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Eine wundervolle Vorstellung, ist es nicht? Leger doch adrett maritim gewandet im Kreise lieber Freunde, die Teetassen gezückt angetreten an Deck eines eleganten Wunderwerks aus Stahl, Teak und Segeltuch, den Blick schwelgerisch auf den sich nähernden mediterranen Küstenort gerichtet… sagen wir Antibes oder San Remo. Denn Monaco und St. Trop sind bereits hinreichend zu Lande erkundet und außerdem – ach Gott, wem sage ich das – dermaßen überlaufen, dass man auf Jahre hinaus keinen adäquaten Liegeplatz bekommt. Soviel Realitätssinn muss sein und schadet niemandem.61.
Schon eigentlich immer fühle ich mich dem Meere, maritimen Themen und auch der feineren Lebensart zugetan. Und so verwundert es etwas, dass ich es erst kürzlich erstmals auf die hierfür bestens passende Großveranstaltung im löblichen Nachbarort geschafft habe. 1800 Aussteller aus 65 Ländern tummeln sich in den 17 Hallen des örtlichen Messeveranstalters. Warum also nicht auch ich?
Denn die kostenlos dargereichte Postille ‚Boot aktuell‘ vermeldet 20 Erlebniswelten. Nachgezählt hab ich nicht, obwohl natürlich eine vollumfängliche und erkennbar ergiebige Begehung von geschätzt 3sm (Seemeilen) Gesamtlänge unternommen wurde. Wobei die World of Kajak, das künstlich bewindete Kleinsegelrevier oder der mit vielen Beobachtungsbullaugen versehene Tauchertank natürlich einen Blick wert sind. Zum aktiven Mitplanschen bin ich freilich nicht hier erschienen. Auch die seltsamen Funsport – Darbietungen entlocken dem halbwegs gediegen auftretenden Herrn allenfalls ein amüsiertes Schulterzucken.
Gleich zu Beginn immerhin das bemerkenswerte knallgelbe Forschungsschiff Aldebaran mit eingebauter multimedialer Sendestation und Bordvertestung alternativer, umweltverträglicher Technologien. Ein ähnlicher Ansatz wird beim Kleinkreuzer Green-Bente verfolgt, der dem Vernehmen nach zu 90% aus wiederverwertbaren Rohstoffen wie Flachsfaser und Kork besteht. Zugegebenermaßen dient letzteres Material allenfalls der Abdichtung der Champagnerflaschen an Bord der von mir präferierten Bootsklassen.
Gar wundervolle Segelyachten bis hin zur 19-metrigen Swan 60s aus Finnland. Ein freundlichen Herr, den ich um Bootsfotografiererlaubnis bitte, fragt nach meiner ‚Sailing Experience‘. Oh well, magere 2sm vor Ste Maxime: eine Bespaßung im Rahmen der legendären Abifahrt, die mit Mastbruch und motorisierter Errettung aus dem Mare Nostrum endete. Gelinde Heiterkeit: ‚So just keep on trying‘
Genau – wobei die schnittigen Zwei- und Dreirumpfkonstruktionen natürlich eindeutig zu ungemütlich für mich sind. Dasselbe gilt für die Krawall-Abteilung Formel 1 zur See: hier verblüfft ein Geschoss, das mit 2 x 720 PS zwar glaubhaft motorisiert ist, dafür jedoch erkennbarerweise (!) weder über ein Sonnendeck, noch einen Teesalong noch eine Umkleide verfügt. Was mag in einem Hirn vorgehen, das solchen Blödsinn entwirft?
Wat ha’mer noch: Urlaubsplanung zur See im Cruise Pavillon, Halle 14. Allerhand Zubehör und Weiterbildung zu allen Bereichen inklusive korrekter Tauverknotung, kompetenter Entsalzung des Außenbordantriebs oder fortgeschritten perfider Angeltechnik werden geboten. Maritime Kunst sorgt für farbenfrohe Abwechslung. Desgleichen die … modische Bekleidung für Segler oder Taucher.
Auch das Thema Sicherheit kommt natürlich zum Zuge. Vielerlei starkfarbige Ausrüstung zur Bewahrung von Leib und Leben ist hier zu sehen. Inzwischen ist natürlich auch eine Rettungsdrohne erfunden: diese könnte zwar allenfalls den über Bord gegangenen Schiffskater aus dem Wasser ziehen, meldet aber die exakte Position unfreiwillig Badender an den nächsten Seenotrettungskreuzer und wirft auch noch eine Schwimmhilfe ab.
Jetzt aber endlich zum Bereich des eigentlichen Hauptinteresses: der sagenumwobenen Halle 6, die jedes Mal mit spektakulären Sonder-Landtransporten bestückt wird. Das Motto könnte hier durchaus ‚Rule Britannia‘ lauten, denn die Anbieter Princess of Plymouth und Sunseeker of Poole dominieren das Geschehen mit etlichen Preziosen aus dem jeweiligen Produktkatalog. Auch Prestige/Jeanneau de France und Drettman aus Bremen sind hier dankenswerterweise gut vertreten.
Das allhier Dargebotene – Luxusyachten zu deutlich siebenstelligen Anschaffungskosten – wird zunächst von außen begutachtet, wobei eine halbhoch umlaufende Hallen-Empore reizvolle Perspektiven ermöglicht. Sodann begibt man sich erwartungsfroh ans Ende der gottlob kurzen Interessentenschlange. Es dauert ein wenig bis auf die erhöht platzierte Luxusplattform, denn natürlich werden nur wenige Herrschaften zeitgleich an Bord gelassen. Sehr weise - man stelle sich ein straßenbahnmäßiges Gedränge an Bord von bb-dd’s frisch erworbener Princess 75 vor – undenkbar! Der Aufenthalt wird weidlich ausgenutzt und ganz nonchalant werden auch noch fast alle anderen Exemplare – nicht nur das huldvoll zugewiesene Wasserschloss – inspiziert.
Die richtige Einstellung angesichts des vorherrschenden Luxus ist natürlich heitere Gelassenheit - Sozialneider und Klassenkämpfer sind hier völlig falsch. Das Auge des Kenners schweift also entzückt über lederne Wohnlandschaften, schnucklige Kemenaten und ausladende Sonnendecks – bleibt aber auch an einigen Nachlässigkeiten hängen, die in dieser Preisklasse überraschen: der ein oder andere Niedergang ist ein wenig grob zurechtgezimmert, an Deck dominiert dieses unsägliche spiegelnde Teak-Imitat und als ‚Krönung‘ der Prinzessin leider ein Cockpit in Hartplastik-Vollausstattung à la 80s Panda. Kinder! Da legt man gefälligst ein wenig mehr Liebe zum Detail an den Tag, auch wenn das Ganze dann in die nächste Million hinaufrutscht. Aber wir wollen mal nicht so sein und sind ja auch gerade in milder Stimmung: der sehr hübsche, erhabene Rundblick auf die glitzernden Nachbarpreziosen und das staunende Messevolk, dem ich just entstiegen bin, hat schon etwas außerordentlich anheimelndes.
Fast achtstellig wird es dann in der Tat auf dem Flaggschiff der Veranstaltung, der 30 Meter langen und folglich so heißenden Princess 30M. Der Zutritt wird diesmal – immerhin äußerst charmant – verweigert. Der Eigner – Angehöriger des skandinavischen Geldadels – lässt nur persönlich geladene Gäste an Bord und ahnt offensichtlich nicht, wer ihn soeben zu beehren gedenkt. Dann also ausnahmsweise unverifiziertes Munkeln: reichlich Edelgehölz (hoffentlich auch am Cockpit) fünf Schlafgemächer, ausfahrbare Balkone und als kleines Extra ein Verladekran fürs hinter Plexiglas verwahrte Rettungsmotorrad. Kein schlechter Auftritt, der Herr. Und weil es natürlich jedesmal immer extravaganter werden soll, gibt es demnächst sicher ein richtiges Privatschiff der Abramowitsch-Klasse.
Publikum mit Niveau, ausgesucht höflicher Umgang sowohl seitens der hier platzierten Aussteller, als auch unter uns weltgewandten Boat People. Es braucht ja niemand zu wissen, dass mein Scheckbuch gerade von der (ebenfalls charmanten) Arbeitsberaterin verantwortet wird. Und unter uns gesagt: spätestens ab der hier aufgefahrenen Bootsklasse geht auch sonst niemand mehr so wirklich für sein Geld arbeiten – Solidarität!
Umherschwelgen kann freilich hungrig machen: die Häppkes in der Lounge und den Bordrestaurants sind vermutlich ortsüblich bepreist. Dies wurde wegen sportlichem Inspektionsprogramm nicht näher untersucht. Außenbords (der Messehallen) sind volksnähere Imbissanbieter vorhanden. Toiletten zahlreich und gepflegt. Die Öffnungszeiten: 10 bis 18 Uhr habe ich ziemlich vollständig genutzt.
Gibt es was zu meckern? Nun gut, man sieht sich einer verwirrenden Vielzahl orangenfarbiger Pfeilchen gegenüber und es ist kein wirklicher Rundgang möglich. So muss der zahlende Gast doch tatsächlich ab und zu ins Freie treten und bei leichtem Nieselregen die Entfernung zwischen den noch dazu recht hässlichen Hallenkomplexen überwinden. Möglichkeiten zum Abchillen sind dünn gesät bis nicht vorhanden - es sei denn, man möchte auf hartem Plastikgestühl einem Fachvortrag über Wasserschutz oder irgendwelchen insiderigen Taucher-Dönekes lauschen.
Diese kleinen Widrigkeiten werden jedoch mehr als ausgeglichen: nicht nur durch gewisse spektakuläre Exponate sondern auch durch den vorzüglich organisierten, eng getakteten und humorig bemannten Shuttle-Busverkehr. Originalzitat meines Chauffeurs: 'Junge Frau - janz ruhisch, dat hab isch doch schon erklärt: hier ist P1, Feld 2, nächster Halt ist überraschenderweise Feld 3. Kommen Sie damit zurecht?'
Eintritt 22 Euro, im sinnvollen Online Vorverkauf 16 Euro. Halbtagskarten kosten 14 bzw. 11 Euro. Dazu 8 Euro Standgeld fürs Automobil. Als Mitglied des www.boot.club erhielte man weitere 2 Euro Vergünstigung, Zutritt zur chilligen Clublounge, einen Begrüßungsdrink und höchstwahrscheinlich jede Menge Reklamemails.
Sonntag, der 31.1. ist letzter Tag - aber diese Betrachtung wird im Wesentlichen auch auf künftige Aufführungen der weltgrößten Wassersportmesse anwendbar sein. Für mich eine überaus lohnende Veranstaltung, randvoll mit großartigen Anregungen fürs nächste Leben.
Mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
... und für Gleichgesinnte direkt mal zum Weiterlesen:
http://www.prestige-yachts.com/brand.html
http://www.princessyachts.com/
https://www.sunseeker.com/en/
*** Update 20.1.2019 ***
und weil's so erquicklich war, weil es die güldene Jubiläumsedition der Veranstaltung und zudem die persönliche Lieblingsbesprechung ist, also gleich nochmal:
Inzwischen tummeln sich 2000 Aussteller und das Online-Ticket schlägt mit 19 Euro / offline 25 Euro, das Parkieren mit 10 Euro zu Buche. (eine Anreise per rumpeliger S-Bahn, noch dazu ohne Haupteingangs-Shuttle wäre für mich als Großyachten-Inspektor irgendwie unpassend) Außerhalb des Hauptinteresses erfreut diesmal die 'Beach World' in Halle 8A, auch wenn sich das Tele-bewehrte männliche Auge etwas mehr versprochen hat. Auf der dort installierten stehenden Welle von 1,50m Höhe x 9,00m Breite wird nämlich eifrig windgesurft und wakegeboardet - oder dies zumindest versucht. Bemerkenswert ist ferner die neueste Erfindung eines wasserdüsengetrieben Surfbretts sowie der Ultra-Kleinsegler Tiwal 3.2, der sich zerlegterweise in zwei größeren Sporttaschen, mithin sogar im Kleinwagen transportieren ließe und binnen 15 Minuten einsatzbereit sein soll. Das wäre beim überaus prächtigen Großsegler Oyster 675 (Halle 16) ungleich schwieriger. Ansonsten ist alles ganz ähnlich wie oben bereits dargelegt, also schnell zu den normalen Leuten, sprich: Halle 5 und 6.
Wer freundlich fragt, kömmt auch an Bord - zunächst bei Jeanneau / Prestige, deren 40- und 45- Fuß (=übliches Längenmaß) Angebote sich im Raumangebot verblüffend deutlich voneinander unterscheiden. So dass ich mir nur im ersteren Modell das Köpfchen stieß. Gediegene Verarbeitung, definitiv zum Wohlfühlen, nicht aber als Residenz geeignet. Daher flugs weiter zu den britischen Platzhirschen, zwischen denen sich in jeder Hinsicht ein kaum für möglich gehaltener Klassenunterschied auftat: bei Princess herrschte diesmal strenges Regiment: die Kleingruppe wurde recht zügig übers Wasserschloss gescheucht und hatte sodann umgehend die Plattform zu räumen, also kein zwangloser Gesamtüberblick wie zuletzt.
Der Tagessieg geht daher eindeutig an den Rivalen Sunseeker: nicht nur hatte man mit der S86 (wir erinnern uns: Bootslänge in Fuß) diesmal das größte Exemplar am Start, knapp vor der Princess Y85... Nein! Die Charmanz und Gelassenheit der jungen Aufseherinnen war auch eine ganz andere: ungestörtes Flanieren von Bord zu Bord, Schwelgen in unaufdringlicher und bis ins Detail edler Opulenz. Also kein Hartplastik und auch sonst keine Nachlässigkeiten (vgl. weiter oben) die das Auge beleidigen. Meinen bündig abschließenden Fachkommentar 'Das sieht hier aber besser aus als bei Firma P.' kommentierte die junge Dame: 'Na, das will ich doch hoffen!'
Klare Charter... ach was: Kaufempfehlung pro Sunseeker also. Denn preislich tun sich die Platzhirsche nicht viel: 'auf Anfrage (inkl. Verhandlungstalent)' heißt es übereinstimmend. So machen wir das halt ab einem gewissen Niveau.
Mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Ja. Also, hier darf man sich ruhig erstmal mit den Äußerlichkeiten beschäftigen. Schließlich ist hier unter der Ägide des Großmeisters Renzo Piano ein schwungvoller Kristallpalast entstanden, der sich elegant an der nahen Antoniterkirche vorbeischlängelt, welche sich darob allerliebst in der Fassade aus ingesamt 6.800 Glaselementen spiegelt. Das Oeuvre des Genueser Stararchitekten ist gottlob vielseitig - man stelle sich hier eine Monstrosität à la Centre Pompidou vor, die ebenjener mitverbro... mitkonzipiert hat. So aber erleben die Bewohner der Colonia - einer oft üblen Ansammlung von lieblos hingeklatschtem Bauschrott - allhier einen seltenen Moment erhabener Leichtigkeit.62.
Und weil das so ist, gab es selbstverständlich die ortsüblichen Verzögerungen nebst Rechtsstreitigkeiten um eventuelle Statikprobleme, Baustopp, Nachbesserungen, verletzte Eitelkeiten... das volle Programm. Gleichwohl wurde 2005 dann doch noch die Eröffnung des trotz 130m Länge und 34m Höhe grazil wirkenden Schmuckstücks gefeiert. Nächtens von innen illuminiert, entsteht zumindest punktuell der Eindruck mondäner Gelassenheit. Und darum nennt sich dieses Objekt auch völlig zu Recht Weltstadthaus. Nicht, weil es in einer Weltstadt stünde - weiß Gott - sondern, weil es Ausweis dessen ist, wie in Weltstädten, die diesen Namen verdienen, üblicherweise - und nicht ausnahmsweise! - gebaut werden dürfen müsste.
Aber wir wollten ja, fällt mir gerade ein, nach Hemden, T-Shirts und Spontankäufen kucken. Wenig überraschend setzt sich die Großzügigkeit des Luxusbaus auch im Inneren fort. Der Flaggschiffladen des Modekonzerns Peek & Cloppenburg wirkt durchweg aufgeräumt und wohlsortiert. Hier muss man sich nicht zwischen Wühltischen und eng gestellten Auslagen durchzwängen und auch das bei Bedarf hilfreiche, immer jedoch freundliche Personal hält sich angenehm zurück. Architekturinteressierte dürfen unbehelligt den Blick schweifen lassen.
Die insgesamt 14.400 qm Verkaufsfläche sind auf fünf Etagen untergebracht. Tendenziell gelangt man weiter oben auch in die höheren Preisregionen. Natürlich fühlt sich die billig-billig Fraktion bei Peek & Cloppenburg nicht wirklich wohl. Andererseits wird man nicht behaupten können, dass das allgemeine Preisniveau der Exclusivität des Baukörpers entspricht. Es ist vielmehr erfreulich moderat bis mäßig ambitioniert, je nachdem in welchem Gebäudeteil man sich aufhält. Eine Schwierigkeit besteht mitunter darin, dass viele Bekleidungskategorien nach Herstellern und Designern sortiert und auf mehrere Etagen verteilt sind. Wer z.B. alles an Jeans durchstöbern will, hat bei der beachtlichen Gesamtauswahl also einen netten Rundmarsch vor sich. Wer genaue Vorstellungen hat, wird jedoch schnell fündig oder lässt sich zielführend dirigieren.
Die Webseite des Hauses lohnt das Stöbern. So erfährt man, dass Firma P & C gleich nach Unternehmensgründung im Jahre 1901 das einheitliche Größensystem in der Herrenkonfektion eingeführt und alsbald auch eine Tropenkollektion für die deutschen Kolonialgebiete im Angebot hatte. Es überrascht wenig, dass man sich auch heute auf der Höhe der Zeit befindet und von Düsseldorf aus einen Onlineshop mit ohne Versandkosten und 60 tägigem Rückgaberecht betreibt. Wobei die oft pseudoenglische Produktkategorisierung schon arg gekünstelt wirkt. Und warum sollte man sich außerdem den Besuch des Kristallpalastes versagen? Man kann sich ja notfalls vorab online das Angebot der Filiale Schildergasse aufrufen und telefonisch was nettes auf Seite legen lassen. Die... warte maaal... rein zufällig aufgesuchte Rubrik Cocktailkleider offenbart beispielsweise eine Preisspanne von 13 (Sale!) bis 350 Euro (Boss) und einige doch recht aparte Schnittmuster. Für Brautkleider... na ja... sucht man besser ein Spezialgeschäft auf, aber das ist ja derzeit nicht das Thema.
Nach erfolgreicher Textilakquise - auch diesmal wieder über den Einkaufszettel hinaus - werden heute sogar Schokokamellen im Kassenbereich gereicht. Der großzügig bepackte Autor ergreift derer zwei und empfängt trotzdem ein freundliches Lächeln von der umwerfend attraktiven jungen Hausangestellten. Spätestens jetzt sind natürlich fünf Sterne fällig für dieses Kleinod - äußerlich wie innerlich - des coellnischen Einzelhandels.
Mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Firma PWV Presseshop besteht seit 1998 und betreibt im Franchiseverfahren an aktuell 55 Standorten Presse- und Tabakverkaufsstellen. 'Nach Möglichkeit integrieren wir Postdienstleistungen', heißt es auf presseshops.de Dies ist in dem von Meister Buyrukoglu geführten Lokal in der Karl-Marx-Str. zu Berlin der Fall. Denn der liebe Tom (ich darf die Anrede-Kurzform verwenden) ist hier auf der Suche nach einem postgelben Mini-Packset nebst adäquatem Portoaufkleber fündig geworden und hat sich dafür ganz schön in Unkosten gestürzt, siehe Abbildung 2. Natürlich ist PWV hier in der Preisgestaltung nicht ganz frei und kann auch nix dafür, dass z.B. das Porto für Standardbriefe zum Jahreswechsel mal ganz nonchalant von 62 auf 70 Cent erhöht wurde. Das Ladenlokal macht einen aufgeräumten und gut sortierten Eindruck (siehe Abbildung 1) und die Sendung nebst amüsantem Inhalt ist soeben in der Colonia eingetroffen.63.
Ich habe den Quadranten gescannt, Major Tom. Es fehlt mir allerdings noch dieses schraubendreherähnliche galaktische Objekt :-)
Aber auch da kann der PWV Presseshop Buyrukoglu nix für.
Insofern eine ernstzunehmende Empfehlung.
mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas
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Um es vorwegzunehmen: so richtig viel Ritterey ward an jenem 11.12.2015 nicht geboten - kein Schwertkampf, keine hochedle Lanzenreyterey. Dafür rückte hier das Piraten-Unwesen ein wenig in der Vordergrund und auch die Gewandung der ambitionierteren Besucher orientierte sich oft am 17. und 18. JH. Kritikwürdig ist das nicht, denn bey anderer Gelegenheit erklingen durchaus die Nahkampfwaffen - siehe Besprechung meines unerschrockenen Mitstreiters. Zudem enthält der Titel des Spektakels ja das Wort Phantasie und verweist damit auf einen bewusst unauthentischen, mithin entspannteren Umgang mit der MA-Thematik, als dies etwa bey den auf andere Art wunderbaren Ritterspielen von und zu Satzvey praktizieret wird.64.
Dort würde denn auch das 'Piratengesindel' nebst hinreißend abgewrackter und liebevoll dekorierter Großinstallation kein Placet erhalten. Auch wusste der malerisch-schaurige Käpt'n (während man dem skelettierten Kleinfaktotum Manfred gerne einen Silberling auf die Kralle legt) von den hohen Kosten - etwa für die feurige Beleuchtung - zu berichten, die dieses exquisite Hobby mit sich bringt. Beim bordeigenen Tortuga-Inn kehrten wir dann lieber nicht ein, da der auswärtige Besucher mit dem Motorkarren angereist war und der Tag bereits zur Neige ging.
Dafür gab's aber zu Beginn unserer vielstündigen Exkursion zwei recht effektive 'Thors Hämmer' und im weiteren Verlauf einige Biere. Das hilft dann auch beim Goutieren des ruppigen und amüsanten, auf Dauer allerdings auch etwas einförmigen Piraten-Livesounds an der Hauptbühne. Ye Banished Privateers oder Mr. Hurley & Die Pulveraffen sorgen für kernige Stimmung - nicht alle Gesangsbeyträge sind allhier zitierfähig :-) Musikalisch ansprechender fand ich die pipes & drums der Comes Vagantes, verdienter Recken aus Niedersachsen. Die jedoch unbeleuchtet aufspielen mussten und im Tagesverlauf zunächst vom Rauch des nahen Lagerfeuers und alsdann von der Dämmerung gar verschlucket wurden. Je nach Veranstaltung lockt das MPS auch noch etliche andere Bänds an, sogar von den keltisch geprägten Landstrichen gewisser Nordseeinseln.
Der Eintritt zu diesem weltgrößten reisenden MA Kulturfestival variiert stark, je nach Altersgruppe und Wochentag. Meist werden am Haupttage an der Tageskasse 30 Silberlinge für Volljährige und deren 18 für Untersechzehnjährige fällig. Dies lässt sich im Vorverkauf und durch Ausweichen auf die mit weniger Programm gefüllten Veranstaltungstage erheblich reduzieren. Am eingangsnahen Goldzelt ist Barschaftsumtausch in MPS-Goldtaler möglich aber natürlich nicht zwingend. Außermusikalische Programmpunkte wie etwa die Feuerakrobatik sind wetterabhängig. Zum festen Angebot gehören jedoch Musikkonserven und MA-Bedarf beym Marketender Miroque, Met der Edelleut, Schneyderey und Kleyderkammer, Handwerk in Metall, Glas, Holz, Leder und Gesteyn (man beachte hier die köstlichen, reichlich abfotografierten Statuetten) Und natürlich 'The black house' - scottish ale & whisky tavern - die Restvernunft des Karrenfahrers obsiegte auch hier.
Wunderbares Ambiente, vielseitige Verpflegung. Für mich gab es den löblichen Zyklopenspieß und hernach überraschend gelungene Spätzle. Zurückzucken jedoch am Veganer-Verpflegungsstand. Dazu wunderbare Unterhaltung, aber auch einfach mal gemeinsames, wohliges ins-Feuer-starren. Ab und an leichter Nieselregen tut der Stimmung keinen Abbruch. Elegant beschwingt gleitet man übers verschlammte Geläuf. Das Schuhwerk sieht nach ausführlicher Grundreinigung halt etwas gebraucht aus - und der würzige Rauchduft der Gewandung verfliegt ja mit der allfälligen Waschung.
Das gerne mitgeschleppte, löbliche MPS Fachmagazin enthält grundlegende Konzept-Infos (klassische Heerlager, aber auch offen für Gothics, Steampunks, Orks, Vikingers....) weiterführende Veranstaltungstipps und hilfreiche Hinweyse, etwa auf 'Schergenlager u. Folterknechterei - Sie buchen, wir fluchen' oder 'Forzarello - die Gaukler Ihres Vertrauens' (quod erat) Desweiteren natürlich die unvermeidliche Auswahl an 'Merchandise'-Fachbekleidung mit dem MPS-Drachenlogo.
Und sollte es noch Zweifel an der hier zu erbringenden Maximalbestirnung gegeben haben, so werden diese spätestens am abendlich verdunkelten Zentralgewässer ausgeräumt: die Beleuchtung, auch anhand schwimmender Kerzenträger, erzeugt eine wundervolle, fast schon exotische Atmosphäre. So schön kann es ja fast nur in Dortmund sein. So nehmt meinen Dank, edler Tiger - und erscheinet gerne Ende Julius auf dem MPS am Fühlinger See in der Colonia ;-)
Update 30.11.2018
nun könnte man gewisslich einwerfen, dass das Spectaculum ein wenig vom 'Charme des Unfertigen' eingebüßt habe. Gleichwohl darf die Anwesenheit sowohl einer metallenen Bodenbeplankung als auch großer Festzelte als Fortschritt an Bequemlichkeit gepriesen werden. Denn wir erinnern uns ja noch an die Zeit, da es auf Dortmunder Gebiet zu ergiebigen, sprich schlammfreundlichen Regengüssen gekommen ist. Ausmaß und Auswahl des Dar- und Feylgebotenen haben ebenfalls erkennbar zugelegt. Und so verwundert es nicht, dass die gemeynsam mit Seiner gestreiften Lordschaft verbrachten, nein: genossenen Stunden im Nu verflogen. Denn als wir gegen halb zehn - (beym wiederholten Erklingen des 'drunken sailor') kurz das Irish Pubzelt verlassen mussten, war es in Wahrheit bereits nach elf und leider eigentlich Feyerabend für heute. Also kein Zyklopenspieß (veganfrey) mehr. Aber das war neben den diesmal nicht ganz so mitreißenden bzw. häufig pausierenden Musici und meinem unterhaltsamen Bauchplatscher im Magier- und Märchenzelt auch schon der einzige Hauch von Unbill. Kindlein im Bällebad, freundliches Volk und nicht zuletzt die bereits mehrfach - auch andernorts - bewährten 'Thors-Hämmer' sorgten wiederum für einen trefflich freundschaftlichen Nachmittag bis Spätabend.
Update 7.12.2019
Inzwischen bedarf es 38 Silberlingen bzw 'Goldtalern', um sich Zutritt zu allen Bereichen und Festivitäten des MPS zu verschaffen. Das Gelände wurde dafür aber auch deutlich vergrößert und um das allerliebste und sogar recht anspruchsvoll modellierte Saurierbiotop erweitert. Nach zwei der unverzichtbaren Thors Hämmer (pro Person) gebot die Restvernunft alkoholisches Absentieren, wobey anstelle des 'Moorwassers' a.k.a. Coca Cola das alkfreie Radler gute Dienste tut. Das leybliche Wohl kömmt ebenso wie das männliche Auge nicht zu kurz, allein die Ohren... Firma Versengold rockt den Live-Bühnenbereich nach Kräften und sehr talentiert. Im Festzelt jedoch kommt trotz zahlreicher bunt gemischter Polstermöbel nicht die ganz große Begeisterung auch: das hiesige Bändrepertoire passt vermutlich auf einen Bierdeckel und zur Feier des Getränkesponsors erklingt ungefähr viermal in kurzen Abständen der 'Irish Rover'. Das Feuilleton vermerkt: Roverkill. Davon abgesehen wie immer prächtige Unterhaltung mit Lord eknarf und auch der Regen hatte diesmal Pause.
Mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Die Filmpalette ist sicherlich das allerliebste und schnuckligste Kino in der Colonia. Besonders, wenn man nicht auf der Suche nach perfekter High-End Vorführtechnik und Mega-Bombast sondern nach kleineren, dafür aber großartigeren Filmerlebnissen ist. Äußerlich unauffällig in einem Altbau untergebracht, verweisen Filmplakate an der Hauswand immerhin darauf, dass der hoffnungsfroh gestimmte Filmgenießer hier tatsächlich richtig ist. Man betritt also den Ort des Geschehens und findet sich in einem - sagen wir - Filmkiosk mit voller Filmprospekten und einem DVD-Regal ohne die andernorts üblichen Blockbuster. Denn im Untertitel nennt sich dieses Institut ja auch noch Filmkunstkino und die Auswahl - wir erinnern uns: 'Arthouse' wird dem vollauf gerecht.65.
Abgesehen vielleicht davon, dass untertitelte Originalfassungen oft nur außerhalb der Wochenenden zur Aufführung gelangen. Was im Nachgang zum hinreißenden und warmherzigen japanischen Werk, 'Unsere kleine Schwester' von Hirokazu Koreeda, prompt zu einem kennerhaften 'schrottige Synchro' seitens Zweiter Tochter führt. (Aber den unbestreitbaren Vorteil hat, dass das männliche Auge Samstags ungestört von westlicher Beschriftung auf den recht anmutigen Darstellerinnen ruhen kann)
Desungeachtet werden am freundlichst bemannten bzw. befrauten Catering- und Ticketing-Tresen sogleich zwei Drittel von Reihe 10 klargemacht - charmanterweise ist dies die mittlerste von nur sieben Sitzreihen im Saal II, welcher 45 Besucher fasst und höchstens dreimal so groß ist, wie der heimatliche Gelbe Salong. Der 'historische', wenngleich 2004 gründlich modernisierte Saal I ist für 70 Filmfreunde ausgelegt und über einen separaten Hauseingang erreichbar. Die etwas intime Atmosphäre tut dem Filmgenuss natürlich keinen Abbruch - im Gegenteil: das Publico ist meist mittleren bis gehobenen Alters und es werden also weder Softdrink- noch Popcorneimer verschüttet, noch wird gegen die Sitzlehnen getrampelt. Wir befinden uns hier schließlich nicht in der etwas proletarischeren Massenvergnügung jenes stadtbekannten Multiplexes.
Preise am Wochenende und an Feiertagen 7,50 / reduziert 6,50 Euro. Unter der Woche je ein Euro weniger. Leute bis zu 17 Lebensjahren zahlen pauschal 4 Euro. Karten können via Telephon unter 0221 / 122112, wochentags auch unter info@filmpalette-koeln.de und natürlich in diesem Internet unter www.cinetixx.de reserviert werden. Die ebenda einzusehende Webseite des Hauses informiert auch über das wöchentlich wechselnde Aufführungsprogramm. Das angedachte Double-Feature in Verbindung mit der höchst verehrten Lieblingsaustralierin wäre dann doch unvernünftig gewesen, da sich beide Meisterwerke zeitlich zu sehr überschneiden. Aber man kann ja gerne wiederkommen, sind ja noch Winterferien.
Die vom wunderbaren japanischen Filmvortrag inspirierte väterliche Anregung, wonach sich die Zweite Tochter künftig vor der Ersten sowie beide vor den Sehr Ehrenwerten Eltern verbeugen sollten, wurde mit völlig deplatziertem Unernst aufgenommen. Hier wurde anscheinend in den prägenden Jahren die Vermittlung wichtiger Kulturtechniken verabsäumt. Vergebung, liebe Ahnen und....
*** Update 4.7.2019 ***
Diesmal ging es tatsächlich in den größeren 'Saal 1', der mit mindestens 70 Leuten bis auf den letzten Platz gefüllt war. Im Rahmen der Kölner Kino Nächte (noch bis 7.7.) kam 'Before Stonewall' (Schiller, Greta: 1984) zum Vortrag. Eine sehr erhellende Dokumentation über die Entwicklung der amerikanischen Schwulen- und Lesbenbewegung von etwa 1920 bis 1969. Der sehr unruhige 28.06. jenes Jahres wird seither als 'Christopher Street Day' gewürdigt. Anschließend gab es - wiederum erhellende und auch unterhaltsame - Kurzvorträge von Insidern der Communities. Dem fiel denn auch prompt der im Anschluss (woanders) vorgehabte Afrikafilm zum Opfer. Der Film begann mit 20 minütiger Verspätung, weil der etwas zerstreut-hektische junge Mann wohl noch die DVD zurückspulen musste oder was weiß ich. Das geneigte Publico wartetet derweil draußen in der Sonne. Ich finde, sowas trägt durchaus zum besonderen Charme dieses außergewöhnlichen und besonders förderungswürdigen Filmtempelchens bei.
Mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas
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Überparteilich. Gehaltvoll. Trinkfest. Heißt es auf der Titelseite des Extrablattes. Und davon gibt es sogar mehrere: neben diesem 2009 eröffneten Lokal auch noch eins am Kölner Alter Markt sowie aktuell 69 weitere im ganzen Land. Dass es sich hier also um Systemgastronomie handelt, merkt man beim Betreten dieses recht gediegenen Lokals nicht unbedingt. Der große Gastraum ist geschmackvoll dekoriert und befindet sich in einem stattlichen Eckhaus unweit der noch stattlicheren Eigelsteintorburg. Man nimmt an kleinen runden Caféhaustischlein oder etwas großzügigerem Mobiliar Platz oder fläzt sich mit etwas Glück gleich auf die Polstermöbel der Lounge.66.
Als Quelle fester Nahrung wäre zunächst das Frühstücksbuffet zu nennen, welches unter der Woche von 9:00 bis 12:00 (8,95 Euro), ansonsten von 9:30 bis 13:30 (12,95 Euro) aufgefahren wird. Sodann Kuchen (vom Nachwuchs als 'sehr lecker' gelobt) und Waffeln. Weiterhin Speiseeis - in kugeliger Auswahl oder als Gesamtkunstwerk im Becher, zudem Smoothies und Shakes. Etwas überraschend sind in der Filiale am Eigelstein auch noch jeweils 6 Schnitzel-, Flammkuchen- und Burgervarianten im Angebot. Ob sich letzteres angesichts unweit vorhandener Spezialgastronomie empfiehlt, bleibt zunächst offen.
Etwas weniger überraschend werden in diesem Café die klassischen Heißgetränke, unter anderem auch als Baileys Coffee, Trinkschokolade und vegetarischer Tee aufgetischt. Der Nachwuchs moniert diese als 'etwas dünn', die sind wohl bereits stärkeres gewohnt. Dann also nächstes Mal lieber direkt die Cocktailkarte: die Auswahl ist vielversprechend und enthält neben den Klassikern mir noch unbekanntes wie Golden Cadillac oder Hurricane - und auch eine Auswahl mit ohne Alkohol. Dazu Bier, Wein, Säfte und Softdrinks. All dies findet morgens ab 8:00, an Sonn- und Feiertagen ab 9:00 jeweils mit open end statt. Für Alleinreisende steht natürlich auch eine hinreichende Auswahl an Zeitschriften und Zeitungen zur Verfügung.
Freundlicher und flotter Service, Wohlfühlatmosphäre, akzeptables Preisniveau - gerne wieder.
Mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas
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Sie hat mich zweymal angelächelt! Nämlich die entzückendste aller Akrobatinnen auf der von trefflicher Livemucke begleiteten Abschlussgala. Und so sind dem umständlich mit dem magischen Auge hantierenden Besucher gar löbliche Erinnerungen geblieben, die hier natürlich freundschaftlich geteilet werden. All dies - und einiges mehr - begub sich zu Dortmund, genauer: auf dem dortigen Hanse- und Mittelaltermarkt, den wir zu zweit einer Inspektion unterzogen haben.67.
Gut, an Ritterspielen gab es andernorts mehr zu erleben - aber hier gibt es nun mal keine ausgedehnte Turnierplane für die hochedle Lanzenreiterey. Aber auch die hiesigen dunklen Raufbolde im Eisengewande ließen es allerliebst krachen. Zudem ansehnlicher Bauchtanz sowie Messer- und Feuerakrobatik zum besser-nicht-nachmachen. Dazu diverse Marketenderey um Bekleidung, Drachenschmied, Kunst(?)handwerk und Gebrauchsgüter bis hin zu Harnisch, Helm und Breitschwert.
Der allhier integrierte und seit über 1000 Jahren abgehaltene Bauernmarkt bietet ein weites Feld an Futterstellen, wobey der Brez'n-Stand (schon wieder eine neue Schreibweise) das allerhöchste Lob verdient. Wer ahnt schon, dass man sich für eine solches Erweckungserlebnis bloß nach Westfalen zu begeben braucht. Und nicht etwa in die südlichen Landstriche, die sich so unterhaltsam um die Krone der Brezelkunst beharken? Ein Traum in sanftschimmerndem Goldbraun, der weder zerbröselt noch gummiartigen Widerstand leistet. So geht dat. Dafür gerät der nächste Zwischenimbiss etwas enttäuschend: das schwäbische Dinnede-Brot erfüllt in keiner Weise die vorfreudigen Erwartungen, die ja sonst mit diesem Herkunftsvermerk verbunden werden dürfen: seltsam alt schmeckendes Fladenbrot mit halbrohen Kartoffeln, die dann auch noch nebst - immerhin schmackhaftem Speck - auf den Tisch purzeln... zum Glück hatten wir uns eines dieser Objekte geteilt. Auch der andernorts aufgewartete Elfentau vermochte nicht recht zu überzeugen: stark zuckrig und nach Weingummi schmeckend - nix für gestandene Recken, die sich zuvor bereits weitaus löblicheres Met-Bier eingeflößt hatten.
Gar artiges Getier - in Gattern wohlverwahrt - entzückt nicht nur die Kinder: Wollschweinchen, Lämmlein und allerhand Geflügel gibt es ansonsten eher selten auf neuzeitlichen Marktveranstaltungen zu sehen. Und nein, es gibt dann dieses Jahr wohl keine Martins- oder Weihnachtsgans.
Ob man die Nostalgie-Kirmes auch noch zeitgleich abhalten muss - wer weiß, welch Gedränge hier am Wochenende aufkommt - muss der Veranstalter wissen. Die Fahrgeschäfte sind sicherlich nicht zu verachten, aber eher nicht der Grund meiner Anreise.
Vor der Heimreise - es dunkelt seit geraumer Zeit - aber noch bei Imkerey Schmidt eingedeckt, as follows:
2 x Odin-Trunk: honighaltiges Biergemisch. 5.4% alc. erfrischend: 6 Punkte
1 x Normannentrunk: Apfel-Honig-Met 6% alc. indifferent, buttrig: 4 Punkte
1 x Piraten-Blut: Honig- & Johannisbeerwein, 11% alc. gefährlich: 8 Punkte
Einige weitere Spezereyen möchten ebenfalls einen Versuch wert seyn. Gottlob muss man keine Veranstaltungen abwarten, sondern kann auch hier Nachschub ordern:
http://xtc.imkerei-schmidt.de/index.php?cPath=3_11&page=3
Insgesamt: großartige Atmosphäre. Das uneinheitliche kulinarische Niveau ist natürlich immer Glücks- und Geschmackssache. Einzelne prächtig aufgemachte Verkaufsstände erfreuen das Auge fast so sehr wie das - so sehet selbst - eingangs genannte Feuermädchen. Vorzügliche Unterhaltung mit dem denkbar freundlichsten und kenntnisreichsten Veranstaltungs-Guide. Und dass ich dem außerordentlich vielversprechenden britannischen Getränkeausschank fernbleiben musste, liegt natürlich an der gewählten Art der Anreise.
Gar heftig ist jedoch zu beklagen, dass die wunderbaren La Marotte ohne Gesangsmaid angetreten sind, die dafür jedoch von der gern erworbenen Silberscheibe erklinget. Aus Sicht des MA-Romantikers ergibt sich gewiss ein Qualitätsunterschied zur Branchen-Leitmesse von und zu Satzvey. Derselbe scheint einen Bewertungsstern Differenz zu rechtfertigen, wobey natürlich zu berücksichtigen ist, dass man in der Tremonia kostenfreyen Zutritt genießt. So nehmt denn meinen Dank, Ihr edler Ritter eknarf - gerne wieder ;-)
mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas.
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Und? Wurde mir zuviel versprochen? Natürlich nicht. Das vom bestmöglichen Dortmundkenner vorgeschlagene und betreute Besuchsprogramm führte uns sogleich in diese einzigartige kulturelle und kunstgeschichtliche Schatzkammer.68.
Die Dauerausstellung des Hauses ist thematisch und zeitlich sehr weit gefasst und am ehesten als Kombination aus dem heimatlichen Römisch - Germanischen, dem MAKK und dem Wallraf - Richartz - Museum zu würdigen. Ein Augenmerk des Hauses liegt auf der Dortmunder Stadtgeschichte, es wird aber auch viel Regionales und Überregionales geboten. Diese außerordentliche Vielfalt mag einzelne Besucher verwirren, lässt aber ohne weiteres den Schluss zu, dass hier mit Sicherheit für Jede(n) etwas Interessantes geboten wird.
Und zwar aus: Stein- und Bronzezeit, römischer Antike, Mittelalter - hierbey vorwiegend sakrales - Renaissance, Barock, Empire, Historismus, Jugendstil, Jazz Age bis hin zu den plastikbetonten 60er und 70er Jahren.
Den sehr prähistorischen Steinbohrer - ein verblüffend graziles und durchdachtes Gerät - fand ich mindestens so beeindruckend wie den spätrömischen Goldschatz oder die preußischen Nahkampfwaffen. Die Alltagskultur der genannten Epochen wird besonders anhand von Wohnungseinrichtungen verdeutlicht. Bauernmöbel sind zahlreich vertreten, wirken aber recht düster. Wie man im kerkerartigen Ehebett in Schwung kommen soll (sofern man nicht eh von der Feldarbeit ermattet ist) entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Wie beschwingt ist's dagegen bei Louis Seizens und sogar bei Biedermanns im Salong. Dazu jeweils zeitgenössisches Dekor und kostbare Tasteninstrumente. Das vorzüglichste Möbelstück ist natürlich das etwas spiralförmig gestaltete Rote Sofa, das den Besucher zum Verweilen und zu andachtsvoller Kunstbetrachtung einlädt.
Denn: bei den Gemälden ist Hochansehnliches aus dem 18. und 19. JH vertreten: Spitzweg, Feuerbach, Liebermann, Slevogt, Corinth et al.
Man könnte hier stundenlang verweilen.
Einzelne sonnengleich überragende Exponate sind mir auf dieser Erstbegehung nicht aufgefallen. Altrömisches ist in der Colonia zahlreicher vorzufinden; die wunderbar präsentierten Kirchenfenster erschlagen den gelernten Kölndombesucher nicht wirklich; und unsere Feuerbach - Nanna (WRM) ist sogar noch schöner. Und dann hat auch noch das eine Garderobenschließfach geklemmt ;-) Die Fülle des hier Geschauten begeistert jedoch gleichwohl. Und es ist nicht zuletzt das sehr hochwertig architektierte, offene Gebäudeinnere, das hier ganz wesentlich zum Kunst- und Kulturgenuss beiträgt. Und vom Bewertenden zwingend das Sternenmaximum erfordert.
Fotografieren ohne Blitzdings ist erlaubt. Natürlich habe ich davon regen Gebrauch gemacht, aber möglichst wenig doppelt hochgeladen.
Eintritt: kumpelige 5 / ermäßigt 2,50 Euro, mit Sonderausstellung 8 / ermäßigt 4 Euro, Minderjährige erhalten freien Zutritt, auch die entleihbaren Audioguides sind kostenfrey. Das eingesparte Geldvermögen kann sodann trefflich im Museumsshop oder dem vielseitig orientierten Museumscafé 'Frau Weber kocht' investiert werden. Das barrierefrei Haus liegt schön zentral und ist mit landgebundenen Verkehrsmitteln gut erreichbar.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Thank God I'm a country boy. Jedenfalls dann, wenn es mich - zumal bei adäquatem Wetter - nicht in die brodelnden Hotspots der rheinischen Weltmetropole zieht (dazu steht bereits genügend geschrieben) sondern in die Gegenrichtung. Wenige Meilen hinter dem heimischen garden district beginnt unser Amazonien: der von etlichen Gewässern durchzogene, gut 2.500 Hektar große Königsforst. Im Gegensatz zum südamerikanischen Pendant überschreitet dieses Waldgebiet nicht bloß Ländergrenzen, sondern sogar die Grenze der Zivi... also nach Bergisch Gladbach, sowie Rösrath. Wovon allerdings auf den kürzlichen Erkundungstouren verblüffenderweise nichts zu bemerken ist.69.
Der Großteil des Waldes ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen, was natürlich bedeutet, dass man sich brav auf den großzügig angelegten Wegen zu bewegen hat. Radfahrer sind tunlichst dezent unterwegs, wg. partiellem Grobschotter, Spurrinnen, Schlammsenken (derzeit gerne unter hübschen Laubdecken verborgen) und Fußgängern, oft in Begleitung leinenloser Bestien. Es gibt reichlich Rastplätze mit lauschigen Hütten - konsequenterweise ohne Müllbehältnisse - und sogar eine Einrichtung zur körperlichen Betätigung des kneippschen 'Wassertretens'. Diese war Anfang November recht verwaist, denn wer will schon nach vollbrachter Tat als 'Laubmonster aus der Lagune' dem Bade entsteigen?
Der Naturfreund und Frischluftatmer kann ohnehin auf dergleichen Gimmicks verzichten und begibt sich lieber auf die mit 118m höchste Erhebung auf heiligem Boden, den legendären 'Monte Troodelöh'. Der Name leitet sich von den tapferen städtischen Mitarbeitern Troost, Dedden und Löhmer ab, die im Jahre 1999 die offizielle Erstbesteigung der gewaltigen Anhöhe gemeistert haben. Dies ist vor allem von topographischem Interesse - denn es gibt hier keinen spektakulären Panoramablick und auch kein Bierzelt. Dafür entschädigt dann allerdings der wohlverdiente Eintrag ins Gipfelbuch, sponsored by Alpenverein Sektion Köln.
Als höchste Erhebung im Königsforst liegt der 212m hohe Tütberg auf Gladbacher Gebiet, aber die haben ja sonst nix ;-) Oder doch: das Steinhaus, ein erstmals im Jahre 1403 erwähntes Anwesen, das inzwischen als Besucher-Portal am Waldesrand genutzt wird.
Durch Aufstauen ansonsten naturbelassener Bachläufe sind einige hübsche Weiher entstanden, die natürlich von einladenden Sitzbänken umgeben sind. Weitere Biotope liegen in Form von Erlenbruchwäldern, Moor-Resten, Obstwiesen sowie Offen- und Grünland vor. Darinnen finden sich etliche gefährdete Pflanzen- und Tierarten. Und sogar tausende römische Bronzemünzen, die jedoch 1975 ans Rheinische Landesmuseum in - Frechheit - Bonn übergeben wurden. Auf Kölner Gebiet findet sich weiterhin der Wildpark - bevölkert von Rot- und Schwarzwild - und ein artenreicher Waldlehrpfad.
Anzeichen von Nutzung und Besiedlung sind seit der Hallstattzeit, 7. bis 6. JH v. Chr. nachweisbar - in Form von Hügelgräbern. Auch als Bannwald und für den Erzbergbau fand man das Areal geeignet. Der Name des Waldes dürfte auf König Otto I zurückgehen, der hier Jagdgebiete besaß. Des Königs Forst wird vom mittelalterlichen Handelsweg 'Brüderstraße' - heute Teil des Jakobswegs - durchqueret. Der seinerzeit übliche Raubbau an den Holzressourcen, bis hin zur völligen Verwüstung durch Napoleons Mannen, ist bereits 1840 unter preußischer Ägide dem Nachhaltigkeitsgedanken gewichen - wenn auch zugunsten schnellwachsender Fichtenplantagen, deren Überreste auch heute noch sichtbar sind. Insgesamt geht der Trend allerdings zurück in Richtung des ursprünglichen, außerdem sturmfesteren Laubwaldes,
An die 1890 bis 1961 betriebene Sülztalbahn erinnert eine Gedenktafel zum Forsbacher Bahnhof. Das Ex-Bahnhofsgebäude Porz-Königsforst wird immerhin als waldnahes, spanisches Restaurant Asado weitergenutzt. Die Bahntrassen wurden demontiert und dienen nun als Wanderwege. Unweit findet sich die Kaisereiche 2.0, denn der eigentliche, der allerhöchsten Majestät gewidmete Baum wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Opfer französischer Schießübungen. An den Zweiten Weltkrieg erinnern einige Bunker-Überreste.
Das Waldgebiet ist erreichbar über die Endhaltestelle 'Königsforst' der Stadtbahnline 9 oder die gleichnamige Ausfahrt an der A3 - und natürlich über Nebenstraßen nebst hinreichenden Parkplätzen sowie etliche Fußgänger- und Fahrradschleichwege.
Bestens geeignet für Familienausflüge und randvoll mit Kindheitserinnerungen ist dies ein echtes Kleinod (oder Großod) unter den Kölner Naherholungsgebieten.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas
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Also nä! Manchmal muss man auch mal den Kopf freikriegen von dem ganzen momentanen... (beliebiges schlimmes Wort dazudenken) Und es gibt wenige locations bzw. Naturräume auf Kölner Stadtgebiet, die für ein solches Ansinnen besser geeignet wären als der Decksteiner Weiher nebst unmittelbarer Umgebung.70.
Die Ortslage Klettenberg ist natürlich nicht durchgehend beschaulich, aber hier befinden wir uns gottlob im äußeren Grüngürtel, dem ehemaligen Festungsring der Colonia: einer halbwegs intakten Aneinanderreihung von Parkanlagen mit und ohne Wasserflächen. Im Gegensatz zu den meisten Exemplaren dieser Kleingewässergattung wurde der Decksteiner Weiher künstlich angelegt. Was sich ohne Weiteres beim Blick aus dem Heißluftballon bzw. auf den Stadtplan erschließt. Die beiden vieleckigen Teichanlagen werden durch einen gekrümmten Kanal miteinander verbunden, so dass eine Wasseroberfläche von 20 Hektar bei durchschnittlich 1,5 m Wassertiefe entsteht. Macht zusammen 10 Millionen handelsübliche 30 Liter Fässchen - wie komme ich denn jetzt darauf?
Der Gewässerboden ist schlammig, mithin Karpfenfreundlich. Ebenso wie die hier vorkommenden übrigen Vertreter der Unterwasserfauna, nämlich Aal, Barsch, Brasse, Hecht, Rotauge, Schleie und Zander dürfen diese natürlich nur unter strenger Zuteilung über den Cölner Angel- und Gewässerschutzverein e.V. entnommen werden.
Baden ist hier nicht vorgesehen, es sei denn man purzelt aus einem der Ruder- oder Tretboote, die im Außenbereich der Restauration 'Haus am See' gegen Entgelt (6 bzw. 8 Euro pro Stunde) ausgeliehen werden. Desweiteren wäre Minigolf oder die Benutzung des öffentlichen und recht ambitionierten Trimm-Dich-Pfades eine Option. Und natürlich laden die Kastanien- bzw. Platanenbestandenen Alleen im Uferbereich zum Spazieren, Rumrennen oder Radfahren ein. Wobei man durchaus schonmal dem Kader des unweit residierenden FC Köln beim Lauftraining begegnen kann. Oder auch genervten Anglern (s.o.), die hier eher selten ein ruhiges Plätzchen für ihr perfides Tun vorfinden.
Die Anlage entstand zwischen 1927 und 1929 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Mangels natürlicher Zu- oder Abflüsse wird der Decksteiner Weiher ab und zu vermittels Leitungswasser aufgefrischt. Bedenkt man die relative Nähe des vielbefahrenen Militärrings und der selten verwaisten A4, so verblüfft und erfreut die erholsame Ruhe hier. Das hängt natürlich mit den Aushub-Aufschüttungen und den prächtigen Waldpflanzungen zusammen, die zudem das Auge erfreuen, zumal im Herbst - QED. Ein wunderbares Refugium, das man von den etlichen Parkbänken oder auch vom Fahrrad- oder Pferdesattel aus genießen kann. Je nach Jahreszeit kann man sich dann nach Jamaica, Kanada oder Murmansk träumen.
Weiher und Umgebung sind gut erreichbar. Für Automobilisten stehen hinreichend Parkierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Am Wochenende soll es hier schonmal etwas überlaufen zugehen, was aber im Zweifel für die Anziehungskraft dieses Naherholungsgebietes spricht.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas