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Golocal-Treffen in Wuppertal. Was mußte ich mir im Vorfeld von diversen Seiten anhören?21.
„Drehst du jetzt völlig ab? Reicht es nicht, daß du so viel Zeit damit verplemperst, auf diesem komischen Bewertungsportal rumzueiern-mußt du dich jetzt auch noch mit denen treffen?“
„Warum nicht?“
„Also ich weiß ja nicht. TmU (Treffen mit Unbekannten:-), das machen doch nur obskure Facebook-Kids. Und dann auch noch ein Tagesevent.. Das könnten ja auch Verbrecher sein. Oder Sektenjünger Und selbst wenn nicht: Was machste denn, wenn du die total doof findest? Oder die dich?“
„Ganz einfach: Wieder abhauen. Profillöschung beantragen, zur Not Zeugenschutzprogramm. Ich werd’s überleben. Das haben auch schon andere vor mir geschafft.“
Dicke Lippe, aber: ein bißchen mulmig war mir schon, als ich mich todmüde auf den Weg nach Wuppertal machte. Samstags morgens um 13:00 Uhr irgendwo auf der Matte stehen und gleich Action machen: Das ist das Äußerste an Ehrerbietung, das ich anderen Menschen angedeihen lassen kann. Mehr geht wirklich nicht;-)
Fing ja auch schon gut an: Trübstes Wetter, Schirmgehampel. Der übliche Kampf mit dem Fahrkartenautomaten der DB, dem ich gerade noch meine EC-Karte gewaltsam entriß, ehe er sie schreddern konnte. Als ich endlich in der Bahn saß, lief mir der Schweiß schon wieder vom Kopp. 8 milde Grad, und ich war angezogen wie zum Höhenbiwak. Nach Glühwein fühlte es sich nicht an; eher nach Spaghetti-Eis. Aber auf das Wuppertaler Wetter war wie immer Verlaß: Gefühlt 5 Grad kälter und der obligatorische frisurfreundliche Nieselregen.
Nach einiger Sucherei fand ich sogar die richtige Schwebebahn und kam ansatzweise pünktlich zum Treffpunkt am Brunnen, wo ein Teil der Truppe schon versammelt war. Mist, ich wäre lieber die erste gewesen. Ein bißchen hatte das schon was vom „Gang nach Canossa“-zumal sich alle schon kannten. Und ich war froh, wenigstens Herrn und Frau Exlenker zu kennen-sonst hätte ich vielleicht doch noch gekniffen.
Aber da auch die übrigen Kollegen Herr und Frau blattlaus sowie Sir Thomas weder wie durchgeknallte Irre noch unfreundlich oder sonstwie dubios rüberkamen, war das Fremdeln schnell Geschichte. Wir machten uns zur ersten Station auf, "Grundlageneinwurf“ in den Bremmestuben.
Ein Laden in gutbürgerlichem Ambiente mit Wohnzimmeratmosphäre, der Jahreszeit angemessen dekoriert-gemütlich. Die Speisekarte offerierte diverse griechische Gerichte, aber auch Wildgulasch mit Spätzle, Schnitzelgerichte und einiges mehr. Alle Gerichte waren auch als „Seniorenteller“ mit abgespeckter Portion erhältlich-find ich gut; auch ältere Leute stehen sicher nicht zwangsläufig auf Nierchen im Reisrand, das frühere Rentnertellerklischee. Auch die Bestellung eines Kindertellers war überhaupt kein Problem-nicht selbstverständlich!
Um diese Uhrzeit, kurz nach dem Frühstück, konnte ich leider weder mit Kindern noch Senioren essenstechnisch mithalten und orderte ärgerlich einen gebackenen Schafskäse. Hätte ich mir doch zuhause das Brötchen verkniffen. Die Teller der Kollegen sahen schon verdammt lecker aus-mein Schafskäse war allerdings auch absolut gelungen, und bei Gelegenheit werde ich die Bremme-Küche gerne ausführlicher antesten.
Mittlerweile war auch Novae aufgeschlagen und die Vorglüh-Truppe vollständig. Kurzer Marsch zum kleinen, aber nicht überfüllten und sehr hübschen Barmer Weihnachtsmarkt.
Hätten jetzt alle stundenlang andächtig vor den Kerzenständen verweilt oder angelegentlich Räuchermännchen aus dem Erzgebirge geprüft, wäre ich vielleicht doch noch mißtrauisch geworden. Aber nein, ich war nicht mit Aliens oder Androiden unterwegs.Was macht der Mensch normalerweise auf dem Weihnachtsmarkt? Er strebt dem nächsten Glühweinstand zu.
Und das taten wir:-)
Im Gegensatz zu den überfrachteten Düsseldorfer Märkten konnte man hier sehr gemütlich verweilen und sich an dem wohlschmeckenden Gesöff laben. Man durfte rauchen; herrlich. Und auch noch in Gesellschaft-hurra, ich war nicht die einzige Süchtige!
Die akute Versackungsgefahr wurde allerdings durch den Museumstermin gebannt; da warteten ja auch schon meine „Stadtmännin“ Kulturbeauftragte und ihr Begleiter auf uns.
Das Museum für Frühindustrialisierung beschreibe ich mal nicht näher (das kriegt die vorgenannte Kollegin besser hin als ich)-aber es war wirklich sehr empfehlenswert. Denn es gab nicht nur antike Technik in Sachen Textilfertigungshistorie zu sehen, sondern auch überaus interessante Infos, wie die Menschen damals gelebt und unter welchen Umständen sie gearbeitet haben.
Dazu wurden uns natürlich auch die antiken Webstühle vorgeführt. Für technisches Zeugs hab ich normalerweise überhaupt keinen Sinn (wenn es sich nicht gerade um Jaguar-Motoren handelt). Aber mit der sachkundigen Frau Exlenker als Co-Moderatorin konnte natürlich keine Langeweile aufkommen.
Bei der anschließenden Schwebebahntour konnten wir alle ein bißchen verschnaufen, bevor wieder ein kleiner Marsch über den Elberfelder Weihnachtsmarkt mit Kaffeepause stattfand. Hier war schon wesentlich mehr los und es wurde schwierig, den Anschluß nicht zu verlieren. Novae und ich hätten uns um ein Haar an der Wupper entlang auf eigene Faust bis zum Barmer Brauhaus durchschlagen müssen-zum Glück kam unser SOS-Funk trotz des Getümmels zu Exlenker durch und wir wurden wieder eingesammelt.
Das Brauhaus-die letzte Station; Programmpunkt „Gemütlicher Ausklang“. So gemütlich, daß schon viel zu früh der Fahrplan der DB zum Aufbruch nötigte und die „Kolonne Düsseldorf“ durch das nächtliche Barmen zum Bahnhof irrte. Wie gut, daß ich den nicht alleine suchen mußte-sonst wär ich wahrscheinlich erst Tage später als Wupperleiche wieder aufgetaucht.
Ein wirklich schöner Tag, der wie im Flug rumging; viel Spaß mit sehr netten Leuten, prima organisiert (Danke, Exlenker)!
Fazit: Jederzeit gerne wieder!
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Kurz und bündig im neuen Stil:22.
Gut sortiertes Kaufhaus der gehobenen Sorte mit großer Auswahl an Designerkleidung, aber auch "Young Fashion" für die anspruchsvollen Teens von heute. Bezahlbarere Labels sind ebenfalls erhältlich. Personal ist leider nicht immer freundlich.
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Version für Anekdötchesfreunde;-)
In jedem Leben gibt es wohl Anlässe, zu denen "vernünftige" Klamotten sein müssen. Vernünftig in dem Sinne, daß es nicht reicht, die Standardplünnen mit einem Seidenschal zu veredeln. Oder mal eben eine Perlenkette drüber zu schmeißen.
Und es gibt Leute, die jederzeit auf Anhieb so einen gesellschaftsfähigen Fummel aus ihrem gutsortierten Kleiderschrank zaubern können; immer frisch gereinigt und makellos für den Einsatz bereit.
Zu denen gehöre ich leider nicht. Mein riesiger Schrank ist zwar gestopft voll mit Zeug, aber ich hab nie was zum Anziehen. Zumindest kaum was für Ereignisse der Kategorie "Den ersten Eindruck versemmeln ist eine nie wieder gutzumachende Todsünde, also ziehe alle Register". Wie ein mündliches Examen zum Beispiel. Ein hochwichtiges, das über die gesamte berufliche Zukunft entscheidet.
So was hatte ich vor mir. Und in den gefühlten 1000 Jahren der Vorbereitung absolut keinen Kopf für Stylingfragen.
Und so drei Tage vor dem "E-Day" wurden mir zwei Dinge schlagartig klar:
1. Ich hatte keine Chance, das Ding zu bestehen. Null. Nada. Niente.
2. Ich hatte nichts anzuziehen.
Letzteres entsetzte mich fast mehr als ersteres, denn damit hatte ich mich eigentlich schon abgefunden-ich konnte einfach nicht mehr und wollte den Kram nur noch hinter mich bringen, mit oder ohne Titel.
Aber wenn ich schon versagen würde-dann wenigstens stilvoll. Mit gerecktem Kinn. Der Prüfungsausschuß sollte mich wenigstens nicht auch noch optisch in negativer Erinnerung behalten. Die Unangreifbarkeit der Kanzlerin, gepaart mit der Eleganz einer Tippi Hedren-so was schwebte mir vor. Theoretisch.
Hatte bei der letzten Prüfung schon nicht funktioniert. Das Geräusch, das meine Hose verursachte, als sie am Hintern riß, hat mich noch lange in Alpträumen verfolgt. Da war ich allerdings schriftlich so gut vorzensiert, daß ich nicht mehr durchfallen konnte, ohne die Prüfer als Hackfressen zu titulieren. Dieses Polster hatte ich aber diesmal nicht zur Verfügung-im Gegenteil.
Meinen "Zwirn für alle Fälle", ewig nicht gebraucht, fand ich zerknüllt am Schrankboden vor. Ein Knopf war ab. Und zu weit war er inzwischen auch.
Ergo: Ein neuer Anzug mußte her. Und zwar schnell. Dezent, gut geschnitten. Und eine seriöse Hemdbluse. Bloß nicht in Weiß. Weiß kann ich nicht. Da habe ich nach ca.30 Sekunden Tragezeit Make-Up-Ränder am Kragen. Auch ohne Make-Up und mit frisch geschrubbtem Hals.
Aber woher auf die Schnelle nehmen?
Pumpen? Mein Ex hat dergleichen immer lässig mit einem Telefonanruf bei seinem Kumpel gemeistert:"Ich bin's. Kann ich gleich mal rüberkommen und mir deinen Pinkelmann holen? Hab morgen ein Vorstellungsgespräch."
Leider auch Fehlanzeige. Die Freundin, die so was im Schrank hat, ist eine ganze Ecke größer als ich. Aber raten mußte sie mir trotzdem.
"Geh doch nach Peek & Cloppenburg, da findest du was."
"Peunnzeh? Da muß ich ja vorher noch 'n Kredit aufnehmen. Aber egal, dann verarme ich eben zusätzlich auch noch. Kommt's jetzt auch nicht mehr drauf an."
Ich schlich also Richtung Schadowstraße und äugte erst mal in andere Läden; in der Hoffnung, vielleicht bei H&M oder C&A zufällig einen dezenten, gut geschnittenen Anzug aus feinem Zwirn günstig abgreifen und den zu befürchtenden Offenbarungseid bei P&C umgehen zu können. Aber in solchen Situationen gibt es natürlich keine Wunder. Auch bei Karstadt und Kaufhof nicht. Also war teuer angesagt; es führte kein Weg dran vorbei.
Vor der Tür stand natürlich Security-breitbeinig, finstergesichtig. Aber wider Erwarten wurde ich nicht mit den Worten "Stop! Die Toiletten sind nur für unsere Kunden!" aufgehalten und durfte passieren.
Ja, das war schon was anderes als die Kruschtläden, in denen ich mich vorher meist mit meinem Zeug versorgt hatte. Helle, großzügige Räumlichkeiten auf 6 Etagen. Sehr dezente, kaum hörbare musikalische Untermalung. Kein Zwillingsbuggy-Hindernislauf. Kein Kindergeschrei. Kein Tussengeschwätz à la New Yorker. Keine Schweißgerüche aus den Umkleiden. Leider auch keine "Sale"-Schilder in Sternform und quietschorange.
Stattdessen Wohlgerüche nach teurem Puder und teurem Leder. Krokotaschen. Viel Platinblond. Und Pelze. Gedämpfte Geräuschkulisse. Noblesse oblige.
An Plünnen wurde so ziemlich alles geboten, was das Herz des solventen Kunden begehrt. Nahezu alle Nobelmarken waren vertreten. Ehrfürchtig berührte ich einen Anzug von Max Mara. Der hätte gepaßt; das sah ich auf Anhieb. Und so ein schönes Stöffchen. Der wollte zu mir; schmiegte sich förmlich in meine Hand. Zum Äußersten entschlossen suchte und fand ich das Preisschild.
Im Film werden solche Szenen immer mit schmachtender Musik untermalt, die dann plötzlich mit dem widerlichen Kreischen eines Plattenspieler-Scratchings endet.
Aus der Traum.
Auch Marc Cain hätte mein Problem lösen können. Theoretisch.
Nachdem mich noch verschiedene Preisschilder unheilig erschauern ließen (für den Preis eines Burberry-Trenchs hätte ich locker einen Asien-Flug bichen können..), hatte ich keine Lust mehr und suchte Verkaufspersonal. Viel gab es davon nicht und wirklich ansprechbar wirkte es auch nicht. Aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen, schnappte mir eine und schilderte mein Problem in Sachen Anzug. Ließ dabei natürlich auch das Hauptproblem durchblicken, nämlich daß ich eher ein KoK (Kunde ohne Kohle) war.
"Tja. Schauen sie einfach mal durch, sie finden bestimmt noch was." Danke. Das war hilfreich.
Bar jeder Hoffnung durchfräste ich alle bekannten und unbekannten Labelständer, probierte vieles an-es war zum Verzweifeln. Hosen zu lang. Was unten paßte, war oben zu weit und umgekehrt. Kein Blazer saß vernünftig. Ich verfluchte den Tag, an dem ich mich für diesen Prüfungskrempel entschieden hatte, anstatt Ornithologie zu studieren oderzur Not einfach im Uerige die Toiletten abzuledern.
Der Anzug, der dann nach einer gefühlten Ewigkeit endlich paßte, war zwar relativ teuer, aber immerhin erschwinglich, verglichen mit dem Traum von Mara. Und ein guter Hosenanzug ist eben nie billig-das hab ich an dem Tag gelernt.
Ja, fündig wird man bei P&C. Sofort, wenn man gut bei Kasse ist. Ansonsten muß man halt etwas länger suchen-aber die Chancen, hier eine Kutte für bessere Gelegenheiten zu finden, sind wesentlich besser als in den einschlägigen Kaufhäusern.
Seit die Prüfung überstanden ist, kehre ich -alleine schon aus nostalgischen Gründen-ganz gerne mal hier ein und checke ohne Beschaffungsdruck, was es so alles gibt. Und siehe da! Man kann sogar bei den höherpreisigen Klamotten mal ein reduziertes Schnäppchen abgreifen. Selbst für den KoK gibt es die preiswerteren "Hausmarken", gleich im Erdgeschoß. Strategisch günstig gelegen, damit der Pöbel sich nicht in die höher gelegenen Separées mit den richtig teuren Fummeln verläuft;-)
Die Sachen sind von recht guter Qualität. Keine Angst also vor P&C.
Den unter so harten Bedingungen erworbenen Prüfungszwirn habe ich immer noch. Und damit ich nie wieder in so ein Dilemma gerate, inzwischen auch noch Ersatzteile.
Wenn der nächste Einsatz kommt, muß ich nur in den Schrank greifen.
Andererseits hab ich vorhin mal wieder ein zerknülltes Bündel in der hinteren Ecke desselben gesehen...
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Warum braucht der Mensch eigentlich Lebensmittel? Wenn sie schmecken, machen sie meistens dick. Und das Schlimmste: Man muß sie kaufen. Wertvolle Feierabendzeit damit vergeuden, durch die wenig ansprechenden Läden gewisser Handelsketten zu schlappen und anschließend die Tüten mühevoll in die Wohnung zu schleppen. Besonders ärgerlich und ätzend finde ich diese Einkaufstouren, wenn das, was man dringend braucht, natürlich in Laden A nicht mehr da ist und man sich auch noch in Laden B quälen muß. Nach der Schicht, todmüde und endlich auf die Couch wollend.23.
Einer der Gründe, warum ich ab und zu mal Lotto spiele: Die starke Motivation, die von der herrlichen Vorstellung ausgeht, diese lästigen Einkaufspflichten nebst Bügeln, Putzen und anderen Gräßlichkeiten endlich an Personal delegieren zu können. Kurz: Ich hasse Einkaufen.
Und für immer mal wieder aufkommende Supermarktschwärmereien im Bekanntenkreis fehlte mir bisher jedes Verständnis. Was mir aber beim angestrengten Weghören irgendwann auffiel: Das Wort „Edeka“.
Edeka-war das nicht mal so eine Art Minimarkt? Die typische Versorgungsbutze in Walacheikäffern, meist zwischen der „Landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank“ und dem großen Nichts positioniert? In der Glotze präsent mit den zuweilen originellen Werbespots?
„Da MUSST du mal hin. Ein Angebot haben die-der Hammer. Und gar nicht sooo teuer.“
Und das aus dem Mund einer Düsseldorfer Großverdienerin. Fein. Da muß ich garantiert nicht hin. Ist von meinem Kiez aus auch nur mit dem Auto zu erreichen. Brauch ich nicht. Über nicht vorrätige oder abgelaufene Lebensmittel kann ich mich auch bei Rewe, Kaisers und Konsorten umme Ecke ärgern, ohne vorher stundenlang durch die Baustellen zu kriechen.
Dann kam der verhängnisvolle Tag.
„Wir fahren jetzt zu Edeka!“
„Mööönsch, muß das sein? Schon wieder einkaufen? Bin so müde. Es ist doch noch Brot da, und Tomatenfisch..“
„Nein. Edeka Paschmann. Ich war vorhin kurz drin; der Knaller. Du ahnst es nicht. Der Laden ist genial. Der wird dir gefallen. „
Ich füge mich, heimlich seufzend. Wir rollen auf den großzügigen Parkplatz (90 Minuten frei Parken, immerhin).
Der Einkaufstempel mit dem schreienden Zusatz „Essthetik“ wirkt schon von außen nobel und modern. Flankiert wird er von einem Tierfutterhandel und einem – hurra – Schuhparadies. Um der Einkaufstour was Positives abgewinnen zu können, falle ich dort natürlich zuerst ein und annektiere ein Paar schicke Schuhe-dramatisch reduziert. Jetzt bin ich milde gestimmt und schlagartig hellwach. Geht doch nix über die Schuhkauf-Therapie..
Also auf zu Edeka Paschmann. Der Eingang ist hell und einladend gestaltet; nicht von lamentierenden Dosenbiertrinkern umlagert wie die gewohnten Einkaufsbaracken. Und im Innenbereich fällt mir sofort die ansprechende Ballonlampen-Beleuchtung auf. Hilfe, das sieht alles sehr nobel aus. Kein Vergleich mit der schäbigen Neonausfunzelung, die mir in meinem speziellen Haßsupermarkt immer das Gefühl vermittelt, in der Gerichtsmedizin einzukaufen.
Wir wollen ja nur mal gucken und vielleicht 'ne Kleinigkeit zum Abendessen holen. Also schnappen wir uns ein Einkaufskörbchen. Nach wenigen Schritten sticht mir auf ein Uhr eine irritierende Kühltheke ins Auge.
„Angebot! Frischer Quark mit ganzen Früchten und Schokostücken! 0,79 ct der Becher!“ Der sieht köstlich aus. Für die morgige Mittagspause. Gekauft.
Frisches Obst im Schokomantel! Erdbeer-Marshmallow-Spießchen! Wo gibt’s denn so was? Gekauft.
Es ist Kürbiszeit. Und bei Paschmann sind diese Gewächse natürlich hübsch Halloweenmäßig auf einem Strohballen arrangiert. Ich hatte doch mal so ein tolles Kürbissuppenrezept..
Die Obst-und Gemüseabteilung ist von gigantischem Ausmaß; alles wirkt unglaublich frisch und ist appetitlich aufgebaut. Das fällt sogar mir auf, obwohl ich diesen Bereich sonst keines Blickes würdige.
Wir sind noch keine 10 m voran gekommen, schon müssen wir das Körbchen gegen einen Großkorb-Trolley tauschen. Das kann noch heiter werden.
Sehr angenehm: Es gibt keine stinkenden Bierlachen auf den blitzblanken Böden. Es gibt keine Kesha-Beschallung und auch keine nervigen Jingles nebst Stimme aus dem Off, die irgendwelche Angebote anpreist.
Paschmann hat das nicht nötig. Ist denen doch schnuppe, über welche Ware der Kunde sich mit raushängender Zunge wirft. Wer hier erst mal drin ist, kauft.
Staunend stehe ich vor den Kühlregalen mit dem Ausmaß der Startbahn am Flughafen. So viele Sorten Ziegenkäse auf einem Haufen hab ich noch nie gesehen. So viele Sorten Lachs auf einem Haufen hab ich noch nie gesehen. Und gewisse Produkte hab ich überhaupt noch auf keinem Haufen gesehen.
„Kucksu! Gü-Desserts im Gläschen! New York Cheesecake, ichkrichjadieTürnichzu!“ jauchze ich.
„Nimm mit!“
„Knackeraufschnitt! Den’s beim Rewe so gut wie nie gibt!“ jubelt es ein Regal weiter.
„Nimm mit!“
Der Trolley ist fast voll, als wir die Frischfleischtheke erreichen-und somit noch nicht mal den halben Laden abgegrast haben. Jetzt wird’s richtig schlimm.
Maredo-Ribeye vom argentinischen Rind, im Angebot! Schweinefleischtaschen mit Tzaziki-Krautsalat-Käsefüllung! Frische Lammlachse, fein mit Zitronenscheiben garniert! Ausgefallene Salatsorten; nicht in verbeulten Alugefäßen, sondern in formschönen Porzellanschüsseln dargeboten! Wir kaufen und kaufen. Bei freundlichen und fachkundigen Verkäufern, die tatsächlich den Eindruck vermitteln, daß sie Lebensmittel lieben.
Antipasti und Tapas, in nie gesehener Hülle und Fülle. Und an der nächsten Ecke droht eine wieder sehr ansprechend dekorierte und verheißungsvolle Käsetheke.
Endgültig zusammen breche ich angesichts der Auswahl an „Prodotti“.
An sich hab ich mit Italien nicht so viel am Hut. Vogelmord, Touristenabzocke und Fußballbeschiß. Das mag ich alles nicht. Aber eins muß man den Italienern lassen: Im Kreieren der großartigsten Kalorienbomben liegen sie ganz weit vorn. Und hier bei Paschmann bekommt man sie, die importierten „Prodotti“ aus Bella Italia. Wie die ganz vorzüglichen Focaccias von „Nonno Pepi“. Ich sacke ein, was nicht niet-und nagelfest ist.
Die gourmetgerecht gestylte riesige Weinabteilung (in der auch schon mal Feinschmecker-Verkostungen stattfinden) lassen wir links liegen und asten schnaufend unsere Beute zur Kasse.
„Reichen drei Tüten?“
So viel zum Thema „eine Kleinigkeit zum Abendessen einkaufen“.
High-Tech beim Bezahlvorgang: Hier berappt man nicht der Kassierkraft in die Hand, sondern in den Klingelgeld-bzw. Geldscheinautomaten. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber warum nicht?
Im angrenzenden Getränkemarkt nehmen wir auch noch ein paar feine Säfte mit und wundern uns, daß diese doch recht preiswert sind..
Selten hat mir eine Einkaufstour so viel Spaß gemacht. Selten hab ich so viel Geld in einem schnöden Supermarkt gelassen.
Das Abendessen wurde zelebriert. Statt der guten „Ristorante-Pizza Tonno“ aus der Hand und zwischendurch einem Schluck O-Saft aus dem Tetrapak, stehend am Kühlschrank runtergegluckert, genehmigten wir uns (vom guten Geschirr;-) eine köstliche Focaccia mit Schinken-Käse-Füllung. Dazu wurde am Kelch mit feinstem naturtrübem Apfelsaft von ökologisch einwandfreien Streuobstwiesen genippt. Ein Dinner bei Schnösels-schuld war nur der Edeka.
Ja, es war ein teurer Spaß. Aber - vorausgesetzt, man verfügt über die nötige Disziplin - das muß nicht sein!
Hier meine Überlebenstipps. Bandscheibe (wegen Schlepperei;-)) und Bankkonto werden danken:
1. Gehe NIE NICHT mit Kohldampf zu Paschmann. Besser: Mit Übelkeit nach einer zünftigen Freßorgie.
2. Wie überall gibt es auch hier eine preiswerte Hausmarke; nennt sich „Gut und Günstig“. Ist auch nicht teurer als bei Billigdiscountern, aber oft besser!
3. Auf zum Schnäppchenmarkt: In der unteren Reihe des ersten Kühlschranks für abgepacktes Fleisch wird bei Paschmann alles reingeschmissen, was in ein paar Tagen abläuft-krass reduziert. Da kann man schon mal den teuersten Parmaschinken für kleinstes Geld abgreifen. Merke:In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot!
4. Wenig Bares mitnehmen und die EC-Karte zuhause lassen.
Ich für meinen Teil übe noch, diese Ratschläge in die Tat umzusetzen;-)
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Vielleicht sollte ich es doch besser lassen und Murphy's Gesetz nicht herausfordern. Denn endlich ist Ruhe. Man will meine Piepen nicht mehr. Und nervt mich schon seit geraumer Zeit nicht mehr mit freundlichen Aufforderungen zum "Anlagegespräch".24.
Wie hab ich das geschafft?
Wo ich mich doch jahrelang schwarz geärgert habe, wenn man mich mal wieder im Büro angerufen hat, obwohl ich mir das freundlich verbeten hatte. Wenige Monate später krähte die Kollegin mich schon wieder aus dem Sekretariat an:"Ihre Bank will was von Ihnen!!" Peinlich. Denn nicht alle Kollegen sind so nett und vermuten hinter solchen Anrufen einen "Bankirrtum zu deinen Gunsten". Vielmehr kommt schnell überflüssiges Getuschel (Dispo überzogen? Gehaltspfändung?) auf.
Abhilfe versprach ich mir, indem ich endlich einen Termin vereinbarte, um den Herrschaften, die meinen Kontostand und die damit verbundenen "Anlagemöglichkeiten" eigentlich besser kennen sollten als ich, endgültig klarzumachen, daß bei mir nix zu holen ist.
Leider muß ich gestehen, daß mich damals schon beim Betreten der ehrwürdigen Hallen heilige Ehrfurcht gemischt mit dem Gefühl, das Spiel zu verlieren, beschlich. Wie sollte ich diesen perfekt gedressten, schon rein optisch über jeden Zweifel erhabenen Herrschern über König Kohle widersprechen? Zumal ich damals noch ein liebes Mädel war, dem Mamas gute Erziehung (u. a.: Pflichtkotau vor Anzugträgern und weißen Kitteln) noch ganz tief in den Knochen steckte.
Der verhaßte Lateinunterricht lehrte mich "Barba non facit philosophum". Und das Leben lehrte mich, daß in einem weißen Kittel nicht zwingend ein anbetungswürdiger Albert Schweitzer steckt und ein Typ im edlen Zwirn an einem edlen Arbeitsplatz kein Gutmensch ist, der mir endlich die Formel in die Hand drückt, mit der man aus Scheiße Geld machen kann.
Nebenbei: Sorry, Mama, aber inzwischen bin ich auch davon überzeugt, daß ich im Falle eines Unfalles mit Krankenhauseinlieferung andere Sorgen als ein ausgeleiertes Gummi in der Unterhose habe:-)
Die Folge meiner Anlagegespräche war dann immer wieder der Abschluß irgendwelcher komischer Bausparverträge und ähnlichem Gedöns. Schließlich waren die Damen und Herren immer sehr nett und irgendwie mußte ich mich für den leckeren Kaffee und die Kekse doch erkenntlich zeigen, oder?
Aber irgendwann kapierte ich es dann doch. Erste Erfolgserlebnisse. Wurde nicht vom Blitz getroffen, als ich dem in der Fußgängerzone rumlungernden Bücherbund-Fuzzi auf sein edles Angebot (Gratiskugelschreiber gegen Unterschrift eines 2-Jahres-Knebelvertrages) eine harsche Absage erteilte.
Und dann kam der Tag, an dem ich zum letzten "Anlagegespräch" aufbrach, mal nicht mit geschrubbtem Hals und einem angemessenen Aktentäschchen, sondern mit dem festen Vorsatz, mir diesmal nichts andrehen zu lassen.
Man hatte mir angeboten, als "Service unseres Hauses", meine Versorgungssituation im Alter zu prüfen und mich entsprechend zu beraten. Warum nicht? Ich suchte meine sämtlichen Policen, Depotauszüge und Rentenmitteilungen zusammen und karrte den Kram zur Bank. Die Einladung zum Beratungsgespräch folgte auf dem Fuße. Ich ahnte, was kommen sollte; beschloß, ein Exempel zu statuieren und vereinbarte perfide einen Termin außerhalb der menschlichen Arbeitszeiten. Kein Problem.
Aufgelauert wurde mir von einer Versicherungsfachfrau und einem Investmentbanker. Mußte heimlich grinsen; hatte ich mich doch ein paar Tage vorher über einen Comedian-Spruch schlappgelacht, der die Beliebtheit eines Investmentbankers irgendwo zwischen Welpenmördern und der Telekom ansiedelte. Beschloß, den Spruch noch irgendwie anzubringen, falls man mich ärgern sollte.
Man sollte. Ich wurde wie ein VIP ins Separee geleitet, Kaffee und Kekse wurden gereicht. Verkniff mir ein "Riesig; hatte heute nichts zu Mittag und bin, ehrlich gesagt, sowieso nur wegen der Plätzchen hier.." und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Die Banker eröffneten mir zunächst mit mitfühlender Ernsthaftigkeit, daß sich gemäß Prüfung der eingereichten Unterlagen eine riesige Versorgungslücke errechnet hätte. Ob ich mir darüber schon Gedanken gemacht hätte?
Angesichts der astronomischen Summe sah ich mich schon als weißhaarig-verstrubbelte Rentnerin zahnlos auf einem Bett mit Eisengestell sitzen und kalte Ravioli aus der Dose löffeln; in einem Obdachlosenasyl mit Schimmel an den Wänden (und nicht mal Geld für eine Kiste aus dem Sarg-Discounter!). Aber angesichts der astronomischen Summe wurde mir auch blitzschnell klar, daß außer einem Lottogewinn nicht der Hauch einer Chance besteht, diese Lücke aufzufüllen.
Die Banker sahen da aber ganz andere Möglichkeiten:
"Haben Sie schon mal über einen Bausparvertrag..."
"Nein. Nein. Will ich nicht."
"Warum nicht?"
"Ich will nicht."
"Gut. Und wie sieht es mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung aus?"
"Hab ich nicht. Will ich auch nicht."
"Warum nicht? Sie arbeiten im Büro, vielleicht, daß ein Bandscheibenvorfall.."
"Hörens. Ich verstehe Sie nicht ganz. Erst rechnen Sie mir eine irrsinnige Versorgungslücke vor und dann soll ich meine mageren Kröten in eine RISIKOversicherung investieren, die sowieso nicht zahlt, es sei denn, ich wäre auch nicht mehr in der Lage, als Pförtner zu arbeiten. Danke. Ich verzock das Geld dann doch lieber beim Lotto, das ist spannender als das Warten auf den Bandscheibenvorfall. Außerdem macht meine Bandscheibe bisher keinerlei Zicken und es steht zu befürchten, daß das so bleibt."
Ich war begeistert über mich selber. Geschafft! Hatte anfangs noch ein siegessicheres Lächeln die Mundwinkel meiner Gesprächspartner umspielt nach dem Motto "Die Maus nehmen wir uns zum Frühstück. Das Wort Finanzen kennt die bestimmt nur von Peter Zwegat. Ohne Abschluß irgendeines unsinnigen Vertrages geht die hier nicht raus. Der Schampus steht schon kalt..", wurde man nun deutlich genervt. Es war, wie gesagt, schon spät. Man wollte nachhause und fürchtete allmählich um die sicher geglaubte Provision.
Aber mir war klar: Da kommt noch was. Mußte kommen. Und endlich:
"Dann hätten wir noch einen ganz großartigen Vorschlag: Riester. Sie bekommen Zulagen vom Staat und die Möglichkeit, höhere Sonderausgaben geltend machen zu können. Schauen Sie mal in diese Grafik. Eine Rendite von..%. Das bekommen Sie sonst nirgends."
Ich beschloß dann doch, das grausame Spiel zu beenden, biß geräuschvoll in den letzten Keks und holte zu einem Vortrag über Sinn und Unsinn der Riesterverträge aus. Durch meinen Job kam ich leider nicht umhin, mir darüber einige Kenntnisse anzueignen. Und endlich machte das Thema mal Spaß.
Man widersprach mir nicht.
"Ähm-was genau machen Sie beruflich?"
Treffer und versenkt.
Weitere Angebote kamen nicht, woher auch? Liebe Banker, Ihr könnt ja auch nichts dafür. Aber daß Ihr mich für so dämlich gehalten habt, wie ich aussehe-das verzeih ich Euch nicht.
Irgendwie taten sie mir leid, als sie die Tür aufschlossen und mich mit spürbarer Erleichterung entließen. Helden der Arbeit, Überstunden und dann das. Keine klitzekleine Provision. Außer Spesen nix gewesen.
Den Spruch vom Investmentbanker und der Beliebtheitsskala brachte ich aber noch an.
Niemand außer mir lachte. Sorry. Das war echt fies.
Ich war brummstolz. Und seit diesem Termin ist Ruhe; himmlisch. Aber ich kenne Kumpel Murphy. Wetten, morgen rufen sie an?
Und wenn schon. Sollen sie doch kommen. Ich hab keine Angst mehr vor ihnen. Im übrigen waren die Kekse prima.
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Gelassene Gemüter sollten sich wirklich mal den Spaß gönnen, am Wochenende abends hier einzukehren und sich anzuschauen, wie Systemgastronomie NICHT funktioniert.25.
Habe mir das an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen gegeben. Täglich grüßte das Murmeltier:
Eine Mitarbeiterin, die nicht so verpeilt zu sein schien wie die anderen, hektikte zwischen Drive-In-Schalter, Kasse und Küche hin und her. Das restliche Personal war vollauf damit beschäftigt, Becher aufzufüllen, rumzuträumen oder Bestellungen zu vertauschen. Von effizienten Arbeitsabläufen keine Spur. Man tütete die Pommes ein, um anschließend festzustellen, daß die dazu bestellten Wings ja noch dauern..Habe als Schülerin bei der Konkurrenz gearbeitet, so was hätte uns damals den Kopf gekostet; mich gruselte es!
Beim elend langen Warten kann man, sofern man über die nötige Gelassenheit verfügt, hier großartige Sozialstudien anstellen. Fast hat es was von „Verstehen sie Spaß?“
Da gibt es z. B. die Aggros, die wie Tiger im Käfig vor der Theke hin und her rennen, sich die Haare raufen und mehr oder weniger laut meckern. Bei denen hab ich schon mal Angst, daß sie mittels Schußwaffe die Herausgabe der vor gefühlten Stunden georderten Burger erzwingen.
(Ein Typ baute sich drohend vor der verängstigten Kassenkraft auf und brüllte:“Jetzt hab ich die Schnauze voll! Vergiß das, was ich bestellt hab und gib mir die drei Burger, die da liegen! Pronto! Ich hab Huuungaaa!!“)
Die resigniert-ruhigen Unruhigen trommeln mit den Fingern auf der Theke rum, schnalzen provokativ mit der Zunge und murmeln vor sich hin:“Das darf doch nicht wahr sein“ oder „Das gibt’s doch nicht“.
In einer Ecke stehen dann die mit dem Galgenhumor, die sich die Zeit mit Ablästern vertreiben. Hier ist es wenigstens gemütlich. Und wir sind schon kollektiv vor Lachen zusammengebrochen, als ein Mitarbeiter zum zweiten Mal den Becher neben die Coladüse statt darunter gestellt und dann auf’s Knöpfchen gedrückt hat:-))
Wer es also eilig hat (FAST Food!), sollte vielleicht doch besser eine andere Filiale aufsuchen.
Obwohl ich jeweils gegen 19:30 Uhr eingelaufen bin, habe ich jedesmal den Anfang vom Tatort verpaßt-und das, obwohl ich nur 3 Minuten bis nachhause brauche. Noch Fragen?
Wenigstens waren die Burger immer frisch und lecker..
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Konnopke: Das Mekka für Currywurstsüchtige aus ganz Deutschland. Ach was sag ich: Aus aller Welt! So vermitteln es die einschlägigen Reiseführer und sparen nicht mit Lob. Auch die meisten Touristen und viele Berliner schwören auf diesen Imbiß. Nach den Schwärmereien der Fans ist Konnopke alleine schon ein Grund, nach Berlin zu reisen.26.
Wenn das so ist, dann wollen wir uns dieses kulinarische Weltkulturerbe natürlich nicht durch die Lappen gehen lassen, zumal es relativ nahe an unserer Herberge zu bekommen ist.
Letzter Tag; bisher haben wir es noch nicht geschafft. Die Tagesplanung wird von einem heftigen Kreislaufanfall meinerseits gesprengt, der mich dazu zwingt, am KaDeWe in ein Taxi zu kruffen und mich kreuz und quer durch die Stadt "nachhause" gurken zu lassen. Klar, daß so was immer nur dann passiert, wenn man möglichst weit von Bett und kalten Tüchern entfernt ist.
Während ich malade auf der Rückbank liege, gibt sich der Taxifahrer touristenfreundlich und fragt mich über alles Mögliche aus. Das Thema meines niedrigen Blutdrucks mag ich nicht vertiefen und nach Reden ist mir auch nicht; lieber höre ich seiner feinsten Berliner Schnauze zu und werfe das Thema "Currywurst im Allgemeinen und Konnopke im Besonderen" in den Fahrgastraum. Und bekomme wie erwartet die halbe Familiengeschichte dieses Traditionsunternehmens serviert; eine unedel-deutsche Denver Clan-Variante. Vom Gründer Ziervogel ist die Rede bis hin zum großen Familienstreit. Aha, Ziervogel's Kult-Curry und Konnopke sind also nicht nur rein wirtschaftlich Konkurrenz. Ich beschließe auf dem Weg ins Bett, auf keinen Fall den Berliner Boden zu verlassen, ohne die legendäre Wurst probiert und dem Vergleichstest unterzogen zu haben.
Wenige Stunden später bin ich wieder genesen und wir machen uns gespannt auf den Weg zum gelben Wursttempel unter der U-Bahn. Ja, unter der U-Bahn. Gibt es eigentlich noch eine andere Stadt, in der sich unter der U-Bahn nicht nur noch der Erdkern befindet? Ich fand es in Berlin zuerst furchtbar irritierend, zur U-Bahn von der Straße aus Treppen hoch zu steigen statt runter;-)
Es ist absolut nichts los. Nach den Beschreibungen hatten wir uns auf lange Touristenschlangen eingestellt. Vielleicht war's die falsche (oder richtige) Zeit; egal, freie Sitzplatzwahl hat was für sich. Curry ohne mit Brötchen, bitte.
Die Wurst ist lecker, doch. Aber eine schlechte Wurst habe ich in Berlin noch nirgends bekommen. Würde hier vermutlich als Verstoß gegen die guten Sitten strafrechtlich verfolgt. So weit also alles gut, aber leider stinkt das Wichtigste ab: Die Sauce.
Gemessen am Düsseldorfer Maßstab ist sie gut, hätte mich aber nie zum Currywurstfan mutieren lassen. Sorry, liebe Konnopke-Jünger, aber das konnte mich nicht überzeugen. Wo ist die sonnenfrische Tomate, die mich in meiner Lieblingsbude so begeistert hat? Das abrundende, aber nicht erschlagende Currypulver? Die "Hausgemachtkonsistenz"? Stattdessen habe ich den Eindruck, daß bei der Zubereitung die Essigflasche ausgerutscht ist. Das mag Geschmackssache sein, aber meinen (und den meines Currywurstexperten) hat es nicht getroffen.
Wirklich mies: Das Brötchen. Leute, warum? So viele gar köstliche Schrippen habe ich in Berlin schon essen dürfen. Dieses Exemplar verdient indes den Namen nicht. Es ist zäh, gummiartig und geschmacklos wie ein Fertigbackteil vom Billigbäcker, das man 2 Tage in einer Plastiktüte vergessen hat. Ich beiße einmal ab, dann habe ich genug und stecke das Teil ein für den Fall, daß mir noch ein paar hungrige Krähen über den Weg fliegen. Am nächsten Tag habe ich es dann schließlich entsorgt.
Mit der Sternevergabe tu ich mich schwer; es ist, als würde man an einem Götzen kratzen. Vielleicht habe ich keinen Geschmack? So viele Fliegen können doch nicht irren. Vielleicht den falschen Tag erwischt? Die falsche Uhrzeit?
Ich kann's drehen und wenden, wie ich will. Sauce und Brötchen waren einfach enttäuschend. Meiner Meinung nach gibt es bessere CW-Adressen in Berlin. Wenn eine solche gerade nicht greifbar ist, werde ich Konnopke noch eine Chance geben; vielleicht hatten wir wirklich nur Pech. Und sollte das so sein, korrigiere ich gerne nach oben!
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Wenn ich etwas hasse, dann sind es Termine im Urlaub.27.
Und gerade in einer Stadt wie Berlin, die man nicht in-und auswendig kennt (das dürfte auch kaum möglich sein). Zu schnell verrinnt die Zeit. Man macht sich einen "Besichtigungsplan" und kommt dann doch wieder zu nix, weil man sich irgendwo verläuft und hier was Interessantes entdeckt, da in einer urigen Kneipe versackt oder einfach die Wege unterschätzt. Und kommt man dann wieder nachhause, ist nur ein Bruchteil der großen Pläne umgesetzt. Finde ich aber in Berlin nicht schlimm, denn der Virus hat mich infiziert und ich komme ohnehin wieder.
Aber diesmal ging es nicht ohne Termin. Denn den Bundestag wollten wir uns unbedingt angucken.Im Februar sind wir abgewiesen worden, weil wir die erforderliche Einladung nicht vorweisen konnten. Also beantragten wir diese rechtzeitig im Internet: Besuch der Kuppel und 45-minütiger Vortrag. Zwar hätten wir uns auch gerne eine Plenarsitzung live angeschaut, aber so oft tagen die Herrschaften nicht und unser Berlinaufenthalt fiel leider in die sitzungsfreie Zeit.
Um das Ganze möglicht relaxed zu halten, buchte ich den "Termin" für Sonntag nachmittag 17:00 Uhr. Schließlich wollten wir vorher noch zum Trödelmarkt im Mauerpark und schlafen muß man ja irgendwann auch noch mal. Nichts auf der Welt - nicht einmal eine Einladung in einen Kalifenpalast incl. Gratisbuffet und Willkommensgeschenke in Form von italienischen Schuhen und Handtaschen - könnte mich dazu bringen, im Urlaub den Wecker zu stellen. Wenn ich nicht gerade abreisen muß.
Aber es kam natürlich, wie es kommen mußte. Wir gammelten im Mauerpark-Biergarten rum, hatten lecker gefrühstückt und waren gerade richtig wach geworden. Ich guckte auf die Uhr. Schockschwerenot.
"Mensch, wir müssen los! Schon fast vier! Wie kommen wir denn jetzt schnell zum Bundestag?"
Streß pur. Im Stechschritt hasteten wir Richtung Bahn und versuchten, währenddessen dem Stadt-und Bahnplan die günstigste Anreisemöglichkeit zu entnehmen. Erst mal zum HBF, von da aus ist es ja wohl nicht mehr weit. Dachten wir.
Stimmte natürlich nicht. Wir mußten umsteigen und 2 Stationen zurück fahren.Aber wo war diese verdammte U-Bahn? Es dauerte ewig, bis wir uns endlich an diesem riesigen Bahnhof orientiert hatten. Wie niedlich ist dagegen der knuffige Düsseldorfer HBF:-)
Endlich angekommen, hechteten wir wie die Irren in Richtung Prachtbau und flatternde Landesflaggen. Um 3 vor 4 erreichten wir das bauwagenähnliche Gebilde, in dem man um Einlaß ersuchen mußte. Der Uniformierte schaute auf unsere Einladung und dann finster auf die Uhr.
"Na, sie sind aber auch keine Minute zu früh!"
"Ja, tschuldigung, wir haben uns am Bahnhof verlaufen, sind nicht von hier.." Ach was.
"Dann aber hurtig! Der Vortrag geht gleich los. Ich funke jemanden her, der sie abholt. Sehen sie zu, daß sie schnell durch die Sicherheitskontrollen kommen."
Was mich anging, war das kein Problem; hatte ich doch flugkompatible Klamotten ohne Metallpüngel am Leib. Aber der Mann an meiner Seite schaffte es wie immer aufzufallen. Was man diesem Menschen schon an diversen Flughäfen alles abgenommen hat, geht auf keine Kuhhaut. Hier ein in der Kameratasche vergessenes Taschenmesser, da eine Pulle vergessenes Feuerzeugbenzin. Diesmal ging die Gürteltasche nicht durch. Ein Objektiv wurde für einen Lautsprecher gehalten.
Der überflüssige Plausch mit der Security darüber, daß hier im Bundestag strenger kontrolliert wird als am Düsseldorfer Flughafen, fand zum Glück ein schnelles Ende. Ein weiterer hektischer Sicherheitsmensch warf uns unsere Besucherausweise zu und hetzte uns die Treppe zu den heiligen Hallen hoch, dann durch diverse schnarrende Panzerglastüren. Erinnerte mich an einschlägige Filme: Besuch in Sing Sing. Aber so muß es wohl sein.
Völlig abgekämpft ließen wir uns schließlich auf der Empore über dem Sitzungssaal zwischen den bereits versammelten Besuchern fallen. Der Vortrag hatte natürlich schon angefangen. Ich ärgerte mich. Nicht einmal schaffen wir es, pünktlich zu sein und nicht aufzufallen:-/
Hatte ich insgeheim im Vorfeld befürchtet, einem schnarchlangweiligen Monolog über die deutsche Gesetzgebung lauschen zu müssen, wurde ich zum Glück enttäuscht. Der "Dozent" klärte uns sehr unterhaltsam darüber auf, wie die Sitzverteilung im Plenarsaal aufgebaut ist; erzählte einiges zur langen Geschichte des ehrwürdigen Gebäudes und baute auch witzige Anekdoten ein. Die 45 Minuten (bzw. das, was für uns davon übrig blieb) vergingen wie im Flug.
Besuchern würde ich auf jeden Fall empfehlen, den Vortrag mitzubuchen. Ihr wollt doch sicher auch wissen, warum die Kanzlerin als Einzige im Sitzbereich der "sehr, sehr Wichtigen" kein Telefon auf ihrem Tisch hat:-)
Anschließend wurden wir zum Aufzug Richtung Kuppel geschleust. In den Gängen standen Regale mit Gratisbüchlein wie "Das Grundgesetz" und das "Lexikon der parlamentarischen Begriffe" rum. Wir sackten ein, was nicht niet-und nagelfest war. So was macht sich im Bücherregal oder lässig auf dem Wohnzimmertisch drapiert immer ungemein gut:-)
Schwer bepackt schlichen wir schließlich den Schneckengang der Kuppel Richtung Dachterrasse hoch. Der Ausblick ist natürlich gewaltig. Ebenso wie die baulichen Details aus der Kaiserzeit, die von unten allenfalls zu erahnen sind. Unvorstellbar, wie viel Steinmetzen an diesem Kunstwerk damals beteiligt waren und wie aufwendig das alles gewesen sein muß.
Wieder am Fuß der Kuppel angelangt kann man sich darüber hinaus noch eine hochinteressante Bilderstrecke über die Geschichte des Bundestags reinziehen. Wie schade, daß im heutigen nüchtern-modernen Plenarsaal so gar nichts mehr an die frühere Prunkhalle erinnert. Ich hätte mich als Handwerker geweigert, diese Pracht aus Stuck und schwerem Holz abzureißen. Andererseits würden die langweiligen Zwirne der Damen und Herren Politiker sich in antikem Ambiente nicht so gut machen, und die Zeiten von Uniform und Pickelhaube sind ja gottseidank vorbei:-)
Trotz "Anreisestreß"-der Ausflug hat sich absolut gelohnt und ist wärmstens zu empfehlen. Kostet übrigens auch keinen Cent Eintritt. Und wenn man für seine Steuergelder schon mal was geboten bekommt, sollte man doch auf jeden Fall zuschlagen;-))
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Neulich in Berlin..28.
Schmerzenden Fußes hinke ich die East Side Gallery entlang und verfluche meine unsportlich-gestählten Waden und den von krasser Selbstüberschätzung geprägten Masterplan, die Strecke von Neukölln nach Friedrichshain (natürlich mit diversen Umwegen) per pedes zurückzulegen. Meine vermeintlich bequemen „Laufschuhe“ haben sich inzwischen in wahre Folterinstrumente verwandelt. Ich brauch dringend 'ne Pause. Friedrichshain. Da war doch was? Der Spickzettel wird konsultiert. Ah ja.
„Hier muß gleich das Yaam kommen. Da gehen wir jetzt hin.“
„Yaam? Was'n das schon wieder?“
„Weiß ich auch nicht so ganz genau. Aber T. hat mir das last-minute noch empfohlen. Soll gut sein.“
Und da besagte Empfehlungen mittlerweile auch vom Bewertungsportal-Ablästerer ohne Murren gern genommen werden (aus Erfahrung gut..), muß ich keine weitere Überzeugungsarbeit leisten. Am Ende der East Side Gallery sehen wir schon das Graffiti: „Yaam must survive in Berlin City!“ Ich ahne Böses, da scheint ja was im Busch zu sein. Man befindet sich schließlich in unmittelbarer Spreenähe. Investorenalarm?
Wir durchschreiten bzw. durchkrücken den Eingangs-Mauerbogen und sehen - Strand. Palmen (zwar nur aus Pappe, aber immerhin). Tische, Bänke, bunt besprayte Stehtische. Exotische Grilldüfte und Musik liegen in der Luft.
Aber erst müssen wir an der „Tür“ vorbei. Taschenkontrolle. Aha, selbst mitgebrachte Getränke sind wohl nicht angesagt; verständlich. Da könnte ja jeder kommen. Der Typ wirft einen Blick auf meine Plastiktüte, die den „Ich-hab-zwar-schon-150-Handtaschen-aber-nicht-diese“-Kauf des Tages enthält, und winkt uns durch. Wir stapfen durch den Sand. Ich vergesse meine Füße.
Sind wir noch in einer Großstadt? Hier kann man das ohne weiteres vergessen. Hektik? Nicht im Yaam.
Die Besucher hängen auf Liegen oder Bänken ab, Kinder spielen im Sand; für Leute, die ohne Bewegung nicht auskommen, gibt es ein Beachvolleyball-Areal. Neben der süseemäßig anmutenden Strandbar befindet sich eine Art „Tanzboden“, der gut frequentiert ist.
Wir organisieren uns an der Bar was zu trinken. Ein stilechter Rastaman mixt fachmännisch Cocktails, aber Bierchen, alkfreie und koffeinlastige Getränke sind natürlich auch erhältlich. Nicht zum absoluten Schnäppchenpreis, aber der originellen Location mehr als angemessen. Kein Vergleich zur ehemaligen Medienhafen-Strandbar in der Heimat, wo die Pommerykelche mit den Brillen der Consultants in der Sonne um die Wette blitzten.
Wir hauen uns auf die nächstbeste Bank. Schuhe aus, Hosenbeine hoch, Sonnenbrille runter. Genial, hier könnte ich Wurzeln schlagen. Obwohl Reggae eigentlich nicht meine Musik ist. Im Yaam gehört das so. Es paßt. Karibik; Außenstelle Berlin. Die Musik ist nicht zu laut zum Eindösen, auch die Gäste heben den Geräuschpegel nicht so, daß es stört. Jetzt noch Meeresrauschen..Aber man kann nicht alles haben.
Der Aufruf „Yaam must survive“ kommt natürlich nicht von ungefähr. Ein Schild auf dem Toilettenwagen bestätigt meine spontane Vermutung, Investorenalarm betreffend. Die Initiative „Spreeufer für alle“ stemmt sich gegen den geplanten Bau von Luxuseigentumswohnungen, der neben Teilen der East Side Gallery auch das Yaam zum Opfer fallen soll. Es war ja wohl auch nur eine Frage der Zeit, daß das Potential dieser spitzenmäßigen Lage endlich ausgeschöpft und einer exklusiven Klientel zugänglich gemacht wird. Da tickt die Uhr auch nicht anders als bei uns. Vor meinem inneren Auge formt sich das Horrorbild eines durch gräßliche Wohn- und Büroklötze verschandelten Spreeufers. Was ich davon halte, will mir nicht über die Lippen.
Es dunkelt bereits, als wir uns zwangsläufig aufrappeln. Ausgesprochen ungern, aber wir sind verabredet und müssen ja noch irgendwie nach Prenzlauer Berg kommen. Ein weiterer Gewaltmarsch ist definitiv keine Option. Also schlappen wir zum nahen Ostbahnhof und beschließen, auf jeden Fall wiederzukommen.
Wenn es das Yaam dann noch gibt und man es nicht in eine weitere Berliner Baustelle verwandelt hat. Meine Internetrecherche zu dem Thema ergab nichts wirklich Konkretes, aber die Gefahr scheint noch nicht gebannt zu sein. Wer diese außergewöhnliche Stätte noch erleben will, sollte sich also sputen. Aber vielleicht-so hoffe ich zumindest-geschieht ja noch ein Wunder..
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Sushi in Berlin? Pfff..Das muß ich mir ja nun wirklich nicht geben. Schließlich komme ich aus Düsseldorf, der größten japanischen Enklave außerhalb von Japan. Entsprechende Restos haben wir hier mehr als genug. Sushi gehört zu Düsseldorf wie das Altbier. Und es ist natürlich mörderteuer. Deshalb pflege ich Sushi-Orgien auch lieber in Hong Kong oder Bangkok zu feiern. Aber in Berlin?29.
Wir gammeln über die Schönhauser Allee und schlagen die Zeit tot, bis unser Hotelzimmer beziehbar ist. Meine Begleitung nervt.
„Guck mal, da kann man schön draußen sitzen. Und ich hab Hunger, die Currywurst ist ja schon wieder ne Stunde her. Ich eß mir jetzt ein paar Sushis.“ Männer.
Na gut, ich könnte einen Kaffee vertragen. Wir nehmen Platz an der Sonne. Ich äuge in den Laden; es ist absolut nichts los und ich nutze die Gelegenheit, ein Foto zu machen. Vielleicht wird man ja noch eine Bewertung schreiben?
Die Karte rollt an. Eigentlich bin ich nicht interessiert, aber dann beginnt mein Gegenüber zu röcheln.
„Ich fass es nicht! Das kann ja wohl nicht wahr sein. Guck Dir mal die Preise an!“
Ich gucke und bin konsterniert. Die Auswahl ist gigantisch. Es gibt nicht nur alle Arten von Sushi, sondern auch noch vietnamesische Gerichte, von denen ich noch nie gehört hab.
Wir ordern eine Portion Unagi Maki (mit Süßwasseraal)-6 Stück zu 2,70 €. Ein unglaublicher Kampfpreis. Da kann man eigentlich nichts besonderes erwarten, oder?
Die Rohfisch-Reisröllchen kommen geschwind. Eigentlich hab ich ja keinen Hunger, aber das muß ich doch probieren. Und wir sind begeistert. Die schmecken vorzüglich. Der Reis nur so pappig, wie es eben sein muß, der Fisch wohlriechend und-schmeckend. Auch wenn ein Currywurstabend geopfert werden muß-hier gehen wir noch mal richtig essen, da sind wir uns einig.
Gesagt, getan. Ein paar Tage später ist es so weit. Es ist Sonntag abend, keine schlechte Ausgehzeit. Trotzdem ist der Laden leer. Wie kommt das nur? Gehen Berliner sonntags nicht raus?
Die Berliner bestellen sich lieber was nachhause, vermuten wir dann. Denn der Lieferservice hat gut zu tun, auch ordern viele Leute „zum Mitnehmen“. Vielleicht ist es vielen auch zu ungemütlich? Die Einrichtung ist schlicht, aber nicht unschön. Zumindest hat man sich mit Dekopüngel stark zurückgehalten. Aber natürlich gibt es das obligatorische Aquarium, in dem sich eng gedrängt edelste Zierfische bewegen. Bei diesem Anblick denke ich immer darüber nach, wie sich diese Tiere wohl fühlen mögen..
Wir nehmen die Karten entgegen; wild entschlossen, richtig zuzuschlagen. Der leckere Aal muß wieder sein, dazu 6 Thunfischmaki und ein Wan Tan-Süppchen. Vietnamesisch kennen wir noch nicht, also ordern wir 2 Hauptgerichte: „Bun Bo“ (Reisnudeln mit gebratenem Rindfleisch, Erdnüssen, Salat. Koriander, Minze und Sauer-Scharf-Sauce) und „Vit Rau Thap Cam“ (Entenfleisch mit Sellerie, Paprika, Kräutern und Reis). Bei Preisen für um die 6 € pro Hauptgericht können die Portionen ja nicht so wild sein; ich peile bereits einen Nachtisch an.
Die Makis sind erwartungsgemäß köstlich und ruckzuck verspeist. Wir testen die Wan Tan- Suppe. Für 2,90 € gibt es eine ordentliche Tasse voll. Wan Tan-Suppen habe ich schon so ziemlich überall gegessen; die Beste in China, klar. Aber dieses Berliner Exemplar hält mit dem Original locker mit. Eine sehr geschmackvolle Brühe mit feinst gefüllten „asiatischen Maultaschen“;-)
Wir sind begeistert.
Als die Hauptgerichte kommen, fallen mir die Augen aus dem Kopf. Adios, gebackene Banane zum Nachtisch; wär schön gewesen mit dir. Wieder einmal stellen wir fest, daß Düsseldorfer Maßstäbe in Sachen Preis-Mengenverhältnis hier nicht am Platz sind.
Vor mir türmt sich ein Riesenhaufen Glasnudeln, bedeckt mit dem Fleisch eines halben Rindes-naja, fast;-) Dazu eine Menge exotisch duftendes Grünzeug und ein Schüsselchen klarer Flüssigkeit, die ich mißtrauisch beäuge. Auf dem Teller gegenüber sieht’s mengenmäßig nicht schlechter aus. Wir rüsten uns mit den Stäbchen zum Kampf.
Wie gesagt, ich hatte bis dato noch keine Erfahrung mit vietnamesischem Essen. Die Glasnudeln sind ein klein wenig glibberig (zu lange gekocht? Oder muß das so sein?). Nichtsdestotrotz sind sie lecker. Das butterzarte Fleisch erinnert mich an koreanisches Bulgogi und schmeckt phantastisch. Und das in der Kombination mit Minze, Koriander, den Nüssen und der nicht überscharfen, trotzdem extrem exotischen Sauce-großartig. Garküchengefühl kommt auf. Und das habe ich hierzulande selten. Mein Gegenüber schaufelt schweigend, was immer ein gutes Zeichen ist. Ich probiere seine Sauce-sie schmeckt gut, mir aber einen Hauch zu „mainstreamig“. Meine Wahl war auf jeden Fall die Bessere.
Wir schaffen es tatsächlich, uns das alles reinzudrücken und müssen dann dringend an die Luft. Zahlen bitte. Wir loben ausführlich; die Bedienung ist hocherfreut. Und wir sind es erst recht: Unsere Zeche beträgt (incl. 2 großen Apfelschorlen und einer Kanne Tee) 27,60 €. Der Bon liegt hier neben mir und ich kann es immer noch kaum glauben. Dafür kriege ich zuhause – keine Ahnung, jedenfalls nicht viel.
„Da gehen wir wieder hin!“ wird beschlossen, als wir uns fix und fertig mit offenem Hosenbund Richtung Eselsbrücke schleichen.
Auf jeden Fall. Bis dahin hab ich wahrscheinlich auch wieder Hunger:-)
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Quo vadis, Flingern?30.
Unser schöner "Kiez" ist schon seit einiger Zeit im Umbruch; ist ja nix neues. Viele schöne Jahre galt Flingern als Arbeiterviertel mit hohem Ausländeranteil und niedrigem Pro-Kopf-Einkommen. Wer auf sich hielt, wollte da nicht hin.
Auf der Habenseite hatten wir allerdings schöne Altbauten, ruhig-idyllische Straßen mit altem Baumbestand, diverse Restaurant-und-Kneipen-Geheimtipps, die Birkenstr. mit allem, was der Mensch so braucht-Discounter ebenso wie originelle Einzelhändler. Die Mieten bezahlbar, das Bier so preiswert wie sonst nur am Büdchen. Es ließ sich hier leben.
Das Elend an solchen Vierteln ist, daß früher oder später ein "feindliches Raumschiff" landet. Sei es der Berufssohn, für den Papa im hippen Unterbilk keine Galerie gefunden hat und der durch Zufall ein leerstehendes Ladenlokal im idyllischen Flingern-Nord gesichtet hat. Oder der auftragsmäßig gerade etwas durchhängende Architekt, der normalerweise seine Knete mit dem Entwurf gräßlicher Betonwürfel verdient, aber für sich selbst natürlich größten Wert auf eine Wohnung aus dem vorigen Jahrhundert legt, mit Stuck, Flügeltüren und Eichenparkett. Hier gab's das alles noch, für relativ kleines Geld.
Eine Etage tiefer ist dann noch eine Wohnung frei. Der Architekt ruft seinen Kumpel, den Grafiker, an. Der steht als Künstler mit Geschmack und Stil natürlich auch auf Altbau. Aber Unterbilk, auch ein ehemaliges Arbeiterviertel, das diese Entwicklung schon hinter sich hat, ist inzwischen unbezahlbar.
Spätestens dann taucht auch der Lifestylepresse-Schreiberling auf. Das neue "In-Viertel" ist geboren.
"Flingern wird hip!" lautet dann die Schlagzeile im Szeneblättchen.
Die entsprechende Gastronomie läßt natürlich nicht lange auf sich warten.
Teuer. Muß auch. Denn die Mieten steigen. Längst drängt auch der gutverdienende Hipster ins Viertel. Der braucht mittags sein Sushi, nicht den preiswerten Metzger mit Kohlroulade im Mittagstisch-Sortiment.
Und sein Weinchen trinkt er in cool-stylischen "Locations". Nicht in Kneipen. Also eröffnen immer mehr trendige Schuppen.
Ein Eis möchte man ja auch mal essen. Bio soll, muß es sein. Allein schon die Nähe zum Vegetarier-Tempel "sattgrün" gebietet das. Und nicht zu unausgefallen. Erdbeer, Schoko, Vanille-kann man machen, aber ohne Chili-Sour-Aperol-Pommery-topped-southafrican-lime-taste-ice-cream kann ein wirklich hipper Eisdealer heute nun wirklich nicht mehr punkten.
Hab ich eigentlich auch nichts gegen. Eis ohne Chemie-toll. Gerne auch ausgefallenere Sorten. Muß nicht, kann aber. Und da so viele das Nordmann-Eis über den grünen Klee loben, das Wetter schön und vor dem Laden ein Parkplatz frei war, beschlossen wir, das "Eisjuwel von Flingern" mal zu testen.
Draußen sitzt man auf etwas unbequemen Stühlen, trotzdem nett in der Sonne. Der Laden selbst ist übersichtlich und puristisch-geschmackssicher eingerichtet, wie es der stylische Einrichtungscode gebietet: Weiße Tische, weiße Stühle, weiße Wände, Kristalllüster und ein Hauch Designergrün. Außer der Eistheke erinnert nichts an die guten alten italienischen Eisdielen mit kitschigen Adria-Fotos an den Wänden. Wäre ja auch nicht mehr zeitgemäß, zugegeben.
Die Preise lassen uns schlucken. Ein Kügelchen Eis für 1 € ist happig. Aber ist ja Bio. Wenn es wirklich so gut ist, wie behauptet wird, sei's drum. Das letzte Hemd..
Die Bedienung ist nicht direkt unfreundlich, aber hart an der Grenze. Lächeln wird nicht erwidert. Die Bestellung wird auf den Tisch geknallt. Kein überflüssiges Wort und zelebrierte Arbeitsunlust. Das gehört in einer angesagten "Location" in Düsseldorf wohl dazu. Ich bin hier geboren-aber daran werde ich mich nie gewöhnen.
Puh, ich texte und texte schon wieder-kommen wir zum Wesentlichen. Das Eis.
Zitrone-Ingwer, schwarzer Mohn und Erdbeer wurde getestet. Erdbeereis gehört zu meinen Lieblingssorten, da bin ich echt anspruchsvoll.
Die Konsistenz war großartig; locker, leicht und ohne Fettschlieren am Gaumen zu hinterlassen. Beim Erdbeereis -es war recht lecker, aber keine Offenbarung-hatte ich ein leichtes Störgefühl. Schmeckt Bio so? Sind da wirklich keine chemischen Helferlein drin? Ich weiß es nicht.
Zitrone-Ingwer war wirklich ein Highlight, meinem Begleiter indes zu süß. Auch das Mohneis schmeckte ausgefallen, aber gut. Trotzdem, ich bleibe dabei: 3 € für drei kleine Eiskügelchen - zu hoch für das Gebotene.
Eine absolute Frechheit: Für ein bißchen Sahne werden € 1,10 aufgerufen. Stammt diese Sahne von einer handgemolkenen Kobe-Kuh?
Aber so ist das halt mit angesagten Läden in angesagten Vierteln. Man zahlt den Preis. Ein besseres Gefühl hätte ich dabei gehabt, wenn wir wenigstens noch nett bedient worden wären. Zuviel verlangt. Dafür ist der Laden in.
Eis 3-4 Sterne. Der Rest - naja. Da hilft auch der zum frischen Minztee (€ 2,60, ups!) servierte Miniwürfel Kuchen (nette Idee) nicht wirklich weiter.
Irgendwann wird der Hype vermutlich vorbei sein und der Laden den Weg alles Irdischen gehen. Was kommt dann? Frozen Yoghurt? Oder der Bubble Tea wird exhumiert?
Quo vadis, Flingern?