„Non nobis Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam!“
(Nicht uns o Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen gib Ehre.)
Dieser Psalm war das Motto der Templer, wie der Orden „Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem (Pauperes commilitones Christi templique Salomonici Hierosolymitanis)“ vollständig hieß.
Bereits vor Jahrhunderten aufgelöst, haben sich einige wenige geheimnisumwitterte Bauten des Ordens in Deutschland bis heute erhalten. Dazu gehört auch die... weiterlesen Templer-Kapelle von Mücheln (1,3 km südöstlich von Wettin und 15 km nordwestlich von Halle/S).
Heute steht die Kapelle auf einem ehemaligen Gutshof, der aus einer Ordens-Komturei hervorgegangen ist. Erbaut wurde die gotische Kapelle „Unserer lieben Frauen“ in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in der Komturei Mücheln aus Sandsteinquadern und Bruchsteinen. Ausmalt wurde die Kapelle mit Fresken im Stil der damaligen Zeit, die sich in Fragmenten bis heute erhalten haben.
Nach der Auflösung des Ordens im Jahr 1312 wurde der Ordensbesitz beschlagnahmt. Die Komturei Mücheln wurde in ein Priorat des „Ordens der regulierten Chorherren der heiligen Märtyrer von der Buße“ umgewandelt und gehörte zum St. Markus-Kloster Krakau. Bis Mitte des 16. Jahrhunderts wechselten mehrfach die Besitzer des Hofes und der Kapelle. Es fanden Um- und Anbauten statt. Danach war die Nutzung sehr profan. Entwidmet wurde die Kapelle als Tanzsaal, später bis in die Neuzeit als Scheune und Viehstall genutzt. Sicherungsarbeiten fanden nach dem 2. Weltkrieg statt. Erst 1984 wurde die Kapelle von der DDR in die Denkmalliste des Bezirks Halle aufgenommen. Nach der Wiedervereinigung wurden die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten forciert. Heute wird die Kapelle kulturell genutzt und kann kostenlos besichtigt werden. Um Spenden zum Erhalt des über 800 Jahre alten Baus wird gebeten.
Als ich vor über 20 Jahren erstmals in Mücheln war, präsentierte sich das Umfeld noch wenig einladend und die Kapelle selbst war damals geschlossen. Jetzt ist es rund um die Kapelle wesentlich aufgeräumter, auch wenn einige spätere Bauten auf dem Hof nicht wirklich zum gotischen Bauwerk passen.
Die Kapelle wirkt etwas unproportioniert: Länge und Breite stehen ein bisschen im Widerspruch zur beachtlichen Höhe. Ein Kirchturm fehlt, aber der war damals nicht so üblich. In der Kapelle war es bei unserem Besuch saukalt, ich würde meinen, kälter als vor der Tür! Der kleine, hohe Innenraum mit seiner Gewölbedecke wirkt durch sich selbst. Bis auf einige Freskenreste an Decke und Wänden hat sich durch jahrhundertelange Profannutzung nichts erhalten.
An der Westseite befindet sich die Empore, zu der man über eine Wendeltreppe gelangt. Bei unserem Besuch war die Empore allerdings verschlossen. Über die Wendeltreppe gehts weiter ins Dachgeschoß mit seinem mächtigen Balkenwerk. Hier ist auch die kleine Kapellenglocke aufgestellt, die Ende der 1990er Jahre von einem neuen Laien-Templer-Orden für Komturei Wettin gestiftet wurde.
Die Wendeltreppe ist alles andere als behindertengerecht, sollte sie vor über 800 Jahren vermutlich auch nicht sein. Vielmehr sollte sie ohne viel Platzverbrauch in die Höhe führen. Und sie kann ihren wehrhaften Charakter nicht verleugnen. Wie in mittelalterlichen Burgtürmen wendelt sie sich im Uhrzeigersinn nach oben. Wenn man davon ausgeht, daß auch die Menschen im Mittelalter überwiegend Rechtshänder waren, hat diese Wendelung eine einfache taktische Bedeutung:
Angreifer hatten treppauf ihre enge rechte Mauerwand auf der Seite ihrer Schwerthand und konnten ihre Hieb- und Stichwaffen nur eingeschränkter einsetzen, während die treppab kämpfenden Verteidiger auf ihrer rechten und Schwerthandseite ein wenig mehr Platz, um auf die Angreifer einzuhauen und einzustechen.
In der Treppenstiege verraten auch schießschartenartige Fensteröffnung ein bisschen vom Wehrcharakter zumindest dieses Teils der Kapelle.
Wenn man zur rechten Zeit, sprich zu den Öffnungszeiten, in Mücheln ist, kann man in einem angrenzenden Gutsgebäude eine Ausstellung zu Kapelle und Tempelrittern besuchen.
Zu den Templern:
Der Orden (richtiger Name siehe oben) wurde als erster geistlicher Ritterorden um 1120 nach dem 1. Kreuzzug von französischen Rittern gegründet, unterstand dem Papst direkt und wurde von einem Großmeister geführt. Ordenszeichen war das rotes Tatzenkreuz. Aufgabe des Ordens sollte es sein, christliche Pilger und Reisende im Heiligen Land zu beschützen. Das Hauptquartier lag in einem Teil des Palastes von König Balduin II. v. Jerusalem. Die zunächst 72, später auf 686 Artikel erweiterten Ordensstatuten basierten auf den Regeln des Heiligen Benedikt von Nursia (Gründer des Benediktinerordens).
Durch Schenkungen von Klöstern, Adeligen und Königen entwickelten sich die Templer zu einem der mächtigsten und einflußreichsten Orden. In seiner Hochzeit zählte er 15.000 Mitglieder und über 9.000 Besitzungen. Zur wirtschaftlichen Sicherung wurden in Europa zahlreiche Komtureien gegründet (wozu auch die Komturei Tempelhof im heutigen Berlin gehörte). Zu Abwicklung von Finanzgeschäften zwischen Europa und dem Nahen Osten erfanden die Templer den Kreditbrief, der bargeldlose Zahlungen und Überweisungen ermöglichte.
Die Templer waren Vorbild für zahlreiche andere Ordensgründungen (z.B. Johanniterorden, Deutscher Orden). Die Konkurrenz führte später zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Orden. Die Belagerung von Damaskus im Jahr 1148 führte fast zum Ende der Templer, da fast alle Ritter fielen.
Anders als die anderen beiden großen Orden verzichteten die Templer auf ein eigenes Staatsgebiet. Das war den mehr und mehr auf Eigenstaatlichkeit bedachten Königen, vor allem dem französischen, ein Dorn im Auge, der im Orden ua. einen Konkurrenten zum eigenen Herrschaftsanspruch sah. Außerdem weckte der Reichtum der Templer in Zeiten knapper Kassen schon damals Begehrlichkeiten. Wegen bis heute geheimnisvoller Riten und Gebräuche des Ordens ließ der französische König Philipp IV. eine Anklage wegen Ketzerei, Sodomie und Homosexualität gegen den Orden bzw. seine Mitglieder konstruieren. Gegen alle Ordensmitglieder ergingen Haftbefehle, viele wurden verhaftet, gefoltert und zu Kerkerstrafen bzw. zum Tode verurteilt. 1312 löste Papst Clemens V. den Templerorden schließlich auf und der letzte Großmeister des Ordens, Jaques de Molay, wurde 1314 in Paris auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Die Güter der Templer wurden dem Johanniterorden übertragen, die Schätze „übernahm“ zum großen Teil der König von Frankreich. Zu einer Neugründung der Templer kam es nicht, allerdings haben sich bis in die Neuzeit zahlreiche Orden gegründet, die sich auf die Templer beziehen.
Zu den Mythen um den Orden gehört auch die Legende, wonach die Templer die Hüter des sagenhaften heiligen Grals gewesen seinen sollen.
Fazit zur Kapelle: Sehr sehenswertes und seltenes Zeugnis eines vor über 700 Jahren aufgelösten Ritterordens.[verkleinern]