Die kleine Stadt Bernau (7 km nordöstlich von Berlin) hat etwas, was im Berliner Umland nicht oft zu finden ist – nämlich einen von der mittelalterlichen Stadtmauer umschlossenen Altstadtkern, von dessen historischer Bausubstanz der 2. Weltkrieg und die DDR-Zeit allerdings nicht allzu viel übrig gelassen hat.
Zur Stadtmauer gehören neben 3 Stadttoren (von denen das Steintor erhalten und das Mühlentor 2013 wiederaufgebaut wurde) noch 42 Lughäuser und 2 Wachtürme.
Einer dieser Wachtürme... weiterlesen ist der sogenannte „Pulverturm“ im Westen der Altstadt. Dieser ca. 26 m hohe Rundsturm aus rotem Backstein auf einem Feldsteinsockel mit seinen markanten Zinnen und der hervorstehenden pyramidenartigen Spitze wurde im 14. Jahrhundert erbaut und gehört zu den höchsten erhaltenen Stadtbefestigungstürmen in Brandenburg.
Der Name ist ein typischer Fall von „denkste“, denn mit Pulver hat der Turm so gar nichts zu tun. Vor der Stadtmauer lag ursprünglich ein mehrstufiges Graben- und Wallsystem. Dieses wurde im 17. Jahrhundert teilweise zugeschüttet und eingeebnet. Die so entstandene Fläche vor dem Wachturm wurde für die Haltung von Rindsviechern genutzt. Der Turm bekam daher im Volksmund den Namen „Bullenturm“. Später wurde aus unerfindlichen Gründen dann „Pulverturm“ daraus. Heute ist die Fläche vor dem Pulverturm Teil des Stadtparks.
Von den beiden Wachtürmen konnte man weit ins Land hinein die Umgebung beobachten und einen heranrückenden Feind rechtzeitig erkennen.
Der Verteidigungscharakter des Turms zeigt sich auch bei seinem Zugang: die Tür ist in 7 m Höhe und nur per Leiter oder heruntergelassener Seile erreichbar. Dieses treppenlose Prinzip setzt sich im Turm fort: die einzelnen Etagen, die mit Schießscharten versehen sind, waren nicht miteinander verbunden und auch nur mittels Leitern zu erreichen, die im Fall, dass der Feind in den Turm eindrang, nach oben gezogen wurden. Die Verteidiger zogen sich Etage für Etage nach oben zurück. Flucht gab es für die Verteidiger in diesem Fall nicht – was blieb war Kapitulation oder der Tod.
Im unteren Teil des Turms, unterhalb der Tür, befand sich ein Verlies. In und, im besten Falle lebend, aus dem Verlies gelangten die Delinquenten nur durch ein sogenanntes „Mannloch“ in der 1. Turmetage, auch hier mittels Leiter oder per Seil.
Heute ist nördlich vom Turm eine Bresche in der Stadtmauer, durch die Altstadt und Stadtpark verbunden sind.
Der Turm selbst ist innen nicht zu besichtigen.[verkleinern]