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Coburg – Stadt der Eisdielen. War meine Geburtsstadt für die höchste Schuhladendichte pro Einwohner bekannt, bemüht sich Coburg redlich um den Status als meisteisbedielte Stadt südlich des Weißwurstäquators. In einer Entfernung von nicht einmal acht Fußminuten befinden sich ganze acht Eisdielen, die um Kundschaft buhlen. Nach einem völlig selbstlosen Schlotztest in allen Etablissements steht der absolute Favorit fest – die Cortina, bei den Einheimischen auch gerne einfach als „Cort“ bezeichnet.1.
Die Cort befindet sich an der Grenze zwischen der Coburger Einkaufsmeile Spitalgasse und dem ein wenig stiefmütterlich behandelten Steinweg, der eher für kleine Läden und die örtliche Feiermeile bekannt ist. Gäbe es einen Archetypenplan für Eisdielen, die Cort würde die meisten Klischees erfüllen… Ein langer und schmaler Laden – ja. Eine Reihe der obligatorisch quadratischen Tischchen – ja. Eine recht enge Eistheke im Vorderteil des Ladens – noch ein ja. Knisselige dünne Papierservietten mit der Saugkraft einer Bodenfliese – auch hier ein glattes ja. Nun besucht man Eisdielen ja eher weniger wegen architektonischen Errungenschaften, sondern eher des Eises wegen. Und hier spielt die Cort all ihre Trümpfe aus.
Das Eis ist einfach großartig! Selbstgemacht, cremig, schlotzig, eine große, aber nicht übertriebene Auswahl und vor allem türmt sich hier das Eis in seinen Metallbehältern nicht, gestärkt durch künstliche Stabilisatoren, Emulgatoren und sonstige -oren, bis gefühlt 30 cm oberhalb der Gefriertruhengrenze. Knatschbuntes Eis sucht man hier ebenfalls vergebens, stattdessen kommt das Eis in natürlichen Farben und nicht E131-Blau daher. Die Sorten rangieren zwischen klassischen Milch- und Fruchteissorten, bis hin zu Mozarteis, Yoghurette, dunkler Schokolade und Walnuss-Feigen-Eis. Mein persönlicher Favorit für „auf die Hand“ sind Malaga (mit extrem vielen schön schnapsigen Rumrosinen drin, die keine Gefriertrockenmumien sind) und Milchreiseis (schmeckt tatsächlich wie frischer Milchreis und enthält auch Milchreiskörner! Die netten Besitzerinnen streuen auf Wunsch noch ein bisschen Zimt drauf). Die Kugel kostet hier 1,20 Euro.
Entscheidet man sich für ein „Sitzeis“ und nimmt an einem der Tische Platz, erwartet einen eine große Auswahl verschiedener Eisbecher. Neben den Standardbechern, die man aus so ziemlich jeder Eisdiele kennt, gibt es hier auch leckere Varianten wie beispielsweise den von mir präferierten Copa Raffaello, der sich aus Sahneeis, Stracciatella, Sahne, vielen Kokosraspeln, einer Kugel Raffaello und Batida de Coco zusammensetzt. Ebenfalls sehr empfehlenswert ist der Mozartbecher mit Mozarteis, Sahneeis, Sahne, Pistaziensauce und Mozartkugel obendrauf. Die meisten Eisbecher im Sortiment kosten 5,20 Euro. Als Tübinger reibt man sich spätestens hier verwirrt die Äuglein.
Die Cort ist aber nicht nur wegen des großartigen Eises so beliebt, sondern auch wegen ihrer bezaubernden Besitzerinnen. Die zwei routinierten älteren Damen, die den Laden betreiben, stehen immer persönlich hier der Theke und haben vermutlich halb Coburg aufwachsen und selbst wieder Nachwuchs bekomme sehen. Hier wird einem jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Keine Lust auf das, was auf der Karte steht? Kein Problem, die Chefinnen mischen einem auch Wunscheisbecher nach Belieben. Ein Schokoladenbecher ohne Schokoladen, dafür mir Joghurteis, Walnuss-Feige und Erdbeersauce? Auf Wunsch geht alles.
Durstige Menschen erhalten hier jedwede Form von Kaffeespezialitäten, hervorgebracht von einer italienischen Siebträgermaschine. Für Unentschlossene zwischen Eis und Kaffee gibt’s natürlich auch Eiskaffe oder (Geheimtipp!) einen wunderbaren Affogato al Caffè – eine Kugel Eis in einem doppelten Espresso, besonders fein mit zartbitterem Schokoladeneis. Wer es alkoholischer mag, erhält auch hier die üblichen fifty shades of Aperol Spritz und artverwandte Stielglasgetränke mit Eiswürfeln. Dazu reichen die Chefinnen immer ein Schälchen Chips oder Erdnüsse aufs Haus.
Neben den Sitzplätzen im Inneren gibt es auch noch vier hohe Tische vor der Tür, von denen zwei mit Barhockern ausgestattet sind. Das Gastschlauchräumchen innen ist barrierefrei, die Toilette allerdings nur über Stufen erreichbar. Die Hochtische draußen sind für die Barrierefreiheit auch eher so semi, aber hier wird gerne mit einem schnell herbeigeschafften niedrigen Tisch und auf Wunsch auch mit passender Bestuhlung ausgeholfen. Ein Lesen der Karte ist bei Sehschwäche auch nicht nötig, die Chefinnen kennen ihre Karte besser als ihre Westentasche und erzählen gern, was es alles gibt.
Ich bin zwar erst ein halbes Jahr in Coburg, die Cort gehört aber trotzdem regelmäßig dazu. Ob nur für einen schnellen Espresso, einen halbschnellen Affogato al Caffè oder für Hand- oder Sitzeis, ich bin einfach gerne hier. Könnte ich sechs Sterne geben, ich würde es tun. So muss ich es allerdings bei fünf Eissternchen belassen. Bleibt wie ihr seid, liebe Cort!
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Coburg… Bis vor kurzem war die Gegend hier ein weißer Fleck auf meiner Landkarte. Co… wo?! Eine große Suchmaschine wusste Rat. Co… irgendwo – in Bayern, genauer gesagt in Franken, recht nahe der Landesgrenze zu Thüringen. Die Fahrt aus dem Ländle hier her dauert so um die dreieinhalb Stunden. Den Weg an einem Tag doppelt zu fahren ist zwar möglich, aber ätzend, daher musste ein Hotel in Coburg her. Um noch etwas vom Städtle (Mist, da passt gar kein fränkisch gerolltes r rein) sehen zu können, sollte das Hotel möglichst innenstadtnah liegen und die Wahl fiel, nach kurzer Recherche, auf die Goldene Traube.2.
Nach langem Tag und kurzer Anfahrtsplanlosigkeit in Coburg Downtown war das Hotel dann doch fix gefunden, nur die hoteleigenen Parkplätze hatten sich noch gut versteckt. Gegenüber dem Hotel kann man aber dankbarerweise ab 18:00 kostenfrei parken, allerdings nur bis früh am nächsten Morgen und ganz so früh aufstehen war dann doch nicht das erklärte Ziel… also nachfragen, während das Gepäck noch ein paar Minuten im Auto warten durfte.
Am Empfang wartete die unglaublich liebenswerte und charmant witzige Hotelleiterin und leitete das Begrüßungsprocedere mit den Worten „Ich habe schlechte Nachrichten für Sie, ich musste Sie kostenfrei upgraden“ ein. Tief deprimiert folgte die Erledigung des recht kompakten Papierkrams und die Übergabe des Zimmerschlüssels, der am Zimmer gänzlich unfrickelig per Transponder funktioniert. Einfach dranhalten und Sesam öffnet sich. Die nette Chefin erklärte, dass es, Innenstadtlage sei Dank, nur sieben Parkplätze am Haus gibt. Rettung in Form eines recht kostengünstigen Parkhauses gibt es allerdings nicht einmal 150m entfernt (Tarif pro 24h etwa 11,50 Euro). Also Koffer raus aus dem Vehikel und Auto fix im Parkhaus geparkt.
Eigentlich hatte ich mich auf ein klassisches Hotelbuffet mit ganz viel Rührei und Dingen, die ich zuhause sonst zeitmangelstechnisch nie frühstücke, gefreut. Leider hat Corona da einen schönen Strich durch die Rechnung gemacht. Statt üppigem Buffet für 15 Euro, gibt es aktuell nur eine nach Wunsch konfigurierbare Frühstücksbox für 9 Euro und ein paar Zerquetschte. Daher habe ich aufs Hotelfrühstück verzichtet und am nächsten Morgen in der Innenstadt gefrühstückt.
Das Upgrade-Zimmer war schön groß, sehr sauber und die Einrichtung bequem und bunt. Hier hat man keine Angst vor Farben. Da kann man auch gerne mal ein grünes Sofa zum Used-Look-Tisch in Sonnenblumengelb kombinieren. Alles war in sich stimmig, das Bett bequem und nicht von dem Komfortstufen „Fakir“ oder „Hilfe, ich versinke in meiner Schlafunterlage“, sondern im bequemen Spektrum genau dazwischen. Das Bad war modern, hervorragend ausgeleuchtet, man sah im Spiegel nicht aus wie sein eigener Tod, der zusätzlich noch drei Nächte nicht geschlafen hat und der Wasserdruck war auch optimal. Weder „Kärcher“, noch „fingerdünnes Rinnsal“. Großartig! In der Minibar sind alle Getränke kostenlos. Darunter findet sich Wasser mit und ohne Kohlensäure, sowie irgendwas mit Rum, ich habe nicht genauer nachgesehen.
Das hoteleigene Restaurant habe ich leider nicht getestet, habe aber nur das Beste darüber gehört. Eine rechtzeitige Reservierung ist wohl, besonders am Wochenende, unerlässlich. Ein besonderes Gimmick sind die zum Hotel gehörenden Blaukehl-Agamen, die in einem Terrarium in der Lobby wohnen. Die Eidechsen-artigen haben weinlastige Namen und sind einfach nur putzig.
Im Hotel gibt es einen Aufzug, eine handvoll Stufen am Eingang muss man allerdings trotzdem überwinden. Die Zimmer liegen zum Teil auf Halbstockwerken, die Barrierefreiheit einzelner Zimmer sollte am besten vorher erfragt werden.
Ich komme gerne wieder, wahrscheinlich schon recht bald. Von mir gibt’s die volle Punktzahl. Ein toller Ort zum Übernachten. Der Zimmerpreis lag bei um die 80 Euro. Das bezahle ich hier gerne.
Und zum Abschluss, weils so schön ist (und ich üben muss)... Darauf ein Fränkisches "Cobuich"! Und vielen Dank an einen Fränkischen Nutzer, der mir einen grässlichen Ohrwurm über Cobuicher Brotwürscht beschert hat :)
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Tübingen, 16:40 Uhr. Ich verlasse nach etlichen Kilometern den Nordring. Die Schlappen sind runter, das Profil gleicht einer Nulllinie. Der Winter kommt, ich brauche Grip. Ein Boxenstopp bei einem Reifenhändler ist unerlässlich. Ein kurzer und sehr freundlicher Funkkontakt mit der Werkstatt, äh… der Box, meiner Wahl, führte zu einem Termin um 17:00.3.
Eigentlich wäre der Boxenstopp schon morgens gewesen, allerdings wurden von vier nur drei Reifen geliefert, der fehlende Reifen wurde sofort nachgeordert und traf noch am selben Tag in der Werkstatt ein.
Tübingen, 16:50 Uhr. Offenbar eine Security Car-Phase im Hotspot Derendingen Südstadt, die letzten Kilometer bis zum Boxenstopp werden zur Qual, hier geht nix mehr. Banger Blick zur Uhr.
Tübingen, 16:58 Uhr. Wer baut T-Kreuzungen auf Rennstrecken, bei denen man, vom langen T-Strich kommend keine Vorfahrt hat?! Vor mir steht jemand, der auch bei 200m freier Strecke pro Seite noch Angst hat, abzubiegen. Ungeduld.
Tübingen, 17:02 Uhr. Ich fahre der Box entgegen, der Werkstattchef steht schon vor der Tür und guckt auf seine Uhr. Er winkt mich wedelnd in die Werkstatt. Ich vermisse die rot beleuchteten Rieseneishörnchen, mit denen Fluglotsen winken dürfen. Mein Auto endet direkt auf der Hebebühne.
Tübingen, 17:02 Uhr. Noch während die Hebebühne mit Heben beschäftigt ist, sind die Zierblenden meiner Räder ab und der erste von drei (!) mit meinem Auto beschäftigten Mechanikern löst mit einem elektrischen Radmuttern-Rätsch-Teil die Muttern meiner Räder. Arbeiter Nummer 2 wartet auf das erste Rad und beginnt damit, den alten Schlappen von der Felge zu stemmen.
Tübingen, 17:05 Uhr. Der erste neue Reifen wird auf die Felge montiert, das Auswuchten geht auch fix von der Hand und das erste Rad wird wieder an meinem Auto montiert. Ich bin perplex.
Tübingen, 17:07 Uhr. Ich habe den Überblick verloren. Drei Mitarbeiter hantieren in Schallgeschwindigkeit an Neubereifung und Auswuchtdingens und Radmuttern-Rätsch-Teil. Das Ganze erinnert an Hütchenspiel mit Menschen, da die Plätze in Rekordzeit getauscht werden.
Tübingen, 17:13 Uhr. Die Hebebühne senkt sich, alle vier Reifen auf meinen Felgen sind erneuert, ausgewuchtet, die Felgen eingefettet. Noch vor dem Touchdown meines Wagens auf dem Boden klopft einer der drei Mechaniker meine Radblenden fest.
Tübingen, 17:14 Uhr. Nach ganzen elf Minuten (!) Arbeit ist mein Wagen startklar für die nächsten Runden auf dem Nordring. Ich bin absolut perplex…. Positiv perplex, denn ich habe noch nie einen so schnellen und so eingespielten Reifenwechsel erlebt. Die 56 Euro dafür (plus den Preis für die neuen Schlappen), sowie 10 Euro Entsorgungsgebühr für die Altreifen, runde ich mit 10 Euro Trinkgeld für die Turbomitarbeiter auf.
Tübingen, 17:16 Uhr. Ab nach Hause, äh… auf die Rennbahn.
Könnte ich sechs Sterne vergeben, ich würde es sofort tun. Ein unglaublich nettes Team hantiert hier in Schallgeschwindigkeit. Ich bin froh, dass ich das Auto nicht abgeben und irgendwann abends wiederkommen muss, sondern auf das Auto warten kann. Zusätzlich macht es auch wirklich Freude, so ein eingespieltes Team bei der Arbeit zu beobachten. Hier sitzt jeder Handgriff. Der nächste Boxenstopp wird definitiv wieder hier erfolgen.
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Wenn es um chinesisches Essen in Deutschland geht, erlebt man meistens Flops. Zumindest dann, wenn man echte chinesische Küche probieren konnte, durfte (und manchmal musste).
Leider werden alle Gerichte von den meisten Restaurantbetreibern „ab Werk“ mit dem großen Teutonenschmirgel bearbeitet und Original ist daran meistens nichts. Die chinesische Küche besteht aus so viel mehr als „Nummer Fünf mit Ente“ oder „Schweinefleisch süß-sauer“ mit einer epischen Menge Klebreis al dente.
Das Geschrei in Tübingen war zuerst groß, als „noch ein Chinese“ und „noch ein Imbiss“ in bester Lage eröffneten. Das Sanbao thront im ersten Stock über der Tübinger Neckarüberquerungs-Hauptrennbahn, der Eberhardsbrücke. Die Lage ist toll und der hungrige Futterer kann sowohl das Treiben auf der Brücke (Busse vs. Fahrradfahrer), als auch das Treiben am und auf dem Neckar bewundern (Stocherkahn vs Tretboot, Selfietime mit Beinahehavarie des Telefons).
Der „noch ein Chinese“-Chinese wurde mir von einer Chinesin empfohlen, die mich auch direkt dorthin mitgenommen hat. Hier essen erstaunlich viele Chinesen! Allein schon das gab Grund und Anlass zur Hoffnung, dass es hier mehr als die obligatorischen Standard-Kombinationen gibt. Die Speisekarte enttäuschte im ersten Moment absolut, die gleichen teutonengehobelten Gerichte, die es in jedem anderen Laden auch gibt. Schade. Noch ein Chinese.
Dann reichte mir meine Begleiterin eine zweite Karte, die alle Sorge verfliegen ließ. Es gibt traditionelles Essen! Auf der Karte finden sich allerlei Köstlich- und Kötzlichkeiten aus der Kanton- und Sichuan-Hunan-Küche. Von Suppen (Rindfleischsuppe mit Nudeln (lecker! Serviert in einem Gebinde, das auch zwei Leute satt macht), bis hin zu kalten Vorspeisen (Tofu mit Tausendjährigen Eiern… hrch) und Schweinesehnen in Essig eingelegt, kann man hier alles probieren, was die regionale chinesische Küche so hergibt…. Und dann erblicke ich sie, Jiaozi!!! Die chinesische Version von Herrgottsbscheißerle, die zusammen mit Sojasoße zum Ditschen einfach großartig schmecken. Die sind bestellt! Acht Stück kosten um die vier Euro, sehr fair! Meine Begleiterin wählt Omelette mit Bittergurke und ich lerne, dass Bittergurke ihrem Namen alle Ehre macht… ALLE EHRE. Hrch. Die Maultaschen sind in der Lage, das Meer von Bitter wieder aus dem Mund zu vertreiben.
Die Liste von Hauptgerichten beinhaltet von Vegetaria, Federvieh, über Rind, Schwein und Meeresgekreuch so ziemlich alles, was nicht bei drei unterm nächsten terrestrischen oder submarinen Stein verschwunden ist. Mutige wagen sich an eine ganze Palette eigenwilliger Innereien (Schweinedarm, scharf), Schüchterne wählen Ente mit und in Ananas. Ich wähle Gung Bao Chicken, scharf. Meine Begleiterin wählt Tintenfisch mit Gemüse. Die Preise rangieren zwischen 8 und 10 Euro. Beide Gerichte schmecken großartig. Der Tintenfisch ist schön zart, kein Autoreifen. Das Gung Bao schmeckt ebenfalls wunderbar, aber scharf macht seinem Namen alle Ehre… No pain, no gain!
Der Versuch, den glühenden Lappen namens Zunge in chinesischem Bier zu kühlen, misslingt grandios. Zungenteeren mit Reis erweist sich als deutlich wirksamer… Es ist herrlich, wenn der Schmerz wieder nachlässt.
Das Personal ist immer aufmerksam und freundlich. Ich war inzwischen häufiger hier und einmal habe ich bisher erlebt, dass die Bestellung „ohne Zwiebeln“ nicht funktioniert ha. Eine kurze Rückfrage ergab ein Getränk gratis (obwohl ich das gar nicht gebraucht hätte, aber die Zwiebeln lagen nun einmal nach dem Essen einsam auf dem ansonsten leeren Teller).
Die Preise sind absolut fair, die Sitzplätze am Fenster großartig (Titanic II – Stocherkahn vs. Tretboot). Ich komme gerne wieder. Das Lokal ist barrierefrei, ein Fahrstuhl bringt einen in den ersten Stock. Fast alle Tübinger Stadtbusse halten in 50m Entfernung an der Haltestelle Neckarbrücke. Parken ist eher mau, es empfehlen sich das Neckarparkhaus oder die Suche eines Parkplatzes entlang der Gartenstraße.
… und das Beste ist, dass der Teutonenhobel hier eine lobenswerte Ausnahme gemacht hat. Darauf ein xièxiè!geschrieben für:
Restaurants und Gaststätten / Chinesische Restaurants in Tübingen
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Alle Jahre wieder Tour im März die gesamte fachliche Kollegenschaft quer durch Deutschland und versammelt sich an (mehr oder weniger) erlesenen Orten. Dieses Jahr waren wir in Magdeburg, ziemlich Downtown, ziemlich domnah. Da die gestresste Tagende wenig Lust auf kilometerlange Märsche zum Hotel hatte, hat sie sich für das nagelneue B&B Hotel entschieden.5.
Andere Hotels werden auf der großen, grünen Wiese errichtet, hier hat man eher die schmale, graue Brache zwischen TÜV, Bahngleisen, einem Koreaner und einem Wohnblock gewählt. Hier steht nun ein kubistisch-puristischer, weiß verputzter Hotelblock mit einigen Gästeparkplätzen im Hof.
Parkt man auf ebendiesem, wird man feststellen, dass es keinen Zugang vom Hof zum Hotel gibt und so wieselt der bepackte Gast mit jeglichem Geraffel erst einmal eine Runde ums Karree. Dort findet man sich vor dem obligatorisch aschenbebecherten Hoteleingang wieder. Zwei Türen trennen einen nun vom Entree – beide sind unglaublich schwer und gegenläufig zu öffnen. Ist kein Galan zur Hand, muss man das Geraffel abstellen und mittels Füßchen die Tür ofenhalten, während man das Gepäck durchaalt… Vor allem, wenn die Türen artig nach außen aufgehen. Zwischen Tür 1 und 2 findet sich ein Terminal zum Selbsteinchecken (falls man außerhalb der Öffnungszeiten der Rezeption anrückt) und zum keycodebasierten Öffnen der inneren Tür, da auch diese nur innerhalt der Öffnungszeiten offen ist.
Der freundliche Rezeptionist hat meine Buchung direkt bearbeitet, bezahlt wird hier sofort. Dafür erhält man einen sechsstelligen Keycode, mit dem sich sowohl die Zimmertür, als auch eben besungene Tür Nr. 2 öffnen lässt. AM Tag der Abreise ist der Keycode bis 12:00 gültig. Danach verliert er seine Gültigkeit. Ein Checkout muss daher nicht erfolgen. Man geht einfach.
KaterRinas Sondertipp: Keycode mit dem Handy abfotografieren, so kann man das Ding nicht mehr verlieren.
Der Aufzug gen Zimmer roch noch sehr neu, ebenso, wie das sehr saubere Zimmer selbst. Das Hotel wurde erst im Dezember 2017 eröffnet und dünstet noch ein wenig aus. Auch hier wartete wieder eine saumäßig schwere Eingangstür mit Schnappmechanismus und daher wieder das übliche Geraffelschieben via Füßchen. Das Zimmer ist recht überschaubar, einen Platz zum Legen eines offenen Koffers hatte ich nicht. Ein Bett, ein Pygmäentischchen, zwei lehnenlose Hocker, ein Einbauschrank, ein Fernseher, das war‘s dann auch schon mit Interieur. Das Bad war klein, schlicht, aber sehr in Ordnung. Wer einen Fön möchte, wird im Zimmer keinen finden. Das Teil kann gegen zehn Euro Pfand an der Rezeption ausgeliehen werden. Zumindest sagt das das Schaf mit der Fönwelle…
Hier gibt es Schafe. In allen Versionen, Farben und Größen. Das Schaf ist das hoteleigene Wappentier und wirbt im Haus überall für alles. Mieses Wetter? Schaf im Friesennerz! Fön von Nöten? Schaf mit Fönwelle. Ostern naht? Schaf mit Eiern. Es war Karneval? Da hilft ein jeckes Helau-Schaf… Wo kein Schaf, da Boris Becker, denn auch ihn hat man offenbar für Werbung rekrutiert.
Das Free WiFi lief so semi, an einem Tag hatte es einen Komplettausfall, aber abends hat sich alles erfolgreich wieder berappelt. Die Schallisolation der Fenster ist phantastisch, man kriegt von der (wenig erbaulichen) Umwelt nicht viel mit.
KaterRinas Sondertipp: Trainspotter? Unbedingt Zimmer zum Hof wählen! Hier fährt alle Minute ein Zug in knappen 100m Luftlinie vorbei. Von Güterzug bis ICE ist hier alles zu gucken, was auf Schienen fahren kann.
Das Frühstück wird in Buffetform serviert und ist recht übersichtlich, aber durchaus gut. Mehrere Sorten (Aufback-)Brötchen, drei Sorten Wurst, ebenso viele Sorten Käse, Etliches aus dem handlichen Plastikgefängnis, hartgekochte Eier, vier Sorten Cornflakes und Müsli, Joghurt, leider undeklarierte Milch (Vollmilch? 1,5%?), Obstsalat, zwei Saftkonzentrate, Tee und Kaffee. Nicht überragend, aber auch nicht schlecht. Service gibt es aus Kostengründen keinen. Man holt selbst und verräumt danach sein Plastiktablett selbst in einem der üblichen Plastiktablettverräumständer, die man aus allen Fastfoodbutzen kennt.
KaterRinas Sondertipp: Bei der Saftstation Glas drunterstellen und drücken. Nein, nicht drücken, sondern DRÜCKEN!!!!!! sonst kommt da nix.
Sowas wie eine Hotelbar gibt es hier nicht. Dafür stehen in der Lobby zwei Automaten, die allerlei Snacks und Getränke vorhalten. Hier gibt es Non-Alkoholika, Alkoholisches, Heißgetränke etc. Kann man machen, muss man aber nicht.
KaterRinas Sondertipp: Eine heiße Rinderkraftbrühe aus dem Automaten ziehen! Warum? Einfach mal weil… Außerdem kann man die Story noch den eigenen Enkeln erzählen…
Von mir gibt es vier Sterne. Viel zu bewertenden Service gab’s ja nicht. Dafür ist die Lage hervorragend und alles war sehr sauber.
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In Tübingens stiefmütterlich behandelter 1b-Lage mit Feinstaubmaximalgarantie etabliert sich seit einigen Jahren zunehmend ein Mittagessenshotspot mit Imbissen jedweder Couleur und mit Angeboten jedweder Vegetarismusstufe. Hier war ich zum Tübinger Mittagessen verabredet… ausgerechnet hier. Ausgerechnet zur besten Essenszeit. Und leider hatten wir auch kein Glück beim zyklischen Futterwellengang, der sonst hier durch die Imbisse brandet. Statt Ebbe war Flut und wir haben demokratisch und sehr spontan beschlossen, die Lokation zu wechseln.6.
Das Centrale liegt in der Banken- und Beamteneinflugschneise Doblerstraße, nur eine Hausecke und den Sprung einer sehr großen Katze (etwa 100m) vom Imbiss-Epizentrum entfernt. Beim Betreten erwartet den hungrigen Gast eine Art begehbarer Speiseschlauch… eine Bar, ein Gang, an der Fensterfront Hochtische mit Platz für bis zu vier Speisewillige. Rechts und links rechts Bar warten auch noch ein paar Tischlein auf Kundschaft.
Auch hier war es solide voll, aber der geschäftige Kellner verwies auf „Gewölbekeller, Treppe runter, links“. In der Kellererweiterung des Restaurantschlauchs war es erfreulich ruhig, man konnte sich prima unterhalten. Netterweise war der Keller auch gut geheizt und Frostbeulen beim Löffeln blieben aus.
Die Getränke waren fix bestellt und die Mittagskarte mit vier Gerichten (dreimal Pasta, eine davon vegetarisch, eine Pizza) war so übersichtlich gehalten, dass die Auswahl ebenfalls schnell vonstattenging.
Der, für einen Euro zusätzlich erhältliche, gemischte Salat kam schnell und konnte nicht minder schnell wieder vergessen werden. Eine Mischung aus allem drum mit allem dran, in weißlich-opakem Dressing versenkt und mit einer Scheibe Toast garniert. Nicht besonders gut, nicht besonders schlecht… Eher vom Typ „Hab ich gleich wieder vergessen… Wie?! Ich hatte Salat?!“
Mein Hauptgericht bestand aus Spaghetti in einer lecker-schlonzigen Gorgonzolasauce mit Stückchen von der Schweinelende. Letzterer hätte ein paar Minuten weniger Aufenthalt in der Pfanne durchaus nicht geschadet. Das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau… Auf meinem Teller lag jetzt keine schweingewordene Atacama-Wüste in Häppchenform, sondern einfach nur sehr mageres und sehr schlecht auf den Punkt bratbares Fleisch.
Mein Gegenüber hatte Penne all’arrabbiata, die sehr vorzüglich aussahen und scheinbar auch genauso mundeten. Ich persönlich traue mich mittags nicht an Tomatensauce. Murphy’s Gesetz zwingt mit Garantie mindestens einen Saucentropfen dazu, in einer ballistischen Flugbahn das getragene Oberteil anzusteuern und lässt einen für den Rest des Tages wie einen Lebensmittelgrobmotoriker aussehen… Ich verzichte…
Der Nachtisch-Espresso war stark und gut und half, das aufkommende Fresskoma in einen erträglichen Rahmen zu zwingen. Auch die Bezahlung ging schnell und schnörkellos vonstatten und mein Gegenüber und ich wackelten satt und zufrieden bis zur Kreuzung aus Imbiss-Epizentrum und Gerichtsmeile. Dort trennten sich unsere Wege.
Von mir gibt es vier Sterne – den einen Stern hat der Salat… ich hatte Salat…?!! leider gekostet. Für mein Gegenüber gibt es glatte fünf Sterne plus. Vielen Dank für das wunderbare Mittagspausengespräch – jederzeit gerne wieder! Das gilt sowohl fürs Centrale als auch, ganz besonders, für mein Gegenüber.
Der Schlauchteil des Centrale ist barrierefrei, der Gewölbekeller leider nicht. Besonders ökologische Tübinger können auch mit dem Stadtbus Linie 10 (Richtung Österberg) anrücken. Die Bushaltestelle befindet sich nur einen kleinen Sprung einer mittelgroßen Katze (20m) entfernt.
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BETRIEBSFERIEN – vierzehn Buchstaben, die zur Qual werden können. BETRIEBSFERIEN – vierzehn Buchstaben, die die Halbpension in unserem eigentlichen Landgasthof zu Übernachtung mit Frühstück degradieren. Wer zum ****** hat das denn gebucht?! Die trotz der vierzehn Buchstaben anwesende Hausdame unseres Landgasthofs fragten wir nach einer Alternative, die sich mit folgenden Schlagworten beschreiben lassen sollte: gut, nicht allzu weit weg, preislich Mittelfeld und nicht gerade philatelistenfreundliche Kleinstportionen, die sogar auf einem Unterteller eher verloren wirken.7.
Ohne zu zögern empfahl man uns den Landgasthof Hubertus, sechs Kilometer, einige Straßenrandkühe und eine Ortschaft entfernt im Ortsteil Apfeltrang gelegen. Jetzt ist essen gehen mit sieben Personen „auf gut Glück“, noch mehr Hunger und ohne Reservierung ein eher optimistisches Unterfangen, aber Versuch macht bekanntlich kluch. Also die ganze Meute á la Tetris in den VW Bulli verladen, den Fahrer ausknobeln und dem Abstinenzler des Abends eine Runde Mitleid vorkichern.
In Apfeltrang angekommen, ist der Landgasthof nicht zu verfehlen. Ein top renoviertes Gebäude mit Nebengebäuden und schön ausgebauter Scheune…. Und mit einem riesigen Parkplatz, der mindestens 60 Fahrzeuge locker einstallt, während deren Besitzer sich den Bauch vollschlagen. Für allzu große Bierseligkeit hat jeder Parkplatz eine Nummernplakette angebracht. Verlaufen ausgeschlossen…
Über den barrierefreien Zugang erreicht man das proppevolle Lokal und unsere Hoffnung auf Abendessen bröselt. Eine Nachfrage bei der bedirndlten Kellerschar führte zu einem kurzen Gespräch, einem äußerst erfreulichen Nicken und dem Gang durch ein Labyrinth von Gasträumen bis in die große Scheune, wo wir einen wunderbaren Tisch in modern-alpinem Ambiente zugewiesen bekamen. Viel Filz, viel helles Holz, warme Beleuchtung, rundum gelungen.
Unsere dienstbare Dirndlgeistin des Abends brachte eiligst einen Satz in Filz gebundener Karten und Pawlow wäre vor dem versammelten Sabber-Reflex in Ehrfurcht erstarrt. Nach langem Überlegen wähle ich einen Schweinerücken „Hubertus“ in Kräuterpanade, gefüllt mit Räucherschinken und Bergkäse, dazu Knöpfle (die übrigens „bottomless“ sind… man kann immer neue nachordern) und eine Rahmsauce mit frischen Pfifferlingen. Dazu gibt es einen kleinen gemischten Salat. Das Vergnügen kostet 15,80 Euro. Da alle Anwesenden mit Eispfoten nach zehn Stunden Freilandarbeit bei acht Grad und Regen zu kämpfen hatten, wählten die meisten noch eine Vorabsuppe… So auch ich: Kraftbrühe vom Tafelspitz mit Brätknödeln und dem sehr zivilen Preis von 3,20 Euro.
Nach kurzer Zeit trudelte ein Gruß aus der Küche ein – selbst gebackenes Brot mit Griebenschmalz für alle Hungerleider am Tisch. Die Getränke kamen zeitgleich und hierzu muss man noch ein paar Kleinigkeiten anmerken… Hubertus braut sein eigenes Bier, besonders populär ist das so genannte „Apfeltrang Dunkel“. Ich bin keine Freundin von Dunkelbier, aber das habe sogar ich gemocht. Mein bestelltes Pils war ein Aktienbräu aus Kaufbeuren – ebenfalls sehr süffig und gut. Mein Versuch, eine Flasche „Apfeltrang Dunkel“ nach Hause zu exportieren, war leider nicht von Erfolg gekrönt.
Die Brauerei ist so klein, dass sie nicht in Flaschen abfüllt, sondern nur in Krüge und Glasbottiche, die man mitnehmen kann. Allerdings muss man das edle Tröpfchen dann innerhalb von zwei Tagen aufbrauchen und es darf kein Verschluss drauf, da sonst – Gärung sei Dank- das ganze Gedöns einfach detoniert.
Die inzwischen angekommene Suppe schmeckt delikat und wärmt die Knochen wieder so richtig durch. Die Brätknödel sind schön bissfest, die Salzigkeit ist perfekt und die Gemüsestreiflein in der Brühe sind auch nicht zu Mulz gekocht. Ich kann meine Finger wieder spüren!
Das Hauptgericht ist ein Gedicht. Das unglaublich magere Schweinefleisch aus Anbau mit Lokalkolorit ist von einer Panade aus Semmelbröseln und Kräutern kross eingehüllt. Die Panade knackt so richtig beim Schneiden. Eine chirurgisch präzise Öffnung erlaubt den Blick auf den Schinken und cremig-zerlaufenen Bergkäse. Am Tisch bricht gefräßiges Schweigen, unterbrochen von mmmmmh und hmmmm aus. Die herrlich eierlastigen Knöpfle süffeln hervorragend die feine Rahmsauce auf und die etlichen beigefügten Pfifferlinge haben nicht nach ihrer Geburt in polnischen Wäldern das Innere einer Dose erblickt, sondern sind ebenfalls mit Lokalkolorit – regional gepflückt. Gibt es keine Pfifferlinge mehr, wird laut Aussage der Dirndlgeister auf Paprikarahmsauce gewechselt. Für den Moment sind alle erschlagen von der schieren Leckerlichkeit des Essens.
Als die Teller leer sind und die nächste Runde Bier geordert ist, beginnt die Liebäugelei mit der Dessertkarte… Man gönnt sich ja sonst nichts. Meine Wahl fällt auf hausgemachtes Schoko-Bier-Eis auf Sauerkirschspiegel und auch hier wurde ich nicht enttäuscht. Perfektes Eis, lauwarme Sauerkirschen, ein selbstgemachter Mandel-Knabberchip, auf den ich auch hätte verzichten können. Ein wunderbarer Abschluss für ein wunderbares Essen. Der Preis für den Nachtisch war irgendwas um die fünf Euro. Genaueres weiß ich nicht mehr, da spontan alles Blut den Kopf in Richtung Magen verlassen hatte, um das Mahl zu verarbeiten.
Der Service funktioniert perfekt, wieselflink und sehr zuvorkommmend und auch die chaotische Abrechnung für verschiedene Töpfe wurde ohne Murren und Knurren erledigt.
Als kleinen Sightseeing-Tipp empfehle ich einen Besuch der Flure und der Toilette. Hier ist ein Brunnendesigner am Werk gewesen und hat alles, aber auch alles mit Zimmerbrunnen dekoriert. Auch das anfänglich missverstandene Dauergeplätscher auf der Damentoilette entpuppte sich als kleiner Zimmerbrunnen und nicht als Blase mit 50 Litern Inhalt. Sogar die Stöpsel in den Waschbecken sind im Corporate Identity Design gehalten und zeigen einen Hirsch.
Von mir gibt es glatte fünf Sterne. Einen sechsten kann ich leider nur vergeben, wenn auch noch ein „rollt den Gast zum Auto zurück“ Service angeboten wird.
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Wenn einer eine Reise tut, dann will er was erleben… wenn sich das Reiseziel allerdings kurzfristig von „weit, weit weg“ auf Allgäu ändert, muss man gewisse Abstriche in puncto Unterkunft machen. Statt sozialistischem Plattenbaucharme gab es nun einen zünftigen Allgäuer Landgasthof mit Halbpension. Nun dann…8.
Die Ankunft am Ort des Geschehens offenbarte einen latenten Parkplatzmangel. Abends scheint sich hier der komplette Umkreis zu versammeln und die an zwei Händen abzählbaren Parkplätze waren voll. Voller als voll sogar, wenn man all die Kandidaten für den Parkpokal in Dunkelgold mitzählt, die in zweiter Reihe oder in der Botanik geparkt haben… Wir fanden einen Parkplatz neben der benachbarten Kuhweide und erreichten zügig den Gasthof.
Bevor man die eigentlichen heiligen Hallen betritt, durchquert man erst einmal den recht hübschen Biergarten, der mit einigen riesigen Kastanienbäumen aufwartet. Bei besserem Wetter lässt sich hier wunderbar sitzen, bei Herbst und Wind gleicht das allerdings eher Selbstmord, wenn man nicht von Kastanien gesteinigt werden möchte.
Ein Eingang führt zu den Zimmern, der zweite zum Restaurant und dem darin verbauten Zwergminiaturrezeptionstisch. Einchecken ging schnell, dialektlastig und problemlos und so zog die Meute gen Zimmer los. Der Gasthof wurde teilrenoviert und das Glück der renovierten Zimmer war uns nicht vergönnt. So atmete das winzige Zweibettzimmer eher den Charme der 70er Jahre. Ein Schrank für zwei Personen war ein wenig knapp bemessen und so habe ich aus dem Koffer gelebt.
Das Innenleben des Zimmers bestand aus einem Retro-Tisch, dem eben besungenen Einbauschrank, zwei… äh… rustikalen Betten, zwei Stühlen, einem Nachttisch (!), einer Kofferablage und einem Holzkreuz über der Tür…. Und das Innenleben war kalt. Saukalt, um ehrlich zu sein. Die Heizung ist eine etwas zickige Diva und nach einem viertelstündigen Gefecht mit dem Ventil ließ sich dem Ding auch Wärme entlocken.
Das Bad war… dunkelgrün. Grüne Fliesen, grüne Dusche, grüne Ablagen, fensterlos und belüftungsproblematisch. Auch noch zwei Stunden nach dem Duschen kann man hier Champignons züchten. Die verbaute Belüftung hat leider null Leistung. Dafür war der Wasserdruck der Dusche erstaunlich. Während die meisten Hotels eher mit einem seichten Plätscher aufwarten, ist hier ein Hochdruckreiniger mit Brühfunktion verbaut.
Zum Zimmerchen gehört auch ein Balkon, der jedoch aufgrund der Wetterlage nicht zum Einsatz kam. Auch WLAN soll es für Gäste kostenfrei geben. Das funktionierte manchmal meistens mit Rückenwind und in einer Ecke des Zimmers.
Nach Einzug unserer Truppe kam auch bald der Hunger und wir machten von unserer Halbpension Gebrauch. Das Essen war prinzipiell gut, wenn manche Gerichte auch ein wenig unlogisch waren… unvergessen bleibt hierbei Schupfnudeln mit Spätzle ohne Sauce für unsere Vegetarierin am Tisch. Leider war auffällig, dass die uns servierten Gerichte als Tagesgerichte auch auf der regulären Speisekarte zu finden waren… allerdings erhielten die regulären Gäste deutlich größere Portionen. Als es beispielsweise für uns Rouladen gab, bekam jeder von uns eine zeigefingerlange Roulade und einen Schapf Spätzle. Die normalen Gäste am Nachbartisch hatten zwei Rouladen und deutlich mehr Beilagen… nach zehn Stunden körperlicher Arbeit hatte unsere Meute jedoch ein bisschen mehr Hunger… das haben wir mit Suppen und Nachtisch kompensiert, jedoch mussten wir die selbst bezahlen ;-)
Das Frühstücksbuffet war gut und reichhaltig. Es gab diverse selbstgemachte Marmeladen, die üblichen Kleinstportionen Frischkäse, Honig und ähnliches aus den Standard-Plastikgefängnissen, hartgekochte Eier, diverse Wurst- und Käsesorten, Obstsalat, Müsli und drei verschiedene Säfte. Dazu gab es Aufbackbrötchen und Kuchenteilchen verschiedener Art. Kaffee und Tee brachte die jeweilige Frühstücksverantwortliche nach Bestellung direkt an den Tisch.
Abends spielen hier häufig zünftig bayrische Kapellen auf und Freunde des gepflegten Humba Humba Humba Täterää kommen hier absolut auf ihre Kosten. Alle anderen hoffen, in dem komplizierten Labyrinth aus drei verschiedenen Gasträumen im Restaurant möglichst diametral zum Quell der Akustik mit Lokalkolorit untergebracht zu werden…
Von mir bekommt der Engel wohl gemeinte drei Sterne für das nette Personal, den schönen Biergarten und das solide Frühstück. Vielleicht sind die Zimmer im neuen Teil besser, aber zumindest im. „Altbau“ würde ich nicht mehr wohnen wollen. Barrierefreiheit ist hier leider überhaupt nicht gegeben. Weder fürs Restaurant, noch für die ohne Aufzug erreichbaren Zimmer.
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Mist… Mist… Absoluter Mist! Warum kann ich nicht zu den glücklichen Menschen gehören, bei denen die voranschreitende Evolution des Menschen diese überflüssigen Zähne aus grauer Vorzeit gleich ganz weggelassen hat?9.
Weisheitszähne mögen ja praktisch gewesen sein, als man noch Grassamen in der Savanne gemümmelt oder die ein oder andere Wurzel geknuspert hat, aber heutzutage ist das Gebiss nun einmal rund und nicht mehr rechteckig und wir sozial hochgezüchteten Engbeißerchen haben einfach keinen Platz mehr für das, was die Evolution für unser Schnäuzchen vorgesehen hat.
Ich prokrastiniere. Seit Ewigkeiten weiß ich, dass einer meiner Weisheitszähne quer liegt, aber bisher war das noch relativ unproblematisch… Auch, wenn mein Zahnarzt aus grauer Vorzeit mit mahnendem Finger meinte, dass Corpus Delicti irgendwann gezogen werden muss. Schmerzen waren keine da und damit auch kein Anlass zum Handeln, sondern eher ein Anlass zu gediegener Prokrastination. Leider war jetzt das Ende der prokrastinatorischen Fahnenstange erreicht und Handeln gefragt. Mist… Mist…
Auf der Suche nach einem neuen Dentisten meiner Wahl ließ ich mich von Freunden aus dem Umkreis beraten und mir wurde Dr. Hermle wärmstens empfohlen. Nach Telefongriff mit zittrigen Fingern, hatte ich auch alsbald einen Sichtungstermin meines Problemzahns…
Die Praxis liegt direkt im Tübinger „Regierungsviertel“ neben Landratsamt, Regierungspräsidium und Polizeiwache. Im zweiten und auch mit Aufzug erreichbaren Stock eines recht funktionalen Gebäudes befindet sich die sehr modern ausgestattete Praxis mit Terminbuchungs-Touchscreen-Terminal, viel dunklem Holz und rotem Sofa im Wartezimmer. Vom Wartezimmer aus kann man auf die Polizeiwache und die Ausläufer von Derendingen gucken. Ich warte und bange. Für durstige Wartende gibt's hier übrigens Mineralwasser aus Mini-Teinacher-Fläschchen, die man mit einem rosafarbenen Silikonhummer-Flaschenöffner aufmachen kann. Ich finde den Hummer spitze.
Wer noch Zähne putzen will oder muss, kann das in der Toilette erledigen. Dort stehen Einwegzahnbürsten und Zahncremes aller Couleur und sogar Zahnseide zur freien Verfügung.
Die Sichtung im topmodernen Zahnarztstuhl und mit ad-hoc Röntgen am Liegeplatz ergibt: das Weisheitsding muss raus und Prokrastination funktioniert nicht mehr. Mist… Mist…
Ich vereinbare am Touchscreen zwei neue Termine – einen zur professionellen Zahnreinigung und den zweiten zum Weisheitszahnexodus. Die Wartezeit ist mit drei Wochen recht moderat – das habe ich schon deutlich schlimmer erlebt und so lang wird das Relikt aus grauer Menschenvorzeit ja wohl auch hoffentlich noch stillhalten…
Die Zahnreinigung kurze Zeit später erfolgt routiniert durch eine nette Zahnarzthelferin. Ultraschall gegen Zahnstein, mein ach so geliebtes manuelles Gruselkratzen mit der Sonde, Zahnseide, Zitronenpulversandstrahlgerät gegen Verfärbungen und Minzfugenkittpolitur lasse ich brav über mich ergehen. Das anschließende Lackieren mit Fluoridlack ist nötig, aber scheußlich. Ich fühle mich für die nächste Stunde, als hätte ich einen Tiegel Nagellack gesoffen. Brr….
Der Termin des Weisheitszahnexodus naht und meine Nervosität steigt ins unermessliche. Kann ich meine Klappe umtauschen? Ich will nicht!!!
Am Tag X klettere ich auf den Zahnarztstuhl und harre der Dinge die da kommen mögen. Einer souveränen Betäubung sei Dank bekomme ich von all den Dingen nicht viel mit, aber ich bereue mal wieder, dass Knochen so wunderbar Schall leiten. Nach dem beherzten Einsatz des Medizinalpendants eines Dremels, der „M48 Zange“ und einem hässlichen Kreischquietschgeräusch ist Corpus Delicti Geschichte.
Eine Stunde Beißtamponade und eineinhalb Wochen Heilungsprozess später, bin ich sehr zufrieden mit der Behandlung und würde Dr. Hermle jederzeit weiterempfehlen. Der ein oder andere Spruch war ein bisschen rustikaler, aber ich bin nicht zum Sprücheklopfen und auch nicht zum Trösten, sondern zur Zahnbehandlung hier.
Auf jeden Fall weiß ich jetzt mal wieder, warum Zahnarzte früher zu den Handwerkern gezählt wurden… Meine Güte, was für ein Gezerre.
Mutige Menschen, die vor zwölf Uhr Mittag mit dem Auto anrücken, müssen bei der Parkplatzsuche eventuell ein bisschen Zeit mitbringen. Nach zwölf ist parken allerdings kein Problem mehr, Behördenhalbtageskraft-Feierabend sei Dank. Betäubungsgefährdete Menschen rücken besser gleich mit dem Bus Linie 2 an, der in unmittelbarer Nähe der Haustür alle halbe Stunde hält.
Von mir gibt’s vier Sterne. Ich komme auf jeden Fall wieder und werde hier dauerhaft Delinquentin, äh Patientin...
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Ich habe mich verliebt… In Kleider! Bisher war ich nur der Meinung, dass Frau gar nicht genug Röcke haben kann, aber jetzt weiß ich, dass man auch nicht genug Kleider haben kann. Gar nie nicht. Niemals.10.
Tatsächlich gibt es aber auch bei Kleidern einige Abstriche. Gerade Schnitte wirken mir zu Litfaß-säulig und ich habe mein Faible für taillierte Kleider entdeckt. Insbesondere die Schnitte der 50er und 60er Jahre haben es mir angetan. Heute firmiert das ganze unter Retro-Schnitten oder Rockabilly-Style. Jetzt könnte man solche Kleider für billig bei großen Versandhändlern bestellen, riskiert aber den Erwerb von schlechtsitzender und grottig geschnittener Faschingsseide. Das wiederum führt dazu, dass man dann mehr jeck als retro aussieht und das wiederum führt dazu, dass ich so nicht rumlaufen will. Gar nie nicht.
Also musste eine Quelle für gut geschnittene Retro-Kleider her und die hat sich in Stuttgart aufgetan. Ein bisschen abseits vom allgemeinen Trubel der Idiotenrennbahn, äh, Königsstraße liegt das Flaming Star. Der Laden ist ein bisschen versteckt und liegt im für mich gefährlichsten Viertel Stuttgarts, denn die Markthalle und der Think! Store sind nicht weit. In der Tasche höre ich das leise Weinen der EC-Karte und ignoriere den Kartenjammer gekonnt, als ich Flaming Star betrete.
Der Laden ist voll mit Damen- und Herren Retromode der 50er und 60er, dazwischen gibt es unzählige Geschenkartikel aus der Kategorie „Braucht kein Mensch, muss ich haben“, mit denen man alle Freunde absonderlicher Geschenkle beglücken kann. Um den Schwäbischen Diminutiv noch eine Runde zu bemühen… Hier gibt es beispielsweise Tonnen von Vesperbrettle vom Äffle und Pferdle und allerlei Krüschtle und Krämle mit Stuttgart-Sprüchle. Dazu Dösle und Kischtle und einen Haufen Sächle für jeden Anlass. Ich bin aber wegen Damenoberbekleidüngle, äh, Kleidern hier.
Schon nach einem kurzen Rundgang an den Regalen vorbei habe ich fünf Kleider zur Anprobe ausgewählt. Neben Polka-Dots in allen Farben und Varianten finden sich auch blumige Motive, Matrosen-Style und Kirschen. Ich verschwinde derweil in der Umkleide, bevor ich noch mehr zum Anprobieren finde.
Die unglaublich nette Chefin hilft wacker mit dem üblichen Reißverschluss-Problem bei Kleidern und zippelt alles zu, was ich anprobiere. So erspare ich mir Reißverschluss-Yoga mit Rückenverrenkung. Nach der Anprobe und der Selbstbegutachtung vor dem angemessen retro aussehenden Spiegel habe ich allerdings ein Problem, denn von fünf Kleidern kann ich eigentlich keins ausschließen. Alle passen wie angegossen. Mist. Das gibt eine elende Qual der Wahl.
Nach und nach sortiere ich drei Kleider aus, da ich schon ähnliche Modelle im Schrank habe, übrig bleibt ein Kleid im Matrosen-Stil und eins mit Kirschen. Zur Entscheidungsfindungsstärkung gibt es von der Chefin ein Döschen Cider aufs Haus – wahlweise klassisch mit Apfel oder mit Beeren. Ich probiere das Beeren-Cider (lecker!) und wenn ich schon Beere trinke, kann ich auch Beere kaufen. Das Kirsch-Kleid soll es sein und ich kann nicht widerstehen und kaufe noch eine schwarze Strickjacke mit kirschroten Knöpfen dazu.
Nebenbei unterhalten wir uns über Retro-Kleider, Passformen und ich bekomme noch einige Tipps mit auf den Weg. Die Beratung, die Freundlichkeit und Lockerheit hier sind einfach großartig und ich fühle mich super aufgehoben. Ich komme gerne wieder, denn Kleider kann man nie genug haben. Gar nie nicht… Und außerdem fehlt mir noch ein Petticoat für meine Sammlung.
Die Preise liegen zwischen 40 und 100 Euro pro Kleid. Das leise Weinen der EC-Karte verwandelt sich in ein Wimmern, sie scheint sich zu beruhigen.
Das Flaming Star bekommt von mir glatte fünf Punkte. Einfach super!