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Ja. Also, hier darf man sich ruhig erstmal mit den Äußerlichkeiten beschäftigen. Schließlich ist hier unter der Ägide des Großmeisters Renzo Piano ein schwungvoller Kristallpalast entstanden, der sich elegant an der nahen Antoniterkirche vorbeischlängelt, welche sich darob allerliebst in der Fassade aus ingesamt 6.800 Glaselementen spiegelt. Das Oeuvre des Genueser Stararchitekten ist gottlob vielseitig - man stelle sich hier eine Monstrosität à la Centre Pompidou vor, die ebenjener mitverbro... mitkonzipiert hat. So aber erleben die Bewohner der Colonia - einer oft üblen Ansammlung von lieblos hingeklatschtem Bauschrott - allhier einen seltenen Moment erhabener Leichtigkeit.21.
Und weil das so ist, gab es selbstverständlich die ortsüblichen Verzögerungen nebst Rechtsstreitigkeiten um eventuelle Statikprobleme, Baustopp, Nachbesserungen, verletzte Eitelkeiten... das volle Programm. Gleichwohl wurde 2005 dann doch noch die Eröffnung des trotz 130m Länge und 34m Höhe grazil wirkenden Schmuckstücks gefeiert. Nächtens von innen illuminiert, entsteht zumindest punktuell der Eindruck mondäner Gelassenheit. Und darum nennt sich dieses Objekt auch völlig zu Recht Weltstadthaus. Nicht, weil es in einer Weltstadt stünde - weiß Gott - sondern, weil es Ausweis dessen ist, wie in Weltstädten, die diesen Namen verdienen, üblicherweise - und nicht ausnahmsweise! - gebaut werden dürfen müsste.
Aber wir wollten ja, fällt mir gerade ein, nach Hemden, T-Shirts und Spontankäufen kucken. Wenig überraschend setzt sich die Großzügigkeit des Luxusbaus auch im Inneren fort. Der Flaggschiffladen des Modekonzerns Peek & Cloppenburg wirkt durchweg aufgeräumt und wohlsortiert. Hier muss man sich nicht zwischen Wühltischen und eng gestellten Auslagen durchzwängen und auch das bei Bedarf hilfreiche, immer jedoch freundliche Personal hält sich angenehm zurück. Architekturinteressierte dürfen unbehelligt den Blick schweifen lassen.
Die insgesamt 14.400 qm Verkaufsfläche sind auf fünf Etagen untergebracht. Tendenziell gelangt man weiter oben auch in die höheren Preisregionen. Natürlich fühlt sich die billig-billig Fraktion bei Peek & Cloppenburg nicht wirklich wohl. Andererseits wird man nicht behaupten können, dass das allgemeine Preisniveau der Exclusivität des Baukörpers entspricht. Es ist vielmehr erfreulich moderat bis mäßig ambitioniert, je nachdem in welchem Gebäudeteil man sich aufhält. Eine Schwierigkeit besteht mitunter darin, dass viele Bekleidungskategorien nach Herstellern und Designern sortiert und auf mehrere Etagen verteilt sind. Wer z.B. alles an Jeans durchstöbern will, hat bei der beachtlichen Gesamtauswahl also einen netten Rundmarsch vor sich. Wer genaue Vorstellungen hat, wird jedoch schnell fündig oder lässt sich zielführend dirigieren.
Die Webseite des Hauses lohnt das Stöbern. So erfährt man, dass Firma P & C gleich nach Unternehmensgründung im Jahre 1901 das einheitliche Größensystem in der Herrenkonfektion eingeführt und alsbald auch eine Tropenkollektion für die deutschen Kolonialgebiete im Angebot hatte. Es überrascht wenig, dass man sich auch heute auf der Höhe der Zeit befindet und von Düsseldorf aus einen Onlineshop mit ohne Versandkosten und 60 tägigem Rückgaberecht betreibt. Wobei die oft pseudoenglische Produktkategorisierung schon arg gekünstelt wirkt. Und warum sollte man sich außerdem den Besuch des Kristallpalastes versagen? Man kann sich ja notfalls vorab online das Angebot der Filiale Schildergasse aufrufen und telefonisch was nettes auf Seite legen lassen. Die... warte maaal... rein zufällig aufgesuchte Rubrik Cocktailkleider offenbart beispielsweise eine Preisspanne von 13 (Sale!) bis 350 Euro (Boss) und einige doch recht aparte Schnittmuster. Für Brautkleider... na ja... sucht man besser ein Spezialgeschäft auf, aber das ist ja derzeit nicht das Thema.
Nach erfolgreicher Textilakquise - auch diesmal wieder über den Einkaufszettel hinaus - werden heute sogar Schokokamellen im Kassenbereich gereicht. Der großzügig bepackte Autor ergreift derer zwei und empfängt trotzdem ein freundliches Lächeln von der umwerfend attraktiven jungen Hausangestellten. Spätestens jetzt sind natürlich fünf Sterne fällig für dieses Kleinod - äußerlich wie innerlich - des coellnischen Einzelhandels.
Mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Um es vorwegzunehmen: so richtig viel Ritterey ward an jenem 11.12.2015 nicht geboten - kein Schwertkampf, keine hochedle Lanzenreyterey. Dafür rückte hier das Piraten-Unwesen ein wenig in der Vordergrund und auch die Gewandung der ambitionierteren Besucher orientierte sich oft am 17. und 18. JH. Kritikwürdig ist das nicht, denn bey anderer Gelegenheit erklingen durchaus die Nahkampfwaffen - siehe Besprechung meines unerschrockenen Mitstreiters. Zudem enthält der Titel des Spektakels ja das Wort Phantasie und verweist damit auf einen bewusst unauthentischen, mithin entspannteren Umgang mit der MA-Thematik, als dies etwa bey den auf andere Art wunderbaren Ritterspielen von und zu Satzvey praktizieret wird.22.
Dort würde denn auch das 'Piratengesindel' nebst hinreißend abgewrackter und liebevoll dekorierter Großinstallation kein Placet erhalten. Auch wusste der malerisch-schaurige Käpt'n (während man dem skelettierten Kleinfaktotum Manfred gerne einen Silberling auf die Kralle legt) von den hohen Kosten - etwa für die feurige Beleuchtung - zu berichten, die dieses exquisite Hobby mit sich bringt. Beim bordeigenen Tortuga-Inn kehrten wir dann lieber nicht ein, da der auswärtige Besucher mit dem Motorkarren angereist war und der Tag bereits zur Neige ging.
Dafür gab's aber zu Beginn unserer vielstündigen Exkursion zwei recht effektive 'Thors Hämmer' und im weiteren Verlauf einige Biere. Das hilft dann auch beim Goutieren des ruppigen und amüsanten, auf Dauer allerdings auch etwas einförmigen Piraten-Livesounds an der Hauptbühne. Ye Banished Privateers oder Mr. Hurley & Die Pulveraffen sorgen für kernige Stimmung - nicht alle Gesangsbeyträge sind allhier zitierfähig :-) Musikalisch ansprechender fand ich die pipes & drums der Comes Vagantes, verdienter Recken aus Niedersachsen. Die jedoch unbeleuchtet aufspielen mussten und im Tagesverlauf zunächst vom Rauch des nahen Lagerfeuers und alsdann von der Dämmerung gar verschlucket wurden. Je nach Veranstaltung lockt das MPS auch noch etliche andere Bänds an, sogar von den keltisch geprägten Landstrichen gewisser Nordseeinseln.
Der Eintritt zu diesem weltgrößten reisenden MA Kulturfestival variiert stark, je nach Altersgruppe und Wochentag. Meist werden am Haupttage an der Tageskasse 30 Silberlinge für Volljährige und deren 18 für Untersechzehnjährige fällig. Dies lässt sich im Vorverkauf und durch Ausweichen auf die mit weniger Programm gefüllten Veranstaltungstage erheblich reduzieren. Am eingangsnahen Goldzelt ist Barschaftsumtausch in MPS-Goldtaler möglich aber natürlich nicht zwingend. Außermusikalische Programmpunkte wie etwa die Feuerakrobatik sind wetterabhängig. Zum festen Angebot gehören jedoch Musikkonserven und MA-Bedarf beym Marketender Miroque, Met der Edelleut, Schneyderey und Kleyderkammer, Handwerk in Metall, Glas, Holz, Leder und Gesteyn (man beachte hier die köstlichen, reichlich abfotografierten Statuetten) Und natürlich 'The black house' - scottish ale & whisky tavern - die Restvernunft des Karrenfahrers obsiegte auch hier.
Wunderbares Ambiente, vielseitige Verpflegung. Für mich gab es den löblichen Zyklopenspieß und hernach überraschend gelungene Spätzle. Zurückzucken jedoch am Veganer-Verpflegungsstand. Dazu wunderbare Unterhaltung, aber auch einfach mal gemeinsames, wohliges ins-Feuer-starren. Ab und an leichter Nieselregen tut der Stimmung keinen Abbruch. Elegant beschwingt gleitet man übers verschlammte Geläuf. Das Schuhwerk sieht nach ausführlicher Grundreinigung halt etwas gebraucht aus - und der würzige Rauchduft der Gewandung verfliegt ja mit der allfälligen Waschung.
Das gerne mitgeschleppte, löbliche MPS Fachmagazin enthält grundlegende Konzept-Infos (klassische Heerlager, aber auch offen für Gothics, Steampunks, Orks, Vikingers....) weiterführende Veranstaltungstipps und hilfreiche Hinweyse, etwa auf 'Schergenlager u. Folterknechterei - Sie buchen, wir fluchen' oder 'Forzarello - die Gaukler Ihres Vertrauens' (quod erat) Desweiteren natürlich die unvermeidliche Auswahl an 'Merchandise'-Fachbekleidung mit dem MPS-Drachenlogo.
Und sollte es noch Zweifel an der hier zu erbringenden Maximalbestirnung gegeben haben, so werden diese spätestens am abendlich verdunkelten Zentralgewässer ausgeräumt: die Beleuchtung, auch anhand schwimmender Kerzenträger, erzeugt eine wundervolle, fast schon exotische Atmosphäre. So schön kann es ja fast nur in Dortmund sein. So nehmt meinen Dank, edler Tiger - und erscheinet gerne Ende Julius auf dem MPS am Fühlinger See in der Colonia ;-)
Update 30.11.2018
nun könnte man gewisslich einwerfen, dass das Spectaculum ein wenig vom 'Charme des Unfertigen' eingebüßt habe. Gleichwohl darf die Anwesenheit sowohl einer metallenen Bodenbeplankung als auch großer Festzelte als Fortschritt an Bequemlichkeit gepriesen werden. Denn wir erinnern uns ja noch an die Zeit, da es auf Dortmunder Gebiet zu ergiebigen, sprich schlammfreundlichen Regengüssen gekommen ist. Ausmaß und Auswahl des Dar- und Feylgebotenen haben ebenfalls erkennbar zugelegt. Und so verwundert es nicht, dass die gemeynsam mit Seiner gestreiften Lordschaft verbrachten, nein: genossenen Stunden im Nu verflogen. Denn als wir gegen halb zehn - (beym wiederholten Erklingen des 'drunken sailor') kurz das Irish Pubzelt verlassen mussten, war es in Wahrheit bereits nach elf und leider eigentlich Feyerabend für heute. Also kein Zyklopenspieß (veganfrey) mehr. Aber das war neben den diesmal nicht ganz so mitreißenden bzw. häufig pausierenden Musici und meinem unterhaltsamen Bauchplatscher im Magier- und Märchenzelt auch schon der einzige Hauch von Unbill. Kindlein im Bällebad, freundliches Volk und nicht zuletzt die bereits mehrfach - auch andernorts - bewährten 'Thors-Hämmer' sorgten wiederum für einen trefflich freundschaftlichen Nachmittag bis Spätabend.
Update 7.12.2019
Inzwischen bedarf es 38 Silberlingen bzw 'Goldtalern', um sich Zutritt zu allen Bereichen und Festivitäten des MPS zu verschaffen. Das Gelände wurde dafür aber auch deutlich vergrößert und um das allerliebste und sogar recht anspruchsvoll modellierte Saurierbiotop erweitert. Nach zwei der unverzichtbaren Thors Hämmer (pro Person) gebot die Restvernunft alkoholisches Absentieren, wobey anstelle des 'Moorwassers' a.k.a. Coca Cola das alkfreie Radler gute Dienste tut. Das leybliche Wohl kömmt ebenso wie das männliche Auge nicht zu kurz, allein die Ohren... Firma Versengold rockt den Live-Bühnenbereich nach Kräften und sehr talentiert. Im Festzelt jedoch kommt trotz zahlreicher bunt gemischter Polstermöbel nicht die ganz große Begeisterung auch: das hiesige Bändrepertoire passt vermutlich auf einen Bierdeckel und zur Feier des Getränkesponsors erklingt ungefähr viermal in kurzen Abständen der 'Irish Rover'. Das Feuilleton vermerkt: Roverkill. Davon abgesehen wie immer prächtige Unterhaltung mit Lord eknarf und auch der Regen hatte diesmal Pause.
Mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Und? Wurde mir zuviel versprochen? Natürlich nicht. Das vom bestmöglichen Dortmundkenner vorgeschlagene und betreute Besuchsprogramm führte uns sogleich in diese einzigartige kulturelle und kunstgeschichtliche Schatzkammer.23.
Die Dauerausstellung des Hauses ist thematisch und zeitlich sehr weit gefasst und am ehesten als Kombination aus dem heimatlichen Römisch - Germanischen, dem MAKK und dem Wallraf - Richartz - Museum zu würdigen. Ein Augenmerk des Hauses liegt auf der Dortmunder Stadtgeschichte, es wird aber auch viel Regionales und Überregionales geboten. Diese außerordentliche Vielfalt mag einzelne Besucher verwirren, lässt aber ohne weiteres den Schluss zu, dass hier mit Sicherheit für Jede(n) etwas Interessantes geboten wird.
Und zwar aus: Stein- und Bronzezeit, römischer Antike, Mittelalter - hierbey vorwiegend sakrales - Renaissance, Barock, Empire, Historismus, Jugendstil, Jazz Age bis hin zu den plastikbetonten 60er und 70er Jahren.
Den sehr prähistorischen Steinbohrer - ein verblüffend graziles und durchdachtes Gerät - fand ich mindestens so beeindruckend wie den spätrömischen Goldschatz oder die preußischen Nahkampfwaffen. Die Alltagskultur der genannten Epochen wird besonders anhand von Wohnungseinrichtungen verdeutlicht. Bauernmöbel sind zahlreich vertreten, wirken aber recht düster. Wie man im kerkerartigen Ehebett in Schwung kommen soll (sofern man nicht eh von der Feldarbeit ermattet ist) entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Wie beschwingt ist's dagegen bei Louis Seizens und sogar bei Biedermanns im Salong. Dazu jeweils zeitgenössisches Dekor und kostbare Tasteninstrumente. Das vorzüglichste Möbelstück ist natürlich das etwas spiralförmig gestaltete Rote Sofa, das den Besucher zum Verweilen und zu andachtsvoller Kunstbetrachtung einlädt.
Denn: bei den Gemälden ist Hochansehnliches aus dem 18. und 19. JH vertreten: Spitzweg, Feuerbach, Liebermann, Slevogt, Corinth et al.
Man könnte hier stundenlang verweilen.
Einzelne sonnengleich überragende Exponate sind mir auf dieser Erstbegehung nicht aufgefallen. Altrömisches ist in der Colonia zahlreicher vorzufinden; die wunderbar präsentierten Kirchenfenster erschlagen den gelernten Kölndombesucher nicht wirklich; und unsere Feuerbach - Nanna (WRM) ist sogar noch schöner. Und dann hat auch noch das eine Garderobenschließfach geklemmt ;-) Die Fülle des hier Geschauten begeistert jedoch gleichwohl. Und es ist nicht zuletzt das sehr hochwertig architektierte, offene Gebäudeinnere, das hier ganz wesentlich zum Kunst- und Kulturgenuss beiträgt. Und vom Bewertenden zwingend das Sternenmaximum erfordert.
Fotografieren ohne Blitzdings ist erlaubt. Natürlich habe ich davon regen Gebrauch gemacht, aber möglichst wenig doppelt hochgeladen.
Eintritt: kumpelige 5 / ermäßigt 2,50 Euro, mit Sonderausstellung 8 / ermäßigt 4 Euro, Minderjährige erhalten freien Zutritt, auch die entleihbaren Audioguides sind kostenfrey. Das eingesparte Geldvermögen kann sodann trefflich im Museumsshop oder dem vielseitig orientierten Museumscafé 'Frau Weber kocht' investiert werden. Das barrierefrei Haus liegt schön zentral und ist mit landgebundenen Verkehrsmitteln gut erreichbar.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Thank God I'm a country boy. Jedenfalls dann, wenn es mich - zumal bei adäquatem Wetter - nicht in die brodelnden Hotspots der rheinischen Weltmetropole zieht (dazu steht bereits genügend geschrieben) sondern in die Gegenrichtung. Wenige Meilen hinter dem heimischen garden district beginnt unser Amazonien: der von etlichen Gewässern durchzogene, gut 2.500 Hektar große Königsforst. Im Gegensatz zum südamerikanischen Pendant überschreitet dieses Waldgebiet nicht bloß Ländergrenzen, sondern sogar die Grenze der Zivi... also nach Bergisch Gladbach, sowie Rösrath. Wovon allerdings auf den kürzlichen Erkundungstouren verblüffenderweise nichts zu bemerken ist.24.
Der Großteil des Waldes ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen, was natürlich bedeutet, dass man sich brav auf den großzügig angelegten Wegen zu bewegen hat. Radfahrer sind tunlichst dezent unterwegs, wg. partiellem Grobschotter, Spurrinnen, Schlammsenken (derzeit gerne unter hübschen Laubdecken verborgen) und Fußgängern, oft in Begleitung leinenloser Bestien. Es gibt reichlich Rastplätze mit lauschigen Hütten - konsequenterweise ohne Müllbehältnisse - und sogar eine Einrichtung zur körperlichen Betätigung des kneippschen 'Wassertretens'. Diese war Anfang November recht verwaist, denn wer will schon nach vollbrachter Tat als 'Laubmonster aus der Lagune' dem Bade entsteigen?
Der Naturfreund und Frischluftatmer kann ohnehin auf dergleichen Gimmicks verzichten und begibt sich lieber auf die mit 118m höchste Erhebung auf heiligem Boden, den legendären 'Monte Troodelöh'. Der Name leitet sich von den tapferen städtischen Mitarbeitern Troost, Dedden und Löhmer ab, die im Jahre 1999 die offizielle Erstbesteigung der gewaltigen Anhöhe gemeistert haben. Dies ist vor allem von topographischem Interesse - denn es gibt hier keinen spektakulären Panoramablick und auch kein Bierzelt. Dafür entschädigt dann allerdings der wohlverdiente Eintrag ins Gipfelbuch, sponsored by Alpenverein Sektion Köln.
Als höchste Erhebung im Königsforst liegt der 212m hohe Tütberg auf Gladbacher Gebiet, aber die haben ja sonst nix ;-) Oder doch: das Steinhaus, ein erstmals im Jahre 1403 erwähntes Anwesen, das inzwischen als Besucher-Portal am Waldesrand genutzt wird.
Durch Aufstauen ansonsten naturbelassener Bachläufe sind einige hübsche Weiher entstanden, die natürlich von einladenden Sitzbänken umgeben sind. Weitere Biotope liegen in Form von Erlenbruchwäldern, Moor-Resten, Obstwiesen sowie Offen- und Grünland vor. Darinnen finden sich etliche gefährdete Pflanzen- und Tierarten. Und sogar tausende römische Bronzemünzen, die jedoch 1975 ans Rheinische Landesmuseum in - Frechheit - Bonn übergeben wurden. Auf Kölner Gebiet findet sich weiterhin der Wildpark - bevölkert von Rot- und Schwarzwild - und ein artenreicher Waldlehrpfad.
Anzeichen von Nutzung und Besiedlung sind seit der Hallstattzeit, 7. bis 6. JH v. Chr. nachweisbar - in Form von Hügelgräbern. Auch als Bannwald und für den Erzbergbau fand man das Areal geeignet. Der Name des Waldes dürfte auf König Otto I zurückgehen, der hier Jagdgebiete besaß. Des Königs Forst wird vom mittelalterlichen Handelsweg 'Brüderstraße' - heute Teil des Jakobswegs - durchqueret. Der seinerzeit übliche Raubbau an den Holzressourcen, bis hin zur völligen Verwüstung durch Napoleons Mannen, ist bereits 1840 unter preußischer Ägide dem Nachhaltigkeitsgedanken gewichen - wenn auch zugunsten schnellwachsender Fichtenplantagen, deren Überreste auch heute noch sichtbar sind. Insgesamt geht der Trend allerdings zurück in Richtung des ursprünglichen, außerdem sturmfesteren Laubwaldes,
An die 1890 bis 1961 betriebene Sülztalbahn erinnert eine Gedenktafel zum Forsbacher Bahnhof. Das Ex-Bahnhofsgebäude Porz-Königsforst wird immerhin als waldnahes, spanisches Restaurant Asado weitergenutzt. Die Bahntrassen wurden demontiert und dienen nun als Wanderwege. Unweit findet sich die Kaisereiche 2.0, denn der eigentliche, der allerhöchsten Majestät gewidmete Baum wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Opfer französischer Schießübungen. An den Zweiten Weltkrieg erinnern einige Bunker-Überreste.
Das Waldgebiet ist erreichbar über die Endhaltestelle 'Königsforst' der Stadtbahnline 9 oder die gleichnamige Ausfahrt an der A3 - und natürlich über Nebenstraßen nebst hinreichenden Parkplätzen sowie etliche Fußgänger- und Fahrradschleichwege.
Bestens geeignet für Familienausflüge und randvoll mit Kindheitserinnerungen ist dies ein echtes Kleinod (oder Großod) unter den Kölner Naherholungsgebieten.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Also nä! Manchmal muss man auch mal den Kopf freikriegen von dem ganzen momentanen... (beliebiges schlimmes Wort dazudenken) Und es gibt wenige locations bzw. Naturräume auf Kölner Stadtgebiet, die für ein solches Ansinnen besser geeignet wären als der Decksteiner Weiher nebst unmittelbarer Umgebung.25.
Die Ortslage Klettenberg ist natürlich nicht durchgehend beschaulich, aber hier befinden wir uns gottlob im äußeren Grüngürtel, dem ehemaligen Festungsring der Colonia: einer halbwegs intakten Aneinanderreihung von Parkanlagen mit und ohne Wasserflächen. Im Gegensatz zu den meisten Exemplaren dieser Kleingewässergattung wurde der Decksteiner Weiher künstlich angelegt. Was sich ohne Weiteres beim Blick aus dem Heißluftballon bzw. auf den Stadtplan erschließt. Die beiden vieleckigen Teichanlagen werden durch einen gekrümmten Kanal miteinander verbunden, so dass eine Wasseroberfläche von 20 Hektar bei durchschnittlich 1,5 m Wassertiefe entsteht. Macht zusammen 10 Millionen handelsübliche 30 Liter Fässchen - wie komme ich denn jetzt darauf?
Der Gewässerboden ist schlammig, mithin Karpfenfreundlich. Ebenso wie die hier vorkommenden übrigen Vertreter der Unterwasserfauna, nämlich Aal, Barsch, Brasse, Hecht, Rotauge, Schleie und Zander dürfen diese natürlich nur unter strenger Zuteilung über den Cölner Angel- und Gewässerschutzverein e.V. entnommen werden.
Baden ist hier nicht vorgesehen, es sei denn man purzelt aus einem der Ruder- oder Tretboote, die im Außenbereich der Restauration 'Haus am See' gegen Entgelt (6 bzw. 8 Euro pro Stunde) ausgeliehen werden. Desweiteren wäre Minigolf oder die Benutzung des öffentlichen und recht ambitionierten Trimm-Dich-Pfades eine Option. Und natürlich laden die Kastanien- bzw. Platanenbestandenen Alleen im Uferbereich zum Spazieren, Rumrennen oder Radfahren ein. Wobei man durchaus schonmal dem Kader des unweit residierenden FC Köln beim Lauftraining begegnen kann. Oder auch genervten Anglern (s.o.), die hier eher selten ein ruhiges Plätzchen für ihr perfides Tun vorfinden.
Die Anlage entstand zwischen 1927 und 1929 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Mangels natürlicher Zu- oder Abflüsse wird der Decksteiner Weiher ab und zu vermittels Leitungswasser aufgefrischt. Bedenkt man die relative Nähe des vielbefahrenen Militärrings und der selten verwaisten A4, so verblüfft und erfreut die erholsame Ruhe hier. Das hängt natürlich mit den Aushub-Aufschüttungen und den prächtigen Waldpflanzungen zusammen, die zudem das Auge erfreuen, zumal im Herbst - QED. Ein wunderbares Refugium, das man von den etlichen Parkbänken oder auch vom Fahrrad- oder Pferdesattel aus genießen kann. Je nach Jahreszeit kann man sich dann nach Jamaica, Kanada oder Murmansk träumen.
Weiher und Umgebung sind gut erreichbar. Für Automobilisten stehen hinreichend Parkierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Am Wochenende soll es hier schonmal etwas überlaufen zugehen, was aber im Zweifel für die Anziehungskraft dieses Naherholungsgebietes spricht.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Holla! Fünf Sterne für diesen über 400-jährigen, arg konventionellen Ziegelbau (abgesehen vom etwas später auf den Treppenturm gesetzten goldgeflügelten Ford des H.A. Schult), die ehedem kölnische Waffenkammer? Der ebenso wie die benachbarte 1840 entstandene quittengelbe Alte Wache eine ziemliche bauliche Herausforderung für neuzeitliche Ausstellungskonzepte darstellt? Der also nicht im Entferntesten über die exquisite architektonische Raffinesse eines Kolumba und auch nicht über die weltberühmten Sammlungen eines Ludwig verfügt?26.
Seescher dat, denn: es handelt sich beim allhier untergebrachten Kölnischen Stadtmuseum - neben Dom und Stadion - um einen der drei magischen Hauptorte Kölner Identitätsstiftung. Schon beim Betreten der Dauerausstellung, welche sich linker Hand des Kassenbereiches über zwei Ebenen erstreckt, wird der Besucher mit der so überaus angenehmen Fähigkeit der Kölner vertraut gemacht, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Eine Fänshopartige Vitrine enthält allerley Devotionalien wie Plüschdom und Kronkorken, gefolgt von den Figuren des Hänneschen-Stockpuppentheaters, karnevalistischen Kultobjekten, Kölnisch Wasser, weiteren bahnbrechenden Kölner Erfindungen oder einer Pyramide aus leeren Kölschgläsern.
Es folgen zwei historische Automobile, darunter ein Exemplar des als 'Badewanne' in die Geschichte eingegangenen Ford 17M, flankiert von zwei lebensgroßen, modern gewandeten (und übrigens äußerst arbeitsscheuen) Charakteren des obengenannten Puppentheaters: 'Tünnes' als Meschaniker, 'Schäl' als unbedingt vertrauenswürdiger Autohändler
In einem etwas harten thematischen Bruch gelangt man nun zur Installation 'Bombenkrieg' und einer Großaufnahme der gründlich verwüsteten Colonia nebst Original-Lore zum Abtransport der Trümmerberge. Weitere Vitrinen enthalten Erinnerungsstücke an die Nazizeit. Weiter in die Vergangenheit verweisen einige Panoramagemälde, die das Wachstum der Colonia im 19. JH verdeutlichen. Im Bereich des Treppenhauses sind wir bereits im Mittelalter angelangt, welches anhand der hierbey unvermeidlichen Heiligenbüsten sowie Handwerkszeug und weiterer Alltagsobjekte repräsentiert ist. Hervorzuheben wäre hier der Verbundbrief von 1396: unsere für damalige Verhältnisse sehr fortschrittliche Stadtverfassung.
An der Fensterfront entlang begibt man sich nun wieder in Richtung Neuzeit, wobei das große Stadtmodell von 1571 und die spätritterliche Waffeninstallation inkl. Pferderüstung nähere Betrachtung verdienen. Die Original-Steinfigur des Schneyderweybs steht für die Legende um die größte Katastrophe der Kölner Stadtgeschichte. Nämlich die Vertreibung der hilfreichst jede Arbeit übernehmenden Heinzelmännchen aus der Stadt. Wer darob Trübsal empfindet, delektiere sich an den Gemälden, inkl. Jan von Werth und Wilhelm II oder dem prächtigen Kölner Ratssilber.
Der Treppenaufgang erfreut mit einer Gemäldegalerie coellnischer Lokalgrößen. Das unverdientermaßen oft schlecht besuchte Obergeschoss enthält sogleich mein persönliches Ausstellungshighlight, nämlich den prachtvollen güldenen Stempel des Großsiegels der örtlichen Hochschule aus dem Jahre - bitte ein Moment der Andacht - 1392. Das Thema Rheinschifffahrt wird unter anderem durch ein 'Holländerfloß' von fast der Fläche eines modernen Flugzeugträgers gewürdigt. Hier natürlich nur als Modell. Im weiteren Verlauf stoßen wir auf einige interessante Arrangements zu den Themen Gelehrsamkeit (Globen und wissenschaftliches Gerät), jüdisches Köln, Industrie, Handel, Arbeitswelt, Wohnkultur, Eisenbahn u.v.a.
Die Gesamtausstellung ist thematisch äußerst vielseitig, könnte aber einen etwas stringenteren roten Faden brauchen. Aus früheren Besuchen hatte ich das Ganze allerdings als wesentlich sammelsuriger in Erinnerung. Dieser Eindruck hat sich im Zuge einiger Neu-Arrangements weitgehend verflüchtigt. Einer solchen Neugestaltung sind allerdings die beiden Kanonen zum Opfer gefallen, die man seinerzeit boshafterweise genau auf das sehr nahegelegene Regierungspräsidium ausgerichtet hatte. Aber dort residiert ja jetzt auch nicht mehr der schillernde 'Kurfürst' sondern eine ehrbare und respektgebietende Dame.
Einheimische und Besucher verlassen diese Räumlichkeiten im Bewusstsein, einer bedeutsamen Vergangenheit nachgespürt zu haben. Wenn schon die Colonia der Gegenwart nicht ausschließlich damit beschäftigt ist, sich mit Ruhm zu bekleckern.
Montags geschlossen
Dienstags geöffnet: 10 bis 20 Uhr, sonst 10 bis 17 Uhr
Eintritt Dauer- bzw. Sonderausstellung: 5,00 / ermäßigt 3,00 Euro.
Eintritt Dauer- plus Sonderausstellung: 7,50 / ermäßigt 5 Euro
Wer möchte, kann zur Bewertungshalbzeit erstmal Lesepause machen, denn wir begeben uns nun in die aktuelle (noch bis 24.10.) Sonderausstellung 'Achtung Preußen!', untergebracht in der zur Preußenzeit errichteten Alten Wache. Dem Genius loci entsprechend kommt auch diese Schau nicht ohne augenzwinkernde Pflege und Gegenüberstellung der gängigen Klischees aus, etwa Frohsinn vs. Disziplin, Großkreuz der Ehrengarde vs. Pour le Mérite, Kölnisch Wasser vs. Berliner Luft....
Anlass dieser ebenso reizvollen wie gelungenen interkulturellen
Betrachtung ist natürlich das Begängnis der vor genau 200 Jahren stattgehabten Einrichtung der Rheinprovinz als Bestandteil des Königreiches. Wovon beide Seiten zunächst erkennbar unbegeistert waren.
Zu Berlin hatte man sich vom Wiener Kongress geografisch
nähergelegene territoriale Arrondierungen erhofft. Stattdessen hatte man nun irgendwelche abgelegenen, wenig erforschten, erzkatholischen und zu allem Überfluss auch noch deutlich frankophilen Landstriche am Halse. Zu Coellen, welches erst kurz zuvor unter französischer Anregung einen fulminanten Entwicklungsschubs vom immer-noch-Spätmittelalter ins 19 JH erhalten hatte, wurden ebenfalls Bedenken laut: 'Do hieroode mer ävver in en ärm Famillich' (da heiraten wir aber in eine arme Familie) lautet der berühmt gewordene Ausruf des Bankiers Abraham Schaafhausen zum Thema.
Abgesehen davon hatte man sich blitzartig an die neuen bürgerlichen Freiheiten und den Code Napoleon (die wohl bedeutendste zivilisatorische Errungenschaft unseres liebsten Nachbarlandes) gewöhnt und erkannte im Junker- und Ständerecht preußischer Prägung - und auch sonst - erhebliche Ungemütlichkeiten. Allein schon dieser Rechtstitel von 1815: 'Besitzergreifungspatent'...
Um es kurz zu machen: der Start war holprig, denn natürlich wurden alle bedeutenden Verwaltungs- und Militärposten mit Leuten aus den Ostgebieten besetzt. Auch in den Hungerwintern im Nachgang einer verheerenden Vulkanexplosion in noch ferneren Ostgebieten glänzte die neue Herrschaft keineswegs mit Fürsorge oder Effizienz. Man fremdelte arg. Erst im Laufe der Bismarckschen Eroberungsfeldzüge und der pompös gefeierten Dombauvollendung 1880 kam so etwas wie reichspatriotische Bejeisterung auf. Auf einmal waren diese unduldsamen Preußen tüchtige Burschen, denen es durchaus nachzueifern galt. Und diese zotteligen Rheinländer mutierten sodann zu geliebten Landeskindern Seiner kaiserlichen Majestät.
Siehe einige der preußischblauen Inschriften im Treppenhaus der Neuen Wache. In der Tat haben sich die neuen Machthaber auf vielerlei Art in der Colonia verewigt: die Ausstellung enthält etliche Fotografien baulicher Hinterlassenschaften. Abgesehen von Militär- und Eisenbahnanlagen, wären dies etwa die erste protestantische Kirche auf heiligem Boden oder der Palast des Oberlandesgerichtes. Aber auch so Sachen wie der Fußballverein 'Borussia' Kalk. Die Schatzkammer im Obergeschoss birgt schimmernde Prunkstücke, etwa einen Harnisch mit schnittigem Helm, eine Bismarckbronze oder jene potthässliche Gedenkvase, die Hindenburg den treuen Rheinländern einst zum Geschenk machte. Was aber haben die Preußen sonst je für uns getan?
Natürlisch: die Vorlage für den rheinischen Karneval geliefert. Denn dieser ist ja als Persiflage auf den evidenten Militarismus der neuen Obrigkeit entstanden.
Wir wollen also nicht undankbar sein. Und vielleicht schaffen wir es auch irgendwann, das Reiterstandbild des seinerzeit verantwortlichen Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III auf dem sehr zentralen Heumarkt in einen würdevollen Zustand zu versetzen.
Gewidmet dem hochverehrlichen grubmard, Chefhistoriker und Lieblingspreuße,
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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'Ich bewundere die konzeptionelle Reinheit'. Heißt es im Film 'Alien'.27.
Das lässt sich auch über dieses vortreffliche Institut sagen, wenn auch in anderem Zusammenhang. Wir befinden uns schließlich auf erzbischöflichem, also geheiligtem Boden.
Von der spätgotischen Kirche Sankt Kolumba ist nicht allzuviel übriggeblieben, wofür natürlich nicht ausschließlich die britische Luftwaffe verantwortlich war. Für die unversehrt gebliebene 'Madonna in den Trümmern' wurde 1950 unter der Leitung des Architekten Gottfried Böhm eine eigenständige Kapelle errichtet. Im Jahre 2007 wurde dann der extraordinäre Neubau des Schweizer Großmeisters Peter Zumthor vollendet, der die verbliebenen Überreste der Vorgängerbauten aufnimmt und sich in fein strukturierter Weise darüber erhebt. Bänder von kleinen Wanddurchbrüchen sorgen außen für einen filigranen Touch und Innen für wunderbare Lichteffekte.
Dort finden wir die archäologische Ausgrabung mit Überresten römischer, fränkischer, karolingischer, romanischer und natürlich gotischer Herkunft vor. Ein Steg führt im Zickzack durch diese großartige Halle und endet in einem kleinen offenen Innenhof, der ehemaligen Sakristei. Das Erzbistum hat für die neue Unterbringung seines 1853 gegründeten Diözesanmuseums richtig Geld in die Hand genommen - mit beeindruckendem Resultat. Schön, dass meine noch bis vor kurzem abgeführten Vereinsbeiträge natürlich auschließlich in dieses wunderbare Haus geflossen sind - und nicht etwa nach Limburg.
Am Empfang ebenjenes Hauses erhält der erwartungsfroh gestimmte Besucher ein Erklär-Büchlein, das zunächst in der Reisetasche und anschließend in der schön holzvertäfelten Garderobe verschwindet. Denn zur konzeptionellen Reinheit des Hauses gehört auch, dass kein Bestimmungstäfele und keine beflissene Beschilderung den unvoreingenommenen Kunstgenuss stört. Im Nachhinein führt das Studium des Büchleins dann zu erhellenden 'ach das war das' Momenten und auch zu dem einen oder anderen gelehrten Halbsatz in dieser Ausarbeitung.
Wie bei einem lichtdurchfluteten Edelneubau nicht anders zu erwarten, geht es hier auch inhaltlich keineswegs dogmatisch sakral sondern offen und durchaus beschwingt zu. Dafür sorgt zum Beispiel die erstaunliche Raumklang-Installation 'Serpentinata' des Bernhard Leitner: 48 Lautsprecher bespielen auf ausgeklügelte Weise ein Arrangement aus PVC Schläuchen. Fragen wie 'Was soll das?' und 'Was soll das ausgerechnet hier?' kommen erst gar nicht erst auf. Meister Breloh ist mit einigen Skulpturen aus glasiertem Terrakotta vertreten und Michael Buthe erfreut uns mit der eleganten Rauminstallation 'Die heilige Nacht der Jungfräulichkeit' bestehend aus 14 großen, geschwärzten und gravierten Kupferplatten und einem eisernen Kingsize-Kerzenhalter.
Manches wie die monochromen Großbilder oder die neckische Gurkenbalett-Bildserie sind dazu angetan, Ratlosigkeit hervorzurufen. Das gesteht uns auch das Erklärbüchlein zu. Im thematisch abgegrenzten Zeichenmuseum stellt Monika Bartholomé vielfältige und auch humorhaltige Objekte aus, die den klassischen Zeichenbegriff stellenweise - wie sagt man so schön feuilletonistisch - transzendieren. Gegen Ende des Parcours finden wir in einer kleinen Dunkelkammer die amüsante und interaktive 'Licht- und Luftmaschine' des Manos Tsangaris vor. Desweiteren drei schön illustrierte Stundenbücher aus dem Frankreich des 15. JH.
Südamerikanische Madonnenbildnisse und der prächtige Anno-Schrein - stilistischer Vorgänger des Dreikönigsschreins im Dome - sorgen dann wieder für verstärkten kirchlichen Kontext. Das gilt auch für die wunderbare 'Madonna mit dem Veilchen' (womit natürlich die Blume gemeint ist) aus der Hand des Stefan Lochner. In Glasvitrinen sind liturgische Gerätschaften aus feinziseliertem Edelmetall untergebracht. Zugleich wird hier der Blick auf die Minoritenkirche und den Dom gelenkt - ein herrlisches Bild.
Fotografieren für private Zwecke ist erlaubt, solange nicht stativiert und geblitzdingst wird. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen und habe somit auch keine Hand fürs Erklärbüchlein frei. Das freundliche Hauspersonal weist auf die Stufen hin, die einige Austellungsräume über das Normalniveau erheben.
Öffnungszeiten leider nur 12 - 17 Uhr, außer Dienstags. Dafür günstige 5 Euro / 3 Euro Eintritt. Ein stattlicher Mitarbeiter des Hauses öffnet dem Besucher freundlich die schwergängige Außentür. 'Klopfet an, so wird euch aufgetan' heißt es dazu bei Matthäus 7:7. Nur dass man hier noch nicht mal anklopfen muss.
Update 18.03.2018
Nun ergub sich aber gegen Ende des 'Urlaubs' die Gelegenheit zur inzwischen wohl Fünftbegehung dieses wunderbaren Hauses. Die Ausstellungen wechseln regelmäßig, so dass es jedesmal Gelegenheit gibt, Neues zu entdecken und Altes zu vermissen. Oder auch Neues nicht zu vermissen: zu den ganz wenigen Objekten, die sich mein Lieblingsverdikt 'BANAL!' einfangen, gehören drei monochrome, gar etwas gschlampert ausgeführte Arbeiten, die wohl als 'spannender Kontrast' gedacht sind, ävver.... 'Aber das ist doch Kardinalspurpur' heißt es von Seiten der gewitzten Mitkuckerin. 'Aah, ooh - ich vergaß...' Auch sonst leistet das am Empfang dargereichte Erklärbüchlein hervorragende Dienste - zumal beim Untertiteln der ergänzenden Bebilderung.
Gottlob dauerpräsent: die wunderbare 'Madonna mit dem Veilchen' unseres kunsthistorischen Nationalhelden Stefan Lochner. Ein weiteres persönliches Highlight ist diesmal 'Chronhomme 1': eine filigrane Wandprojektion aus zwei Overheadprojektoren. An sich sind das ja Geräte, die wohl nicht nur bei mir psychologisch belastet sind. Hoch bemerkenswert auch das nach 1600 Jahren relativ unbeschädigt vorgefundene spätrömische Diatretglas. Die Inschrift 'Trinke, lebe schön immerdar' hätte auch von mir sein können, allerdings nicht auf Latein. Und dann dieses etwas farblich sortierte Stadtmodell aus lokal massenproduzierter römerzeitlicher Kleinkeramik...
Nachdenklich stimmt hingegen eine seinerzeit sündhaft teure Grabplatte, deren Text unten rechts mit dem Vermerk 'FC' endet... Ejal, für alle halbwegs Kunstsinnigen der Sanctissima Colonia ist es eigentlich gesetzlich verpflichtend, dat Kolumba mindestens einmal im Jahr aufzusuchen.
mit besonders vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Update 20.02.201728.
Wie vom enthusiasmierten Einheimischen zu lesen isch, lohnt sich unbedingt ein Blick ins Aufführungsprogramm der Stiftskirchengemeinde. Soeben verpasst: das Oratorium 'Elias' von Felix Mendelssohn Bartholdy. Gleich am 22.2. goht's im Gemeindehaus Lamm weiter: der neue, hochedle Bösendorfer-Flügel vom Typ 290 Imperial (Holla! Man gönnt sich ja soschd nix) (Preis auf Anfrage - wie bei Rolls Royce - und sicher sechsstellig) möchte ein bisschen refinanziert werden. Es gibt also natürlich einen gemischten Klavierabend. Weiterhin ist im Jahresverlauf mit Motetten und Bach-Kantaten zu rechnen. Lobet den Herrn.
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Wichtig. Hier rühmte Goethe. Vorgängerinstitute ab 1188 nachweisbar und hierfür teilweise recycelt. Daher nicht gerade aus einem Guß erbauet, dafür aber unübersehbar platziert. Heißt auch deswegen Stiftskirche, weil sie Tübinger Identität stiftet. Dafür maßgeblich mitverantwortlich ist die allhier untergebrachte Grablege des württembergischen Hochadels. Herzog Ulrich. Aber zum Ausgleich auch hochkompetentes, verehrliches Weybsvolk wie Mechthild von der Pfalz und vor allem der Lokalheld Herzog Eberhard im Barte, Universitätsgründer und Herr über den nunmehr gotischen Neubau,
Bitte ein Moment der Andacht
Danke
Umbauten am Christentum gingen auch an diesem Gebäude nicht spurlos vorüber. Zeitweilige Nutzung als universitäres Auditorium. Schöne Fensterglasmalereien von 1475. Altarbildnis des Dürer-Schülers Schäufelein von 1520. Barocker Innenraum dankenswerterweise im 19 JH neugotisch entrümpelt. Diverse Renovierungsprojekte, Letzte gröbere Arbeiten inkl. WKII Bunkerbefüllung (Setzungsbewegungen!) und neuer Orgelempore 1965 abgeschlossen. Daselbst findet sich das mit ca. 5000 Pfeifen - wer zählt sowas? - größte Musikinstrument Tübingens. Regelmäßige Orgelkonzerte werden dargeboten.
Neben den regulären Gottesdiensten finden hier die samstagabendlichen Tübinger Motetten (mehrstimmiger, erhabener und durchaus vielseitiger Chorgesang, gern instrumental begleitet) statt. Und wie es sich für ein anständiges protestantisches Gotteshaus gehört, erklingt des Sonntagmorgens Posaunenklang vom Turme, welcher in der ganzen Altstadt zu hören sein soll. Auch für Nichtposaunisten - nach Erklimmung von 169 Treppenstufen - schöner Rundblick aus 45 Metern Höhe.
Zur Zeit beteiligen sich 9 Exemplare unterschiedlichen Alters und Kalibers am Glockenspiel des Hauses. Immerhin 60 Werke aus dem protestantischen Liederbuch können neuerdings per elektronisch gesteuertem Schlagwerk hörbar gemacht werden. Theoretisch (Achtung: möglicher derberer Studentenulk) wohl auch diverses aus den naheliegenden Stilrichtungen des Heavy Metal.
Der Zuständigkeitsbereich der evangelischen Stiftskirchengemeinde erstreckt sich über weite Teile der Tübinger Innenstadt. Man unterhält dort auch das Gemeindehaus (nicht zu verwechseln mit dem Unterjesinger Gasthof) Lamm. Am Gotteshaus selbst sind die Zuständigkeits- und Besitzverhältnisse interessant aufgeteilt und fast so vertrackt wie in Betlehem.
Geweiht dem Hl. Georg (welcher auf der nahen Säule schockierend unökologischen Tierfrevel betreibt), dem Hl. Martin und sicherheitshalber auch noch der Gottesmutter Maria.
Gewidmet jedoch dem very dearescht Agnostiker Schroeder
und zwar
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Beginnen wir ausnahmsweise mit den Kritikpunkten: der Wind war zeitweise etwas stark und hat sogar einige der seltenen Tübinger Fahrräder umgeschmissen. Ansonsten war das Bemühen des heldenhaften Orgateams, namentlich JulPal und Schroeder, um adäquate äußere Bedingungen weitgehend von Erfolg gekrönt. Ferner wurden im Laufe dieser glorreichen Veranstaltung derart hohe Maßstäbe gesetzt (wie wir noch sehen werden) dass sich unter den Teilnehmern kaum jemand bereitfinden wird, das nächste Treffen zu organiseren - denn ein unmittelbarer Vergleich kann nur ungünstig ausfallen. Oder wir stufen das hier einfach als 'hors catégorie' ein, ähnlich den höchsten Gipfeln auf der Tour de France.29.
Zur laufenden Programm-Informierung des Teilnehmerkreises hat Jul sinnvollerweise eine Vorab-Bewertung des Usertreffens eingestellt. Dass sich hieran inhaltliche Kritik des Oberkommandos entzündet hat, ist lächerlich. Und kommt einer Missachtung der Bemühungen der Userschaft (!!) im Bereich community management gleich. Dass sich diesmal niemand vom Team herbeigefunden hat spricht eine ähnliche Sprache, ist aber notfalls zu verschmerzen. Nun besser wieder zum Treffen selbst:
Jenes begann am Freitagabend in der trefflichen Draußensitzlocation Schwärzlocher Hof, in welchem trefflich getafelt und (Wieder)sehen gefeiert wurde. Ausgerechnet das Orga-Team wurde leider auf dem Heimweg ein wenig befeuchtet, während wir anderen in mehreren User-PKW den Orten der Nachtruhe zustrebten.
Am Samschtagmorgen: blauer Himmel, Menschenmassen, Treffpunkt am Brunnen, und zwar dem vor dem Rathaus ;-) Wo alsbald eine profimäßig kompetente und anekdotenreiche Stadtführung durch den bewährten Genossen Schroeder zur Aufführung gelangt: Unterstadt, Schloss, Priester-Kaderschmiede und die Stiftskirche mit dem alldorten grabgelegten lokalen Nationalhelden und Unigründer Herzog Eberhard im Barte. Dessen Land einerseits Edelstein tägt. Dessen dunkler Fleck - nämlich die auf Jahrhunderte hinaus wirksame Judenenteignung und -vertreibung allerdings ebenfalls nicht verschwiegen wurde. Sodann Richtung philosophisches Fakultätsgebäude der lokalen Hochschule - ehedem Schauplatz zünftiger Schlägereyen zwischen den allhier konkurrierenden Schulen der 'Idealischte' und der 'Realischte'. I must say!
Wohlverdienter Lunch im Selbstbedienungs-Biergarten mit prächtigem Blick auf sich abmühende Stocherkahn- und Ruderbootsantreiber.
Dann doch lieber wieder geistige Nahrung - und zwar im nach kurzem Fußmarsch erreichten Geologischen Institut nebst paläontologischer Schausammlung, wo die Jul öfters hingeht. (Näheres zu dieser Location auf Ihrer Plattform) Ein lichtvoller und hochinteressanter Vortrag führt in die komplexe Thematik der Paläontologie ein. Auf der Führung zu diversen Dino-Wandreliefs und Skeletten findet vertiefende Weiterbildung statt, ohne dass die im unklimatisierten Altbau durchhaltende Tourigruppe jedoch 'erschlagen' wird. Leider muss sich Schroeder nun aufgrund einer dringenden Privatangelegenheit verabschieden.
Man teilt sich jetzt in eine Shopping- und eine Julbüro-Besuchsfraktion. Shopping ist öde. Nicht so die vom sagenumwobenen 3D-Drucker erzeugten, feinziselierten Artefakte biologischer und künstlerischer Ausrichtung. Das Büro ist ebenso lichtvoll wie die Ausführungen nebst lebhafter Diskussion. Der schlechtgeschlafende Autor verfolgt dies vorübergehend andächtig schweigend.
Zeit für ein anständiges Eis im San Marco, dem traditionell ersten Anlaufpunkt in dieser Branche. Weiter zum erneuten Treff mit dem Restkontingent und anschließendes Abendmahl im Ristorante Invitto - Alte Kunst. Näheres bei den Fachbesprechungen. Zum Abschluss begibt man sich in eine angenehm ruhige (!) Studentenkneipe, den - nein das 'Bären'. Mit hinreißender Servierkraft und trefflichem Fischer Pils. Das nunmehr geschrumpfte Restgrupetto ermöglicht entspanntes Plaudern - mein Esprit kehrt ansatzweise zurück.
Herzliche Verabschiedung des verbliebenen Orgateams und Rückreise mit kleinen Hindernissen, wobei opavati dankenswerterweise die Schlussetappe im erfolgreich herbeitelefonierten Großraumtaxi spendiert. Eine großartige Veranstaltung, die weit über stundenlanges Sitzen und Diskutieren in einer Einzel-Location hinausgeht und bei der es dankenswerterweise eben nicht nur ums geliebte Plattförmle geht. Vorzügliche Vollendung des Wochenendes beim Klosterbesuch zu Maulbronn am heiligen Sonntag.
Norrens innigen Dank. SO geht Teambuilding. Wenn man das persönliche Kennenlernen und - das darf man wohl behaupten - Anfreunden auf User-Ebene so nennen möchte.
Ah so ja: doch noch ne Kleinigkeit: das angekündigte bzw. angedrohte nächtliche Brunnensingen fiel der Absenz Schroeders sowie beginnender Ermattung des Bärengrüppchens zum Opfer. Das eigens vom Autor präparierte Liedgut, namentlich: 'Wir lagen vor Madagaskar', 'We are the Champions' sowie das minimalst adaptierte 'Only Jul' (the Platters) konnte also nicht zur Aufführung gelangen. Im Zweifel wird man jedoch davon ausgehen können, dass auch dies unserem bereits jetzt legendären TÜ-Kongress zugute gekomme isch ;-)
mit besonders vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Hinkommen und Parkieren für Autofahrer schwierig. Reicht aber nicht für Sternabzug. Wiedersehensfreude groß. Draußensitzen angenehm. Aussicht auf Gegend, Tal und schwäbsche Eisebähnle toll. Auswahl und Kochkunst gut. Flädlesupp und Herschragout sehr zu empfehlen. Kutteln seltsam, aber muss der Schroeder wissen. Moschtvarianten: Bowle und Schorle liegen deutlich vor dem sortenreinen Getränk. Service freundlich und auf zack - Trinkgeld wohlverdient. Gesellschaft vorzüglich, Stimmung bestens. Wetter pünktlich.30.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas