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Nachdem ich kürzlich habe raushängen lassen, daß ich auch mal feine Sachen beim Franzosen esse, kann ich mich ja jetzt mal hemmungslos dem Gebiet meiner wahren Kompetenz widmen und mich bei den Connaisseuren disqualifizieren. Hiermit bekenne ich mich schuldig:31.
ICH LIEBE DÖNER!!
In Istanbul ging diese Liebe so weit, daß ich 2 x täglich einen gegessen habe. 9 Tage, 18 Döner. Ungelogen. Wer das nicht verstehen kann und nicht gerade Vegetarier ist, der hat noch nie einen Döner in Istanbul gegessen.
Hausgemachtes Fladenbrot, ein wenig Tomate, ein wenig frischen Salat, reichlich großartig mariniertes, über Holzkohle gegrilltes Fleisch von Lamm oder Rind, dazu ein ganz klein wenig köstliche Knoblauchsauce. Kein geschrappter Rotkohl, kein saurer Krautsalat als "Billigfüller", kein Hackpreßfleisch. In manchen Buden sogar noch mit einem speziellen türkischen Käse, den ich seitdem hier verzweifelt suche. Ein Gedicht. Seit Istanbul kann ich "Dürüm" perfekt akzentfrei aussprechen.
Alle 18 Döner waren köstlich. Manche noch köstlicher als die anderen. Aber selbst der am wenigsten Köstliche stellte immer noch den Besten hierzulande in den Schatten.
Einen einzigen Laden kenne ich, der es ganz gut kann. Da hole ich mir schon mal ein Dürüm, schwelge in schönen Erinnerungen und verfluche mich selbst, weil ich ja unbedingt das Original probieren mußte und die Fälschung mich jetzt nicht mehr wirklich zufriedenstellt.
Das Original? Kommt das nicht aus Berlin-Kreuzberg?
So sagt man und so ist es vermutlich auch. Immerhin werben sogar einige Dönerbuden in Barcelona auf Deutsch: “Hier der echte Kreuzberg-Döner!“. In Barcelona pflege ich eßtechnisch andere Sachen abzuklappern als Döner. Aber wenn man schon mal in Berlin ist..
Wohlpräpariert mit entsprechenden Adressen, wurde der Test sorgfältig geplant. Erst nach Neukölln zu Arno Currywurst essen, das Viertel ein bißchen abchecken und dann nach Kreuzberg Döner einwerfen. Um genug Platz zu haben und nicht den Fehler vom letzten Mal zu wiederholen, ließ ich das Frühstück ausfallen und kam mit einem Mordskohldampf am Hermannplatz an. Da der Belegenheitsort von Arno im Stadtplan nicht zu finden war, meinten wir Hasen, uns „irgendwie durchfragen“ zu können und übersahen dabei, daß Neukölln eben nicht so groß wie Düsseldorf-Bilk, sondern fast eine eigene Stadt ist. Currywurst bei Arno also Fehlanzeige.
Wir eierten also ein bißchen durch die Gegend und landeten schließlich in Kreuzberg. Ich zückte meinen Spickzettel. „Ich eß jetzt Döner. Bei Imren. Muß „hier irgendwo“ sein. Zur Not fahren wir eben mit der Bahn.“
War nicht nötig, denn der Imren-Grill befand sich tatsächlich in Laufnähe. Und hier sollte es tatsächlich einen amtlichen Döner geben. Auf ein istanbulähnliches Exemplar wagte ich indes kaum zu hoffen.
Während mein Begleiter auf die Suche nach der zweiten Currywurst des Tages ging, enterte ich die ganz und gar unauffällige Imbißbude „Imren II“, eine der 5 Berliner Dependancen.
Der Laden ist klein. Spartanisch. Ungemütlich. Aber der Geruchstest: Positiv. Ich beäugte fachmännisch den gigantischen Dönerspieß. Sah sehr gut aus. Kein Preßhackfleisch. Der Blick in die Salattheke stimmte mich ebenfalls optimistisch, denn diese unsäglichen „Füllzutaten“ Krautsalat und geschrappter Rotkohl waren nicht zu sehen. Ich beschloß, mir die übliche Bestellung (über die sich merkwürdigerweise die meisten Dönerdealer zu freuen scheinen )zu sparen, die da lautet:“Ein Dürüm mit Kalbfleischdöner. Nein, KEIN Huhn! Nein, NICHT mit allem! Nur etwas grünen Salat und Tomate bitte. Und Joghurtsauce; nein, bitte NICHT scharf!“) und mal zu sehen, was bei „Einmal Dürüm zum Mitnehmen bitte!“ rauskam.
Während der freundliche Mensch am Spieß hantierte, nahm ich das sonstige sichtbare Angebot in Augenschein und haderte mit mir, gleich noch ein, zwei Pide mitzunehmen. Auch die sahen sehr gut aus. Dann beobachtete ich den Füllvorgang meines Dürüm; bereit zur Intervention, falls doch aus irgendeiner Ecke Schrappkohl gegriffen und in mein Essen geschmuggelt werden sollte. Passierte nicht. Da schien jemand zu wissen, wie ein echter Istanbul-Döner auszusehen hatte!
Der Preis der nicht allzu großen Rolle ließ mich erst mal trocken schlucken. 4 €-das schaffen selbst die Düsseldorfer Dönerbuden selten. Und für Berlin schien es mir geradezu sündhaft. Andererseits bin ich mir darüber im Klaren, daß man bei einem 2-€-Döner nur absoluten Müll erwarten kann. Und in Berlin vermutlich niemand so viel bezahlen würde, wenn die Sache es nicht wert wäre.
Freudig-feierlich trug ich mein „Frühstück“ zum nächsten Sitzplätzchen in der Nachmittagssonne und wickelte es andächtig aus. Einen Döner verkostet man mit besonderer Sorgfalt:
Zunächst der „Brot-Test“. Ist das Fladenbrot aus der Plastiktüte oder selbstgemacht? Die Frage war sofort beantwortet. Das war frisch gebacken, fluffig und schmeckte kein bißchen wie feuchte Pappe.
Saucencheck: Positiv. Diese Joghurtsauce hatte einen sehr feinen würzigen Geschmack ohne Knoblauchdominanz. Ich liebe Knoblauch, aber bei Dönersauce habe ich oft den Verdacht, daß sie gnädig die miserable Fleischqualität und den nicht mehr ganz frischen Salat übertünchen soll. Beim Imren-Döner ist das nicht nötig. Salat und Tomaten waren taufrisch. Und das Fleisch-hach..
Istanbul ließ grüßen. Der einzige Unterschied war, daß bei Imren natürlich keine Holzkohle im Spiel ist. Schieres, saftiges, geschmackvolles Fleisch, ganz hervorragend dezent-orientalisch gewürzt. Ich war im Himmel. Bis sich neben mir jemand geräuschvoll fallen ließ, Currywurstgeruch verströmte und forderte:“Laß mich mal beißen!“
„Aber nur ein ganz kleines Stück!“ Unwillig reichte ich meine Gourmetrolle rüber und überwachte mit Argusaugen, daß dieser Anordnung Folge geleistet wurde. Wenn Männer „mal abbeißen“, bekommt man ja meistens hinterher nur noch klägliche Reste zurück.
Meine Begeisterung wurde nicht geteilt. „Naja, ist wohl okay!“ Ich war platt angesichts von so viel Banausentum. Immerhin wurde sofort ein besänftigendes „Ich bin ja kein Döner-Fan“ nachgeschoben. Na gut. Unwürdige wissen wahre Größe eben nicht zu schätzen.
Wieder zuhause konsultierte ich den Internetauftritt von Imren und fand meine Vermutung bestätigt: Sowohl das Dürümbrot als auch der Dönerspieß werden nicht fertig angeliefert wie üblich, sondern tatsächlich selbst gemacht. Das Fleisch "handverlesen". Und dafür sind die 4 € wirklich mehr als angemessen.
Lieber Imren-Grill! Schon mal über „Imren VI“ nachgedacht? Hier in Flingern gibt es ein paar leerstehende Lokale, die sich bestens eignen würden. Ich lasse auch per Dauerauftrag jeden Monat einen gewissen Betrag direkt von meinem Gehalt auf Euer Konto buchen. Und wenn ich den Istanbul-Standard von 2 Döner täglich so etwa 3 Monate durchhalte, kommen wir beide ins Guinness Buch der Rekorde. Na? Ist das ein Angebot?
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„Wie-sie kennen Roberts Bistro nicht?! Da MÜSSEN sie mal hin! Hach, das ist SO Düsseldorf!“ Nun stellt Euch zu diesem Satz die schlimmstmögliche Schickigestalt vor, mit der passenden näselnden, affig-kieksenden Stimme. Werde ich dieser Empfehlung folgen? Natürlich nicht. Im Gegenteil. Roberts-da kriegen mich keine zehn Pferde hin.32.
„Vielleicht probier ich‘s bei Gelegenheit doch mal aus!“Diesen zaghaften Sinneswandel hat die Kollegin sidiffi verursacht. Denn sie ist ja im alten Qyperleben und auch hier ein großer Roberts-Fan. Und besagte Kollegin machte mir schon den Eindruck, als verstehe sie etwas von guter Küche; unabhängig von irgendeinem Schickihype.
Wieder mal überlegten mein „Restauranttesterkumpel" und ich, welche Küche uns noch auf der Liste fehlt. „Französisch hatten wir noch nicht.“ Da war er wieder, der Knoten im Taschentuch.“Laß mal nach Roberts gehen. Das soll wirklich gut und preislich auch nicht völlig überzogen sein.“ Mein Kumpel schaute in die einschlägigen Bewertungen (!) und stimmte zu.
Wir waren gewarnt: Roberts nimmt keine Reservierungen an und ist angesagt ohne Ende. Trotz nerviger Parkplatzsuche schafften wir es, vor 18:00 am Ort des Geschehens aufzutauchen. Ich mit meinem Sack voller Vorurteile (Bestimmt nur horrormäßige Botoxschnösel da..Bestimmt Mikroportionen zum Maxipreis..) und mein Kumpel mit seinen tausend Mäkeligkeiten (Kein Fisch! Keine Innereien! Nix Fettiges! Nix mit Knochen! Bloß kein Lorbeerblatt/Gewürzzweig im Essen, sonst wird mir schlecht!). Kurz: Das Dream-Team in Sachen Prestigeküche näherte sich dem kulinarischen Tempel.
Zum Draußensitzen war es zu kühl, also Innenbereich. Es gab noch reichlich Platz. Alea iacta est..
Wir hatten einiges zu bequatschen und waren deshalb froh, uns nicht an die lange Tafel (das „Herz“ von Roberts) quetschen zu müssen, sondern den kleinen Tisch im hinteren Eck zu erwischen. Während wir auf die Bedienung warteten, beäugten wir das Interieur.
Für eine Location, die so von der designaffinen Schickeria gefeiert wird, ist Roberts geradezu enttäuschend frugal eingerichtet. Wer funkelnde Lüster, damastene Tischdecken und silberne Kandelaber erwartet, wird enttäuscht sein. Leder (Plastik?-)bezogene Sitzbänke, typische dunkle Bistrobestuhlung, keinerlei Chichi. Auf den Tischen Papierdecken, Billigservietten, schlichtestes Besteck und nicht mal Weingläser. Dazu hektisch umhereilende Servicekräfte. Keine Fräcke; weiße Schürzen zwar, aber ansonsten Freizeitlook.
„Unser“ Kellner, der eher an einen Brauhausköbes als an einen dressierten Spitzengastronomiemundschenk erinnerte, nahm unsere Getränkewünsche entgegen und händigte uns die sog. Speisekarte aus. Ein kopiertes Din A 4-Blatt, dem wir die ellenlange Liste der „Spezialitäten des Tages“ entnehmen konnten. Dazu flog ein Körbchen mit Baguette, Butter und Stiften vom Grünzeug in unsere Richtung.
Wir vertieften uns in das Speisenangebot. Oha, da waren schon einige sehr spezielle Dinger dabei. Alles Erdenkliche aus dem Meer (mein Kumpel meckerte schon..) und auch so krasser Stoff wie Entenmägen, mit Stopfleber gefüllte Zunge und dergleichen. Aber auch für weniger Hartgesottene gab die Karte einiges her. Ich hatte echte Entscheidungsprobleme. Stopfleber, Ente und Perlhuhn rühre ich nicht an, das schied schon mal aus. Pot au feu und Fischsuppe wurden unlängst sehr gelobt und hätten mich ungemein gereizt. Andererseits sage ich als Saucenfan immer:Ein Restaurant ist so gut wie seine Saucen.
Also gab es für mich das Entrecote (durchwachsen) mit Rotwein-Schalottensauce, Flageolets und Kartoffelgratin. Mein Begleiter orderte die Perlhuhnbrust mit Rotwein-Zimtsauce und Gruyèrepüree (letzteres zu meiner Begeisterung; die Probiergabel wurde schon mal zurechtgerückt;-))
Die Getränke kamen. Aha, man hält auf sich. Der Orangensaft frisch gepreßt, die Apfelschorle aus dem Hause Fritz-Limo. Fein.
Inzwischen war der Laden auch wirklich gut gefüllt und der Geräuschpegel angestiegen. Aber in unserem Eckchen störte mich das nicht. Auch wenn schon das eine oder andere Mal dieses ätzende affektierte Gegeier zu hören und der eine oder andere samtbeschleifte Ködiamant mit viel Bling-Bling an Hals und Händen im Sichtfeld auftauchte.
Wir widmeten uns dem Brotkorb. Das Baguette war frisch und nicht außergewöhnlich, Möhrenstiften kann ich nix abgewinnen. Aber diese Butter! Die hätte ich am liebsten aus der Schale gelöffelt. Die Hoffnung auf ein gutes Essen stieg. Wer derart phantastische Butter einfach so auf den Tisch knallt..
Lange mußten wir nicht warten. Unser hektischer Kellner servierte mit elegantem Hüftschwung die Teller. Wir beäugten die Portionen.
Französische Küche=Viel Lärm um nix. 3 Erbsen, 3 Kartöffelchen und 30 Gramm Fleisch an einem Saucentröpfchen. So mein lange gehätscheltes Vorurteil.
Nicht hier bei Roberts!
Wehen Herzens verabschiedete ich mich von der angenehmen Vorstellung, am „Tag danach“ ein Kilo abgenommen zu haben. Die Idee, nach dem Essen noch inner Pommesbude einzukehren zwecks finaler Sättigung-augenblicklich verworfen.
Das Entrecote hatte gut und gerne seine 300 Gramm und war weiß Gott nicht mit einem Carpaccio zu verwechseln. Zusätzlich zu den angekündigten Flageolets und dem Gratin gab’s noch einen Schlag Blattspinat. Auch mein Begleiter fand eine Extrabeilage in Form von Wirsing vor. Und wie schmeckte das nun alles?
Vorzüglich. Die Rotweinsauce-da war ein Könner dran. Das Fleisch war auf den Punkt nach meinem Geschmack gebraten. In der Tat ziemlich durchwachsen (stand ja auch auf der Karte!). Ich mag es so und finde, ein Entrecote muß auch so sein. Meinen Kumpel gruselte es hingegen an.
Das Gratin samtig und lecker (da wurden sehr gute Kartoffeln verwendet..). Der Spinat tadellos. Und die Flageolets ein Highlight, in einer feinen Knoblauch-Sahnesauce.
Kollege Mäkelig schaute zunächst etwas unglücklich drein. Denn zu seiner Perlhuhnbrust ward auch noch eine Keule gereicht. Konnte er nicht essen-Knochen im Fleisch! Und die Rotwein-Zimtsauce war auf den ersten Bissen doch arg exotisch.
Ich probierte alles außer dem Huhn. Das Püree und der Wirsing ein Gedicht, die Sauce in der Tat außergewöhnlich und von leicht sirupartiger Konsistenz. Aber das kennt man ja von vielen ausgefallenen Dingen, die man zum ersten Mal probiert-nach kurzem „Fremdeln“ erschließt sich dann doch der gute Geschmack. Und so ging es dann auch meinem Kumpel. War ja auch wirklich mal was anderes -Jägersauce gibt es schließlich überall.
Obwohl ich ein guter Esser bin, mußte ich mit der Portion irgendwann kämpfen. Verfluchte das üppige Mittagessen, das ich „vorsichtshalber“ eingeworfen hatte. Aber was auf dem Teller lassen kam nicht in Frage. Ich war gemästet, genudelt-fix und fertig.
So richtig fassen kann ich’s immer noch nicht. Sind die Steaks bei Roberts immer so groß? Oder mußte womöglich was weg?
Mein Begleiter dagegen lechzte noch nach einem Nachtisch. Das Angebot las sich aber auch zu verlockend. Grießflammerie! Wo kriegt man so was noch? Mit 8,50 € auf den ersten Blick ziemlich teuer. Aber wer weiß, wie aufwendig das zubereitet wird, ist nicht geschockt.
Tarte aux pommes-wie köstlich. Kostet auch nur 4,50 €, kann also nicht viel sein. Dachte ich. Ein kleines Stück Apfelkuchen paßt immer. Und wenn mir schlecht wird-naja, ich werd’s überleben. Wenn schon, denn schon.
Tja. Das kleine Stück entpuppte sich als wohlportioniertes, warmes Etwas irgendwo zwischen Pfannkuchen und Torte, fein mit Zimt abgeschmeckt. Serviert nicht etwa mit schnödem Vanilleeis, sondern mit einer Art Sauercreme. Dazu die frischen Erdbeeren und die Minzeblättchen-um es mit sidiffis Worten zu sagen:Bei dem Gedanken läuft mir schon wieder der Sabber.
Trotz zunehmender Übersättigungsschwäche mußte auch das Grießflammerie probiert werden. Köstlich, da waren wir uns einig. Die üppige Traubenbeilage verschmähte mein Kumpel allerdings-da waren Kerne drin. Ich hätte ja gern-aber ich konnte einfach nicht mehr.
Summa summarum hat uns diese Orgie nebst O-Saft, Cola und 2 Apfelschorlen exakt 64,50 € gekostet. Das klingt teuer? Ja. Ist es aber nicht. Für das Gebotene ist es sogar preiswert. Und das sage ich, der Geizknochen!
Abschließendes Urteil meines Kumpels: Zu laut und hektisch. Das Essen sehr gut, bis auf seine persönlichen No-Gos Kerntrauben und nicht angekündigter Keule zur Brust. Er würde nicht wieder hingehen.
Mein abschließendes Urteil: Roberts ist top. Auf den ersten Blick paßt zwar nichts zusammen: Die Geräuschkulisse, die rustikalen Kellner, das spartanische Ambiente, das (abgesehen vom Dessert) fast schon lieblos auf billigen Tellern angerichtete Essen - vereinbar mit dem legendären kulinarischen Anspruch der Franzosen?
Aber ja. Wer schon mal das Privileg hatte, in Paris ein wirklich echtes Bistro (und nicht eine pseudofolkloristische Touristenfalle) besuchen zu dürfen, wird das alles wiedererkennen. Und sich fast ein bißchen wie im Urlaub fühlen. Ungeachtet des teilweise skurrilen Publikums.
Und so lange bei Roberts kein Botox-oder Vuittonzwang eingeführt wird oder vor dem Einlaß die Brillis gewogen werden, bleibe ich gern begeistert.
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Heute scheint hier ja Ärztetag zu sein-da reihe ich mich doch gleich mal ein:-)33.
Zahnarzt ist für mich der absolute Horror. Das liegt beileibe nicht nur daran, daß ich im Gegensatz zum gängigen Vorurteil („Frauen können Schmerzen ab..“) wehleidig und vermemmt wie ein Kerl bin. Erschwerend hinzu kommt, daß ich aus Erfahrung weiß, was für furchtbare Dinge so ein Doc mit einem anstellen kann. Und wie viel Geld das unter Umständen auch noch kostet. Insbesondere, wenn man die Vogel-Strauß-Politik in Sachen Zahngesundheit betreibt und seinen Zahnarzt nach Sympathie aussucht-wie ich es viele Jahre lang praktiziert habe. Die Strafe folgte auf dem Fuße.
Ich erliege jetzt nicht der Versuchung, seitenweise meine gruselige Vorgeschichte hier auszubreiten wie der Geschichtenerzähler am Lagerfeuer, versprochen. Nur so viel: Dank lieber Gengaben mütterlicher-und großmütterlicherseits war ich schon recht früh bzw. viel zu früh Parodontosepatientin. Mein ehemaliger Zahnarzt (ein netter Kerl, mit dem man auch mal entspannt plaudern und dabei eine rauchen konnte) hat das Ausmaß wohl erkannt. Aber außer Zahnsteinentfernung (Durchschnittsdauer 5 Minuten) und einer Parodontosebehandlung, als das Kind schon in den Brunnen gefallen war, unternahm er nichts-mehr hatte er vermutlich auch nicht gelernt. Daß es für so etwas Fachärzte gibt (die die Kunst der Zahnerhaltung in einer speziellen Ausbildung erlernt haben), war mir nicht klar.
Es kam, wie es kommen mußte: Die ersten Zähne wurden gezogen, „mangels Masse“ bekam ich das schreckliche AOK-Teil zum Rausnehmen und die Prognose lautete:“Da kann man absolut nichts machen. Spätestens in einem Jahr müssen sie alle raus.“ Meine zögerlichen Anfragen nach Implantaten schmetterte er ab:“Geht bei ihnen alles nicht.“Peng.
Das Grauen war perfekt. Am Abend vor der Extraktion habe ich geheult wie ein Schloßhund. Teilprothese. In meinem Alter. Und ich ahnte nicht mal ansatzweise, wie fürchterlich es wirklich werden würde. Mettbrötchen ade. Kaugummi ade. Nie wieder Maoam. Ständig Reizungen im Mund wegen Gaumenplatte. Und nicht zuletzt der Anblick im Spiegel „mit ohne“.
Glückliche Fügung: Ich lernte einen Zahnarzt kennen, der mit Kennerblick sofort mein Problem erkannte. Als ich ihm mein Dilemma ausbreitete, war er entsetzt. Klärte mich darüber auf, daß es für so was Spezialisten gibt. Und schob mir gleich die Telefonnummer eines befreundeten Experten rüber.
Todesmutig vereinbarte ich einen Termin. Hatte ja nichts mehr zu verlieren. Angstvoll begab ich mich mit meinem maroden Gebiß sowie dem lückenlos gefüllten Bonusheft (was für ein Hohn..) in die heiligen Hallen des Prof. Zafiropoulos.
Der mir keineswegs auf Anhieb sympathisch war. Nach einer eingehenden Untersuchung, bei der er die ganze Zeit vor sich hinbrummte, flogen mir furchtbare Worte um die Ohren. Da war von Durchhaltevermögen die Rede, von Knochenaufbau, Zahnfleischverpflanzung, Implantaten, Einheilzeiten, Prothetik-mir war schlecht; unklar, was das alles kosten sollte, ob ich das überleben würde und überhaupt-dieser Arzt hatte nichts von Dr. Stefan Frank; mit dem konnte man nicht gemütlich plaudern und eine rauchen-so mein Eindruck. Ich hatte Angst vor ihm und kroch wie ein Häufchen Elend aus der Praxis. Eigentlich wollte ich da nie wieder hin gehen. Aber andererseits hatte ich seine ersten Worte plötzlich wieder im Ohr:“Extrahieren müssen wir nichts mehr.“
Und die Vorstellung, ein möglicherweise noch langes Leben mit den Castagnetten zu verbringen, gab den Ausschlag. Ich trat an.
Was der Prof und sein Team alles mit mir angestellt haben und wie schmerzhaft das zum Teil war –die Details erspare ich Euch. Möchte hier keine Phobien begünstigen. Nur so viel: Eine Parodontosebehandlung, 2 Knochenauffüllungen mit Kunstmaterial, einen Knochenaufbau mit „Eigenmaterial“ , Einsatz der Implantate, Implantatfreilegung, 2 Zahnfleischverpflanzungen und ein langwieriges Elend mit den Kronen(bis sie endlich perfekt waren) später sah mir kein Mensch mehr an, daß ich mal mit schlecht sitzenden Dritten unterwegs war-und ich konnte endlich in die Tat umsetzen, was ich mir die ganze lange Zeit durchhalteparolenmäßig vorgenommen hatte: 2 Mettbrötchen essen und eine ganze Packung Hubba Bubba hintereinander wegkauen.
Der Spaß war teuer. Aber die wiedergewonnene Lebensqualität war jeden einzelnen Cent wert.
Mit meiner ersten Einschätzung des Profs lag ich übrigens ziemlich daneben. Er macht zwar nicht viel Federlesens und hat auch schon mal seine Launen. Konnte aber auch ungemein lieb und tröstlich rüberkommen, wenn er merkte, daß ich kurz davor war, die Flinte ins Korn zu werfen oder mich aus seinem feudalen Behandlungszimmer im ersten Stock zu stürzen. Und mittlerweile-viele Jahre später-verstehen wir uns richtig gut. Ärzte sind halt auch nur Menschen; alles andere gibt’s im Fernsehen. Nebenbei hab ich auch noch eine Menge gelernt: Warum bei der Anamnese auch so scheinbar irrelevante Fragen nach Nierenproblemen gestellt werden und warum einmal im Monat bei uns Frauen die Zahnfleischtaschen tiefer sind als normal. Schon irre, was ein Zahnarzt so vermeintlich „interdisziplinär“ alles drauf haben muß!
Inzwischen sind auch alle meine Amalgamplomben raus, alte Kronen ausgetauscht und die Parodontose ist fott. Natürlich muß ich regelmäßig zur professionellen Zahnreinigung antreten. Das geniale „Recall“-System ist ideal für Leute mit innerem Schweinehund, der gerne mal was auf die lange Bank schiebt. Bei dieser Reinigung werden dann von einer Prophylaxehelferin akribisch die Zähne angefärbt zwecks Hygienekontrolle, Zahnfleischtaschen vermessen, Zahnstein und Beläge mit Ultraschall und Salz entfernt und der ganze Krempel poliert. Dauert ewig und kostet auch eine Kleinigkeit. Kann man sicher irgendwo preiswerter bekommen.
Andererseits:Wer Geld für Zigaretten zum Fenster rausschmeißt, kann ja wohl für eine gute Behandlung auch ein paar Euro locker machen. Ich fühle mich gut aufgehoben-das allein zählt.
Liege ich dann mit gewienertem Gebiß im Stuhl, erscheint der Professor und läßt den unbestechlichen Laserstrahl-Blick über seine ehemalige Baustelle wandern. Ist irgendwo eine Füllung porös, eine Tasche „verdächtig“ oder eine dunkle Stelle (Karies unterm Kronenrand?!)? Er sieht es, garantiert. Das wird dann gnadenlos gecheckt. Aber nicht zwingend sofort zur Tat geschritten.
Da wird im Zweifel geröntgt, wie es unter der Füllung/Krone aussieht. Da wird erst mal die marode Füllung ersetzt, bevor Zahnmaterial für eine Krone geopfert wird. Ums Geldschrappen geht es also nicht. Aber ums Erhalten. Wahrscheinlich hatte ich in dieser Praxis schon alles an zahnärztlichen Instrumenten im Mund, was es überhaupt gibt. Eins nicht: Die (finale) Zange. Und ich bin guter Hoffnung, daß das so bleibt. Inzwischen sind die Möglichkeiten der castagnettenlosen Sanierung ja noch weiter fortgeschritten. Und da der Professor neben der Basisarbeit auch als Dozent tätig ist, gehe ich davon aus, daß er sie alle beherrscht. Aber toi, toi, toi-derzeit ist alles im grünen Bereich.
Noch ein paar Worte zu den Surroundings: Die Praxis ist hypermodern und perfekt organisiert. Im Wartezimmer gibt es einen Fernseher. Aber weder abgegriffene Klatschpresse noch die „Mens Health“, wie sonst üblich. Ist auch nicht nötig, denn Wartezeiten gibt es praktisch nicht. Meist werde ich schon zu Schafott gebeten, bevor mein Hintern Gelegenheit hatte, sich auf dem saugemütlichen Sofa zurechtzusetzen. Die Crew um den Boss immer gut gelaunt und freundlich. Ach ja: Kassenpatienten accepted; ich hoffe, das bleibt auch so!
Ich kann allen Paro-Betroffenen nur dringend anraten, spätestens dann, wenn das Wort „Parodontosebehandlung“ erstmalig fällt, einen Facharzt für Parodontologie aufzusuchen. Nicht erst lange den Allrounddentisten rumlaborieren lassen. Oft ist mehr zu retten, als man denkt. Sind die ersten Beißer erst mal raus, wird’s langwierig und teuer. Ich hätte mir das ersparen können. Und bin froh, daß ich mich (trotz Kontraindikation Rauchen) für die Implantate entschieden habe.
5 Sterne für „meinen“ Parodontologen. Und nein, ich bekomme für diese Bewertung nichts bezahlt;-)
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Terbuyken ist eine Bäckerkette (immerhin mit 24 Filialen!), die ich ziemlich lange mit Kamps und Konsorten in einen Topf geschmissen und nicht weiter beachtet habe.34.
Assoziationen in Richtung "Bäckermeister, im Morgengrauen am Backtrog stehend, liebevoll leckeres Gebäck drechselnd", kamen nicht auf. Läuft man doch täglich an Dutzenden von gesichtslosen Brötchenschmieden vorbei, deren Leistung darin besteht, fertig angeliefertes Teigzeug nebst vielen "E's" in den Ofen zu schieben und wieder herauszuholen. Da fiel mir Terbuyken nicht weiter auf.
Erste Zweifel beschlichen mich, als mir einmal bei einer Besprechung ein ganz und gar köstlicher Kirschstreusel mit Puddingunterfütterung offeriert wurde. Auf meine Frage "Selbstgebacken?" bekam ich dann die Info:"Nö. Terbuyken. Gibt es aber nur Freitags und ist immer ganz schnell ausverkauft."
Das leuchtete mir allerdings ein.
Nun äugte ich im Vorbeigehen schon interessierter in die Terbuyken-Auslagen.
Die nächste Offerte: ein Tortenboden mit Himbeeren, mitgebracht vom Freund, der mir eine Freude machen wollte. Nun kann ich selber überhaupt nicht backen-bin aber natürlich wählerisch wie ein Meisterkonditor und fing gleich an zu nörgeln. Tortenboden (in der Regel durchgeweicht, mit einem ekligen pappigen Beigeschmack und saurem Obst in Glibber) kann ich nicht ausstehen. Ausgerechnet mit so was will man mir eine Freude machen. Wo ich so selten Kuchen esse, und dann kommt der mit Obsttortenboden. Männer.
Zum Glück habe ich doch noch probiert und alles zurückgenommen. Denn dieser Tortenboden schmeckte nach Kuchen, mit "richtigem" Teig gemacht und kein bißchen matschig oder sonstwie fies. "Woher?" "Terbuyken!"
Tja, mittlerweile hole ich da. Fast alles. Es gibt immer wieder neue Leckereien, die nicht nur gut aussehen, sondern auch so schmecken. Das Brot ist teurer als bei Kamps. Aber es ist es auch wert.
Und es gibt doch nichts Schöneres, als mit schokoverschmiertem Gesicht und ein gefühltes Kilo schwerer mit einer guten Tasse Kaffee auf der Couch zu liegen, vollgekrümelt mit Schoko-Muffinresten. Die kommen an das „Original“ aus den Staaten definitiv dran
Das Personal (zumindest hier in meiner Heimfiliale) ist rustikal, aber sehr nett. "Ihr Brot ist schon wieder aus! Rufen Sie doch einfach das nächste Mal durch, wenn sie abends kommen wollen, ich legs Ihnen dann zurück!"
Wird gemacht. Und auf die nächste Himbeertorte freue ich mich jetzt schon..
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"Um Himmels Willen! Wo treibt die sich denn rum?" Denkt Ihr doch jetzt bestimmt; zumindest, wenn Euch schon bei dem Wort "Kotti" die Nackenhaare hochgehen. Was bei den meisten Berlinern wohl der Fall ist.35.
Ist was dran-zum typischen Touri-Programm gehört das verrufene Kottbusser Tor wohl nicht. Aber mir passiert es meistens, daß ich durch irgendeinen Zufall in irgendwelche obskure Ecken gerate und hinterher erfahre, daß ich diese Expedition wiederum durch puren Zufall lebendig überstanden habe.
Auf die Gefahr hin, daß ich jetzt Sympathien von Berliner Kollegen aufs Spiel setze: Ich mag das "Kotti", und daß es sich um einen sozialen Brennpunkt und Drogenumschlagplatz handelt, habe ich erst aus dem Internet erfahren, als ich recherchiert habe, welcher Architekt für das fürchterliche Bauwerk "Neues Kreuzberger Zentrum" verantwortlich zeichnet und an welchem Baum man ihn dafür aufgeknüpft hat. Von irgendwelchen Drogenaktivitäten habe ich nichts mitbekommen. Und ausgefreakte Gestalten stören mich nicht, so lange sie mir nichts tun.
Auf den ersten Blick ist die Gegend um das Kottbusser Tor scheußlich; nicht zuletzt wegen dieser oben erwähnten, satellitenschüsselgepflasterten Bausünde, des mitten reingeklotzten Hochbahnhofs und den allgegenwärtigen „Graffitis“, die weniger mit Kunst als mit Sachbeschädigung zu tun haben. Aber trotz allem hat die Gegend eine Art morbiden Charme. Und wenn man genau hinschaut, findet man hier zu Hauf originelle Lokale und Geschäfte, die mir einfach tausendmal besser gefallen als das steril-hippe Einerlei in Mitte.
Eins meiner Highlights hier: Das Café Kotti. Eine Oase inmitten des wuseligen Chaos, im ersten Stock des Kreuzberger Zentrums. Der Zufall, die Kälte und akute Unterkoffeinierung trieben mich beim ersten Berlinbesuch hinein. Und mittlerweile ist der Laden zu einem Pflichtprogrammpunkt mutiert, wenn der dönerbedingte Pflichtbesuch in Kreuzberg ansteht.
Betritt man das Café Kotti, erschlägt einen zunächst das Mobiliar. Hier wurde wohl jedes Möbelstück und jedes „Accessoire“ vom Sperrmüll oder aus Kellerentrümpelungen organisiert. Von abartigen Plüschsesseln, abgewetzten und durchgesessenen Sofas, scheußlichen Lampen mit Alabasterfuß (die mit den Troddeln am Schirm) bis zu diesen gräßlichen Couchtischen mit Marmorplatte ist so ziemlich alles an Einrichtungsscheußlichkeiten vorhanden, was im letzten Jahrhundert mal modern war, aber wohl nie antik werden wird.
Wäre dieses Lokal in Düsseldorf, würden die In-Magazine jubeln. „Shabby Chic! Vintage! Casual!“Ein Kaffee würde 3 € kosten, das Publikum würde sich aus Menschen mit Hornbrillen und Klapprechnern rekrutieren - und ich würde einen großen Bogen um den Laden machen. Aber das ist Berlin, und hier ist alles anders. Hier ist der „Shabby Chic“ noch lange kein Grund, eine Location zu verschnöseln.
Einem großen Schild an der Bar kann man die Philosophie des „Café Kotti“ entnehmen. Frei zitiert: Hier ist alles erlaubt, außer Drogen und Diskriminierung. Entsprechend sind die Gäste. Jede Altersgruppe und alle möglichen Nationalitäten sind vertreten. Man unterhält sich, liest Zeitung, spielt Schach-und es wird natürlich gequalmt, was das Zeug hält.
Eigentlich war nur ein kurzer Zwischenstop zwecks Kaffeeeinwurf geplant, trotzdem bin ich hier tatsächlich mehr als 2 Stunden versackt. Diese scheußlichen alten Sofas sind einfach zu bequem. Man kommt schnell mit den Sitznachbarn ins Gespräch.Und der Kaffee-gut und stark, von freundlicher Bedienung serviert mit einem Glas Wasser-ist mit 1,50 € mehr als fair bepreist. Am liebsten wäre ich den ganzen Tag sitzen geblieben:-)
Im Sommer bietet sich die „Außenterrasse“ an, so man denn einen Platz bekommt. Auch hier kann man stundenlang abhängen und das Treiben am Kottbusser Tor von oben begucken. Herrlich!
Die Kneipentauglichkeit des Abends kann ich nicht beurteilen. Aber ich könnte mir gut vorstellen, daß man hier hervorragend sein Absackerbierchen zu sich nehmen kann, wenn das Übernachtungsdomizil mal in Kreuzberg sein sollte. Obwohl-nachdem, was ich inzwischen so gehört hab-der „Heimweg“ über das Kottbusser Tor wohl recht ungemütlich sein kann..
5 Sterne für dieses urige Ding. Ach, gäb’s doch so was auch in Düsseldorf:-/
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Tag 2 in Berlin. Es wird dunkel. Ich hab Fußschmerzen. Ich hab Hunger. Ich hab Geburtstag. Und ich hab den ganzen Tag noch keine Currywurst gegessen.36.
"Was essen wir denn heute? Du entscheidest, schließlich hast du Geburtstag." Wie überaus entgegenkommend! Als hätte ich diese Frage noch nie entscheiden dürfen/können/müssen!
Mein Gegenüber mustert mich feierlich. Was erwartet der jetzt von mir? Konfettiwurf? Fanfaren? Eine Einladung ins Sternerestaurant?
"Wenne mich so frachs-Currywurst, Pommes, Faßbrause. Da drüben ist Kult-Curry. War letztes Mal lecker. Will ich jetzt hin."
Ein Anliegen, mit dem ich in meinem sonstigen Düsseldorfer Umfeld auf mindestens totales Unverständnis gestoßen wäre. Am Geburtstag! Junkfood! Zum Glück habe ich einen Currywurstsüchtigen im Schlepp. Der wehrt sich nicht, obwohl er mittags schon zwei verdrückt hat.
Also Ziervogels Kult-Curry. Beim ersten Berlinbesuch "zufällig" entdeckt, da der Laden strategisch günstig gegenüber unserem Übernachtungsquartier gelegen war.
Und er ist tatsächlich ein bißchen "besonders".
Wer in der Hauptstadt der Currywurst sein Produkt so selbstbewußt als "Kult" bezeichnet, leidet entweder an totaler Selbstüberschätzung oder er hat tatsächlich was auf der Pfanne bzw. auf dem Grill. Und wer sein Lokal auch noch so einrichtet, wie es eben eingerichtet ist- der ist entweder süddeutscher Herkunft oder hat seinem Innenarchitekten im letzten Leben Furchtbares angetan. In diesem Ambiente erwarte ich eher eine zünftige Haxe mit Kraut, Gamsbärte und Krachlederne.
Hinter dem pommesbudenmäßigen Thekenbereich befindet sich ein gnadenlos auf Bayern gestylter Gastraum. Da fehlt kein Klischee. Weder die Kuckucksuhr, noch die ätzenden Stühle mit Herzchenlehne und die gräßlichen Vorhänge. Es ist so gruselig, daß es schon wieder Stil hat. Liebe Bayern, versteht mich nicht falsch: Ich hab nichts gegen Eure Folklore. Aber bitte in Bayern. Da paßt es hin. Euer Bier schmeckt mir hier übrigens auch nicht. Aber gut- ist alles Geschmackssache:-)
Hinter der Theke residiert der Chef. Das ist sofort klar. Er trägt die makellos weiße Jacke der Kochzunft. Und begrüßt uns, als wären wir in (s)einem Feinschmeckerlokal.
Wortreich-schließlich haben wir uns sofort als reig’schmeckte Greenhorns zu erkennen gegeben-preist er uns „all sein Gold“ an. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Würsten werden geradezu akademisch erläutert. Und die erhältlichen Schärfegrade. Daß die Pommes die Besten von ganz Berlin sind, versteht sich natürlich von selbst!
Wir ordern unser Menü und platzieren uns vor die Tür; dahin, wo man die scheußliche Kuckucksuhr nicht sehen kann. Inzwischen ist auch die Chefin aufgetaucht und verwickelt uns in ein nettes Gespräch. Und das, obwohl wir uns als Touris geoutet haben! Nach menschlichem Ermessen nie Stammkunden werden! So viel Mühe würde sich kein Düsseldorfer Wurstbrater machen.
Eine Urberliner Kneipenbekanntschaft erzählte uns übrigens später, daß vielen Einheimischen Kult-Curry gerade deswegen nicht gefällt. „Die Leute sind unerträglich aufdringlich!“ Kann ich nicht bestätigen. Ich fand die nett. Die Wahrnehmungen sind halt unterschiedlich..
Das Essen kommt bzw. es wird formvollendet gereicht. Man könnte sich auch in einem Teuerrestaurant am Gendarmenmarkt befinden. Das „Guten Appetit“ wird herzlich vorgebracht; man patrouilliert um unseren Tisch herum. „Schmeckt’s?“ Ich habe gerade die erste Pommes aufgespießt. Bei so was muß ich immer an den „Kalbshaxe Florida“-Sketch des unvergeßlichen Loriot denken;-)
Ja. Es schmeckt. Zwar habe ich statt der bestellten Mayo Ketchup auf den Pommes, aber weil die Leute so nett sind, mag ich nicht meckern.
Die Wurst (ohne Darm) ist geschmacklich sehr gut. Hätte ich nicht schon bei Curry 36 gespeist, wäre ich restlos begeistert gewesen, denn auch die Sauce ist sehr gelungen, gut gewürzt und hat nichts mit diesem Höllengebräu zu tun, das man bei uns so anbietet. Allerdings-an die Fruchtigkeit von 36 kommt sie nicht heran. Weiß der Schinder, was die da reinpacken..
Die Pommes sind vorzüglich, und auch die Portion ist absolut in Ordnung-zumal recht günstig. Eine leckere Faßbrause rundet die Ferkelei perfekt ab.
Das Ergebnis im Rahmen meines Currywurst-Testessens (alles für GoLocal;-): Zum Spitzenreiter reicht es nicht. Aber trotzdem ist die „Kult-Curry“ sehr zu empfehlen. Ob der gefeierte Konnopke, der als nächstes auf der Liste steht, da mithalten kann? Demnächst auf dieser Frequenz!
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Ich hab mich ja nicht drum gerissen und weiß auch eigentlich nicht mehr, wie es so weit kommen konnte. Aber wenn es darum geht, mit anderen Leuten zu verreisen, bin ich einfach für alles zuständig. Flugbuchung. Hotelsuche. Eventplanung.37.
"Was essen wir heute?" "Was machen wir heute?" "Wo nehmen wir denn jetzt noch ein Bier?" Die täglichen Fragen der verwöhnten Murmeltiere, die es kategorisch ablehnen, selbst mal einen Blick in den Reiseführer zu werfen und mich für völlig bekloppt halten, weil ich mich "in diesen komischen Bewertungsportalen mit obskuren Leuten rumtreibe".
Dabei sind mir die Insidertipps besagter obskurer Leute schon oft eine hilfreiche Krücke gewesen. Vor allem, wenn man in völlig unbekannte Großstädte reist und aus leidvoller Erfahrung weiß, daß die Geheimtipps von Marc O'Polo und Konsorten in der Regel nur ein Leitfaden für die angesagtesten Touristenfallen sind. Man nehme sich die entsprechenden Schriften nur mal für seine eigene Heimatstadt vor und vergleiche deren Empfehlungen mit denen, die man selbst aussprechen würde:-)
Und so war ich hocherfreut, als mir vor der ersten Berlinreise ein geschätzter "Kollege" ein feines Briefing reinreichte; perfekt passend zum Basislager in Prenzlauer Berg. Nichts gegen eigene Entdeckertouren, aber es hat schon was für sich, am Ende eines anstrengenden Anreisetages nur schnell in den Stadtplan gucken zu müssen, um schon mal ein Ziel "zum Warmwerden" zu haben.
"Wo nehmen wir jetzt noch ein Bier?"
"Wir gehen in die Eselsbrücke. Nicht sehr weit von hier. Und T sagt, da ist gut."
"Du immer mit deinen komischen Bewertungsportalen. Du kennst den T doch gar nicht. Vielleicht ist das der totale Schnösel und die Eselsbrücke so ein überteuerter Düsselschuppen."
"Dann gehen wir halt sofort wieder. Kann ich mir aber nicht vorstellen. Der D geht da auch gerne hin. Das sind keine Schnösel; never."
Gesagt, getan. Wir erreichen die angepriesene Kneipe und luschern von draußen rein. Der Laden ist düster. Im Zwielicht zeichnet sich eine antik anmutende Bar mit teuer aussehenden Spritflaschen ab. Wir gucken uns zweifelnd an. In Düsseldorf würden wir uns jetzt auf dem Absatz umdrehen und woanders hingehen.
"Also, nach potentieller Stammkneipe sieht das nicht aus. Bestimmt elend teuer. Und los ist da auch nix. Ich sach ja immer, dieses Internetgedöns.."
"Wir gehen da jetzt ein Bier trinken. 10 Euro wird's nicht kosten. Und wenn doch, verklage ich T halt und schmeiß seine Mail mit den restlichen Adressen weg."
Wir entern den Laden. Er ist relativ klein-Tresenbereich und eine Art Hinterzimmer, schlicht möbliert und ausgefunzelt, aber gemütlich. Es sitzen nur ein paar Gestalten rum. Akuter Schnöselalarm besteht schon mal nicht-weit und breit sind weder Äpfel noch Hugogläser zu sehen. Es läuft solider Hardrock in angenehmer Lautstärke.
Wir hocken uns an den Tresen. Immer der beste strategische Standort, um die Tauglichkeit einer Kneipe festzustellen, finde ich. Hinter besagtem Tresen befindet sich ein Mensch, der uns mit todernster Miene mustert und fragt, was es sein darf. Zwei Bier bitte.
"Radeberger oder Berliner?"
Ich bin immer für lokale Brauereierzeugnisse, mein Begleiter ist unentschlossen und leistet sich die unangemessene Frage:"Berliner Bier, wie schmeckt denn das?"
Ich zucke zusammen. Hinter dem Tresen wandert eine Augenbraue hoch. Unser Mundschenk macht nicht den Eindruck, als hätte er Verständnis für paddelige Fragen von rheinländischen Touristen. Jetzt wird sicher kein launiges Geplänkel über die Unterschiede zwischen den beiden Biersorten aufkommen. Kommt auch nicht.
"Berliner Pils schmeckt wie Pils. Ob du Pils magst, mußt du schon selber wissen."
Peng. Mein sonst so geschwätziger Mitreisender ist baff und ordert leise ein Berliner Pils. Wie peinlich, keine zwei Minuten hier drin und schon als Touris geoutet, die von nix eine Ahnung haben. Die Biere kommen. Sie schmecken. Und was kostet so was hier im teuren Prenzlberg? Ich greife mir die Getränkekarte und bin begeistert. Für den Preis eines 0,5er-Humpens bekomme ich in einer Düsseldorfer Kaschemme gerade mal 0,3 l. Wenn überhaupt!
Desweiteren finde ich eine Whiskyauswahl vor, die man nur als „amtlich“ bezeichnen kann. Der „Teuerste“ ist (natürlich) Lagavulin , kostet um die 5 Euro. Wahnsinn. Ich denke an einen Kumpel zuhause; ein absoluter Whisky-Connaisseur. Der würde ohne Umschweife in der Eselsbrücke einziehen.
Eigentlich hatten wir es ja nicht vor. Aber wir bestellen noch ein Bier. Und noch eins. Mittlerweile ist der Laden proppenvoll und völlig zugeräuchert. Die Musik ist durchgehend rockig, wenn auch etwas antiquiert. Aber es paßt. Und im Gegensatz zu den wenigen Düsseldorfer Kneipen, in denen etwas härtere Musik gespielt wird, kann man sich auch zu fortgeschrittener Stunde noch unterhalten, ohne zu schreien. Das Prinzip „Die Leute sollen saufen und nicht labern“ scheint zumindest in diesem Laden unbekannt zu sein, was mir sehr sympathisch ist.
Der Wirt ist ein absolutes Unikum. Verzieht keine Miene und schaut nicht gerade freundlich aus der Wäsche. Anfangs schoben wir das auf den verpatzten Einstand mit der dämlichen Frage nach dem Berliner Pils. Aber ziemlich schnell merkten wir: Das ist einfach seine Art. Auf dumme Fragen gibt’s halt eine dumme Antwort. Und gut ist. Freundlich ist er trotzdem. Und nach nunmehr diversen Besuchen (inzwischen ist die Eselsbrücke tatsächlich eine unserer Stammkneipen geworden) habe ich sogar schon mal beobachten können, daß er dazu in der Lage ist, die Mundwinkel nach oben zu verziehen:-)
Fazit: Wer eine Wohlfühlkneipe ohne Chichi sucht, sollte sich dieses Lokal auf jeden Fall mal vormerken. Bei meiner letzten Hotelsuche hat das Kriterium „Nähe Eselsbrücke“ jedenfalls hilfreich zur Entscheidungsfindung beigetragen;-))
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Warnung: Jetzt kommt eine Monsterbewertung. Sorry. Aber immerhin muß dieser Bericht Hotelbetrieb UND Restaurant abdecken. Das möge mir mildernde Umstände einräumen;-))38.
"..und jetzt brauchen wir nur noch eine spottbillige, saubere, zentral gelegene Unterkunft mit top Verkehrsanbindung, möglichst ruhig und bloß nicht mit Bad auf dem Flur. bb, das machst am besten du, du hast ja für so was ein Händchen."
Klar mach ich das. Wie immer. Während meine Mitreisenden sich entspannt auf der Couch rumlümmeln, hocke ich vor jeder Reise-wohin auch immer-stundenlang mit Stadtplänen von mehr, weniger oder völlig unbekannten Städten am Rechner, verzweifle an Google Maps, an Kleingedrucktem, an obskuren Kreditkartenaufschlägen, seltsamen Buchungsportalen etc. Habe ich dann endlich was gefunden und trommele die Bagage zusammen ("Guckt mal, wie gefällt euch das?"), schlappen sie gelangweilt an, werfen einen flüchtigen Alibi-Blick auf den Monitor und wenden sich wieder ab:"Klar, ist okay! Du machst das schon!"
Und bisher "hätt et noch immer jot jejange". Reingefallen sind wir nie und die Reisebegleitung sparte nicht mit Anerkennung Marke "Du hast halt ein Händchen dafür. Toll gemacht!".
Nun bin ich mir natürlich darüber im Klaren, daß dieses Lobgepuschel weniger damit zu tun hat, daß ich tatsächlich ein Trivago-Flüsterer bin. Vielmehr arbeitet das faule Pack daran, daß ich auch weiterhin den Buchungslakaien gebe, der sich obendrein das Gemecker anhören darf, sollte es doch mal in die Hose gehen.
Auch vor dieser Berlinreise war die Hotelbuchung mein Job. Für’s Pfefferbett gab es diesmal leider kein günstiges Angebot, also checkte ich die Konkurrenz und wurde auch schnell fündig. Das „Freiraum“ lag nicht nur günstig, sondern bot auch noch ein in diversen Portalen recht ordentlich bewertetes Restaurant und äußerst bezahlbare Zimmer ohne die No-Gos Etagenbetten und Gemeinschaftsbäder. Gekauft.
Einen Schrecken bekam ich dann kurz vor der Abreise, als ich auf der Homepage der Unterkunft die „zuständige“ Bahnstation recherchierte und auf die Anmerkung stieß: „Die Rezeption ist von 7:30 bis 12:00 Uhr und von 15:00 bis 23:00 Uhr besetzt.“ Bis 23:00 Uhr besetzt? Nach dem Locationfoto bestand kein Zweifel , daß es sich um einen kleinen Betrieb handelt und nicht um einen großen Bettenbunker mit Plastikkarten, in dem man nach Belieben ein-und ausgehen kann. Außerdem tauchte in der Beschreibung das vorher nicht wahrgenommene Wort „familienfreundlich“ auf.
Vor meinem inneren Auge sah ich uns fluchtartig in einer saugemütlichen Kneipe das Bier auf Ex runterkippen („Mensch! Wir müssen weg! Schon halb elf!“) und an Massen von Nachtschwärmern vorbei zur Unterkunft stürzen. Ich sah uns um halb zwölf, also quasi am hellichten Tag, mit einer am Spätkauf erstandenen Limodose im Bett vor der Glotze liegen, auf die Wiederholung vom „Mentalist“ wartend. Ich sah uns um 3 Minuten nach elf mit einem schweren, rostigen Türklopfer an ein Eingangstor hämmern. Ich sah einen aufgebrachten Herbergsvater in Morgenmantel und Zipfelmütze, der uns wutentbrannt vor die Tür setzt. Ich sah uns morgens um vier entkräftet im Regen durch ein ausgebuchtes Berlin schleichend, auf der Suche nach einer bezahlbaren Unterkunft. Und ich sehe uns am Brandenburger Tor hockend bei dem verzweifelten Versuch, unsere Uhren, Smartphones und mein einziges Paar Prada-Schuhe an irgendwelche Touris zu verscherbeln, um mit dem Erlös und der gesamten restlichen Reisekasse wenigstens eine Nacht in einer Dienstbotenkammer des Adlon und ein Bummelzugticket nach Düsseldorf bezahlen zu können , weil woanders nichts mehr zu kriegen ist. Endstation Parkbank.
„Blödsinn, du Dramaqueen. So was gibt es nicht mal mehr in Jugendherbergen. Sperrstunde. Herbergsvater. Du hast nicht mehr alle Latten am Zaun!“ wies ich mich selbst in die Schranken. Ein winziger Restzweifel blieb trotzdem; aber natürlich tat ich den Teufel, meinen Mitreisenden darüber aufzuklären und mir womöglich schon im Vorfeld einen Anpfiff abzuholen.
„Die Lage ist schon mal gut“ stellten wir dann fest, als wir nach wenigen Marschminuten vom U-Bhf Schönhauser Allee die ruhige Seitenstraße erreichten, in der unser Domizil zu finden war. Erster Eindruck positiv: Ein gepflegter Altbau. Das Restaurant, in dem sich auch die Rezeption befand, sah allerdings geschlossen aus. Vor der Tür hockte ein rauchender Mensch, der uns mit unbewegter Miene musterte.
„Kann ick euch irgendwie helfen?“
„Äh, ja. Wir haben hier ein Zimmer gebucht.“
Der Mensch schwieg sekundenlang und musterte uns. Wir musterten sein Shirt mit der Aufschrift „Fucking Motorcycle“.
„Hier ist noch zu. Ab 15 Uhr ist det Zimmer fertig. Jepäck könnta solange inne Rumpelkammer abstellen.“
Ich zündete mir eine Kippe an: „Hat keine Eile, rauch erst mal in Ruhe auf“. Das Eis war gebrochen. Wir plauderten über dies und das und erfuhren nebenbei, daß wir bei unserer Anreise (TXL-Bus bis Zoo, dann U2) einen malerischen Umweg über die Mandschurei genommen hatten, oder wie unser Herbergsvater das ausdrückte „von Berlin nach Erkner über Rom“. Er bot netterweise an, uns im Internet für die Rückreise die günstigste Verbindung rauszusuchen, was wir dankbar annahmen. Obendrein bekamen wir noch die Info, daß wir im Restaurant frühstücken bzw. sonntags auch brunchen konnten und uns im Falle eines Abendessens als Hausgäste zu erkennen geben sollten, dann bekämen wir 5 % Rabatt. Fein.
Wir gingen erst mal Kaffee einwerfen. Wie versprochen war das Zimmer um 15 Uhr fertig.
Meine Befürchtungen in Sachen Sperrstunde waren natürlich völlig schwachsinnig. Wir bekamen einen Schlüssel und konnten bis 23 Uhr durchs Restaurant, aber ansonsten jederzeit über den ganz normalen Hauseingang rein. Offenbar hatte man eine große ebenerdige Wohnung zu mehreren Gästezimmern umgebaut. Von einem kleinen Flur, in dem sich sogar ein Regal mit Büchern und Zeitschriften zur allgemeinen Benutzung befand, gingen diverse Räume ab.
Unser Zimmer (siehe Fotos) war eher ein kleines Apartment, sogar mit Miniküche und einem vernünftigen Fön, so daß ich den uneffektiven Reisepüsterich, der das Haarewaschen immer zum zeitraubenden Unternehmen mutieren läßt, gar nicht erst auspacken mußte:-) Das Mobiliar wies zwar schon ein paar kleine Abnutzungserscheinungen auf, aber so was stört mich nicht-vor allem dann nicht, wenn ein Zimmer so günstig ist. Dafür gab es aber einen richtigen Kleiderschrank und keinen versifften Teppichboden. Ich ließ mich erst mal beifallheischend auf das bequeme Bett (nebenbei:es war wirklich bequem! Auch nach 5 Tagen kein Rücken!!) fallen. „Na?Na? Wie hab ich das wieder hingekriegt?“ „Genial, wie immer. Du bist die Beste.“ Das wollte ich hören.
Erwähnens-und lobenswert fand ich auch die lockere Handhabung der Check-Out-Time. „Wann fliegt ihr? Also, wenn das Zimmer um 12 geräumt ist, wär das toll; aber wenn ihr länger drinbleiben wollt, ist das auch kein Ding-sagt Bescheid.“ Paßte perfekt. Ebenso wie der BVG-Reiseplan, den wir wie versprochen am letzten Tag an unserer Tür vorfanden. Der Umweg über den Bahnhof Zoo war wirklich überflüssig und der nette Mensch hat uns für die Zukunft massenhaft Zeit erspart-auch wenn das traditionelle Andocken bei Curry 36 damit zumindest bei An- und Abreise flachfällt.
So weit, so gut. Abends beschlossen wir, auch gleich das Restaurant auszuprobieren. Da das Wetter schön war und wegen der Raucherei (der in der Rumpelkammer vorgesehene Raucherraum wird erst demnächst fertiggestellt) nahmen wir draußen an der Straße Platz und das Essensangebot in Augenschein.
Für Berliner Verhältnisse waren die Preise im gehobenen Mittelfeld, für Düsseldorfer Verhältnisse ein Witz.
Mein Blick blieb sofort an „Kalbsgeschnetzeltes an Champignon-Rahmsauce mit Haselnußspätzle und einer mit Cheddar überbackenen Grilltomate“ hängen. Spätzle. In Berlin. Ein Sakrileg. Aber ich gestehe: An Spätzle komme ich einfach nicht vorbei. Auch in Ouagadougou, Toronto oder Emden nicht. Zumal nach meiner Erfahrung so etwas an untypischen Orten oft nur angeboten wird, wenn der Koch Schwabe ist und somit die Hoffnung besteht, die Köstlichkeit handgeschabt und nicht etwa aus der Conveniencetüte zubereitet zu bekommen.Also check.
Mein Begleiter entschied sich für ein weiteres Sakrileg: Rindsrouladen mit Salzkartoffeln und Rotkohl. Sakrileg nicht etwa, weil es berlinuntypisch ist, sondern weil man so was in meiner Gegenwart nicht tut. Rouladen sind schließlich die einzige Kochdisziplin, die ich vollendet beherrsche. „Dir koch ich noch mal Rouladen! Aber mach mal. Ich fürchte die Konkurrenz nicht. Auch nicht, wenn der Koch tatsächlich Schwabe sein sollte.“
Als „Gruß aus der Küche“ wurde sehr leckeres frisches Baguettebrot mit einem Töpchen hausgemachtem Kräuterquark gereicht. Wir langten tüchtig zu, da man ja nie weiß, wie die Portionen so sind. Ein Fehler, natürlich.
Das Essen wurde schließlich von einer anfänglich mürrischen, später aber freundlicher werdenden Bedienung serviert bzw. herangekarrt. Ziemlich große Portionen. Die Roulade hatte gut und gern ihre 400 g, und für mein Geschnetzeltes wurde an Kalbfleisch nicht gespart. Aber Portionen sind nicht alles. Schmecken soll es nebenbei ja auch noch.
Den in der Tat leicht nussig schmeckenden Spätzle unterstelle ich , daß sie tatsächlich von schwäbischer Hand geschabt wurden; in Kombination mit der sehr guten Rahmsauce und den frischen Champignons ein Gedicht. Das Kalbfleisch war in Ordnung, wenn auch ein paar Stückchen etwas zäh waren. Auch die Cheddartomate war lecker, aber die hätte ich zuletzt essen sollen-sie verwässerte mir beim Anschneiden leider die schöne Sauce.
Der Rouladentest ließ mich schadenfroh grinsen. „Deine schmecken besser!“-so lautete das absolut gerechte Urteil;-) Vor allem schmeckten sie anders, da sie nicht mit Speck, sondern nur mit Gurken und Zwiebeln gefüllt waren. Die Sauce erinnerte mich stark an rheinischen Sauerbraten, den ich sehr gern esse, mein nichtrheinischer Begleiter allerdings weniger. Alles in allem: Geschmackssache. Am hausgemachten Rotkohl, den Kartoffeln und dem Fleisch an sich gab es aber nichts zu meckern. Und unterm Strich war das Essen wirklich sehr günstig. Werden wir beim nächsten Mal auch wieder machen, wenn die „untertags“ eingeworfenen Currywürste es zulassen.
Jetzt winde ich mich über zigtausend Zeichen wie ein Aal und tu mich schwer mit der Vergabe der Sterne. Uns hat es sehr gut gefallen, das „Freiraum“ hat das Zeug zum Berlin-Basislager. Aber ein paar Kritikpunkte gibt es dennoch, die den einen oder anderen stören könnten.
Das Erdgeschoßzimmer hatte den Nachteil, daß man bei geöffnetem Fenster (auch wenn die Vorhänge keine Einsicht gestatten) schnell das Gefühl hat, mitten auf der Straße zu liegen und unfreiwillig die Gespräche der vorbeigehenden Passanten belauschen darf oder zwangsweise mitbekommt, welche Lieder der Prenzlberg-Ökokindergarten ums Eck gerade gelernt hat. Ich hab das nur am Rande mitbekommen, da man mich wegtragen kann, wenn ich erst mal eingeschlafen bin; aber Leichtschläfer könnte diese Tatsache beeinträchtigen. Ob es noch Zimmer in höher gelegenen Etagen gibt, weiß ich nicht.
Für manche vielleicht irrelevant, aber nicht für mich: Mikrofaserbettwäsche! Ich hasse es! Die ist zwar schön kuschelig, aber leider vollsynthetisch und somit im Sommer ein unangenehmes Treibhaus. Beim nächsten Mal habe ich wieder mein eigenes Bettzeug im Gepäck. Da bin ich halt pingelig.
Für 5 Sterne reicht es also nicht ganz. Aber 4 müssen es schon sein-man darf ja auch nicht vergessen: Dies ist nicht das Adlon. Und wäre (worst case) unsere Übernachtungskasse geklaut worden, hätten wir am Brandenburger Tor nur ein Smartphone verhökern müssen, um die Zeche zu berappen;-))
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"Gehste inne Stadt, wat macht dich da satt? 'ne Currywurst! Kommste vonne Schicht, wat schönret gibbet nich als wie Currywurst!"
Das Schlachtlied der Currywurstfans, auch noch aus der Feder eines Ruhrpottlers-von mir immer abschätzig belächelt. Mochte ich lange nicht wirklich. Hat man mal gegessen. Weil's alle gegessen haben und in der Jugend, weil die "CPM-Platte" gut als billige Grundlage für irgendwelche Gelage geeignet war; aber sonst-nein danke. Die mehr oder weniger gruseligen Saucen, egal wie hochgelobt die eine oder andere wurde, haben mich immer kalt gelassen. Auch und gerade die so hochgelobte "Berliner Currywurst" an diversen Fakeständen hier im Rheinland.
In Hamburg mal am "Mö-Grill" zum Probieren genötigt, bröckelte der Widerstand. Die war köstlich und wurde dann immer wieder gern genommen. Wobei für mich eher der Wurstgeschmack ausschlaggebend war. Immerhin, die Sauce schmeckt nicht schlecht, und wie sagt der Hamburger:"Wir ham die Currywurst erfunden-Berlin hat das Rezept geklaut".
Und ich ging und gläubte:-) Als Hamburg-Fan sowieso. Die obskuren Berliner Insiderbezeichnungen wie "ohne Darm" schienen mir verdächtig. Und wäre ich beim ersten Berlin-Trip nicht von meinem currywurstabhängigen Begleiter anläßlich Umsteigens am Zoo unter Gewaltandrohungen zu "Curry 36" verschleppt worden, hätte ich wohl nie "so was" probiert. Vielleicht hätte ich es besser gelassen. Dann würde ich jetzt nach 5 Tagen Berlin sicher ein paar Tage weniger Grünzeugs mümmeln müssen, um den klemmenden Hosenbund wieder unter Kontrolle zu kriegen:-)
Aber es ist, wie es ist. Und so freute ich mich nach 1/2-jähriger Abstinenz schon lange vor Abflug auf die inzwischen kultische Handlung - Curry bei "36". Und weitere Verkostungen. "Jeden Tag eine CW"-das Motto. Dafür hätte ich noch vor einem Jahr jeden für verrückt erklärt.
Endlich angekommen, näherten wir uns unverzüglich mit sich freudig windenden Mägen der gut besuchten kulinarischen Zitadelle. Als wir dran waren und bestellt hatten, griff der Wurstbrater seelenruhig zu einem Lappen, wischte akribisch die Theke und erklärte in landestypischer Mundart: "Das muß jetzt erst mal sein. Hier sieht's ja schon aus wie bei Konnopke!" Willkommen in Berlin:-))
Das duftende Objekt der Begierde wurde alsbald andächtig zum Stehtisch getragen und das erste Stück aufgespießt. Riechen, Augen zu und los.Langsam auf der Zunge zergehen lassen. Geschmacksnervenfokus auf das perfekte Zusammenspiel der köstlichen darmlosen Wurst und der fruchtig-tomatigen, perfekt gewürzten Sauce. Da schmeckt nichts nach "E", nichts nach Glutamat oder ähnlichen Zusätzen. Auch die Konsistenz hat nichts mit dem üblichen Curryschleim aus den Metroeimern zu tun. Einfach ein Gedicht. Zum Aufstippen der Saucenreste gab's ein fluffig-frisches, warmes, leicht angeröstetes brötchenähnliches Gebilde. Perfekt.
Wir müssen wohl ziemlich eigenartige Geräusche irgendwo zwischen "Mmmmh!" und "Wie köstlich!" ausgestoßen haben, denn die Leute am Nebentisch rollten sich ab. (Touris essen 'ne anständige Currywurst. Nee, is klar. Wer weiß, wo die herkommen. Führen sich auf, als wären sie gerade nach 10 Jahren aus dem Knast bei Wasser und Brot entlassen worden. Currysauce auf der Nase und irrer Blick..)
Leider beschlossen wir, den Großeinkauf an Flaschen auf den letzten Tag zu verschieben. Dazu kam es aber dank eines Kreislauf-Knockouts meinerseits nicht mehr:-(( Zumindest habe ich mir aufgrund warmer Empfehlung von gewissen Golocal-Kollegen einen Probiervorrat Werder-Ketchup zugelegt und bin schon gespannt..
Sollte es jemandem so gehen wie mir und ein gewisses Mißtrauen gegen Berliner CW bestehen: Hier ist ein perfekter Ort, um dieses abzubauen.
Ich plädiere für eine Zweigstelle am Prenzlauer Berg, fußläufig von meinem Basislager zu erreichen!!geschrieben für:
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Dienstreisen sind ja sooo stressig.40.
Man reist an irgendeinen Ort, arbeitet von Sonnenaufgang bis Mitternacht, schafft es kaum, was zu essen und sieht nix.
So weit das Lamento der mir bekannten Dienstreisenden. Wenn ich sie vom Flughafen/Bahnhof abhole, erzählen sie mir erstmal genau das, während sie ihren schicken Trolley nebst einem Riesenbündel Einkaufstüten fallen lassen und sich lässig die Sonnenbrille auf den Kopf schieben.
In der dann folgenden Beschreibung der Dienstreisenhärten fallen dann jedoch immer wieder Halbsätze, die mich stutzig werden und mein Mitleid schwinden lassen. Wie z. B.:
"..aber ein Champagner wurde da gereicht, ich sag's dir.."
"..und da gab es eine ganz tolle Kirche.."
".. wußte gar nicht, daß Jakobsmuscheln wirklich so gut.."
"..und da geriet ich zufällig in ein megageiles Schuhgeschäft, guck mal.."
"..und als wir dann abends mit ein paar Leuten um die Häuser.."
Jammern auf hohem Niveau. Ich hasse das. Und ein bißchen neidisch bin ich auch, ich geb's zu. Denn meine eigenen Dienstreisen sehen da schon etwas anders aus.
Mich verschlägt es alle Jahre wieder in den Raum Hannover. Ich habe noch nie was gekauft. Ich habe gearbeitet und währenddessen einen angelieferten Döner oder Pizza gegessen. Außer ein paar Straßen von Hannover-Langenhagen und dem Weg nach Garbsen (aus dem Autofenster) habe ich nichts gesehen. Schade eigentlich. Aber Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps.
Magere Ausbeute also bewertungstechnisch. Aber immerhin springt eine Bewertung unseres Übernachtungsquartiers dabei raus:-)
Der "Stelinger Hof" liegt (für mich gefühlt) irgendwo auf dem Acker; laut Beschreibung nahe am "Airport Hannover". In einem Landstrich mit ganz viel Gegend halt. Fluglärm konnte ich nicht feststellen.
Zum Glück aber auch keine im Morgengrauen krähenden Hähne, wie ich zuerst befürchtet hatte.
Das gastliche Anwesen ist etwas unübersichtlich und besteht aus einem prächtigen Herrenhaus (dem "Hotel Münkel", in dem wir leider noch nie untergebracht waren), einem schmucklosen Neubau, in dem sich unsere Zimmer befanden, und einem sehr urigen Fachwerkhaus-in letzterem sind die Rezeption, der Frühstücksraum und das Restaurant bzw. die "Bar" zu finden. Kamen wir zu später Stund aus der Arbeit gekrückt, nahmen wir bei gutem Wetter Platz im Biergarten oder hockten uns auf ein Absackerbier in die gastliche Stube. Ich muß immer an "Bauer sucht Frau" denken; das wäre eine gute Location für's Scheunenfest. Alles sehr rustikal, viel Gebälk und unermeßlich viel Kitschkram. Kunstblumen, gräßliche Messinglampen, widerlicher Puppenpüngel, entsetzliche Vasen, Augenkrebserreger in Zinn und sogar ein scheußlich gerahmter Alm-Öhi mit Pfeife an der Wand, der uns finster beäugte. Aber irgendwie trotzdem total anheimelnd.
Meine Zimmer waren bisher immer picobello sauber und von annehmbarer Größe. Das Mobiliar ist bäuerlich bis Ikea-like, der Alptraum jedes designaffinen Innenarchitekten, aber gemütlich. Die Bäder sind recht neu, mit schickem Waschbecken und komfortabler Duschkabine. Leichte Kritik an den Betten: Die sind ziemlich weich und knarzig. Und die schöne dicke Knuffelbettdecke ist bei kühlen Temperaturen angenehm, bei derzeitiger Sommerwärme allerdings eine Zumutung..Immerhin: Keine Plastikbettwäsche!
Das Bad ist vom Zimmer mit einer Milchglas-Schwingtür getrennt; die bietet insoweit lediglich Sichtschutz. Ich mußte an eine etepetetig veranlagte Freundin denken, mit der ich schon öfter ein Hotelzimmer geteilt habe und die mich auch bei perfekt schließender Badtür mit den Worten "Ich muß aufs Klo. Könntest du mal...?" täglich zu einem Spaziergang im Gelände genötigt hat..Wenn man alleine ist, kein Problem - ansonsten könnte dieses Detail eins sein.
Was mir auch immer nicht so gefällt, ist Teppichboden im Zimmer. Man darf nicht darüber nachdenken, wessen möglicherweise eklige Bar-Füße schon darauf rummarschiert sind-oder sollte Schlappen im Gepäck haben.
Ansonsten gab es aber nichts zu meckern, und nach fürstlichen Tiefschlaf, aus dem mich der zum Glück funktionierende "Wake-up-call" bisher immer pünktlich-unsanft gerissen hatte, steuerte ich den Verpflegungsbau an, um das Frühstück in Augenschein zu nehmen und meinen Chef zu treffen.
Das aufgebaute Büffet verdient den 4. Stern. Als eingefleischter Perversfrühstücker werde ich jedes Mal leicht hektisch ob der opulenten Auswahl. Das Angebot der Wirtin "Möchten Sie ein Rührei mit Speck oder ein Spiegelei? Könnte ich Ihnen grad frisch in die Pfanne hauen!" kam leider erst, nachdem ich mich mit ofenwarmen Brötchen, leckerem Zwiebelmett, Wurst, Käse, Tomaten mit Mozzarella, Mayonaiseeiern, hausgemachten Frikadellchen, Nürnbergern mit Speck und köstlichem Kuchen ausgiebig geatzt hatte; die ganze Orgie begleitet von einer Kanne Kaffee und diversen O-Säften, mit Blick auf einen schönen alten Kachelofen. Perfekt. Wenigstens doch ein kulinarisches Erlebnis auf Dienstreise. Auf den Dienst kann ich nach diesem Gelage natürlich regelmäßig gut verzichten und würde liebend gerne noch so 2-3 Stündchen Schlaf abreißen-aber nix; in gestrecktem Galopp ging's wieder zur Arbeit und schließlich heimwärts..
So ist das mit den Dienstreisen. Man kommt rum. Hurra, ich kenne Hannover!
So gesehen kenne ich auch Rom (Zwischenstop am Flughafen; wir mußten in der Maschine sitzenbleiben;-))
Aber auch freizeitorientiert würde ich im „Stelinger Hof“ jederzeit wieder absteigen. Trotz kitschigem Ambiente. Ist halt so auf dem Lande-und irgendwie paßt es da auch hin. Übrigens waren alle dienstbaren Geister des Hotels, die mir über den Weg liefen, sehr freundlich, zuvorkommend und um das Wohl der Gäste bemüht. Aber so kenne ich das von allen meinen Ausflügen ins "Nordische", das bei mir gefühlt ab Münster anfängt:-)