an die Organisatoren JulPal und Schroeder sowie an Alle, die die mehr oder weniger langen Wege auf sich genommen haben und dem Treffen durch ihre Teilnahme zu diesem Erfolg verholfen haben!
Nachtrag 27.08.2024: Es waren 3 unvergessliche Tage mit netten Leuten, vorbildlich organisiert von JulPal und Schroeder.
Leider ist der damalige Kreis kleiner geworden. Einige User sind aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr aktiv und 3 User haben uns leider für immer verlassen: Exlenker, Carlossa und nun auch Schroeder ....[verkleinern]